Vegetatives Nervensystem (VNS)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das vegetative Nervensystem (VNS) ist ein Teil des Nervensystems, der größtenteils unwillkürlich funktioniert. Es wird deshalb auch als autonomes Nervensystem (ANS) bezeichnet. Zusammen mit dem Somatisches Nervensystem (SNS)|somatischen Nervensystem bildet das VNS das periphere Nervensystem.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Im Gegensatz zu anderen Teilen des Nervensystems lässt sich das vegetative Nervensystem nicht bewusst steuern. Es handelt autonom und wird deshalb auch autonomes Nervensystem genannt. Das vegetative Nervensystem lässt sich nach funktionellen und anatomischen Gesichtspunkten in ein sympathisches, ein parasympathisches und in ein enterisches Nervensystem unterteilen.

Das enterische Nervensystem (ENS) ist das Nervensystem des Magen-Darm-Trakts und funktioniert als selbstständiges Regelsystem. Es wird jedoch von Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst.

Im Gegensatz zum somatischen Nervensystem werden über das vegetative Nervensystem automatisch ablaufende Vorgänge des Körpers reguliert.

Anatomie

Die Nervenzellkörper des sympathischen Nervensystems befinden sich im Brust- und Lendenmark. Der Sympathikus unterliegt übergeordneten Steuerungszentren. Solche Steuerzentren sind beispielsweise der Hypothalamus, der Hirnstamm und die Formatio reticularis.

Sie senden Nervenimpulse zu den sympathischen Wurzelzellen des Rückenmarks. Diese liegen im Seitenhorn und formen dort den sogenannten Nucleus intermediolateralis. Von den Wurzelzellen ziehen Fasern neben die Wirbelsäule und bilden dort die Paravertebralganglien. Diese sind untereinander verbunden und formen zusammen den sympathischen Grenzstrang. Dieser reicht nach oben bis zur Halswirbelsäule und nach unten bis zum Kreuzbein.

In diesen Paravertebralganglien erfolgt meist eine Umschaltung auf ein zweites Neuron. Dieses überträgt die nervalen Impulse dann mittels Noradrenalin auf das Zielorgan. Einige Nervenfasern ziehen aber auch direkt zu Organen oder Gefäßen.

Die vegetativen Zellen des parasympathischen Nervensystems liegen im Hirnstamm und im unteren Rückenmark. Die Nerven aus dem Hirnstamm innervieren die Augenmuskeln und die Tränen- und Speicheldrüsen.

Ein Nervenstrang des parasympathischen Nervensystems, der Nervus vagus, bildet den zehnten Hirnnerv. Er versorgt die meisten inneren Organe des Körpers. Die Nerven aus dem sakralen Rückenmark ziehen zu den unteren Teilen des Dickdarms, zur Harnblase und zu den Genitalien. Der Parasympathikus wird auch als kraniosakrales System bezeichnet.

Das enterische Nervensystem, auch Darmnervensystem genannt, besteht aus einem Geflecht von Nervenzellen und durchzieht fast den gesamten Gastrointestinaltrakt. Die Nervenzellen befinden sich zwischen den Muskelschichten der Verdauungsorgane.

Das enterische Nervensystem arbeitet überwiegend autonom, kann aber vom sympathischen und vom parasympathischen Nervensystem beeinflusst werden. Neurotransmitter des enterischen Nervensystems sind zum Beispiel Serotonin und Dopamin.

Funktion

Das ENS spielt eine wichtige Rolle bei der Verdauung. Es reguliert die Darmbewegungen, den Blutfluss innerhalb des Verdauungssystems und die immunologischen Funktionen des Magen-Darm-Trakts. Einige Forscher vermuten, dass zwischen dem enterischen Nervensystem und dem Gehirn ein Informationsaustausch stattfindet. Dieser soll eine Rolle bei intuitiven Entscheidungen spielen. Deshalb werden intuitive Entscheidungen auch Bauchentscheidungen genannt.

Ebenso wie das enterische Nervensystem können auch die Funktionen des restlichen vegetativen Nervensystems nicht willentlich beeinflusst werden. Über das vegetative Nervensystem werden Körperfunktionen wie Pulsrate, Blutdruck oder der Tonus der Muskulatur gesteuert.

Der Sympathikus führt insgesamt eher zu einer Leistungssteigerung im Körper. Er steigert die Herztätigkeit, erhöht den Blutdruck, fördert die Durchblutung der Herz- und Skelettmuskulatur und sorgt für die Bereitstellung von Energie. Auch der Stoffwechsel wird durch den Sympathikus angeregt. Die Darmtätigkeit hemmt er hingegen und auch die Durchblutung der Nieren, der Haut und des Darms wird eingeschränkt.

Im Gegensatz zum Sympathikus sorgt der Parasympathikus für eine Verlangsamung des Pulses. Er steigert die Peristaltik im Darm und fördert die Sekretion von Verdauungsenzymen. Dadurch wird die Verdauung angeregt.


Erkrankungen

Bei einer vegetativen Dystonie ist die Erregungsleitung im vegetativen Nervensystem beeinträchtigt. Sympathikus und Parasympathikus arbeiten sowohl antagonistisch als auch synergistisch.

Um die Funktionen des Körpers aufrechtzuerhalten ist ein Gleichgewicht zwischen allen Teilen des vegetativen Nervensystems erforderlich. Bei einer vegetativen Dystonie ist dieses Gleichgewicht gestört. Häufig entsteht ein rascher Wechsel zwischen Sympathikotonie und Vagotonie, also ein Wechsel zwischen einer Sympathikusaktivität und einer Parasympathikusaktivität.

Die vegetative Dystonie äußert sich in Symptomen wie Nervosität, Unruhe, Schwindel, Kurzatmigkeit, Herzstolpern, Krämpfe in Magen, Darm oder Blase, Verstopfung, Blähungen oder Libidoverlust. Eine Abgrenzung der vegetativen Dystonie gegenüber anderen Erkrankungen ist aufgrund der Varietät der Symptome sehr schwer.

Eine Erkrankung des enterischen Nervensystems ist der Morbus Hirschsprung. Es handelt sich dabei um eine angeborene Erkrankung, bei der segmental Nervenzellen des ENS fehlen. Dadurch kommt es zu einer spastischen Verengung der betroffenen Abschnitte im Darm.

Der Speisebrei kann diese Engstelle nicht passieren, es kommt zum Aufstau von Stuhl und zu einer Erweiterung des Darms vor der Engstelle. Man spricht hier auch von einem Megakolon. Neugeborene mit Morbus Hirschsprung leiden unter einem stark aufgetriebenen Bauch. Wird die Stenose des Darms nicht rechtzeitig behandelt, kann es zu einer Sepsis kommen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021

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