Reizdarmsyndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. Dezember 2018Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter einem Reizdarmsyndrom werden funktionelle Erkrankungen des Darms verstanden. Der Reizdarm ist weit verbreitet und gilt in der Regel als ungefährlich. Bemerkbar macht er sich durch Beschwerden wie krampfartige Bauchschmerzen, Völlegefühl, Verstopfung oder Durchfall. Ausmaß und Häufigkeit des Syndroms fallen individuell unterschiedlich aus.
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Was ist das Reizdarmsyndrom?
Das Reizdarmssyndrom (RDS) gehört zu den häufigsten Darmerkrankungen. Allein in Deutschland leiden ungefähr 12 Millionen Menschen unter ihm. Dabei ist das Syndrom bei Frauen mehr verbreitet als beim männlichen Geschlecht. Mediziner definieren das Reizdarmsyndrom als unterschiedliche Beschwerden, die wiederholt auftreten und Monate oder sogar Jahre andauern können.
Bei den meisten Betroffenen zeigen sich die Symptome erstmals zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Sämtliche Beschwerden haben gemeinsam, dass ihnen keine erkennbare Ursache zugrunde liegt. Da meist eine Störung des Nahrungstransports innerhalb des Dickdarms (Kolon) besteht, ist unter Ärzten auch von einem Reizkolon die Rede. Nicht selten wird der gesamte Verdauungstrakt einschließlich Magen und Dünndarm in Mitleidenschaft gezogen. Wie umfangreich das Ausmaß des Reizdarms ausfällt und wie lange er andauert, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Obwohl die Darmerkrankung starke Belastungen auslösen kann, ist sie nicht gefährlich.
Ursachen
Bei Menschen, die unter einem Reizdarm leiden, wird vermutet, dass bei ihnen ein besonders empfindlicher Darm vorliegt. Ausgestattet ist der menschliche Darm mit einem eigenen Nervensystem, das über eine große Komplexität verfügt. Es ist zuständig für die Regulation der Darmbewegungen sowie des Nahrungstransports. Patienten mit einem Reizdarmsyndrom leiden zumeist unter Störungen ihrer Darmbewegungen. Dazu gehören u. a. rasche Darmreaktionen durch die Ansammlung von Luft.
Infolge der Darmdehnungen kommt es zu Schmerzen. Verstärkt werden die Darmprobleme oftmals noch durch psychische Belastungen wie Angst, Sorgen, Ärger oder Nervosität. Um eine psychische Erkrankung handelt es sich beim Reizdarmsyndrom jedoch nicht. Stattdessen werden die Beschwerden durch das Zusammenwirken verschiedener Faktoren ausgelöst.
Krankheiten
Mögliche Krankheiten, die einen Reizdarm hervorrufen können:
Symptome und Verlauf
Typische Symptome von Reizdarmsyndrom:
Zu den häufigsten Symptomen des Reizdarmsyndroms zählen Blähungen sowie krampfartige oder stechende Bauchschmerzen. Nicht selten erweckt der Bauch den Eindruck, als sei er überbläht und zeigt sich gespannt. Grund dafür ist die Ansammlung von Gas im Bauchraum. Als typisch für den Reizdarm gilt, dass die Schmerzen an unterschiedlichen Stellen auftreten. Während einige Patienten unter Durchfall leiden, zeigt sich bei anderen dagegen Verstopfung. Mitunter wechseln sich beide Beschwerden ab.
Bei einigen Patienten kann auch weißlicher Schleim im Stuhl beigemischt sein. Blutungen zeigen sich jedoch normalerweise nicht.
Das Entleeren des Stuhls verläuft oft schmerzhaft und wird als unvollständig empfunden. Nach dem Stuhlgang gehen die Beschwerden meist wieder zurück. Zu den typischen Symptomen des Reizdarms zählen außerdem ein Druckgefühl im oberen oder unteren Bauch, das mühsame Entleeren des Stuhls, eine wässrige, breiartige oder harte Stuhlkonsistenz, gesteigerter Stuhldrang sowie Darmgeräusche.
Manche Patienten leiden zudem unter weiteren Symptomen wie Kopfschmerzen oder Menstruationsbeschwerden. Als gefährlich werden die Symptome des Reizdarms nicht eingestuft. Sie können die Lebensqualität des Patienten jedoch deutlich vermindern.
Ein Reizdarm verläuft meist langwierig, sodass der Patient reichlich Geduld benötigt. In manchen Fällen gehen die Darmbeschwerden mit der Zeit von selbst wieder zurück, während bei anderen Patienten ein chronischer Verlauf möglich ist.
Wann zum Arzt?
Halten die Reizdarmbeschwerden über einen längeren Zeitraum an, ist es ratsam, sich an einen Arzt zu wenden. Tritt ausgeprägter Durchfall auf, sollte ein Arztbesuch bereits nach zwei Tagen stattfinden. Gleiches gilt für Fieber, starke Gewichtsabnahme sowie erkennbare Blutansammlungen im Stuhl. Als bester Ansprechpartner bei einem Reizdarm gilt ein Gastroenterologe, der sich auf Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts spezialisiert hat.
Diagnose
Um ein Reizdarmssyndrom feststellen zu können, muss der Arzt eine Ausschlussdiagnose durchführen. Das bedeutet, dass er mögliche Ursachen für andere Erkrankungen überprüft. Dazu gehören vor allem Milchzuckerunverträglichkeiten, Magen-Darm-Infektionen, chronische Darmkrankheiten sowie Darmkrebs. So können diese Leiden ähnliche Symptome hervorrufen wie ein Reizdarm.
Erster Schritt der Diagnose ist das Erfassen der Krankheitsgeschichte des Patienten. Dabei erkundigt sich der Arzt danach, wann und wo die Schmerzen auftreten, ob es einen Zusammenhang zu bestimmten Nahrungsmitteln gibt, der Patient viel Stress ausgesetzt ist, er unter Verstopfung oder Durchfall leidet oder Blut im Stuhl auftritt.
An die Anamnese schließt sich die körperliche Untersuchung an. Sie beinhaltet das Abhören des Bauchraums per Stethoskop sowie das Abklopfen der Bauchdecke. Außerdem wird der Bauch per Hand abgetastet.
Zum Ausschluss anderer Darmerkrankungen können zudem eine Laboruntersuchung von Stuhl, Urin oder Blut, eine Abdomen-Sonographie (Bauch-Ultraschall) sowie eine Magen- oder Darmspiegelung stattfinden.
Komplikationen
Gravierende Komplikationen sind durch ein Reizdarmsyndrom nicht zu befürchten. So zeigen sich die Beschwerden nicht permanent und hängen häufig von der Nahrungsaufnahme ab. Allerdings kann sich der Reizdarm negativ auf die Psyche der Betroffenen auswirken, die häufig unter Angstgefühlen, Scham und Depressionen leiden. Dadurch droht dem Darm eine zusätzliche Belastung.
Behandlung und Therapie
Als hilfreich gilt eine unterstützende Behandlung mit Medikamenten, die gegen die Beschwerden vorgehen. Dabei kann es sich um Leinsamen, Pektin, Macrogol oder Lactulose gegen Verstopfung oder Loperamid, Pflanzenpräparate, lösliche Ballaststoffe sowie Probiotika gegen Durchfall handeln. Zur Therapie von Krämpfen und Bauchschmerzen eignen sich zum Beispiel Spasmolytika wie Butylscopolamin, darmentspannende Arzneimittel wie Mebeverin oder Pfefferminzöl. Sinnvoll gegen Blähungen sind Probiotika oder das lokal wirkende antibiotische Mittel Rifaximin.
Wird die Psyche des Betroffenen durch den Reizdarm beeinträchtigt, gelten Entspannungstechniken als wirkungsvoll. In schweren Fällen können auch Psychopharmaka wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer oder Antidepressiva zum Einsatz gelangen. Eine wichtige Rolle spielt zudem eine gesunde Ernährungsweise.
Aussicht und Prognose
Die Prognose eines Reizdarmsyndroms fällt überaus unterschiedlich aus. So nehmen die Beschwerden mal an Intensität zu und dann wieder ab. Ist es möglich, die Auslöser des Reizdarms zu identifizieren, gilt die Prognose als positiv. So erreichen rund 34 Prozent aller Patienten durch Behandlungsmaßnahmen und Verhaltensänderungen eine Besserung oder sogar Heilung ihrer Darmprobleme.
Vorbeugung
Eine gezielte Vorbeugung des Reizdarms ist nicht möglich, weil seine genauen Ursachen nicht bekannt sind. Als allgemeine Maßnahmen empfehlen sich eine ausreichende Zufuhr an Flüssigkeit, eine ballaststoffreiche Ernährung sowie viel Bewegung.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
- Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 10. Dezember 2018
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