Multiple Sklerose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Multiple Sklerose

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche, schubweise oder chronisch progredient verlaufende neurologische Schädigung des Zentralen Nervensystems. Aufgrund der Vielzahl von unterschiedlichen Anzeichen, wird MS auch als "Krankheit der vielen Gesichter" bezeichnet. MS ist zwar nicht heilbar, lässt sich aber mittels moderner Therapie gut behandeln.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Multiple Sklerose (MS)?

Multiple Sklerose (MS) - Krankheit der 1000 Gesichter".

Bei der Multiple Sklerose (MS) handelt es sich um eine Entzündung des zenralen Nervensystems (Gehirn, Rückenmark). Betroffen sind dabei nicht die Nervenzellen des Gehirns oder Rückenmarks selbst, sondern die sogenannten Gliazellen, die als Binde- und Stützgewebe einen wesentlichen Anteil an Aufbau, Ernährung und Isolierung der Nervenzelle haben.

Die Symptome und der Krankheitsverlauf bei MS sind sehr unterschiedlich. Aus diesem Grund lassen sich Prognosen oder Therapierfolge auch nur schwer vorraussagen. Erst in der Fülle der Einzelsymptome und nach mehrfachen Schüben kann die Diagnose mittels einer Bildgebung des Schädels (CT oder MRT) gestellt werden. Im MRT sieht man die Entmarkungsherde.

Im Verlaufe der Erkrankung kommt es zur Bildung sogenannter Sklerosierungsherde an verschiedenen Stellen des Gehirns, was in der Folge zu Verschlechterung oder Ausfällen verschiedenster Hirnfunktionen führt. Die Sklerosierungsherde bleiben dabei erhalten, die Krankheit schreitet voran. Viele Patienten werden bereits in mittleren Jahren bettlägerig und pflegebedürftig, es gibt jedoch auch milde Verläufe.

Betroffen von der MS sind in Deutschland etwa 70 von 100.000 Einwohnern. Insgesamt ist die Multiple Sklerose eine Erkrankung der weißen Bevölkerung nördlicher Länder.

In der schwarzen Bevölkerung der USA, unter Indianern, Eskimos, Afrikanern, Japanern oder Indern spielt die Krankheit kaum eine Rolle. In zwei Dritteln der Fälle manifestiert sich die Multiple Sklerose zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, Frauen sind deutlich häufiger betroffen. Die Ursachen der Erkrankung sind weitgehend unerforscht.

Ursachen

Die Ursache der Multiplen Sklerose ist trotz intensiver wissenschaftlicher Forschung noch nicht gefunden. Die Erkrankung zählt zum Formenkreis der Autoimmunerkrankungen, das heißt, dass fehlgerichtete Antikörper das Gewebe des eigenen Körpers, in diesem Fall die Markscheiden des Gehirns, angreifen und so den eigenen Körper zerstören.

Zur Ätiologie gibt es diverse Theorien und Vermutungen - unter anderem nimmt man an, dass eine Virusinfektion im Jugenalter zur pathologischen Fehlschaltung der Autoantikörper führt, welche dann aber erst 15 Jahre später klinisch bemerkbar werden. Auch eine genetische Komponente (Vererbung) ist bekannt.

Zudem gibt es verschiedene Risikofaktoren, die einen akuten MS-Schub begünstigen können. Mögliche Auslöser sind u.a.: Stress, Verletzungen, Operationen, Störungen des Hormonhaushalts, Impfungen, Infektionskrankheiten, Allergien oder bestimmte Medikamente.

Symptome und Verlauf

Die Symptome und Beschwerden der Multiplen Sklerose sind sehr unterschiedlich und je nach genauer Lokalisation der Entmarkungsherde im Gehirn von verschiedenen neurologischen Ausfallerscheinungen geprägt. Dennoch gibt es gewisse typische Erstmanifestationen.

Oft beginnt die MS schubförmig mit Missempfindungen oder Lähmungserscheinungen verschiedener Körperstellen, Koordinationsstörungen, Gangunsicherheit, seltener steht auch neurologisch bedingte Inkontinenz im Vordergrund. Häufig sind die Hirnnerven beteiligt, in fast einem Drittel der Fälle beginnt die Erkrankung mit einer sogenannten Optikusneuritis, einer Entzündung des das Auge versorgenden Hirnnerven, was für den Patienten zu plötzlich auftretenden Sehstörungen führt. Auch Gesichtsschmerzen kommen vor.

Das Bild der MS ist sehr vielfältig. Es gibt zwar Symptome, die verhältnismäßig viele Betroffene haben, wie z.B. Taubheitsgefühle in den Gliedmaßen oder Sehnerventzündungen mit Einschränkungen des Gesichtsfelds, aber es können auch ungewöhnliche und dem behandelnden Neurologen zunächst unbekannte Symptome auftreten. Ein an multipler Sklerose Erkrankter sollte jedoch nie vergessen, dass die Krankheit zwar unheilbar aber dennoch nicht tödlich ist und dass mit Hilfe passender Therapien die Lebensqualität lange erhalten werden kann.

Diagnose

Es ist schwierig, multiple Sklerose eindeutig zu diagnostizieren, da sie als "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" häufig mit nicht eindeutigen Symptomen auftritt. Normalerweise gehören zur Diagnostik folgende drei Faktoren: Untersuchung im MRT (Kernspintomographie), Liquoruntersuchung und gesichertes Auftreten mindestens eines Schubs. Meist werden auch die evozierten Potentiale untersucht.

Bei einer Kernspinuntersuchung werden Gehirn und oft auch Halswirbelsäule untersucht und die Läsionen,also entzündete MS-Herde und auch bereits abgestorbene Nervenzellen, sichtbar. Das hier verwendete Gerät, der Kernspintomograph, sieht aus wie eine große Röhre, in die der Patient geschoben wird. Die Untersuchung selbst dauert etwa 20-30 Minuten und ist völlig schmerzlos. Manche Patienten empfinden die Enge der Röhre und den Lärm, der durch das Ein- und Ausschalten der Magnetfelder entsteht, als unangenehm. Kopfhörer oder ein leichtes Mittel zur Entspannung können hier Abhilfe schaffen.

Bei der Liquoruntersuchung wird mit einer Lumbalpunktion Nervenwasser (= Liquor) aus dem Wirbelkanal der Wirbelsäule entnommen. Dabei wird die Entnahmestelle lokal betäubt und der Einstich ist kaum zu spüren. Nach der Entnahme können leichte Kopfschmerzen auftreten, da der Körper das Nervenwasser nachproduzieren muss. Im Liquor lassen sich bestimmte Eiweiße und Antikörper nachweisen, die Aufschluss über Erkrankungen des Gehirns geben. Mit der Untersuchung der evozierten Potentiale stellt der Neurologe die Leitfähigkeit der Nerven fest. Ein bestimmtes Sinnesorgan oder ein Nerv wird gereizt und die Schwankungen der Spannung an der Hirnoberfläche gemessen.

Bei der Untersuchung des Sehnervs (VEP = visuell evozierte Potentiale) werden zum Beispiel Lichtblitze als optische Reize gesetzt. Beim Testen der Nervenleitfähigkeit im Bein werden leichte Stromschläge verwendet, die unter Umständen etwas unangenehm sein können.

Alle Tests sind normalerweise völlig harmlos. Alle zusammen sind unerlässlich, denn mit nur einem Test ist eine MS nicht diagnostizierbar!

Oftmals wird die Multiple Sklerose erst sehr spät erkannt, weil der Betroffene mit vorübergehenden Ausfallsymptomen entweder gar nicht zum Arzt geht, oder weil dieser die Symptome initial häufiger auftretenden Erkankungen zuordnet.

Komplikationen

Die meisten Komplikationen einer Multiplen Sklerose treten durch die damit verbundenen Schübe und die entzündungsbedingten Einwirkungen auf verschiedene Organsysteme auf. Verläuft die Multiple Sklerose progredient bzw. ohne erkennbare Schübe fortschreitend, kann sie ebenfalls Komplikationen verursachen.

Zu den häufigsten Symptomen einer Multiplen Sklerose gehören Muskelspasmen und Koordinationsprobleme. Partielle Lähmungen, Bewegungseinschränkungen sowie kognitive Einschränkungen kommen vor. Infolge der Erkrankung kann es zu Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen oder Epilepsie kommen. Sind die Augen betroffen, kann sich die Sehfähigkeit zunehmend verschlechtern. Die fortschreitende Schwächung des Muskelapparates kann frühe Invalidität nach sich ziehen. Diese kann bis zur vollständigen Pflegebedürftigkeit fortschreiten.

Viele Betroffene leiden infolge der Erkrankung an gehäuften Atemwegsinfekten. Auch mit Urin- und Stuhlinkontinenz haben manche MS-Betroffenen zu kämpfen. Dadurch bedingte Komplikationen können durch aufsteigende Keime aus einem Katheder auftreten. Es kommt durch Windelhosen zu häufigem wund sein. Die entzündlichen Prozesse im Zentralnervensystem können die Betroffenen in den Rollstuhl verbannen und ihre Lebenserwartung absenken. Angesichts besserer Behandlungsoptionen ist das heute aber immer seltener der Fall.

Mediziner gehen davon aus, dass bestenfalls 10 Prozent der Betroffenen an der Erkrankung oder den damit einhergehenden Komplikationen sterben. Eine frühere Arbeitsunfähigkeit und Verrentung geschieht jedoch bei etwa ein Drittel der MS-Betroffenen. Die angegriffenen Nervenzellfortsätze verweigern bei diesen Menschen zunehmend den Dienst.


Behandlung und Therapie

Nach der Diagnose Multiple Sklerose wird der Neurologe Therapiemöglichkeiten vorstellen. Als übliche Therapie gilt die Gabe hoher Cortisondosen bei einem akuten Schub. Das Cortison kann die Entzündungen, die den Schub verursacht haben, reduzieren sodass auch die Symptome teilweise oder ganz verschwinden können. Mit Hilfe einer Basistherapie, also einer Dauerbehandlung mit bestimmten Medikamenten, können Schubanzahl und Schubschwere beeinflusst werden.

Therapeutisch steht der Versuch im Vordergrund, ein Voranschreiten der Erkrankung zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen. Eine heilende Therapie gibt es bislang nicht.Im Schub kann mit hochdosierten Glukokortikoiden das fehlgeleitete Immunsystem unterdrückt werden, was zu einer Verkürzung des Schubes und einer besseren Rückbildung der Symptome führt.

Langfristig wird bei vielen Patienten eine Immunsuppression oder Immunmodulation mit Medikamenten wie Beta-Interferon, Glatirameracetat oder Azathioprin angestrebt. Dies ist jedoch vom Einzelverlauf der Erkrankung und der Ausprägung der Symptome abhängig. Definitiv gehört ein Patient mit Multipler Sklerose in die Hände eines erfahrenen Neurologen.

Ebenso von großer Bedeutung ist der psychosoziale Aspekt der Erkrankung. Für den Betroffenen bildet die Krankheit einen massiven Einschnitt in seine Lebensqualität- und Lebensplanung, psychologische Mitbetreuung zur Verarbeitung dieses Schicksalsschlages ist in vielen Fällen nötig.Darüber hinaus beinhaltet die Therapie Bewegungstherapien, Krankengymnastik, Blasentraining oder den Besuch von Selbsthilfegruppen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 25. Februar 2024

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Multiple Sklerose

Das könnte Sie auch interessieren