Gelenkentzündung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der menschliche Körper besitzt über 100 bewegliche Gelenke. Entzündliche Gelenkerkrankungen können in jedem Alter auftreten und beeinträchtigen die Lebensqualität der Patienten oft erheblich. Eine Gelenkentzündung, in der Fachsprache auch als Arthritis bezeichnet, kann akut oder chronisch verlaufen.
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Was ist eine Gelenkentzündung?
Unter einer Entzündung versteht man eine Abwehrreaktion des Immunsystems auf einen (potenziell) schädlichen Reiz. Dabei kann es sich um eine mechanische Reizung, eingedrungene Mikroorganismen, Giftstoffe oder auch um körpereigene Substanzen handeln. Findet ein solcher Prozess innerhalb eines Gelenks statt, spricht man von einer Arthritis oder Gelenkentzündung.
Sofern nur ein Gelenk betroffen ist, handelt es sich um eine Monarthritis. Es ist jedoch auch möglich, dass sich das Entzündungsgeschehen in mehreren Gelenken abspielt (Oligoarthritis). Sobald mehr als fünf Gelenke beteiligt sind, wird die Erkrankung als Polyarthritis definiert.
Ursachen
Bei abakteriellen Gelenkentzündungen befinden sich hingegen keine Erreger im Gelenk selbst. Eine sogenannte reaktive Gelenkentzündung liegt vor, wenn sich das Immunsystem gegen eine außerhalb des Gelenks lokalisierte Infektion wendet und sich diese Immunreaktion bis in das Gelenk hinein fortsetzt, wie z. B. bei einer Borrelieninfektion nach einem Zeckenbiss.
Ein Autoimmungeschehen kann zur rheumatoiden Gelenkentzündung führen. Ebenso können Gelenkentzündungen mit bestimmten Stoffwechselerkrankungen wie Gicht oder Psoriasis einhergehen. Als weitere Ursache kommt eine aktivierte Arthrose, d. h. ein Gelenkverschleiß mit Entzündungsfolge, infrage.
Wann zum Arzt?
Sind über mehrere Tage Schmerzen und Beschwerden der Gelenke vorhanden, sollte ein Arzt konsultiert werden. Nehmen die Beschwerden an Intensität zu oder breiten sie sich weiter aus, ist ebenfalls ein Arztbesuch notwendig. Kommt es zu Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten oder Beeinträchtigungen bei der Bewältigung des Alltags, ist ein Arzt aufzusuchen. Sobald sich durch die Entzündung Symptome wie Fieber, Schwindel oder Veränderungen der Haut zeigen, ist ebenfalls ein Arztbesuch ratsam.
Leidet der Betroffene über mehrere Tage unter einer inneren Unruhe, Unwohlsein oder Gereiztheit, sollte er einen Arzt aufsuchen. Setzt eine Fehlhaltung des Körpers oder eine Überlastung anderer Körperpartien ein, muss ein Arzt konsultiert werden. Es kann zu dauerhaften Schäden des Skelettsystems kommen, wenn keine rechtzeitige Korrektur erfolgt.
Sinkt die allgemeine Leistungsgrenze, treten Verhaltensänderungen auf oder können Freizeit- sowie berufliche Tätigkeiten nicht mehr wie gewohnt stattfinden, müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Eine ärztliche Versorgung ist ebenfalls notwendig, wenn der Betroffene Schlafstörungen erleidet oder Konzentrations- sowie Aufmerksamkeitsprobleme bekommt.
Anhaltende Stimmungsschwankungen, eine verminderte Aktivität über eine längere Zeit oder ein Rückzugsverhalten aus dem sozialen Leben sollten ebenfalls von einem Arzt abgeklärt werden, bevor weitere Erkrankungen entstehen. Vor der Einnahme eines schmerzstillenden Medikamentes, ist grundsätzlich die Rücksprache mit einem Mediziner in Anspruch zu nehmen.
Symptome und Verlauf
Typische Anzeichen einer Gelenkentzündung:
Charakteritische Symptome einer Gelenkentzündung sind die fünf allgemeinen Entzündungszeichen:
- Rubor (Rötung),
- Calor (Erwärmung),
- Dolor (Schmerz),
- Tumor (Schwellung) und
- Functio laesa (eingeschränkte Funktion).
Zusätzlich kann sich ein allgemeines Krankheitsgefühl einstellen. Innerhalb kurzer Zeit kann eine bakterielle Gelenkentzündung den Gelenkknorpel weitgehend zerstören. Ohne schnelles ärztliches Eingreifen können sich die Erreger weiter im Körper ausbreiten und im schlimmsten Fall zu einer Sepsis mit eventuell einhergehendem Organversagen und Todesfolge führen.
Bei der rheumatoiden Gelenkentzündung erkennt das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Material als Fremdkörper und reagiert mit einem Entzündungsprozess. Die Synovialis bzw.
Gelenkschleimhaut beginnt aggressiv zu wuchern, in schweren Fällen bis hin zur vollständigen Zerstörung des Knorpels mit nachfolgendem Knochenabbau.
Die Symptome beginnen oft schleichend als allgemeines Krankheitsgefühl mit Gewichtsabnahme und leichtem Fieber. Hinzu kommen morgendliche Steifigkeit der Fingergelenke sowie Schwellung, Rötung und Schmerzen. Am häufigsten sind die Handwurzel- und Fingergrundgelenke betroffen, allerdings kann sich die Gelenkentzündung mit der Zeit auf andere Gelenke ausweiten. Die Erkrankung verläuft in Schüben und deformiert die betroffenen Gelenke.
Diagnose
Neben den typischen Symptomen bzw. Anzeichen einer Gelenkentzündung eignet sich zur Diagnose eine Blutuntersuchung, bei der eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins, der Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie der sogenannten Rheumafaktoren für eine Gelenkentzündung sprechen. Diese Befunde treten allerdings auch bei anderen Erkrankungen auf bzw. lassen sich manchmal trotz vorliegender rheumatoider Gelenkentzündung nicht nachweisen. Bildgebende Verfahren (u.a. Ultraschall, MRT, Röntgenuntersuchung) zeigen Knochenschädigungen und Gelenkfehlstellungen wie Abrieb, Osteoporose, Ulnardeviation oder die charakteristische Knopfloch- oder Schwanenhalsdeformität der Finger.
Komplikationen
Vorhandene Entzündungen können sich schnell im Organismus ausbreiten. Bei einem geschwächten Immunsystem haben die Keime die Möglichkeit, sich ungestört in kurzer Zeit zu vermehren und über die verschiedenen Gefäße und Fasern schnell an andere Orte zu gelangen. Obwohl die meisten Viren und Bakterien durch die medizinischen Möglichkeiten gut behandelt werden können, treten immer wieder Keime auf, die eine Resistenz gegenüber den vorhandenen Wirkstoffen entwickelt haben. Dies verzögert den Heilungsweg und führt aufgrund des geschwächten Immunsystems zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber anderen Erkrankungen.
Durch die Gelenkentzündung kommt es zu einer stärkeren körperlichen Belastung anderer Regionen im Körper und Gelenke. Aufgrund des Ausgleichs findet eine Überbeanspruchung statt, die Schmerzen und Beeinträchtigungen der Gelenke auslösen. Fehlstellungen und Schäden des Skelettsystems sind möglich. Darüber hinaus treten durch eine einseitige Belastung vermehrt Muskelverspannungen oder Verhärtungen auf. Durch die Gelenkentzündung kommt es zu einer Reduzierung der gewohnten Bewegung. Das Vermeidungsverhalten kann eine Zunahme des Eigengewichts bewirken, da meist keine Anpassung der Nahrungszufuhr auf die veränderten Umstände und Bedürfnisse des Stoffwechselsystems erfolgt. Stellt sich ein Übergewicht ein, drohen weitere Erkrankungen. Verschiedene Organe werden stark belastet und können zu Funktionsstörungen führen. Darüber hinaus steigt das Risiko, eine Essstörung zu erleiden.
Behandlung und Therapie
Zur medikamentösen Behandlung einer Gelenkentzündung werden meist mehrere Wirkstoffgruppen kombiniert: Schmerzmittel, Glucocorticoide (immunsuppressiv und entzündungshemmend, z. B. Cortison), nichtsteroidale Antirheumatika (schmerzlindernd und entzündungshemmend) sowie Basistherapeutika (zur langrfristigen Eindämmung des Krankheitsverlaufs). Oft ist zusätzlich eine operative Therapie notwendig.
In fortgeschrittenen Entzündungsstadien kann ein betroffenes Gelenk jedoch oftmals nicht gerettet werden, sondern muss entfernt werden. Die Gelenkresektion kommt zum Einsatz, wenn die Gelenkentzündung bereits zu starker Deformierung und Knochenschäden geführt hat.
Zusätzlich kann eine Arthrodese durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um eine Gelenkversteifung. Nach dem Entfernen des Gelenks werden die Knochenenden aneinander fixiert, so dass zwar keine Beweglichkeit mehr gewährleistet ist, aber auch keine Schmerzen mehr auftreten.
Sollen stark geschädigte Gelenkteile entfernt werden, das Gelenk als solches aber in seiner Funktion erhalten bleiben, bietet sich eine Arthroplastik unter Verwendung körpereigener Sehnen an. Ist dies nicht möglich, kann auch eine Endoprothese, also ein künstliches Gelenk, das Mittel der Wahl sein, doch wie auch bei Arthrosepatienten wird diese Option so lange wie möglich hinausgezögert, da es sich bei Endoprothesen um Verschleißteile handelt, die früher oder später ersetzt werden müssen. Als Alternative zur Operation findet bei Gelenkentzündungen mitunter auch das nuklearmedizinische Verfahren der Radiosynoviorthese Anwendung.
Vorbeugung
Ein weiterer Faktor ist eine ausgewogene Ernährung – einerseits, um die Knochen vor Mangelerscheinungen zu bewahren, und andererseits, um Übergewicht zu vermeiden, das die Gelenke zusätzlich belasten würde.
Quellen
- Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
- Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
- Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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