Antriebslosigkeit
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. August 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Antriebslosigkeit ist ein unspezifisches Symptom, das bei vielen verschiedenen Krankheiten auftritt. Ihr kann eine psychische oder somatische Störung zugrunde liegen. Bei einer Antriebslosigkeit handelt es sich um eine Form der Antriebsstörung. Hierbei ist der Wille bzw. die Motivation für eine Aktivität stark gemindert.
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Was ist Antriebslosigkeit?
Antriebslosigkeit beschreibt einen psychophysischen Zustand der Lethargie. Betroffene zeigen kaum zielgerichtetes Verhalten und verlieren im Extremfall jede Initiative. Antriebslose Menschen können sich für nichts begeistern oder motivieren. Sie fühlen sich lustlos, abgestumpft, müde oder energielos.
Bereits banale Anforderungen des Alltags (persönliche Hygiene, Nahrungszubereitung, o. ä.) überfordern sie. Synonyme bzw. Vorstufen der Antriebslosigkeit sind Antriebsschwäche, Antriebsmangel oder Antriebsarmut. Das Gegenteil der Antriebslosigkeit ist ein Antriebsüberschuss - ein Symptom, das häufig bei manischen Patienten auftritt. Antriebslosigkeit ist keine eigenständige Erkrankung, sondern Ausdruck anderer Grunderkrankungen.
Ursachen
In jedem Lebensalter kann Antriebslosigkeit ein Zeichen von Fehlernährung sein, z. B. bei zu geringer Aufnahme von Eisen, Folsäure oder Vitamin B12. Die Mangelernährung löst eine Blutarmut (Anämie) aus, sodass nicht ausreichend Sauerstoff durch den Körper transportiert wird und die Leistungsfähigkeit sinkt.
Neben mangelnder Nährstoffzufuhr kommen Malabsorptionssydrome als Ursache der Antriebslosigkeit in Frage, beispielsweise ein Bandwurmbefall. Auch Stoffwechselstörungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion können der Antriebslosigkeit zugrunde liegen. Schließlich kann eine Antriebslosigkeit auch auf ein Tumorleiden hindeuten.
Wann zum Arzt?
Antriebslosigkeit wird dann zum Problem und ein Fall für den Arzt, wenn nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch sein Alltag und sein Umfeld darunter leiden. Hilfe wird gebraucht, wenn die eigenen Kinder oder der Partner die Antriebslosigkeit ertragen müssen, wenn die häusliche Versorgung nicht mehr funktioniert oder mit einem Verdienstausfall aufgrund mangelnder Arbeitsleistung zu rechnen ist. Warnsignale sind Streit, Geldknappheit, ein leerer Kühlschrank, hungrige Mägen etc.
Sofern Antriebslosigkeit auch die eigene Ernährung beeinträchtigt, kann der Arzt Nährstoffmangel feststellen und gezielt gegensteuern. Unbedingt Rat holen sollte man sich, wenn die Antriebslosigkeit droht zu einer Depression zu werden. Denn Antriebslosigkeit ist eines der Symptome, die häufig den Beginn einer Depression einläuten. Dies ist gefährlich, denn wer es morgens nicht mehr aus dem Bett schafft und sich tagsüber abschottet, vereinsamt über kurz oder lang und rutscht ab.
Sobald also die sozialen Kontakte beschränkt werden oder ganz ausbleiben, muss unbedingt ein Arzt hinzugezogen werden. Dies ist auch der Fall, wenn andere Symptome wie Weinen ohne Grund oder Appetitlosigkeit ausufern. Hier gilt es Schadensbegrenzung zu betreiben. Denn bevor sich die Antriebslosigkeit in eine Depression wandelt, das Ehe-Aus oder eine Kündigung beim Arbeitgeber hervorruft, macht es Sinn, sich professionell helfen zu lassen.
Diagnose und Verlauf
Antriebslosigkeit kann wie bei einem Burnout plötzlich einsetzen, sich aber auch schleichend über Wochen oder Monate entwickeln. Letztlich ist immer ein deutlicher Leistungsabfall im Vergleich zum früheren Leistungsniveau des Betroffenen feststellbar. Manche Patienten leiden selbst unter ihrer Antriebslosigkeit und suchen von allein ärztlichen Rat, weil sie ihren Alltag nicht mehr wie gewohnt bewältigen können.
Es kann jedoch auch sein, dass nur Angehörige oder Pfleger sich Sorgen um den fehlenden Tatendrang einer Person machen, der Betroffene selbst hingegen keinen Leidensdruck verspürt. Genauso variabel wie die Entstehung der Antriebslosigkeit ist ihr Verlauf: Somatisch bedingte Antriebslosigkeit verschwindet nicht von allein, sondern hält solange an, bis der Hormon- oder Nährstoffhaushalt wieder im Lot ist.
Psychogene Antriebslosigkeit ist unberechenbarer: Sie kann sich von ganz allein ohne Therapie wieder verbessern oder aber trotz Therapie über Jahre hinweg anhalten. Gefährlich wird Antriebslosigkeit, wenn sie so stark ausgeprägt ist, dass der Betroffene seine Grundbedürfnisse vernachlässigt. Ohne fremde Hilfe kann die Antriebslosigkeit dann sogar lebensgefährlich werden, weil der Patient z. B. nicht ausreichend isst und trinkt.
Die Diagnose Antriebslosigkeit stützt sich hauptsächlich auf eine ausführliche Anamnese. Diese sollte Fragen zum vegetativen Zustand, zur ökonomischen und sozialen Situation sowie zu Drogen- oder Medikamentenkonsum beinhalten. Auch die Beobachtung des Patienten liefert wertvolle Hinweise: Oft sind Mimik, Gestik und verbaler Ausdruck vermindert. Angehörige oder Pfleger schildern typischerweise, dass der Betroffene stundenlang passiv und ohne Beschäftigung herumsitzt.
Für die Differentialdiagnose ist neben der Anamnese eine ausführliche körperliche Untersuchung wichtig. Ein Abtasten der Lymphknoten liefert Hinweise auf Infektionen oder Tumorerkrankungen. Der Ernährungszustand lässt sich über Statur, Hautturgor und ein Blutbild genauer untersuchen.
Genau hinschauen sollte man besonders bei Antriebslosigkeit im Alter: Diese wird leicht als psychogen abgetan, obwohl häufig eine einseitige Ernährung mit unzulänglicher Vitamin B12-Zufuhr dahinter steckt. Lassen sich keine somatischen Ursachen finden, sollte eine ausführliche neurologisch-psychiatrische Diagnostik mit Gesprächen und standardisierten Tests stattfinden.
Komplikationen
Als Komplikation von Antriebslosigkeit treten häufig Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle auf, selbst wenn eine körperliche Ursache für den Mangel an Antrieb verantwortlich ist. Zum Teil steigern sich diese Empfindungen bis zur Depression, sodass ggf. eine zusätzliche Behandlung mit Antidepressiva oder psychotherapeutischen Methoden notwendig ist. Eine schwere Komplikation der Antriebslosigkeit ist Suizidalität. Gedanken an den Tod ohne klare Suizidabsicht können bereits Warnzeichen sein. Betroffene sollten in diesem Fall rechtzeitig ärztlichen bzw. psychologischen Rat suchen.
Antriebslosigkeit führt außerdem oft zu einer Vielzahl von sozialen Komplikationen, die sich rückkoppelnd auf den psychischen und medizinischen Zustand auswirken können. Dazu gehören Schwierigkeiten in der Familie, im privaten Umfeld oder im Beruf, die bis zum Verlust des Arbeitsplatzes reichen können. Darüber hinaus kann die Antriebslosigkeit dazu führen, dass Betroffene nicht ausreichend aktiv an der Behandlung mitwirken. Der fehlende Antrieb erschwert unter Umständen die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, die eigentlich die Ursache der Antriebslosigkeit behandeln sollen. Bei einigen Patienten leidet auch die Einhaltung von Terminen, die körperliche Hygiene oder die eigene Ernährung unter der Antriebslosigkeit. Mangelerscheinungen und die Vermeidung von Aktivitäten (insbesondere im Freien oder gemeinsam mit anderen Menschen) mindern den Antrieb möglicherweise zusätzlich. Infolgedessen kann sich der Zustand verlängern oder verschlechtern.
Behandlung und Therapie
Stoffwechselstörungen lassen sich häufig mit Hormonpräparaten behandeln. Bei der Therapie von Schizophrenie stehen Antipsychotika im Vordergrund. Depressionen können je nach Ausmaß mit Antidepressiva, Psychotherapie, Schlafentzug, Stromtherapie oder Lichtherapie bekämpft werden.
Bei leichten Formen von Antriebslosigkeit helfen eventuell Sport oder Entspannungstechniken. Auch mit der besten Therapie verschwindet jedoch nicht jede Antriebslosigkeit. Sofern Patienten keinen Leidensdruck verspüren und ihre Lebenssituation mit der Antriebslosigkeit vereinbar ist (z. B. im Pflegeheim), können Therapieversuche dann unter Umständen aufgegeben werden.
Aussicht und Prognose
Je nach der Ursache der Antriebslosigkeit kann sie spontan auftreten oder sich über Wochen und Monate schleichend entwickeln. Das Leistungsniveau ist herabgesetzt und auch alltägliche Anforderungen können von dem Erkrankten nicht mehr erfüllt werden. Die Antriebslosigkeit kann bewirken, dass es zu einem starken Leistungsabfall kommt, so dass auch einfache Aufgaben nicht mehr bewältigt werden können.
Es können jedoch auch geringe Leistungsminderungen auftreten, die im Vergleich zu anderen Menschen als minimal einzustufen sind. Daher ist es notwendig, dass bei einer Antriebslosigkeit immer die individuelle Situation des Patienten betrachtet wird. Vergleiche zu dem früheren Leistungsniveau müssen hergestellt werden, um die genauen Ausmaße zu ermitteln. Begleitet wird die Antriebslosigkeit meist mit einer Therapie. Dabei steht die Ursachenforschung im Vordergrund.
Besonders schwierig sind psychogene Antriebslosigkeiten. Sie gelten als nur schwer vorhersehbar und sind daher für den Patienten und seine Angehörigen eine stärkere Belastung. Die Antriebslosigkeit unterliegt oft Schwankungen und kann daher über einen langen Zeitraum mit besseren Phasen stattfinden. In einem schweren Ausprägungsgrad sind Erkrankte nicht mehr in der Lage, die Grundversorgung vorzunehmen. Dies führt dazu, dass die Aufnahme von lebensnotwendigen Nährstoffen oder Lebensmitteln nicht mehr stattfindet. Meist kann die Antriebslosigkeit in einem solchen Stadium nicht mehr ohne fachmännische oder ärztliche Hilfe bewältigt werden.
Vorbeugung
Vorbeugen kann man Antriebslosigkeit zum einen mit ausgewogener Ernährung: Insbesondere Vegetarier, Veganer und Schwangere sollten auf eine ausreichende Versorgung mit Eisen, Vitamin B12 und Folsäure achten.
Für die Bildung der Schilddrüsenhormone ist außerdem Jod wichtig. Zum anderen helfen nachweislich Sport und Sonnenlicht gegen leichte depressive Verstimmungen. Besonders während der Wintermonate beugt regelmäßige Bewegung bei Tageslicht Antriebslosigkeit im Rahmen einer Winterdepression vor.
Quellen
- Payk, T.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
- Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Bergner, T. M. H.: Burnout-Prävention. Schattauer, Stuttgart 2012
- Tölle, R., Windgassen, K.: Psychiatrie. Springer, Berlin 2014
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. August 2024
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