Ständiger Harndrang

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Harndrang handelt es sich um eine normale Funktion der Harnblase. Ständiger Harndrang kann jedoch ein Hinweis auf eine Störung sein. Harndrang ist nicht weiter ungewöhnlich. Sammelt sich der Urin in der Harnblase des Menschen an, verspürt er den normalen Drang, ihn abzulassen. Zeigt sich der Harndrang jedoch ständig und lässt sich nicht beherrschen, gilt dies als Indiz für eine gesundheitliche Störung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Ständiger Harndrang?

Hält der ständige Harndrang über einen längeren Zeitraum an, sollte der Betroffene die Ursache von einem Arzt abklären lassen.

Jeden Tag erzeugt der menschliche Organismus ungefähr 1 bis 1,5 Liter Urin, mit dem er seine Abbauprodukte ausscheidet. Bei der Urinmenge spielt auch die Zufuhr an Flüssigkeit eine bedeutende Rolle. Gebildet wird der Harn innerhalb der Nieren. In der Harnblase kommt es dann zu einer konzentrierten Ansammlung des Urins, was an der Blasenwand Spannung erzeugt. Die Kapazitätsgrenze der Blase liegt zwischen 300 und 500 Millilitern Urin. Werden diese erreicht, macht sich Harndrang bemerkbar.

Verantwortlich für den Harndrang sind Rezeptoren in der Blasenwand, die zu den reizaufnehmenden Zellen zählen. Von ihnen wird die Wandspannung wahrgenommen und an die verantwortlichen Bereiche des Zentralnervenssystems weitergeleitet. Ist der Mensch gesund, kann er seine Blasenfunktion gezielt steuern und dem Harndrang Einhalt gebieten. Durch Muskelgeflechte an der hinteren Harnröhre und dem Blasenausgang sowie der Beckenbodenmuskulatur wird für den Verschluss der Harnblase gesorgt. Erschlaffen die Muskeln willentlich und steigt zur gleichen Zeit der Innendruck der Blase aufgrund von harnaustreibenden Muskeln an, führt dies zur Harnblasenentleerung.

Ursachen

Die Ursachen für ständigen Harndrang sind unterschiedlich. Nicht immer verbirgt sich eine Störung oder Erkrankung hinter ihm. Trinkt der Mensch viel oder nimmt wasserhaltige Nahrungsmittel wie zum Beispiel Tomaten, Gurken oder Wassermelonen zu sich, führt das zu einem gesteigerten Harndrang. Bemerkbar macht sich dies außerdem durch das Ausscheiden einer umfangreichen Urinmenge. Als normal gilt es, wenn der Mensch bis zu zehn Mal pro Tag Wasser lässt. Bei höheren Mengen sollte jedoch ein Arzt aufgesucht werden.

Die Medizin unterscheidet bei ständigem Harndrang zwischen drei Formen. Dies sind die Polyurie, die Pollakisurie sowie die Nykturie. Im Falle einer Polyurie scheidet der Betroffene am Tag eine Urinmenge zwischen 2 und 3 Litern aus, was deutlich über der Norm liegt. Nicht selten ist der ständige Harndrang mit einem starken Durst verbunden, was als Hinweis auf die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) gilt. Aber auch ein erhöhter Konsum von Kaffee und Alkohol sowie die Einnahme von bestimmten Arzneimitteln wie Diuretika, die über eine entwässernde Wirkung verfügen, können zu häufigem Harndrang führen. Außerdem werden starker psychischer Stress oder Erkrankungen wie eine Herzinsuffizienz oder Nierenversagen für einen erhöhten Harndrang verantwortlich gemacht.

Von einer Pollakisurie ist die Rede, wenn der Betroffene ständig Harndrang verspürt, jedoch nur geringe Urinmengen abgibt. Meist leiden Männer darunter, bei denen eine Erkrankung der Prostata (Vorsteherdrüse) besteht. Aber auch bei Frauen kann eine Pollakisurie in der Frühschwangerschaft auftreten. Als weitere Ursache kommt eine Entzündung der Harnblase infrage. Diese ist zumeist mit Beschwerden wie einem brennenden Gefühl oder Schmerzen beim Wasserlassen verbunden.

Weitere mögliche Gründe sind eine Nierenbeckenentzündung oder eine sogenannte Reizblase. Eine Reizblase kann sowohl ohne eine unmittelbare physische Ursache als auch mit ihr auftreten. Während die erste Form als primäre Reizblase eingestuft wird, gilt die zweite Form als sekundäre Reizblase. Sie tritt seltener auf und wird zumeist durch Infektionen, Tumorerkrankungen oder Fremdkörper hervorgerufen.

Ständiger Harndrang wird vor allem in den Nachtstunden verspürt, was sich in erster Linie bei älteren Menschen bemerkbar macht. Ärzte sprechen von einer Nykturie, wenn die betroffene Person mehr als zwei Mal pro Nacht die Toilette aufsuchen muss. Infolgedessen ist oft kein erholsamer Schlaf möglich. Bei Frauen entsteht eine Nykturie meist durch eine Blasenentzündung, während bei Männern eine gutartige Prostatavergrößerung der Grund ist.

Krankheiten

  • Erkrankungen der Prostata

Wann zum Arzt?

Da es sich bei der Blase um einen sehr aktiven und nervendurchzogenen Muskel handelt, ist ein ständiger Harndrang in einigen Fällen nichts ungewöhnliches und sollte keinen Grund zur Sorge darstellen. Da ständiger Harndrang vor allem im Zusammenhang mit einer Reizblase auftritt, muss hier (nach einmaliger Diagnosestellung) nicht ständig ein Arzt konsultiert werden. Die Betroffenen erkennen schnell, dass sie gerade in Stresssituationen häufiger auf Toilette müssen als in ruhigeren Situationen.

Es gibt aber auch Situationen, in denen aus nicht erklärlichen Gründen akuter und ständiger Harndrang auftritt. Dieser wird in den meisten Fällen von weiteren Symptomen begleitet. Dabei handelt es sich um Brennen beim Wasserlassen, einem geringen Harnabsatz und Schmerzen im Blasen- bzw. Nierenbereich. Klingen die Symptome nach zwei bis drei Tagen nicht ab, sollte in jedem Fall ein Arzt aufgesucht werden. Die Beschwerden können auf eine Infektion der Harnwege hinweisen, welche zwar alleine weggehen kann (nach zwei bis drei Tagen) oder aber eine medizinische Behandlung benötigt.

Tritt der ständige Harndrang mit einem ständigen Durstgefühl auf, bei dem sich die tägliche Trinkmenge auf bis zu sechs Liter am Tag beläuft, können die Beschwerden auf die Stoffwechselerkrankung Diabetes Mellitus Typ II. hinweisen. Hier ist sofort eine medizinische Behandlung nötig, da sonst schwerwiegende Komplikationen und Folgen auftreten können.

Diagnose und Verlauf

Wird wegen des ständigen Harndrangs ein Arzt aufgesucht, befasst dieser sich zunächst mit der Krankengeschichte seines Patienten. Dabei erkundigt sich der Mediziner danach, ob der Harndrang nur in der Nacht oder auch am Tage auftritt, eine große Urinmenge zu verzeichnen ist oder nur wenige Tropfen aus dem Körper gelangen, bestimmte Medikamente eingenommen werden und ob starker Durst besteht. Als hilfreich gilt das Führen eines Miktionstagebuchs, in das die Situationen des Harndrangs eintragen werden und was zuvor getrunken wurde.

Ein sinnvolles Diagnoseverfahren ist die Blutuntersuchung. Mit dieser Methode misst der Arzt den Kreatininwert, den Blutzucker sowie die Elektrolytkonzentration. Als hilfreich gilt außerdem das Bestimmen der Osmolarität im Blut, in deren Rahmen die Konzentration von osmotisch wirksamen Teilchen wie Zucker und Eiweißen gemessen wird. Als weitere Untersuchungsmethoden kommen das Messen der Urinwerte, eine Ultraschalluntersuchung, das Anfertigen von Röntgenaufnahmen der Blase oder eine Blasenspiegelung infrage. Der Verlauf von ständigem Harndrang ist unterschiedlich und richtet sich nach der auslösenden Ursache.

Komplikationen

Ständiger Harndrang ist ein Symptom, das eher selten mit weitreichenden medizinischen Komplikationen verbunden ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Harndrang offensichtlich durch eine deutlich vermehrte Trinkmenge, eine gesteigerte Nervosität oder eine unkomplizierte Blasenentzündung verursacht ist. Doch gibt es auch Fälle, in denen ständiger Harndrang besonders unangenehm werden oder auch therapeutisch schwer zu beseitigen ist. So kann die Blasenentzündung mit Schmerzen und Brennen bei Wasserlassen, manchmal sogar mit Blut im Urin verbunden sein. Auch die Behandlung der Blasenentzündung als Ursache des Harndrangs kann negative Wirkungen haben: Wenn die Entzündung mit einem Antibiotikum behandelt wird, bekommen manche Frauen als Folge zum Beispiel einen Pilz im Vaginalbereich, da die dortige natürliche Flora durch das Medikament gestört wird.

Ständiger Harndrang kann auch vom Patienten erst als harmlose Erscheinung angesehen werden, sich später jedoch als Symptom einer therapiebedürftigen Erkrankung herausstellen. Ein Beispiel hierfür ist die gutartige Prostatavergrößerung beim Mann. Diese wird in der Regel unkompliziert operativ behandelt, dennoch müssen bei der OP-Entscheidung mögliche Risiken wie die der Narkose oder einer Entzündung im Gebiet des Eingriffs einbezogen werden. Wenn der häufige Gang zur Toilette Symptom einer Herzinsuffizienz ist, sind auch alle weitreichenden Komplikationen, die eine unzureichende Herzfunktion mit sich bringen kann, zu bedenken.

Behandlung und Therapie

Für eine Therapie des ständigen Harndrangs stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Haben die häufigen Toilettenbesuche keine organische Ursache, kann ein gezieltes Blasentraining hilfreich sein. Dazu gehört das bewusste Unterdrücken des Harndrangs über einen bestimmten Zeitraum, anstatt ihm sofort nachzugeben. Mit diesem Vorgehen lässt sich die Harnblase allmählich wieder an größere Füllmengen gewöhnen. Weniger trinken sollte der Patient deswegen aber nicht, da sich dies letztlich schädlich auswirkt.

Ist eine körperliche Erkrankung für den ständigen Harndrang verantwortlich, gilt es, dieses Grundleiden zu behandeln, um eine Besserung zu erzielen. Gegen den übermäßigen Harndrang lassen sich verschiedene Medikamente verabreichen. Dazu gehören Spasmolytika und Anticholinergika. Sie sorgen für eine Herabsetzung der Blasenkontraktionsbereitschaft. Während Männer außerdem oft Alphablocker erhalten, die eine Entspannung der Prostatamuskelzellen bewirken, werden Frauen Östrogene verabreicht. Sind psychische Gründe die Ursache des ständigen Harndrangs, macht mitunter eine Psychotherapie Sinn. Ebenfalls hilfreich können Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelentspannung oder autogenes Training sein.


Vorbeugung

Um ständigem Harndrang vorzubeugen, wird eine gesunde Lebensweise empfohlen, die das Vermeiden von Stress beinhaltet. Ebenfalls wichtig sind das Tragen von warmer Kleidung sowie eine gründliche Hygiene. Auf diese Weise kann Blaseninfektionen entgegengewirkt werden.

Quellen

  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2015
  • Hof H, Dörries R. Duale Reihe: Medizinische Mikrobiologie. Thieme Verlag. 4. Auflage(2009)
  • Schmelz, H.-U. et al.: Facharztwissen Urologie, Springer Verlag, 2014
  • Jocham, D. & Miller, K.: Praxis der Urologie, Georg Thieme Verlag, 2007

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021

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