Gicht
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Gicht ist eine Stoffwechselkrankheit, die vornehmlich in westlichen Überfluss-Gesellschaften auftritt. Bei der Gicht kommt es aufgrund von überhöhter Harnsäure im Blut zur Bildung von Harnsäurekristallen, die sich in den Gelenksregionen aber auch Organen absetzen und dort Entzündungen hervorrufen. Zu den typischen Symptomen von Gicht gehören u.a.: Gliederschmerzen, Hautrötungen, Schwellungen und erhöhte Temperatur der Gliedmaßen und Fieber. Zunächst äußert sich die Erkrankung als akuter Gichtanfall. Unbehandelt und ohne eine dauerhafte Senkung des Harnsäurespiegels kann die Gicht chronisch werden.
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Was ist Gicht (Hyperurikämie)?
Früher bezeichnete man die Gicht auch als Krankheit der Kaiser, Könige und Fürsten, heute kann sie aufgrund unserer modernen, auf ständigen (Ess-) Konsum hin ausgerichteten Lebensweise jeden treffen. Längst schon hat sich die Gicht zur Gesellschaftskrankheit ausgeweitet. In dieselbe Kategorie fallen etwa noch die Zuckerkrankheit (Diabetes Mellitus) sowie die Störung der Schilddrüsenfunktion oder etwa krankhaftes Übergewicht (Adipositas).
Es werden zwei Arten der auch als Hyperurikämie bezeichneten Krankheit unterschieden: Als primäre Gicht ist sie angeboren, in ihrer sekundären Form tritt sie infolge anderer Krankheiten oder falscher Ernährung auf. Grundsätzlich ist die Krankheit entweder durch eine erhöhte Harnsäureproduktion oder eine verminderte Ausscheidung von Harnsäure gekennzeichnet.
Gicht zeigt im Anfangsstadium meist keine Symptome. Diese Phase kann Jahre und Jahrzehnte dauern. Während dieser asymptomatischen Periode weist lediglich der Harnsäurespiegel im Blut auf die Erkrankung hin. Erreicht die Harnsäurekonzentration einen kritischen Wert, tritt ein akuter Gichtanfall auf. Meist ist dieser an Schmerzen im Fuß bzw. am Grundgelenk der großen Zehen zu spüren. Es kommt zu Gelenkentzündungen, roten Verfärbungen, Schwellungen und einer erhöhten Berührungsempfindlichkeit. Meist können die Betroffenen nur noch mit der Ferse auftreten, sodass sie einen typischen humpelnden Gang zeigen. Dieser Zustand der akuten Gicht dauert meist mehrere Stunden oder sogar einige Tage.
Erfolgt keine Behandlung, wiederholen sich die Attacken in immer kürzeren Abständen. Die Schmerzphasen verlängern sich und greifen häufig auf andere Gelenke über. Bei einer chronischen Gicht sind die Schmerzen stetig vorhanden und es entstehen bleibende Gelenkdeformationen. Diese beeinträchtigen die Funktion des jeweiligen Gelenks. Ferner kann es bei der chronischen Gicht zu Ablagerungen von Harnsäurekristallen kommen, welche sich durch harte Knötchen bemerkbar machen.
Wird der erhöhte Harnsäurespiegel rechtzeitig gesenkt und stabilisiert, nimmt die Gicht einen problemfreien Verlauf. Wird die Erkrankung jedoch nicht behandelt, kann sie chronisch werden. Dies erfolgt meist nach einer beschwerdefreien Zwischenphase, welche auf einen akuten Gichtanfall folgt. Häufen sich die akuten Anfälle, entsteht eine chronische Gicht, welche Komplikationen wie Nierensteine, Schleimbeutelentzündungen verursachen kann.
Ursachen
Aber auch Diätfehler vor allem in Kombination mit ungenügender Flüssigkeitszufuhr können zur Gicht führen, da der Abbau körpereigenen Eiweißes ebenfalls Purin freisetzt.
Daneben kann es zu einer vermehrten Produktion der Harnsäure durch schwere physische Belastungen, massives Übergewicht, schwere Bluterkrankungen und Tumoren kommen.
Nierenerkrankungen, starker Alkoholkonsum sowie hoher Blutdruck tragen ihrerseits zur verminderten Ausscheidung der Harnsäure bei.
Die Gicht kann in zwei Ausprägungen auftreten: akut oder chronisch. Die akute Hyperurikämie tritt auch beim Gesunden aufgrund vorhandener Harnsäurekristallen bei sonst normalem Harnsäurespiegel spontan auf. Zu chronischer Gicht kommt es, wenn erhöhte Harnsäurewerte nicht dauerhaft gesenkt werden.
Wann zum Arzt?
Ein Gichtanfall verschwindet in der Regel nach einigen Tagen bis maximal zwei Wochen von selbst wieder. Wenn die Beschwerden besonders intensiv ausfallen oder länger als üblich anhalten, sollte dennoch ein Arzt konsultiert werden. Beim Verdacht auf eine akute Gicht ist medizinischer Rat stets angezeigt. Insbesondere dann, wenn die einzelnen Gelenke stark schmerzen und alltägliche Bewegungen kaum noch möglich sind. Zusätzliche Entzündungszeichen wie gerötete, geschwollene oder stark erwärmte Gelenke deuten auf einen schweren Verlauf hin.
Hier gilt: sofort zum Arzt, bevor sich eine chronische Gicht entwickelt. Ansonsten sollte die Praxis aufgesucht werden, wenn die typischen Begleitsymptome wie Fieber, Kopfschmerzen oder Herzrasen nach drei bis vier Tagen nicht zurückgehen oder im Verlauf sogar noch an Intensität zunehmen. Spätestens wenn Nierensteine, chronische Schmerzen oder andauernde Gelenksteife bemerkt werden, muss ein Arzt hinzugezogen werden. Bei Symptomen eines akuten Organversagens muss umgehend ein Rettungsdienst gerufen werden. In schweren Fällen sind begleitend dazu Erste-Hilfe-Maßnahmen zu leisten.
Symptome und Verlauf
Typische Symptome von Gicht:
- heiße Haut
In den meisten Fällen kündigt sich ein Gichtanfall nicht an. Besonders oft sind die Grundgelenke von Zehen oder Fingern betroffen. Aber auch das Mittelfuß- und Kniegelenk sowie der Daumenansatz zeigen rasch erste visuelle Ausprägungen in Form von kleinen, schmerzhaften Wölbungen. Häufig sind betroffene Stellen stark erwärmt und neigen zum Jucken. Außerdem klagen Patienten über eine erhöhte Berührungsempfindlichkeit. Später beginnt die gerötete Haut sich zu schälen. Besonders große Kristallansammlungen, auch Gicht-Tophi genannt, lagern sich langfristig in Schleimbeuteln, Knorpel oder den Nieren ab. Primär tritt der erste Anfall in der Nacht auf.
Völlig unbehandelt können die Symptome bis zu zwei Wochen bestehen bleiben. Manchmal treten zudem Nebenwirkungen auf. Diese beinhalten Kopfschmerzen, Herzrasen, leichtes Fieber und auch ausgeprägte Übelkeit mit einer stark abfallenden Leistungsbereitschaft. Langfristig schränkt die Krankheit die Beweglichkeit einzelner Gelenke und somit die Mobilität von Menschen ein.
Krankheitsverlauf
Völlig ohne ärztliche Betreuung kann Gicht in eine chronische Form übergehen. Nierensteine und dauerhaft zerstörte Gelenke sowie eine eingeschränkte Nierenfunktion stellen dann eine ununterbrochene Belastung der Patienten dar. Damit es nicht so weit kommt, ist eine rechtzeitige Behandlung dringend ratsam. Diese lindert die Symptome und Folgeerscheinungen effizient und ermöglicht größtenteils ein normales Leben. Insgesamt gliedert sich die Krankheit in vier Stadien:
- Die Hyperurikämie markiert den Anfang und ist durch einen erhöhten Harnsäurespiegel ohne Symptome charakterisiert.
- In der zweiten Phase als akuter Gichtanfall haben Patienten erstmals mit schmerzhaften Schwellungen, typischerweise am Zehen- oder Fußgelenk, zu kämpfen. Eine Abnahme der Beweglichkeit kann bereits je nach Intensität an betroffenen Stellen eintreten.
- Das dritte Stadium, die interkritische Phase, ist hingegen durch eine längere Beschwerdefreiheit zwischen einzelnen Gichtepisoden gekennzeichnet.
- Im finalen, vierten Stadium leiden Patienten unter dauerhaften Veränderungen an Haut und Gelenken sowie chronischen Schmerzen. Zusätzliche Harnkristallablagerungen in Nieren oder Ohren belasten die Lebensqualität der Betroffenen zusätzlich. Ein derartig schwerer Verlauf ist dank entsprechender Therapieansätze jedoch kaum noch anzutreffen.
Diagnose
Die Diagnose der Gicht erfolgt durch Blutuntersuchungen und bildgebende Verfahren, um Schäden an betroffenen Gelenken darstellen zu können. Zunächst wird die Blutuntersuchung vorgenommen, hier deuten erhöhte Harnsäurewerte auf Gicht hin. Jedoch kann es sein, dass bei einem akuten Gichtanfall die Harnsäurewerte nur geringfügig oder gar nicht erhöht sind, dafür aber die Entzündungswerte, insbesondere der CRP, einen deutlichen Anstieg zeigen. In solch einem Fall kann die Entnahme von Gelenkflüssigkeit weiterführen: zeigen sich darin Harnsäurekristalle, stellen diese einen klaren Hinweis auf Gicht.
Zur Sicherung der Diagnose setzt der behandelnde Arzt bildgebende Verfahren, wie Röntgen, CT und MRT ein, um Schäden an den Gelenken feststellen zu können. In einigen Fällen kommt auch eine Ultraschalluntersuchung der Gelenke in Frage.
Durch eine sorgfältige Anamnese und die Kenntnis der Krankengeschichte lässt sich die Diagnose meist schnell stellen. Bei der Diagnose von Gicht werden die Nieren auf ihre Funktion untersucht - denn die Erkrankung kann mit Nierenschäden einhergehen
Komplikationen
Je später die Erkrankung diagnostiziert und behandelt wird, desto geringer sind die Behandlungsmöglichkeiten von bereits vorhandenen Beschädigungen des Knochen- und Skelettsystems. Bei einem fortgeschrittenen Stadium kommt es zu Deformierungen der Gelenke, die nicht mehr korrigiert werden können. Die Gelenke können nicht mehr wie gewohnt bewegt werden, so dass ausgleichende Bewegungen ausgeführt werden. Dauerhafte Beeinträchtigungen treten auf, die zu Fehlstellungen und einseitigen Belastungen führen. Die gesunden Regionen werden einer starken Beanspruchung ausgesetzt, so dass diese verletzt und beschädigt werden können. Zusätzlich sind Muskeln- und Nervenfasern einer ungewohnten Belastung ausgesetzt und reagieren mit Schmerzen, Verhärtungen oder Entzündungen.
Die durch die Gicht erkrankten Gelenke sind gerötet und erwärmt. Eine erhöhte Körpertemperatur kann eintreten und Beschwerden wie Übelkeit und Schwindel auslösen. Bei einer Gicht kommt es zu Kristallablagerungen im Körper, die nicht abtransportiert werden können. Der Harnsäurespiegel steigt bei einer Gicht an. Dieser Vorgang fördert die Bildung von Nierensteinen und beeinflusst die Nierentätigkeit. Entzündungen der Niere oder der Harnwege können sich entwickeln. Schmerzen treten ein und Nierenkoliken drohen. Durch die Beschwerden wird die Flüssigkeitszufuhr verringert. Das kann zu einer Unterversorgung des Organismus und einer Dehydration führen. Die Gabe von Medikamenten kann zu einer Unverträglichkeitsreaktion führen. Es drohen Funktions- und Organstörungen, die den Gesundheitszustand weiter verschlechtern.
Behandlung und Therapie
Die Behandlung der Gicht ist ein zweistufiger Prozess. Zunächst müssen besonders bei der akuten Form der Hyperurikämie die starken Schmerzen medikamentös gelindert sowie der Entzündungsherd behandelt werden.
Hierzu kann der Mediziner dem Patienten Kortison in Kombination mit einer lokalen Betäubung in den Entzündungsherd spritzen. Aber auch die gesamte Bandbreite antirheumatischer Medikamente eignet sich zur Behandlung der Gicht.
Desweiteren ist es mittel- bis langfristig unabdingbar den Harnsäurespiegel zu senken und wieder in den Normbereich zu überführen. Das kann nur durch eine kontrollierte Ernährungsumstellung erreicht werden, indem die Menge zugeführten Purins - durch dessen Abbau Harnsäure entsteht - reduziert wird.
↳ Weitere Informationen: Hausmittel gegen Gicht
Konkret bedeutet dies die verminderte Zuführung von alkoholischen Getränken, fettreiche Fleisch- und Wurstwaren, Suppenwürfel, Hülsenfrüchte sowie Innereien.
Zeitgleich ist auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Bei Übergewicht sollte in Maßen abgenommen werden. All diese Maßnahmen tragen zur konsequenten Umstellung der Ernährungsweise und Lebensführung bei.
Vorbeugung
Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch die Familienanamnese. Gibt es in der Familie bereits Fälle von Hyperurikämie? Dann sollten Betroffene auf jeden Fall bereits früh mit einer bewussten Umstellung der Ernährungsgewohnheiten beginnen.
Aber auch andere Faktoren wie beispielsweise Bluthochdruck können in der Folge mit der Gicht im Zusammenhang stehen. Daher ist es sinnvoll zu überprüfen, ob familiär bedingter Bluthochdruck vorliegt, um diesen gegebenenfalls medikamentös zu senken. Es ist wichtig, der Gicht konsequent entgegenzutreten.
Quellen
- Rüther, W. & Lohmann, C.H.: Orthopädie und Unfallchirurgie, Urban & Fischer, 20. Auflage, 2014
- Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
- Wülker N. Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme Verlag. 2. Auflage 2010.
- Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2012
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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