Adipositas (Fettsucht, Fettleibigkeit)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Adipositas, Fettsucht bzw. Fettleibigkeit gilt als Zivilisationskrankheit. Sie zeichnet sich durch starkes Übergewicht bei krankhaft erhöhtem Körperfettanteil aus und geht mit schweren Folgeerkrankungen einher. Verursacht wird die Adipositas meist durch chronische Überernährung und Bewegungsmangel.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Adipositas?

Starkes Übergewicht kann schwere Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Arteriosklerose hervorrufen.

Gemäß WHO-Definition spricht man von einer Adipositas, Fettsucht bzw. Fettleibigkeit, sobald der Body-Mass-Index (BMI) den Wert 30 überschreitet. Es werden 3 Schweregrade unterschieden: Adipositas Grad I bei einem BMI bis 35, Adipositas Grad II bei einem BMI bis 40 und Adipositas Grad III (auch: morbide Adipositas) bei noch höheren BMI-Werten.

Ein hoher BMI allein beweist jedoch nicht das Vorliegen einer Fettsucht, da z. B. auch Bodybuilder hohe BMI-Werte erreichen. Für die Diagnose einer Adipositas muss auch das Taille-Hüfte-Verhältnis und der Körperfettanteil berücksichtigt werden.

Ursachen

Meistens entsteht eine Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr gepaart mit Bewegungsmangel. Essen wird von Betroffenen häufig als Ersatzbefriedigung missbraucht, z. B. bei Einsamkeit, Langeweile oder Stress.

Zwillingsstudien bestätigen, dass eine Neigung zur Fettleibigkeit auch durch genetische Faktoren determiniert wird: Die Erbanlagen beeinflussen den Grundumsatz, die Effizienz der Nahrungsverwertung und das Fettverteilungsmuster.

Auch hormonelle Stoffwechselstörungen können eine Adipositas hervorrufen, beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion, ein Cortisolüberschuss oder eine Überproduktion von Insulin. Neben Hormonen können auch Medikamente für eine starke Gewichtszunahme verantwortlich sein.

Arzneimittelinduzierte Adipositas kann u. a. bei Einnahme bestimmter Neuroleptika, Antidepressiva oder Kortikosteroide auftreten. Schließlich beeinflussen auch sozioökonomische Faktoren die Entstehung einer Adipositas. Generell gilt: Je niedriger der soziale Status, desto höher ist das Risiko, an einer Adipositas zu erkranken.

Wann zum Arzt?

Erwachsene, die einen BMI-Wert über 30 haben, sollten grundsätzlich einen Arzt aufzusuchen, auch wenn sie sich als beschwerdefrei wahrnehmen. Eine Kontrolluntersuchung ist in regelmäßigen Abständen zu empfehlen, da es bei der Adipositas zu Erkrankungen und Belastungen des Körpers kommen kann, die sich schleichend ausbilden.

Kann die Zufuhr des Essens nicht mehr willentlich gesteuert werden, tritt ein übermäßiger Konsum von Lebensmitteln ein, der sich negativ auf die Funktionsfähigkeit des Organismus niederschlägt. Herzrasen, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Probleme stellen sich ein und müssen ärztlich überwacht werden. Es besteht das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, dem rechtzeitig vorgebeugt werden muss. Übermäßiges Schwitzen bei einem überschaubaren Bewegungsumfang ist ein Symptom, das kontrolliert werden muss. Bei einer geringen Flüssigkeitszufuhr droht eine Dehydration, der selbständig entgegengewirkt werden sollte.

Beschwerden des Skelettsystems müssen von einem Arzt untersucht werden, da dauerhafte Schäden drohen. Treten Knieschmerzen, Becken- und Hüftprobleme sowie Gelenkschmerzen auf, muss ein Arzt aufgesucht werden. Bei Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Muskelbeschwerden ist ein Arztbesuch unvermeidbar. Kommt es durch das übermäßige Gewicht zu emotionalen und seelischen Problemen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Atemnot und Kurzatmigkeit sind ebenfalls von einem Arzt zu untersuchen, da beides unbehandelt zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen kann.

Symptome und Verlauf

Typische Anzeichen von Adipositas:

Die Adipositas kann sich schleichend über viele Jahre, aber auch in einem kurzen Zeitraum ausbilden. In Industrieländern tritt sie häufig schon im Kindes- und Jugendalter auf. Je früher die Adipositas einsetzt, desto früher entwickeln sich auch Folgeerkrankungen. Da das Übergewicht die Gelenke belastet, sind Schäden am Stütz- und Bewegungsapparat typisch. Diese machen sich z. B. durch Knie- oder Rückenschmerzen bemerkbar.

Darüber hinaus begünstigt Adipositas die Entstehung von Bluthochdruck (Hypertonie), Arteriosklerose und Diabetes mellitus Typ 2. Diese Erkrankungen steigern das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Nicht zu unterschätzen sind auch die psychischen Belastungen: Fettleibige Menschen erfahren gesellschaftliche und oft auch wirtschaftliche Diskriminierungen. Sie haben ein erhöhtes Risiko, an Depressionen zu erkranken. Insgesamt verringert Adipositas die Lebensqualität und die Lebenserwartung.

Adipositas führt häufig zu Gelenkschmerzen, Schweißausbrüchen und Herz-Kreislauf-Problemen.

Diagnose

Diagnostiziert wird die Adipositas durch eine Bestimmung des Body-Mass-Indexes. Dieser berechnet sich als Quotient aus dem Körpergewicht und der Körpergröße in Metern zum Quadrat. Zusätzlich werden Hüft- und Bauchumfang gemessen. Eine hohe Fetteinlagerung im Bauchbereich gilt als besonders gefährlich. Mittels bioelektrischer Impedanzanalyse lässt sich der Körperfettanteil bestimmen. Wichtig sind außerdem eine ausführliche Anamnese und eine Analyse des Essverhaltens. Zudem sollte erfasst werden, ob bzw. in welchem Ausmaß bereits Folgeerkrankungen vorliegen. Neben der Befragung des Patienten sind diagnostische Hilfsmittel hierfür etwa eine Blutdruckmessung und ein Glukosetoleranztest.

Komplikationen

Bei einer Adipositas geht es keinesfalls nur darum, dass der Patient stark übergewichtig und mit seiner Figur unzufrieden ist. Der hohe Körperfettgehalt sowie das übermäßig hohe Körpergewicht des Menschen beeinträchtigen auch seine körperliche Gesundheit. Bleibt dieser Zustand langfristig, so belastet das Körpergewicht die Muskeln, Sehnen und Gelenke und erhöht deren Verschleiß. Es kann schon in verhältnismäßig jungen Jahren zu typischen Alterskrankheiten wie Arthrose und Arthritis kommen. In extremen Fällen der Fettleibigkeit sind sogar Knochenbrüche wahrscheinlicher, da die Knochen ständig unter extremer Belastung stehen und keine Mehrbelastung mehr aushalten.

Das Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und koronaren Herzkrankheiten zu erkranken, steigt. Auch ein gewisses Schlaganfallrisiko besteht. Durch die übermäßige Anreicherung von Fettzellen kann die Durchblutung einzelner Körperteile und Extremitäten beeinträchtigt sein, der Kreislauf kann insgesamt schwächer ausfallen als bei einem normalgewichtigen Menschen. In den vermehrt auftretenden Hautfalten kann sich Schweiß sammeln, was selbst bei gründlicher Körperhygiene zu Ablagerungen und erhöhter Wahrscheinlichkeit von Hautpilz in den Körperfalten führen kann. Da das Immunsystem adipöser Menschen geschwächt ist, begünstigt das Pilzerkrankungen ebenfalls und kann eine grundsätzlich erhöhte Infektanfälligkeit nach sich ziehen. Verliert der betroffene Mensch nach langer Zeit Gewicht, so bleiben Folgeschäden wie hängende Hautlappen, sichtbare Schwangerschaftsstreifen und stark gedehnte Haut zurück, sodass das gesunde Körperbild ohne die plastische Chirurgie nicht mehr erreicht wird.

Behandlung und Therapie

Oberstes Ziel einer Adipositastherapie ist immer eine deutliche und dauerhafte Gewichtsreduktion. Bleibenden Erfolg liefert nur eine grundlegende Umstellung der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten. Das Grundprinzip ist einfach und einleuchtend: Um Fettreserven zu verbrennen, muss der Kalorienverbrauch vorübergehend die Kalorienaufnahme unterschreiten. Um das neue Gewicht zu halten, muss anschließend ein Essverhalten etabliert werden, bei dem die Energiebilanz ausgeglichen ist.

Gelenkschonender Ausdauersport hilft bei der Fettverbrennung, Muskelaufbau durch Krafttraining steigert den Grundumsatz. Bei der Gewichtsreduktion können Patienten durch Ernährungsberatung, angeleitetes Training, Selbsthilfegruppen und Psychotherapie unterstützt werden. Initial kann ein mehrwöchiger stationärer Aufenthalt hilfreich sein, insbesondere bei einer manifesten Esssucht.

Wenn Sport und gesunde Ernährung allein keinen (ausreichenden) Erfolg liefern, kann unter ärztlicher Aufsicht auch eine medikamentöse Hungerkontrolle erfolgen. In Extremfällen sind chirurgische Maßnahmen erforderlich. Gängige Verfahren der Adipositaschirurgie sind das Einsetzen eines Magenbandes, die dauerhafte Verkleinerung des Magens zum Schlauchmagen sowie der sogenannte Magenbypass, bei dem der obere Magenabschnitt unter Umgehung des Zwölffingerdarms direkt an den Leerdarm angeschlossen wird.

Der langfristige Erfolg einer Adipositas-Therapie hängt von komplexen Faktoren ab. Ungefähr 10-20% der Patienten erreichen und halten das angestrebte Gewicht. Generell sollte die Behandlung einer Adipositas so früh wie möglich erfolgen, da schädliche Ess- und Bewegungsgewohnheiten mit den Jahren immer stabiler und änderungsresistenter werden.


Vorbeugung

Vorbeugen lässt sich der Adipositas durch ausgewogene Ernährung und regelmäßigen Sport. Die Ernährung sollte nicht zu fett- und zuckerreich sein. Proteine und Ballaststoffe sorgen für ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl. Geschmacksverstärker, Zuckerzusätze sowie Farb- und Geruchsstoffe begünstigen eine Nahrungsaufnahme über den natürlichen Appetit hinaus. Wer trotz eines unveränderten Lebensstils in kurzer Zeit stark zunimmt, sollte einen Arzt konsultieren und etwaige Stoffwechselstörungen behandeln lassen, bevor sich eine Adipositas manifestiert.

Video: Die richtige Ernährung beim Metabolischen Syndrom

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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