Sichelzellenanämie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Sichelzellenanämie ist eine genetisch bedingte Erkrankung der roten Blutkörperchen. Sie wird durch eine Punktmutation in der Beta-Kette des Hämoglobins ausgelöst. Die Prognose der Erkrankung ist ungünstig und bedarf einer lebenslangen Therapie.
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Was ist eine Sichelzellenanämie?
Die Sichelzellenanämie wird auch als Afrikanische Anämie bezeichnet, weil diese Erkrankung hauptsächlich in Afrika vorkommt. Durch eine Punktmutation in der Beta-Kette des Hämoglobins sinkt seine Aufnahmekapazität für Sauerstoff drastisch. Dabei verformen sich die roten Blutkörperchen sichelförmig und verklumpen. Das führt häufig zu Thrombosen und aufgrund von Durchblutungsstörungen und schlechter Sauerstoffversorgung zu Organversagen. Bei ständiger Therapie der Sichelzellenanämie liegt die Lebenserwartung von Betroffenen bei ca. 60 Prozent.
Ursachen
Dabei werden Sauerstoffradikale, Hämoglobin und Araginase freigesetzt. Die freigesetzten Substanzen binden Stickstoffmonoxid und bauen es ab. Stickstoffmonoxid (NO) sorgt für die Gefäßerweiterung bei der Erhöhung des Sauerstoffbedarfs der einzelnen Gewebe. Wenn NO fehlt, kommt es zur Gefäßverengung und Durchblutungsstörungen. Die Erkrankung bricht allerdings nur bei den homozygoten Trägern des veränderten Gens aus. Heterozygote Träger haben in der Regel keine Symptome, weil noch genügend gesunde Erythrozyten vorhanden sind.
Nur unter Extrembedingungen und starkem Sauerstoffmangel kann es auch bei ihnen zur sichelförmigen Verformung von Blutzellen kommen. Die Sichelzellenanämie tritt hauptsächlich in Malaria-Gebieten auf, weil die heterozygoten Träger des veränderten Gens resistent gegen Malaria sind und dadurch bei Malaria-Epidemien bessere Überlebenschancen haben.
Symptome und Verlauf
Durch die Zerstörung der roten Blutkörperchen bei der Sichelzellenanämie kommt es zu einer chronischen Blutarmut (Anämie). Die Verklumpung der Erythrozyten führt zu ständigen Thromben, die kleine Arterien verschließen. Der Körper ist von chronischen Durchblutungsstörungen betroffen, die die Versorgung der Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen beeinträchtigen. Unbehandelt führt die Erkrankung zu einem multiplen Organversagen.
Es können Schlaganfälle, Milz-, Lungen- oder Herzinfarkte, Nierenversagen, Knocheninfarkte und andere Folgen auftreten. Die ersten Symptome zeigen sich bereits sechs Monate nach der Geburt, wenn das fetale Hämoglobin abgebaut ist. Die Lebenserwartung der Patienten kann nur durch eine ständige Behandlung der Sichelzellenanämie erhöht werden.
Diagnose
Diagnostisch kann die Sichelzellenanämie durch eine Anamnese und verschiedene Testverfahren ermittelt werden. Bei Auftreten der typischen Symptome wird zunächst im Rahmen einer Anamnese erfragt, ob die Familie ursprünglich aus einem Malaria-Gebiet kommt und ob es bereits ähnliche Fälle in der Verwandtschaft gab. Dann erfolgt ein Sichelzelltest, bei dem das zu untersuchende Blut mit ETDA unter Sauerstoffabschluss versetzt wird.
Nach 24 Stunden werden die Erythrozyten unter dem Mikroskop auf eine sichelförmige Veränderung untersucht. Heterozygote Träger des veränderten Gens können durch eine Gelelektrophorese ermittelt werden. Bei dieser Untersuchungsmethode wird ausgenutzt, dass gesundes und verändertes Hämoglobin im elektrischen Feld unterschiedlich schnell wandert. Auch durch einen Gentest kann die Diagnose einer Sichelzellenanämie gestellt werden.
Behandlung und Therapie
Die Sichelzellenanämie ist nicht heilbar. Derzeit sind nur symptomatische und lebensverlängernde Therapien möglich. Ein künftiger Therapieansatz könnte in der Anwendung der Gentherapie liegen. Bereits heute ist es in Tierexperimenten gelungen, gesunde Gene über Viren in die Stammzellen des Knochenmarks einzuführen. Dabei konnte der Gendefekt kompensiert werden.
Die heutigen Therapiemaßnahmen beziehen sich jedoch nur darauf, die Auswirkungen der Erkrankung abzumildern. Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählen symptomatische, medikamentöse und chirurgische Therapien. Des Weiteren gehören dazu auch ständige Bluttransfusionen. Bei den symptomatischen Therapien werden bei Bedarf Antibiotika verabreicht, Flüssigkeitssubstitutionen durchgeführt oder Analgetika gegeben.
Medikamentös wird die Sichelzellenanämie mit Hydroxyharnstoff behandelt. Diese Substanz hemmt die Zellteilung durch die Blockade der DNA-Synthese. Mitunter ist die Entfernung der Milz oder der Gallenblase notwendig. Nach der Entfernung der Milz (Splenektomie) ist jedoch zu beachten, dass dadurch das Immunsystem stark geschwächt wird. Die Milz ist zwar nicht überlebensnotwendig, da ihre Funktion hauptsächlich von der Leber übernommen wird.
Allerdings spielt sie eine große Rolle bei der Bekämpfung einer bakteriellen Sepsis. Daher ist nach einer Splenektomie eine Impfung gegen Streptococcus pneumoniae anzuraten. Auch die Bluttransfusionen richten sich nach der Schwere der Erkrankung. Teilweise reichen einmalige Transfusionen oder partielle Austauschfusionen in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden.
In schweren Fällen ist ein chronisches Fusionsprogramm notwendig. Auch eine allogene Knochenmarkstransplantation eines HLA-identischen Familienangehörigen kommt zur Behandlung der Sichelzellenanämie infrage.
Vorbeugung
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin, Gerd Herold, 1. Auflage, 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
- Böhm M, Hallek M, Schmiegel W (Hrsg): Innere Medizin, begr. von Classen M, Diehl V, Kochsiek K, 6. Auflage, München Elsevier Urban & Fischer Verlag 2009
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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