Plötzlicher Harndrang
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Plötzlicher Harndrang beschreibt Harndrang, der ungewohnt plötzlich auftritt und schlimmstenfalls darin endet, dass der Betroffene es nicht rechtzeitig zur Toilette schafft. Er ist zu unterscheiden von plötzlichem Harndrang bei Kleinkindern, die noch nicht gelernt haben, rechtzeitig zur Toilette zu gehen.
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Was ist plötzlicher Harndrang?
Im Kleinkindalter lernt der Mensch, bei Stuhl- oder Harndrang zur Toilette zu gehen und dies vor allem rechtzeitig zu tun. Dieser Lernprozess hat viel damit zu tun, die Signale des eigenen Körpers wahrzunehmen. Dadurch weiß jeder erwachsene Mensch, wie viel Zeit er hat, zur Toilette zu gehen, wenn er beginnt, den Harndrang zu verspüren. Körperliche oder seelische Veränderungen sowie Einflüsse von außen können jedoch dazu führen, dass der Harndrang von diesem normalen, gewohnten und erlernten Schema abweicht.
Im Kleinkindalter ist es noch vollkommen normal, dass das Kind sehr plötzlich schnell zur Toilette muss, denn es arbeitet noch an seinem Körpergefühl. Bei einem Erwachsenen ist plötzlicher Harndrang eher unüblich, wenn er wiederkehrend auftritt. In bestimmten Lebensphasen wie der Schwangerschaft kann plötzlicher Harndrang zwar ebenfalls normal sein - in der Regel tritt er bei Erwachsenen aber nur dann auf, wenn Lebensgewohnheiten verändert werden oder eine körperliche oder seelische Ursache für eine Veränderung sorgt. Wiederkehrender, regelmäßiger plötzlicher Harndrang sollte daher näher untersucht werden.
Ursachen
Ein ähnlicher Mechanismus wird auch dann in Gang gesetzt, wenn etwas anderes gegen die Blase drückt, beispielsweise ein Tumor - auch, wenn das zu den selteneren Ursachen gehört. Bei einer Blasenentzündung oder Steinen in der Harnröhre wird der Harndrang ebenfalls plötzlicher als gewohnt. Die Einnahme harntreibender Medikamente hat den gleichen Effekt auf den Körper des Patienten. Tritt der plötzliche Harndrang vermehrt nachts auf, könnte ein Problem wie Bluthochdruck vorliegen. Zum Dauerzustand wird er dann, wenn eine Grunderkrankung wie Multiple Sklerose, ein Schlaganfall, eine OP- oder Unfallverletzung der Blase oder ein anderweitiger Schaden am zentralen Nervensystem vorliegen.
Krankheiten
Wann zum Arzt?
Plötzlicher Harndrang, der nach dem Konsum entwässernder Speisen und Getränke auftritt, ist völlig normal, eventuell sogar erwünscht, und muss nicht ärztlich behandelt werden. In der Schwangerschaft entspannt das Hormon Progesteron die Blasenmuskulatur, gleichzeitig drückt die sich vergrößernde Gebärmutter auf die Harnblase, was ebenfalls zu plötzlichem Harndrang führt. Betroffene Frauen sollten immer dann einen Arzt aufsuchen, wenn der Leidensdruck groß ist oder Schmerzen beim urinieren auftreten.
Häufiger starker Harndrang in Verbindung mit starken Schmerzen beim Wasserlassen deutet auf eine Harnwegsinfektion hin. Betroffene sollten einen Arzt aufsuchen, da zumindest schwerere Formen einer Blasenentzündung nicht alleine mit Hausmitteln therapiert werden können. Auch wer ohne erkennbaren Grund regelmäßig unter plötzlichem Harndrang leidet, sollte unbedingt zeitnah einen Arzt aufsuchen.
Geht der plötzliche Harndrang mit Schmerzen gegen Ende des Wasserlassens und unkontrolliertem Harnverlust einher, leidet der Patient vermutlich an einer Reizblase. Ein Arzt sollte untersuchen, ob diese Symptome auf Blasen- oder Nierensteine zurückzuführen sind. Darüber hinaus kann ein Arzt auch psychosomatische Ursachen für eine Dranginkontinenz abklären.
Diagnose und Verlauf
Bei harmlosen Ursachen wie dem schnellen Trinken ungewohnt großer Mengen Flüssigkeit oder einer Schwangerschaft hängt der plötzliche Harndrang erkennbar mit dieser Ursache zusammen. Er tritt in Zusammenhang mit seiner Ursache auf - etwa nach Einnahme eines Medikaments mit der Nebenwirkung oder einem spürbaren Tritt des Babys bei einer schwangeren Frau. Der Betroffene kann bei solchen Ursachen manchmal Einfluss darauf nehmen, indem er die gleiche Menge Flüssigkeit nächstes Mal langsamer trinkt.
Bei schweren Erkrankungen, die das ZNS betreffen, ist das Problem dagegen eher bleibend und der Patient muss dagegen behandelt werden. Eine Diagnose bei plötzlichem Harndrang kann hauptsächlich aufgrund der Anamnese gestellt werden. Der Harndrang selbst ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom oder eine Begleiterscheinung. Da dem Arzt wahrscheinlich keine Daten darüber vorliegen, wie oft der Patient im gesunden Zustand zur Toilette musste, verlässt er sich auf das subjektive Empfinden eines plötzlichen Harndrangs und untersucht anhand weiterer Symptome, um die Ursache zu finden.
Komplikationen
Ein plötzlicher Harndrang kann beispielsweise bei einer Reizblase bzw. Blasenschwäche entstehen. Durch diese Inkontinenz kann es zu psychischen Problemen beim Betroffenen kommen. Dies kann zu Depressionen führen, die im schlimmsten Falle in Suizid enden. Des Weiteren verbleibt bei der Blasenschwäche stets ein gewisser Restharn aufgrund unvollständiger Entleerung. Darin können sich Krankheitserreger, vor allem Bakterien, vermehren und so eine Blasenentzündung verursachen, die die Symptomatik verschlechtert. Es besteht zudem die Gefahr, dass die Erreger in den Blutstrom gelangen und im Körper verteilt werden, was zu einer Sepsis, also Blutvergiftung, führt. Das kann in einen septischen Schock enden, dessen Blutdruckabfall in ein Multiorganversagen führen kann.
Ebenso Steine in der Blase können den Harndrang auslösen. Durch Steine staut sich der Harn auf, was bis hin zu der Niere führen kann. Diese kann sich aufgrund dessen entzünden. Eine Nierenentzündung kann im schlimmsten Falle zu einem Versagen führen (Niereninsuffizienz). Auch ein Diabetes führt in den Anfangsphasen des Öfteren zu einem plötzlichen Harndrang. Durch diesen werden zudem kleine Gefäße durch Zuckerverbindungen verstopft, betroffene Organe werden nicht mehr ausreichend durchblutet und versagen. Dazu zählt vor allem die Netzhaut und die Niere. Dadurch kommt es zu einer Retinopathie, die zur Erblindung führen kann, oder einer Nephropathie, die in Nierenversagen enden kann.
Behandlung und Therapie
Sofern der Betroffene den plötzlichen Harndrang kontrollieren kann oder es eine vorübergehende, nicht krankhafte Erklärung wie eine Schwangerschaft oder ungewohnt viel Flüssigkeit gibt, braucht der Zustand nicht behandelt zu werden. Wegen solcher Probleme wird der Betroffene in der Regel ohnehin nicht den Arzt aufsuchen. Ist der plötzliche Harndrang aufgrund seines Auslösers jedoch als Dauerzustand zu betrachten, gibt es Möglichkeiten, ihm vorzubeugen. In diesen Fällen kann er sich zu einer unangenehmen Harninkontinenz weiter entwickeln, was vermieden werden sollte und behandelt werden muss, falls das schon eingetreten ist.
Verschiedene Wirkstoffe kommen dazu in Frage. Manche können dafür sorgen, dass sich die Spannung der Muskulatur erhöht, wodurch der Patient weniger inkontinent wird und außerdem den Harndrang besser kontrollieren kann. Andere Substanzen wirken sich gezielt auf nächtlichen oder allgemeinen plötzlichen Harndrang aus. Diese werden auch dann gerne verordnet, wenn der Patient einen ständigen Harndrang verspürt, auch wenn er längst auf der Toilette war. Die Medikation gegen den plötzlichen Harndrang ist in diesen Fällen dauerhaft vom Patienten einzunehmen. Begleitend dazu können Inkontinenzprodukte aus dem Sanitätshaus verordnet werden, um dem Umstand vorzubeugen, dass der Betroffene es nicht rechtzeitig zur Toilette schafft.
Vorbeugung
Frauen können in dieser Zeit eine Slipeinlage zur Sicherheit tragen, bis sie die Veränderung ihres Körpers einschätzen können. Erkrankte Patienten, die aufgrund einer Grunderkrankung Schwierigkeiten mit plötzlichem Harndrang haben, sollten ihre Medikamente gegen diesen Zustand sowie gegen eine mögliche Inkontinenz konsequent und nach Verordnung des Arztes einnehmen. Diese führen leider nicht zu einer Heilung, sondern sie helfen, plötzlichen Harndrang gar nicht aufkommen zu lassen - was sie nicht können, wenn sie nicht genommen werden.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie: DGPI Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 6. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2013
- Schellenberg, I. et al.: Kinderkrankheiten von A-Z: Wo Naturheilverfahren wirken - wann Schulmedizin nötig ist, 2. Auflage, TRIAS, 2012
- Stauber, M., Weyerstahl, T.: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
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