Progressive Muskelentspannung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 17. Juni 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Progressive Muskelentspannung ist eine Entspannungsmethode zur Verminderung und Vorbeugung von Stresszuständen. Das Prinzip dieser Technik beruht auf An- und Entspannung verschiedener Muskelgruppen. Die Progressive Muskelentspannung ist auch bei Schmerzzuständen hilfreich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Progressive Muskelentspannung?

Stress geht häufig mit Muskelverspannungen einher. Eine progressive Muskelentspannung hilft daher beim Abbau von Stresszuständen.

Die Progressive Muskelentspannung entwickelte der Arzt E. Jacobson, nachdem er in den 30er Jahren erkannt hatte, dass Ängste und psychische Spannungszustände immer einher gehen mit muskulärer Verspannung. Seine Methode der Progressiven Muskelrelaxation, PMR, wurde ab 1987 in den Katalog kassenärztlicher Leistungen aufgenommen.

Durch die Progressive Muskelentspannung (Progressive Muskelrelaxation, PMR) soll die Durchblutung angeregt werden, der Muskeltonus und die Herz- und Atemfrequenz gesenkt werden und insgesamt das Nervensystem positiv beeinflusst werden.

Die Progressive Muskelentspannung wird systematisch durchgeführt und wirkt auf verschiedene Muskelgruppen, die für die Entspannung zuständig sind.

Ziele und Wirkungsweise

Durch die progressive Muskelentspannung soll ein Muskelsinn angeregt werden und einzelne bzw. mehrere Muskelgruppen gezielt entspannt werden. Zugleich wird die Atmung reguliert.

Die PMR und die Erfolge im Körper lassen sich an einer ausgeglichen Pulsfrequenz und einem regelmäßigen Atem, an entspannten Gliedmaßen ebenso erkennen wie an den bewegungslosen Augenlidern und einem subjektiv empfundenen Entspannungszustand. Reflexhafte Schluckbewegungen und ruhige Muskeln sind weitere Erfolge.

Die PMR beinhaltet ein dauerhaftes Training, in dem es immer besser gelingt, entspannend auf die verschiedenen Muskelgruppen einzuwirken, in dem diese wahrgenommen werden und nacheinander gezielt entspannt werden. Dabei geht die Progressive Muskelentspannung aktiv vor und nicht passiv.

Es werden im ersten Schritt verschiedene Muskeln angespannt, die Anspannung wird einige Sekunden gehalten, um sie anschließend bewusst zu entspannen. Somit ist die Progressive Muskelrelaxation eine stark körperbezogene Entspannungsmethode, in der auch verschiedene Schnellentspannungsaufgaben akuten Stress gezielt bewältigen lassen.

Therapieformen

Die Progressive Muskelentspannung wird unter Anleitung eines erfahrenen Therapeuten am schnellsten ihre Wirkung entfalten. Viele Krankenkassen bieten die PMR an und auch an Volkshochschulen sind Kurse zu belegen.

Es gibt auch Hör-Kassetten, mit denen ohne persönliche Anleitung trainiert werden kann. Der Vorteil im persönlichen Therapeuten liegt in der größeren Intensität und in der Nachbereitung. Die PMR kann umso mehr ihre Wirkung entfalten, je bewusster sich ein Patient über die Vorgänge im eigenen Körper wird.

Da die Progressive Muskelentspannung besonders bei Angstpatienten auch die Symptome zunächst verstärken kann, empfiehlt sich ein Therapeut und die eigenverantwortliche Fortsetzung des Trainings Zuhause.


Wann ist Progressive Muskelentspannung sinnvoll?

Die Progressive Muskelentspannung wird in der Verhaltenstherapie eingesetzt und auch begleitende Therapiemaßnahmen nutzen die Progressive Muskelentspannung. Die PMR hilft bei Angstpatienten und bei Migränepatienten, sie entfaltet bei Schlafstörungen eine positive Wirkung und kann Spannungskopfschmerzen lindern helfen.

Die PMR wird auch bei Fibromyalgie und bei Rückenschmerzen angewendet. Die Progressive Muskelentspannung hilft bei Schluckbeschwerden und Störungen im Magen-Darm-Bereich. Die Progressive Muskelentspannung kommt auch bei labilem Blutdruck und in der Schwangerschaft oder in der Geburtsvorbereitung zum Einsatz.

Auch aus der Zahnheilkunde ist die PMR bekannt und sie kann zur Prävention und Krankheitsnachbearbeitung eingesetzt werden. In wie weit die Progressive Muskelentspannung ihre volle Wirkung entfalten kann, hängt von vielen Faktoren ab. Findet die Progressive Muskelentspannung regelmäßig Anwendung, so sind die Wirkungen effektiver.

Die Progressive Muskelentspannung kann zusammen mit einer positiven Erwartungshaltung mehr bewirken, wobei auch der persönliche Trainer helfen kann. Bei schweren Erkrankungen können sich die Symptome durch die PMR und der durch sie ausgelösten Entspannung verschlimmern. In akuten Erkrankungszuständen sollte sie nicht angewendet werden.

Anleitung zur Progressiven Muskelentspannung

Vorbereitung

Zeit und Ort:

  • Wähle eine ruhige Zeit und einen entspannten Ort, an dem du ungestört bist. Plane etwa 15-30 Minuten für die Übung ein.

Kleidung:

  • Trage bequeme Kleidung, die nicht einschränkt.

Position:

  • Lege dich auf eine Matte oder setze dich bequem auf einen Stuhl. Achte darauf, dass deine Arme und Beine entspannt sind.

Durchführung

'1. Einleitung

Schließe die Augen:

  • Nimm einige tiefe Atemzüge, um dich zu beruhigen. Atme tief durch die Nase ein und langsam durch den Mund aus.

Körperwahrnehmung:

  • Spüre deinen Körper und konzentriere dich auf die verschiedenen Muskelgruppen.

2. Anspannen und Entspannen

Du wirst nun verschiedene Muskelgruppen nacheinander anspannen und dann wieder entspannen. Halte jede Anspannung etwa 5-7 Sekunden und entspanne dann für etwa 20-30 Sekunden. Achte darauf, nicht zu stark anzuspannen, um Verletzungen zu vermeiden.

Hände und Unterarme:

  • Anspannen: Mache Fäuste und spanne die Unterarme an.
  • Entspannen: Lasse die Fäuste und Unterarme locker und spüre die Entspannung.

Oberarme:

  • Anspannen: Beuge die Arme und spanne die Bizeps an.
  • Entspannen: Lasse die Arme locker und spüre die Entspannung.

Schultern:

  • Anspannen: Ziehe die Schultern zu den Ohren hoch.
  • Entspannen: Lasse die Schultern sinken und spüre die Entspannung.

Nacken:

  • Anspannen: Drücke das Kinn leicht zur Brust.
  • Entspannen: Lasse den Nacken locker und spüre die Entspannung.

Gesicht:

  • Anspannen: Ziehe die Augenbrauen zusammen und spanne die Gesichtsmuskeln an.
  • Entspannen: Lasse das Gesicht locker und spüre die Entspannung.

Brust und oberer Rücken:

  • Anspannen: Ziehe die Schulterblätter zusammen und spanne die Brustmuskeln an.
  • Entspannen: Lasse die Schultern locker und spüre die Entspannung.

Bauch:

  • Anspannen: Ziehe den Bauchnabel zur Wirbelsäule und spanne die Bauchmuskeln an.
  • Entspannen: Lasse den Bauch locker und spüre die Entspannung.

Gesäß:

  • Anspannen: Spanne die Gesäßmuskeln an.
  • Entspannen: Lasse das Gesäß locker und spüre die Entspannung.

Oberschenkel:

  • Anspannen: Drücke die Knie zusammen und spanne die Oberschenkelmuskeln an.
  • Entspannen: Lasse die Oberschenkel locker und spüre die Entspannung.

Unterschenkel und Füße:

  • Anspannen: Ziehe die Zehen nach oben und spanne die Unterschenkel an.
  • Entspannen: Lasse die Füße locker und spüre die Entspannung.

3. Abschluss

Ganzkörperentspannung:

  • Nimm dir einige Minuten Zeit, um die Entspannung im gesamten Körper zu spüren. Atme ruhig und gleichmäßig.
  • Langsam aufwachen:

Öffne langsam die Augen und strecke dich leicht. Kehre langsam zu deinem normalen Bewusstsein zurück.

Für wen ist Progressive Muskelentspannung nicht geeignet?

Progressive Muskelentspannung (PME) nach Jacobson ist eine weit verbreitete und effektive Methode zur Stressreduktion und zur Linderung von körperlichen und psychischen Spannungszuständen. Sie eignet sich für viele Menschen und kann in verschiedenen Kontexten angewendet werden. Allerdings gibt es bestimmte Personengruppen, für die PME nicht geeignet ist oder nur unter besonderer Vorsicht angewendet werden sollte. Diese sind:

Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen:

Personen, die unter schweren psychischen Erkrankungen wie Psychosen, schweren Depressionen oder Angststörungen leiden, sollten PME nur unter Anleitung eines Therapeuten anwenden. In manchen Fällen können die Übungen unangenehme Gefühle oder eine Verschlechterung der Symptome auslösen.

Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen:

Menschen mit schwerwiegenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder unkontrolliertem Bluthochdruck sollten vor Beginn der PME Rücksprache mit ihrem Arzt halten. Die Übungen können den Herzrhythmus beeinflussen und bei bestimmten Vorerkrankungen Risiken bergen.

Patienten mit Muskel- und Skeletterkrankungen:

Personen mit akuten Muskel- oder Gelenkentzündungen, starken Rückenschmerzen oder anderen schweren orthopädischen Erkrankungen sollten PME nur nach Absprache mit einem Arzt oder Therapeuten durchführen. Die Anspannung und Entspannung der Muskulatur kann bei diesen Erkrankungen unangenehm sein oder die Beschwerden verschlimmern.

Menschen mit Epilepsie:

Für Personen, die an Epilepsie leiden, kann PME unter Umständen ungeeignet sein, da die Anspannung und Entspannung der Muskeln unter bestimmten Umständen Anfälle auslösen könnten. Eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ist daher unbedingt erforderlich.

Schwangere Frauen:

Schwangere sollten vor Beginn der PME Rücksprache mit ihrem Arzt oder ihrer Hebamme halten. Einige der Anspannungsübungen könnten für die Schwangerschaft ungeeignet sein, besonders in den späteren Stadien.

Kinder und Jugendliche:

Bei Kindern und Jugendlichen sollte PME nur unter fachkundiger Anleitung und nach Absprache mit einem Arzt angewendet werden. Die Methode kann für jüngere Kinder schwierig umzusetzen sein, da sie eine hohe Konzentrationsfähigkeit erfordert.

Personen mit bestimmten neurologischen Erkrankungen:

Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson sollten PME nur nach Rücksprache mit einem Neurologen praktizieren. Die Übungen könnten die Symptome beeinflussen oder die Erkrankung verschlimmern.

Insgesamt ist die Progressive Muskelentspannung eine wirkungsvolle Methode zur Entspannung und Stressbewältigung. Doch wie bei jeder therapeutischen Methode gibt es Kontraindikationen und Risiken, die beachtet werden müssen. Vor Beginn der Übungen ist es daher ratsam, sich ärztlich beraten zu lassen, um mögliche Risiken auszuschließen und die Sicherheit der Anwendung zu gewährleisten.

Quellen

  • Bergner, T. M. H.: Burnout-Prävention. Schattauer, Stuttgart 2012
  • ose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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