Fortschreitende Nierenentzündung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die fortschreitende Nierenentzündung, auch als rasch progrediente Glomerulonephritis bezeichnet, ist eine Entzündung der Nieren mit Schädigung der Nierenkörperchen (Glomeruli). Die Entzündung ist abakteriell, das heißt, es sind keine Bakterien beteiligt. Ursache ist eine Immunreaktion.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Eine fortschreitende Entzündung der Niere macht sich häufig durch Schmerzen im unteren Rückenbereich bemerkbar.

Schneidet man eine Niere der Länge nach auf, lassen sich von außen nach innen drei Zonen entdecken: die Nierenrinde, das Nierenmark und das Nierenbecken. In der Nebennierenrinde finden sich die Nierenkörperchen. Ein wichtiger Baustein des Nierenkörperchens ist das Glomeruli. Man kann sich dieses Glomeruli als ein Knäuel aus vielen feinen Gefäßen vorstellen. Die Aufgabe der Glomeruli ist die Filterung des Blutes. Verschiedene Stoffe, die der Körper nicht mehr benötigt können die kleinen Fenster in den Glomeruligefäßen passieren. Dazu gehören z.B. Salze wie Natrium, Kalium oder Kalzium aber auch Stoffwechselendprodukte wie Harnstoff und Kreatinin.

Große Moleküle wie Bluteiweiße oder rote Blutkörperchen passen nicht durch diese Gefäßfenster. Die Glomeruli spielen also eine wichtige Rolle bei der Entgiftung des Körpers. Zusammen mit anderen Strukturen der Niere sind sie auch für die Aufrechterhaltung des pH-Wertes und des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes zuständig. Bei einer fortschreitenden Nierenentzündung sind die Glomeruli betroffen. Durch die Entzündung kommt es zu Verletzungen der Gefäße und damit auch der Gefäßfenster. Nun können nicht nur kleine, sondern auch große Moleküle passieren und werden mit dem Urin ausgeschieden. Dies führt zu den typischen Symptomen.

Ursachen

Ursache der fortschreitenden Nierenentzündung ist eine fehlgeleitete Immunreaktion. Den meisten Entzündungen der Glomeruli gehen Infektionen mit ß-hämolysierenden Streptokokken voran. Typisch sind Erkrankungen wie Scharlach oder Mittelohrentzündungen. Während dieser Erkrankungen bildet der Körper Antikörper gegen die Krankheitserreger. Diese Antikörper binden sich an die Krankheitserreger. Es entstehen sogenannte Antigen-Antikörper-Komplexe.

Über den Blutweg gelangen die Antigen-Antikörper-Komplexe vom eigentlichen Krankheitsort auch zu den Nieren. Dort locken sie Zellen des Immunsystems an und verursachen so eine Entzündungsreaktion. Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass die Oberfläche der Krankheitserreger in ihrer Struktur der Oberfläche der Glomeruli ähnelt, sodass die Antikörper auch direkt die Zellen der Glomeruli angreifen und es so zur Entzündung kommt.

In beiden Fällen sind aber in der Niere keine Bakterien zu finden. Weitere Ursachen für eine fortschreitende Nierenentzündung sind Autoimmunerkrankungen wie der Lupus erythematodes oder die Vaskulitis. In einigen Fällen ist keine Ursache erkennbar.

Bei einer Nephritis handelt es sich um Entzündungen der kleinsten Nierengefäße, die durch eine fehlgeleitete Immunreaktion entstehen. Anfänglich ist eine Nierenentzündung schmerzfrei, je weiter sie jedoch fortschreitet desto stärker werden die Schmerzen.

Wann zum Arzt?

Bei den ersten Symptomen einer Nierenentzündung können verschiedene Maßnahmen der Linderung ergriffen werden, ohne einen Arzt konsultieren zu müssen. Vermeidung von Stress, ausreichende Wärmezufuhr oder eine gesündere sowie ausgewogene Ernährung und Lebensführung können die Beschwerden minimieren. Halten sie jedoch über mehrere Tage an oder kommt es zu einer Zunahme der Symptome, muss ein Arzt aufgesucht werden.

Schmerzen in der Region der Nieren, ständiges Wasserlassen oder Blut im Urin gelten als besorgniserregende Hinweise, die kontrolliert und behandelt werden müssen. Kommt es zu einer allgemeinen Schwäche, Abgeschlagenheit oder innerer Unruhe, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Die Störungen beeinflussen die Bewältigung des allgemeinen Tagesablaufes und können zu weiteren Erkrankungen oder Leistungseinbußen führen.

Treten ohne nachvollziehbare Gründe Kopfschmerzen auf, ist es ratsam, wenn ein Arzt aufgesucht wird. Insbesondere, wenn diese nach einem ausgewogenen und erholsamen Nachtschlaf unvermindert fortbestehen. Bei Sehstörungen ist besondere Vorsicht geboten und unverzüglich ein Arzt zu konsultieren. Kommt es zu Wassereinlagerungen und Schwellungen an den Beinen, ist ebenfalls ein Arztbesuch notwendig, damit durch weitere Untersuchungen die Ursache dafür ermittelt wird. Bei einer Reduzierung der Flüssigkeitsaufnahme muss darauf geachtet werden, dass kein gesundheitsgefährdender Zustand eintritt, da in schweren Fällen eine Unterversorgung zu einer Dehydration führt.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome einer fortschreitenden Nierenentzündung:

Die rasch progrediente Glomerulonephritis beginnt oft mit unspezifischen Symptomen. Die Patienten klagen über Abgeschlagenheit, Müdigkeit, eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Fieber. Manchmal bestehen Schmerzen in der Nierengegend. Da die Filterleistung der Niere durch die Entzündung eingeschränkt ist, kommt es zu Ödemen, also zu Wassereinlagerungen. Typischerweise treten diese Ödeme zunächst im Gesicht auf. Vor allem die Augenlider sind geschwollen. Auch an Hand- und Fußrücken sind die Wassereinlagerungen dann sichtbar.

Durch die zerstörten Gefäßwände der Glomeruli finden sich Eiweiße und But im Urin. Da die Niere auch eine wichtige Rolle bei der Blutdruckregulierung spielt, kann es zu Bluthochdruck kommen. Zudem verbleiben schädliche Stoffe wie Kreatinin oder Harnstoff im Blut, dies kann zu Entzündungen im gesamten Körper führen. Wie der Name schon verrät, nimmt die Nierenfunktion bei der fortschreitenden Nierenentzündung stetig ab. Innerhalb von Tagen kann sich der Zustand der Patienten stark verschlechtern.

Diagnose

Der erste Diagnoseverdacht lässt sich bereits anhand des klinischen Bildes finden. Im Urin des Patienten finden sich rote Blutkörperchen und Proteine (Eiweiße). Beweisend für eine Entzündung der Glomeruli ist das Vorliegen sogenannter Erythrozytenzylinder im Urin. Bei der Blutuntersuchung zeigt sich eine Erhöhung von Kreatinin und anderen harnpflichtigen Substanzen im Blut. Die Nieren spielen eine entscheidende Rolle bei der Bildung der roten Blutkörperchen.

Während der Entzündung können sie dieser Aufgabe nicht mehr ausreichend nachkommen, sodass es zu einem Abfall der roten Blutkörperchen im Blutbild kommt. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit, ein Indikator für Entzündungsprozesse im Körper, ist erhöht. Ist eine vorangegangene Infektion mit Streptokokken eine vermutete Ursache, so kann im Blut auch nach Antikörpern gegen diese Bakterien gesucht werden. Eine wirklich zuverlässige Diagnostik lässt sich allerdings nur mit einer Nierenbiopsie erreichen.

Behandlung und Therapie

Bei der fortschreitenden Nierenentzündung ist eine schnelle Therapie immens wichtig, denn unbehandelt führt sie innerhalb weniger Tage zur Niereninsuffizienz mit Dialysepflicht.

Die Therapie der fortschreitenden Nierenentzündung ist abhängig von ihrer Ursache. Therapie der ersten Wahl sind Glukokortikoide, also Kortison. Oft ist dies allein aber nicht ausreichend, sodass auch andere Medikamente wie Zytostatika oder Immunsuppressiva zum Einsatz kommen. Diese Mittel haben oft erhebliche Nebenwirkungen, sodass Risiko und Nutzen für den Patienten gut abgewägt werden müssen.

Weiterhin gilt natürlich absolute Bettruhe für den Patienten. Zudem müssen die Betroffenen eine eiweiß- und salzarme Kost einhalten. Elektrolyte und Flüssigkeit, die über die entzündete Niere verloren gehen, werden über Infusionen wieder zugeführt. Zudem wird das Herz medikamentös unterstützt. Trotz der intensiven Therapie versagen bei vielen Patienten die Nieren, sodass eine Dialyse nötig wird.


Vorbeugung

Eine Prophylaxe für die fortschreitenden Nierenentzündung gibt es nicht. Wichtig für die Behandlung der Nierenentzündung ist das rechtzeitige Erkennen der Erkrankung. Probleme im Nierenbereich nach vorangegangen Atemwegs- oder Ohrinfekten oder bei bestehenden Autoimmunerkrankungen sind immer verdächtig und sollten schnell durch einen Facharzt abgeklärt werden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2013
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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