Gelenkerkrankungen
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Gelenkerkrankungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Bewegungsapparates. Insbesondere degenerative Formen, d.h. verschleiß- und abnutzungsbedingte Schäden der Gelenke, machen einen großen Anteil aus. Der medizinische Oberbegriff Arthropathie bezeichnet dabei allgemein Erkrankungen der Gelenke ohne weitere Spezifikation.
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Was sind Gelenkerkrankungen?
Gelenkerkrankungen stellen ein verbreitetes Volksleiden dar, denn inzwischen ist fast die Hälfte der Menschen in ihrer zweiten Lebenshälfte von einem Gelenkleiden betroffen. Gelenke sind als bewegliche Verbindungsstücke zwischen zwei Knochen eine Grundvoraussetzung für jede Form der Bewegung. Zu den häufigsten Gelenkerkrankungen zählen degenerative Veränderungen (z.B. bei Arthrose) sowie entzündliche Formen (z.B. bei Arthritis).
Allein aufgrund der ständigen Gelenkarbeit während jeder Bewegung, aber auch durch das Tragen des Körpergewichtes sowie jede außergewöhnliche Beanspruchung kommt es mit zunehmendem Alter naturgemäß zu gewissen Verschleißerscheinungen. Überschreiten diese das durchschnittlich zu erwartende Maß der Gelenkveränderung, wird dies als Gelenkerkrankung bezeichnet.
Sehr häufig sind hierbei die unteren Extremitäten betroffen, also Hüft- und Kniegelenke. Aber auch die Gelenke der Schultern, Ellenbogen, ja sogar der Finger können (teilweise bereits in jungen Jahren) krankhaft verändert sein und Beschwerden hervorrufen. Arthropathien werden allgemein in entzündliche Formen, die sogenannten Arthritiden, sowie in die nicht-entzündlichen Gelenkerkrankungen, die sogenannten Arthrosen, unterteilt. Je nach Lokalisation, Ursache, Ausprägung und Verlauf wird dann noch weiter differenziert.
Ursachen
In diesem Zusammenhang können neben individuellen Risikofaktoren, wie starkes Übergewicht und exzessiver Sport, auch arbeitsbedingte oder schwere körperliche Belastungen das Gelenk krankhaft überbeanspruchen und die Verschleißprozesse vorantreiben; dies kann durch das Tragen und Heben von sehr schweren Lasten geschehen, aber auch durch einseitige, immer wiederholende Bewegungen oder statische Muskelarbeit.
Dadurch können Gelenkknorpel zunehmend ihre Elastizität einbüßen und den mechanischen Belastungseinwirkungen nicht mehr in ausreichendem Maße standhalten. Dies kann sogar dazu führen, dass durch die Absplitterung von kleinen Knorpelteilen die Gelenkinnenhaut gereizt wird und das Gelenk durch die in der Gelenkflüssigkeit vorhandenen Splitter nicht mehr ausreichend geschmiert wird. Akute Entzündungen sind die Folge sowie möglicherweise Gelenkergüsse, die mit starken Schmerzen einhergehen. Im weiteren Verlauf reagiert das Gelenk mit der Neubildung von stützenden Osteophyten, was zu Oberflächenverhärtungen sowie dauerhaften Bewegungseinschränkungen und Entzündungsreaktionen führen kann.
Mögliche Ursachen für Arthropathien können aber auch in wachstums- oder unfallbedingten Fehlstellungen liegen, durch die das jeweilige Gelenk in Mitleidenschaft gezogen wird. Dies kann zum Beispiel bei Hüftdysplasien, X- oder O-Beinen oder Hallux vagus der Fall sein. Auch die unzureichende Versorgung (beispielsweise durch eine einseitige Ernährung) der Gelenkknorpel mit Gelenknährstoffen, wie z.B. dem Glucosamin, wird als mögliche Ursache für eine Funktions- und Leistungsminderung der Gelenke und mögliche Schädigungen der Knorpel durch die verschiedenen Belastungseinwirkungen vermutet.
Wann zum Arzt?
Gelenkerkrankungen sind durch die typischen Ermüdungs-, Anlauf- und Belastungsschmerzen gekennzeichnet. Wer diese Beschwerden verspürt, sollte den Hausarzt oder einen Orthopäden konsultieren. Ganz allgemein sollten alle ungewöhnlichen Symptome – Schmerzen, aber auch Knirschgeräusche bei Gelenkbewegungen, Verdickungen, Schwellungen, Fehlstellungen oder Gelenkergüsse – abgeklärt werden. Dies gilt vor allem dann, wenn die Beschwerden nicht mehr abzuklingen scheinen oder sogar noch an Intensität zunehmen.
Bei übergewichtigen und älteren Menschen besteht ein erhöhtes Risiko für Gelenkerkrankungen. Ebenso bei Menschen, die bereits an einer Erkrankung der Knochen oder der Gelenke leiden. Wer sich zu diesen Risikogruppen zählt, sollte auffällige Symptome am besten umgehend abklären lassen. Eine frühzeitige Therapie verbessert die Heilungsaussicht erheblich und senkt das Risiko für Komplikationen. Auch bei chronischen Erkrankungen ist eine Abklärung sinnvoll, damit mit Hilfe von Medikamenten gegen Schmerzen und anderweitige Begleiterscheinungen vorgegangen werden kann. Sollten die Beschwerden die Lebensqualität erheblich beeinflussen, ist eine schnelle Diagnose umso wichtiger. Ansonsten können sich aus der jeweiligen Gelenkerkrankung mitunter auch psychische Leiden entwickeln, die ihrerseits mit Komplikationen verbunden sind.
Symptome und Verlauf
Erkrankungen der Gelenke manifestieren sich im Anfangsstadium durch eine spezifische Kombination von Schmerzsymptomen: Die sogenannte „Frühtrias“ ist gekennzeichnet durch die typischen Ermüdungs-, Anlauf- und Belastungsschmerzen. Im weiteren Verlauf von Arthropathien treten dann auch Dauerschmerzen sowie Nacht- und Muskelschmerzen auf.
Diese Symptomatik wird als die sogenannte „Spättrias“ bezeichnet. Neben diesen unterschiedlichen Schmerzformen kommt es bei fortgeschrittenen Gelenkkrankheiten meist zu Bewegungseinschränkungen der betroffenen Gelenke, aber auch zu den bekannten Knirschgeräuschen bei Gelenkbewegungen (Krepitationen). Sowie zu Instabilität, knöchernen Verdickungen und Schwellungen, Fehlstellungen, Gelenkergüssen, aber auch zu einem feststellbaren Muskelabbau (Muskelatrophien) oder lokalen Rötungen und Hyperthermien.
Im späteren Verlauf kann in Röntgenaufnahmen eine veränderte, raue oder faserige Oberfläche beobachtet werden, sowie unter Umständen auch eine Verschmälerung des Gelenkspaltes, eine Verdichtung der umliegenden Knochensubstanz (sogenannte subchondriale Sklerosierung), aber auch Geröllzysten (fehlende Knochensubstanz) und Osteophyten können sich zeigen. Insbesondere bei entzündlichen Gelenkerkrankungen, wie einer chronischen Polyarthritis, sind ganz spezielle Entzündungswerte im Blutbild feststellbar. In fortgeschrittenen Stadien von Gelenkerkrankungen kann es auch zu schweren Gelenkdeformierungen und -verformungen kommen, darüber hinaus auch zur Ablagerung von Kalziumpyrophosphaten im Knorpel, die sogenannte Chondrokalzinose.
Häufige Formen und Typen
Häufige Gelenkerkrankungen:
- Hüftdysplasie
Zu Gelenkerkrankungen zählen die unterschiedlichsten Formen von Arthrose, Arthritis sowie weitere Krankheitsbilder, wie rheumatische Erkrankungen, die Psoriasis-Arthritis oder das rheumatische Fieber. Bei der häufigsten Form, der Arthrose, kommt es zu einer vorzeitigen Abnutzung der Gelenkknorpelmasse. Dieser Verschleiß der Knorpelschicht führt im späteren Verlauf dazu, dass die Knochenenden schmerzhaft aufeinander reiben und auch Muskeln, Gelenkkapseln und Bänder in Mitleidenschaft gezogen werden können.
Der Gelenkverschleiß ist äußerst schmerzhaft und per se nicht heilbar. Grundsätzlich kann Arthrose an sämtlichen Gelenken auftreten, am häufigsten jedoch sind die Gelenke betroffen, die durch Alltag, Arbeit und außergewöhnliche Belastungen am meisten beansprucht werden. Dazu gehören Erkrankungen der Kniegelenke (sog. Gonarthrose), der Hüftgelenke (sog. Coxarthrose), der Wirbelsäule (sog. Spondylarthrose), aber auch der Hand- und Fußgelenke.
Die degenerative Arthropathie kann, beginnend mit der Schädigung des Gelenkknorpels, in weiterer Folge auch zu Verformungen und Veränderungen der angrenzenden Knochen führen. Eine sogenannte sekundäre Arthrose entsteht durch angeborene oder erworbene Fehlstellungen oder nach Verletzungen und Entzündungen des Gelenkes. Bei den entzündlichen Formen der Gelenkerkrankungen kann entweder ein Gelenk betroffen sein (sog. Monarthritis), aber es können auch mehrere Gelenke (sog. Polyarthritis) erkranken. Diese Arthritiden beginnen stets in der Gelenkinnenhaut und sind durch Rötungen, Schwellungen, Bewegungseinbußen und Schmerzen gekennzeichnet.
Bei der infektiösen Arthritis gelten Bakterien als Auslöser; sie geht häufig mit einem eitrigen Gelenkerguss einher und kann zu schweren Gelenkschädigungen führen. Beim rheumatischen Fieber, das vorwiegend im Kindesalter nach einer Streptokokken-Infektion auftritt, kann neben einer akuten Entzündung unterschiedlicher Gelenke und den damit verbundenen Schmerzen, erhöhten Temperaturen und Schwellungen auch eine Herzinnenhautentzündung auftreten.
Bei nicht-infektiösen Gelenkentzündungen stellt die chronische Polyarthritis oder rheumatoide Arthritis die häufigste Form dar. Hier werden immunologische Vorgänge als mögliche Auslöser vermutet (sog. Autoimmunerkrankung). Der Krankheitsverlauf bei der chronischen Polyarthritis beginnt meistens an den Fingergrundgelenken und greift in weiterer Folge auf zahlreiche andere Gelenke über. In schweren Verläufen kann es zu hochgradigen Gelenkverformungen und -zerstörungen kommen. Die Erkrankung tritt in vielen Fällen bereits im Kindes- und Jugendalter auf.
Weitere Formen von Arthropatien sind die Psoriasis-Arthritis (eine pathologische Gelenkbeteiligung bei Schuppenflechte) und Morbus Bechterew, bei dem vor allem die Gelenke der Wirbelsäule betroffen sind. Auch die Gicht gehört zu den entzündlichen Polyarthropathien. Eine weitere häufige Gelenkerkrankung ist auch der Hallux vagus, ein vor allem bei Menschen der älteren Generation verbreitetes Gelenkleiden im Bereich des großen Zehs.
Komplikationen
In der Regel können Gelenkerkrankungen zu sehr vielen verschiedenen Beschwerden und Kompilationen führen. Aus diesem Grund ist eine allgemeine Voraussage der Komplikationen in der Regel nicht möglich. Aufgrund von Gelenkerkrankungen sind die Betroffenen in den meisten Fällen in ihrer Bewegung und damit auch in ihrem Alltag erheblich eingeschränkt. Nicht selten kommt es dabei auch zu Störungen der Koordination und zu starken Bewegungseinschränkungen. Möglicherweise sind die Betroffenen dann auch auf Gehhilfen oder auf die Hilfe anderer Menschen oder Pfleger angewiesen. Im Allgemeinen führen die Gelenkerkrankungen immer zu einer Verringerung der Lebensqualität.
Nicht selten sind diese auch mit Schmerzen oder Schwellungen verbunden und wirken sich dabei auch negativ auf die Psyche der Betroffenen aus. Damit kann es zu Depressionen oder anderen psychischen Beschwerden kommen. In der Regel können die Schmerzen immer mit Hilfe von Schmerzmitteln eingeschränkt werden. Vor allem in der Nacht können Schmerzen zu Schlaflosigkeit und damit zu einer Gereiztheit des Betroffenen führen. Die weitere Behandlung erfolgt mit verschiedenen Therapien und möglicherweise durch operative Eingriffe. In einigen Fällen sind auch Prothesen notwendig, um dem Patienten eine Beweglichkeit zu erlauben. Besondere Komplikationen treten dabei in der Regel nicht auf.
Behandlung und Therapie
Die Therapie von Gelenkerkrankungen hängt von der genauen Form der Arthropathie ab sowie dem Erkrankungsstadium. Die Behandlung der Arthrose erfolgt im ersten Schritt konservativ, d.h. in Form von Wärmetherapie, Medikamenten und Krankengymnastik. Im weiteren Verlauf bzw. bei stark fortgeschrittener Arthrose kann oftmals nur noch eine operative Behandlung zu einer Verbesserung für den Patienten führen. Hier erfolgt z.B. die chirurgische Entfernung der entzündeten Gelenkinnenhaut bzw. der Einsatz von künstlichen Gelenken (Gelenkprothesen).
Zur medikamentösen Therapie bei entzündlichen Gelenkerkrankungen gehören unter anderem die nicht-steroidalen Antirheumatika und in schweren Verläufen auch Opioide, die in erster Linie auf eine effektive Schmerzreduzierung abzielen. Darüber hinaus kommen in manchen Fällen aber auch Chondroprotektiva zum Einsatz: Die enthaltene Hyaluronsäure wirkt entzündungshemmend und reduziert die Wirkung von Enzymen, die den Knorpelabbau in den Gelenken begünstigen.
Im Falle von Gelenkergüssen werden diese punktiert bzw. in chronischen Verläufen mit cortisonhaltigen Präparaten behandelt. Diese werden direkt in das betroffene Gelenk injiziert und sollen die Entzündungsprozesse verringern. Bei schweren rheumatischen Erkrankungsformen kommen neben Basisrheumatika auch moderne „Biologicals“ (Tumornekrosefaktor Alpha Hemmer wie Etanercept oder Infliximab) sowie Immunsuppressiva (z.B. Methotrexat) zum Einsatz.
Bei Gelenkerkrankungen spielen auch orthopädietechnische und ergotherapeutische Maßnahmen eine wichtige Rolle. Das weitere Voranschreiten einer Gelenküberlastung oder -fehlbelastung soll durch das Erlernen gelenkschonender Bewegungsabläufe und Aktivitäten ebenso verlangsamt werden, wie durch die deutliche Entlastung der betroffenen Gelenke. Dies kann zum Beispiel durch korrigierende oder dämpfende Einlagen, Unterarmstützen und weitere Hilfsmittel geschehen.
Mit gezielten krankengymnastischen Übungen soll darüber hinaus dem Muskelabbau entgegengewirkt werden, sollen die Schmerzsymptome gelindert und allgemein die Bewegungsabläufe unterstützt und erleichtert werden. Muskelerhalt und -aufbau sowie eine Verbesserung der erkrankten und degenerativ beeinträchtigten Gelenke stehen hier im Fokus der therapeutischen Maßnahmen. Auch die Elektrotherapie kann bei chronischen Schmerzen zum Einsatz kommen und verhilft oft zu einer Entspannung und spürbaren Verbesserung der Schmerzsymptomatik.
Auch operative Verfahren gewinnen immer mehr an Bedeutung, die kleinere Defekte am Knorpel beheben (sogenannte Knorpelknochen-Transplantationen) oder im Rahmen einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) das Gelenk spülen und den erkrankten Knorpel glätten. Allerdings können vor allem Abnutzungserscheinungen an Gelenken nicht rückgängig bzw. gänzlich geheilt werden. Darum hängt der Therapieerfolg bei Arthrose, aber auch bei Arthropathien allgemein, ganz entscheidend vom Zeitpunkt der Diagnose ab.
Vorbeugung
Dazu gehört auch eine qualitativ hochwertige Ausrüstung, insbesondere des Schuhwerks. Allgemein stärkendes und unter professioneller Anleitung durchgeführtes Muskeltraining kann Erkrankungen des Bewegungsapparates und der Gelenke vorbeugen, wenn diese dabei nicht falsch und ungünstig belastet werden. Allgemein sind eine gesunde Ernährung und eine ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D für ein gesundes Knochen- und Knorpelgewebe von großer Bedeutung.
Quellen
- Rüther, W. & Lohmann, C.H.: Orthopädie und Unfallchirurgie, Urban & Fischer, 20. Auflage, 2014
- Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
- Wülker N. Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme Verlag. 2. Auflage 2010.
- Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
- Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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