Kardiomyopathie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter Kardiomyopathien werden eine Reihe von Herzmuskelerkrankungen zusammengefasst. Bei diesen Erkrankungen des Myokards kommt es zu einer elektrophysiologischen oder mechanischen Funktionsstörung des Herzmuskels – diese können bereits im Kindesalter, meistens jedoch im Erwachsenenalter auftreten. Dabei verändert der Herzmuskel nicht nur seine physiologische Struktur, sondern auch seine Leistungsfähigkeit ein.
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Was ist Kardiomyopathie?
Bei der Kardiomyopathie liegt in erster Linie eine Schädigung des Herzmuskels vor. Dadurch kommt es in weiterer Folge zu Funktionseinschränkungen des Herzens. Eine solche entsteht meistens durch die strukturelle Veränderung des Herzmuskels, z.B. wenn dieser sich stark vergrößert und dadurch die Kontraktilität vermindert ist. Das wiederum hat insgesamt eine Leistungsverminderung zur Folge und im weiteren Verlauf eine Herzinsuffizienz. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die durch die Herzleistung gepumpte Blutmenge nicht mehr ausreicht, um alle Organe ausreichend zu versorgen. Vor allem Lunge und Gehirn werden von diesem Leistungsabfall in Mitleidenschaft gezogen.
Die moderne Medizin unterscheidet fünf Arten der Kardiomyopathie:
Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie
Die häufigste Form ist die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (kurz: HOCM). In diesem Fall verdickt sich (hypertrophiert) die linke Herzkammer und v.a. die Kammertrennwand. Durch die Vermehrung der Muskelmasse entsteht eine Abflussbehinderung des Blutes (obstruktiv), die dann die klinische Symptomatik auslösen kann.
Restriktive Kardiomyopathie
Bei einer anderen Form, der restriktiven Kardiomyopathie (kurz: RCM) ist eine Versteifung des Herzmuskelgewebes feststellbar, die verhindert, dass das Herz sich in seiner Entspannungsphase ausreichend mit Blut füllt. Hier ist das Blutvolumen herabgesetzt, die Pumpfunktion des Herzens per se jedoch nicht beeinträchtigt.
Dilatative Kardiomyopathie
Bei einer dilatativen Kardiomyopathie (kurz: DCM) hingegen kommt es zu einer krankhaften Erweiterung einer oder beider Herzkammern. Dadurch ist eine ausreichend effektive Herzmuskelkontraktion nicht mehr möglich, um die notwendige Blutmenge in den Blutkreislauf zu pumpen.
Rechtsventrikuläre Kardiomyopathie
Bei der letzten Form, der rechtsventrikulären Kardiomyopathie stellen die Mediziner einen Abbau der Herzmuskelzellen in der rechten Herzkammer fest. Fett- und / oder Bindegewebszellen ersetzen diese untergegangenen Muskelzellen und fehlen fortan dem Herzen als funktionierende Muskelzellen.
Darüber hinaus wird bei den Herzmuskelerkrankungen noch zwischen den primären und den sekundären Kardiomyopathien unterschieden: Primäre Herzmuskelerkrankungen sind ausschließlich auf das Herz lokalisiert, wohingegen eine sekundäre Herzmuskelerkrankung die Folge von bereits bestehenden Erkrankungen sein kann.
Ursachen
Zu den sekundären Ursachen gehören toxische Einflüsse, allen voran Alkohol, der in den Industrieländern eine Vorreiterrolle in der Pathogenese der Kardiomyopathie zu spielen scheint. Neben Entzündungsprozessen, ausgelöst durch Viren oder Bakterien, die den Herzmuskel beschädigen können, werden sogar körpereigene Proteine (Antikörper) als Auslöser für Kardiomyopathien gesehen. Bei der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie lässt sich in rund der Hälfte der Fälle eine familiäre Häufung feststellen – und wissenschaftlich konnten für die hypertrophe Form der Herzmuskelerkrankung über hundert genetische Mutationsorte gefunden werden.
Die Entstehung von Kardiomyopathien bzw. ihrer Unterformen ist sehr komplex und noch nicht vollkommen erforscht, und in vielen Fällen der primären Herzmuskelerkrankungen werden durchaus Mischformen aus genetisch bedingten und erworbenen Störungen vermutet.
Zu weiteren potentiellen Ursachen für die sekundären Kardiomyopathien, d.h. nicht allein das Herz betreffenden Krankheitsprozesse, zählen neben toxischen und entzündlichen Prozessen auch hormonelle bzw. endokrinologische Störungen (z.B. Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen etc.), aber auch neurologische Erkrankungen (z.B. Muskeldystrophie), Speicherkrankheiten (z.B. Hämochromatose), darüber hinaus Autoimmunerkrankungen (z.B. Lupus erythematodes oder rheumatoide Arthritis) oder auch starke Mangelerscheinungen (z.B. Skorbut, Beri-Beri, Carnitin- oder Selenmangel u.a.).
Auch nach einer Chemo- oder Strahlentherapie können Formen der Herzmuskelerkrankungen auftreten.
Symptome und Verlauf
Typische Symptome der Kardiomyopathie:
- Herzstechen
Aufgrund der weitreichenden Entstehungsmechanismen und vielfältiger Beteiligung anderer Erkrankungen und oftmals unklarer Pathogenese sind Kardiomyopathien als solche und als Grund für Herzfunktionsstörungen oftmals schwer zu erkennen. Vordergründig für die Symptomatik ist die Herzinsuffizienz. Aber auch Herzstechen und -schmerzen (Angina pectoris), Synkopen, Arrhythmien oder Embolien können Hinweise einer Herzmuskelerkrankung sein. In vielen Fällen, z.B. bei der hypertrophen Kardiomyopathie, können Patienten jahrelang ohne nennenswerte Symptomatik leben. Am häufigsten treten Beschwerden im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf.
Folgende Symptome können Hinweise auf das Vorliegen einer Herzmuskelerkrankung sein: Brustenge und Schmerzen (Angina pectoris) aufgrund der Mangeldurchblutung im verdickten Herzmuskel, Herzstolpern aufgrund von Herzrhythmusstörungen, aber auch Schwindel, plötzliche Ohnmacht, Atemnot bei Belastung und später auch in Ruhe, Schwächegefühl und Leistungsabfall und in schweren Verläufen auch der plötzliche Herztod. Der weitere Verlauf einer Kardiomyopathie hängt unter anderem von der Schwere der Herzmuskelschädigung, v.a. zum Zeitpunkt einer Diagnose und eines möglichen Therapiebeginns ab, sowie von der jeweiligen Form der Kardiomyopathie.
Diagnose
Kommt ein Patient mit kardialer Symptomatik und Herzbeschwerden zum Arzt, so stehen eine Reihe von Standarduntersuchungen an, um die Beschwerden genauer abzuklären und die Möglichkeit einer Kardiomyopathie zu überprüfen. Bevor überhaupt die Diagnose Kardiomyopathie gestellt werden kann, durchläuft der Patient umfangreiche Untersuchungen: Im EKG tauchen oftmals unspezifische ST-Senkungen auf und / oder ein Linksschenkelblock. Daneben weisen ein positiver Sokolow-Index sowie Vorhofflimmern auf Funktionsstörungen und Erkrankungen des Herzmuskels hin.
In einer Echokardiographie zeigen sich die Herzinnenräume häufig vergrößert, oft unter Betonung einer Seite. Auch die Kontraktilität des Ventrikels und deren Einschränkung kann beurteilt werden; dies kann auch in einer verminderten Ejektionsfraktion (Blutausstoß) zum Tragen kommen und in Folge zu einer Steigerung der Restvolumina (die Menge des Blutes, die nicht vom Herzen weiter gepumpt wird). Zu den bildgebenden Verfahren gehört auch eine Röntgen-Thorax-Aufnahme, in der eine Kardiomegalie, d.h. eine Vergrößerung des Herzens, sichtbar wird.
Besteht der konkrete Verdacht einer Kardiomyopathie kommen zur genaueren Diagnose weitere abklärende Maßnahmen hinzu: Mittels einer Linksherzkatheteruntersuchung können eine mögliche Kontraktionsstörung sowie die Herzvergrößerung genauer eingeschätzt werden. Dies dient auch dazu, um eine pulmonale Hypertonie als Grund für die Hypertrophie des Herzens auszuschließen.
Je nach Ermessen kann in diesem Zug auch eine Koronarangiographie durchgeführt werden, um den Zustand der Koronararterien zu beurteilen. Um eine Kardiomyopathie definitiv abzuklären, kann eine Myokardbiopsie erfolgen, die auch im Rahmen der Linksherzkatheteruntersuchung entnommen wird. Hier wird labortechnisch auf eine der unterschiedlichen Formen der Herzmuskelerkrankung untersucht, auch um für die Prognose und Therapie weitere Aussagen treffen zu können.
Komplikationen
Im schlimmsten Falle kann es bei der Kardiomyopathie zum Tode des Betroffenen kommen. Dieser Fall tritt in der Regel allerdings nur dann auf, wenn die Krankheit nicht behandelt wird. Dabei kann es zu einer Herzinsuffizienz kommen, sodass der Patient auf die Transplantation des Organs angewiesen ist. Auch eine dauerhafte Müdigkeit und eine deutlich verringerte Belastbarkeit des Patienten können dabei auftreten und sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Patienten auswirken. Weiterhin führt die Kardiomyopathie auch zu einer Atemnot und zu Kreislaufbeschwerden.
In den Beinen finden sich Wassereinlagerungen, sodass diese stark anschwellen und es eventuell zu Einschränkungen in der Bewegung kommen kann. Auch ein plötzlicher Herztod kann durch die Kardiomyopathie eintreten. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch diese Erkrankung erheblich eingeschränkt.
Die Behandlung der Kardiomyopathie kann mit Hilfe von Antibiotika und anderen Medikamenten erfolgen und findet in der Regel ohne Komplikationen statt. Sie richtet sich allerdings auch nach der genauen Ursache dieser Erkrankung. Weiterhin ist der Betroffene möglicherweise auch auf einen Herzschrittmacher angewiesen.
Behandlung und Therapie
Die Behandlung der Kardiomyopathie richtet sich unter anderem nach Art der Herzmuskelerkrankung und nach dem Stadium der Krankheit. Bevor ein Therapieplan erstellt werden kann, muss feststehen, ob eine primäre oder eine sekundäre Kardiomyopathie vorliegt. Für den Fall, dass eine dilatative Herzmuskelerkrankung vorliegt, bei der die Herzkammer pathologisch erweitert ist und demzufolge das Blutvolumen unzureichend durch den Kreislauf gepumpt werden kann, muss eine Therapie folgende Ziele verfolgen: die Verringerung des zirkulierenden Blutvolumens, eine Blutdrucksenkung und Absenkung der Herzarbeit.
Also: Schonung des Herzens, damit es effizienter seine Pumpleistung vollbringen kann. Auch die durch die Herzerweiterung auftretenden Herzrhythmusstörungen sind ebenfalls Teil des therapeutischen Handelns. Medikamentös können blutverdünnende Mittel ebenso zum Einsatz kommen wie Herzfrequenz-regulierende Präparate. Um die Herzarbeit herunter zu drosseln, sind Beta-Blocker und Kalzium-Hemmer mögliche Therapieoptionen.
In schweren Verläufen kann auch der Einsatz eines Schrittmachers sinnvoll sein. In vielen Fällen, insbesondere bei der restriktiven Kardiomyopathie, tritt gleichzeitig auch eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) auf, was eine zusätzliche Behandlung mit anti-entzündlichen Medikamenten erforderlich macht.
Aufgrund der Schwere der bereits in Mitleidenschaft gezogenen Herzmuskelzellen ist häufig nur eine weitgehend symptomatische Therapie möglich. Die einzig wirklich ursächliche Therapie von Kardiomyopathien wäre eine Herztransplantation. Beim normalen Verlauf ist in der Regel eine fortschreitende Herzinsuffizienz die Folge. Um diese abzubremsen, wird je nach Art und Betroffenheit die medikamentöse Therapie eingestellt.
Bei einer Dilatation kann auch die Gabe von Antikoagulantien und Vitamin-K-Antagonisten indiziert sein, um das Risiko von Thromboembolien zu senken. Diese stellen im Übrigen neben der dekompensierten Herzinsuffizienz die häufigste Todesursache im Verlauf einer schweren Kardiomyopathie dar. Insofern ist neben der Behandlung der Symptome die Verbesserung der Lebenserwartung und Lebensqualität ein Hauptziel der Therapie.
Vorbeugung
Aber nicht nur Bewegung, Ausdauertraining und gesunde Ernährung können dazu beitragen, die Herzgesundheit zu erhalten und zu fördern. Auch eine allgemeine Stressreduktion sollte nicht außer Acht gelassen werden, denn unzureichende Erholungsphasen gelten inzwischen als eines der Hauptrisiken für schwere systemische Erkrankungen und auch für Herzkrankheiten. Und natürlich sollte man bei ungewohnten Schmerzen und Symptomen im Bereich des Herzens diese lieber einmal mehr abklären, als einmal zu spät.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin, Gerd Herold, 1. Auflage, 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
- Bieber, C. et al.: Duale Reihe Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2012
- Böhm M, Hallek M, Schmiegel W (Hrsg): Innere Medizin, begr. von Classen M, Diehl V, Kochsiek K, 6. Auflage, München Elsevier Urban & Fischer Verlag 2009
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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