Histaminintoleranz (Histaminunverträglichkeit)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Histaminintoleranz (Histaminunverträglichkeit), kurz HIT, hat der Körper Schwierigkeiten, einen Stoff zu kontrollieren, den er selbst produziert und der ihm eigentlich gute Dienste leistet – ganz im Gegensatz zu Allergien, bei denen Substanzen eine Reaktion auslösen, die dem Körper absichtlich oder unwissentlich zugeführt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Histaminintoleranz?

Wenn der Körper Histamin nicht richtig abbauen kann, wird von einer Histaminintoleranz gesprochen. Um Beschwerden wie Kopfschmerzen und Verdauungsprobleme zu vermeiden, sollten histaminhaltige Lebensmittel wie Wein, Käse und geräuchertes Fleisch gemieden werden.

Histaminintoleranz (Histaminunverträglichkeit) wird durch den körpereigenen Botenstoff Histamin verursacht, der zahlreiche Vorgänge im Körper kontrolliert und steuert. Diese Substanz sorgt beispielsweise für „Alarm“, wenn eine Infektion droht, löst Allergien aus, wenn etwas nicht verwertet werden kann, überwacht u. a. den Schlaf-Wach-Rhythmus und die Produktion der Magensäure. Wenn jedoch das Gleichgewicht gestört wird, kommt es zu gesundheitlichen Problemen.

Biogene Amine, zu denen das Histamin zählt, werden durch den Stoffwechsel im menschlichen Körper aus den Aminosäuren gebildet, die er mit der Nahrung aufnimmt. Die Aminosäure Histidin wird zu Histamin „verstoffwechselt". Wenn der Körper den Botenstoff Histamin selbst nicht in der richtigen Balance halten kann und entsprechend auffällig reagiert, spricht man von Histaminunverträglichkeit.

Vermutlich sind zirka 3 Prozent der mitteleuropäischen Bevölkerung betroffen. Die Dunkelziffer könnte jedoch höher sein, denn nicht jede Histaminunverträglichkeit wird sofort erkannt.

Ursachen

Für Histaminintoleranz gibt es – unabhängig von den Symptomen – zwei Ursachen: Zum einen besteht die Möglichkeit, dass das aus der Nahrung gebildete Histamin im Dünndarm nicht ausreichend abgebaut wird. Dafür ist in diesem Zusammenhang das Enzym Diaminoxidase (DAO) verantwortlich.

Eine zweite entscheidene Ursache für die Erkrankung ist, dass das in den Körperzellen wirksame Enzym N-Methyl-Transferase (HNMT) arbeitet nicht aktiv genug, um das überschüssige Histamin dort abzubauen. In beiden Fällen ist das Ergebnis das gleiche: der Körper reagiert entsprechend und signalisiert eine „Histaminunverträglicheit“.

Wann zum Arzt?

Wenn es nach dem Verzehr von Speisen, die viele Histamine enthalten, immer wieder zu Beschwerden kommt, liegt womöglich eine Histaminintoleranz vor. Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn sich die Symptome merklich auf das Wohlbefinden auswirken oder gar Komplikationen hervorrufen. So müssen Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen oder starker Hautausschlag in jedem Fall medizinisch abgeklärt werden. Frauen sollten einen Arzt aufsuchen, wenn es nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel – etwa Käse, Salami oder Rotwein – zu Menstruationsbeschwerden oder Kopfschmerzen kommt.

Sollten nach dem Essen Atemnot, Schweißausbruch, Schwäche, Schwindel oder Bewusstseinsstörungen auftreten, muss sofort der Notarzt gerufen werden. Bei einer Schockreaktion mit Kreislaufzusammenbruch sind bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes Erste-Hilfe-Maßnahmen zu leisten. Überdies ist eine ärztliche Untersuchung alleine aus Gründen der Vorbeugung sinnvoll. Die ärztliche Diagnose gibt Gewissheit über die Histaminintoleranz und ermöglicht eine gezielte Impfung und den Verzicht auf entsprechende Lebensmittel. Deshalb: beim Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie unbedingt einen Arzt konsultieren und die Ursachen feststellen lassen.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome einer Histaminintoleranz:

Betroffene, die unter einer Histaminintoleranz leiden, werden mit sehr unterschiedlichen Symptomen konfrontiert. Meist ähneln diese einer allergischen Reaktion. Symptome können wenige Minuten oder einige Stunden nach der Aufnahme von Nahrungsmitteln auftreten, die entweder histaminfördernd oder DAO-blockierend wirken.

Eine „Histaminvergiftung“ kann Kopfschmerzen, Migräne, Herzrasen oder Schwindel verursachen, aber auch Kreislaufprobleme oder Müdigkeit sind nicht ausgeschlossen. Hautreaktionen wie plötzliche Rötung im Hals- und Gesichtsbereich, Ausschlag bis zu Quaddelbildung und Anzeichen einer Erkältung sind ebenso häufig wie Darmprobleme mit Bauchschmerzen und Durchfall. Seltener kommt es zu Schweißausbrüchen, Erbrechen, Ohrensausen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Atemnot oder Gliederschmerzen.

Diagnose

Die Liste ist lang, deswegen ist die Diagnose Histaminunverträglichkeit eine äußerst diffizile Angelegenheit, die der Patient eventuell durch das Führen eines Beschwerden-Tagebuchs unterstützen kann, schon bevor er einen Arzt konsultiert. Wenn der Arzt nach eingehender Untersuchung allergische Reaktionen und Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen ausschließen kann, bringt möglicherweise ein Bluttest weitere Erkenntnisse über den Histamingehalt und die DAO-Aktivität.

Wenn der erste Bluttest bei normaler Ernährung durchgeführt wird und ein weiterer nach entsprechender Diät, wird die Tendenz klar. Die sicherste, aber auch langwierigste Methode, um Histaminunverträglichkeit festzustellen, ist jedoch die Eliminationsdiät, die über mehrere Wochen alle histaminfördernden Lebensmittel ausschließt und die der Patient durch ein entsprechendes Tagebuch dokumentiert.

Wenn sich die Symptome während der Diät bessern, wird der Verdacht schnell zur Gewissheit und der Patient kann seine individuelle Belastungsgrenze austesten, indem Schritt für Schritt die gemiedenen Lebensmittel wieder verzehrt werden. Die Diät ist nicht nur eine gute Methode, um die Stoffwechselstörung zu erkennen, es ist auch der erste Schritt zur Therapie.

Komplikationen

Der Verzehr histaminreicher Lebensmittel kann bei Betroffenen ganz unterschiedliche Nebenwirkungen haben, angefangen von Juckreiz ohne oder mit Hautrötungen, Kopfschmerzen, Fließschnupfen, einer allgemeinen Reizbarkeit. Auch ein Reizdarm kann die Folge einer Histaminintoleranz sein. Durch die vielen unterschiedlichen Beschwerden, die diese Unverträglichkeit auslöst, können Menschen auch depressiv werden.

Bei manchen Betroffenen können Gelenkschmerzen und Erschöpfung auftreten, in schlimmeren Fällen sogar Atemprobleme bis hin zur Atemnot. Im Allgemeinen reicht es, den Verzehr histaminreicher Lebensmittel einzuschränken, aber im Notfall müssen zusätzlich Medikamente eingenommen werden, um die Komplikationen in Grenzen zu halten.

Da die Auswirkungen unmittelbar an den Verzehr bestimmter Lebensmittel gekoppelt sind, ist es für die Patienten wichtig zu wissen, auf welche Lebensmittel sie starke Reaktionen zeigen, denn auf alle histaminreichen Nahrungsmittel zu verzichten, ist kaum möglich, wenn die Lebensqualität nicht auf der Strecke bleiben soll. Den meisten Menschen hilft es, möglichst Fertigprodukte zu meiden, die sehr histaminhaltig sind, und nicht mehrere dieser Lebensmittel auf einmal zu essen oder zu trinken.

Behandlung und Therapie

Wurde eine Histaminintoleranz (Histaminunverträglichkeit) festgestellt, hilft nur ein weiter Bogen um alle histaminfördernden Lebensmittel. Fast so schwierig wie die Diagnose ist jedoch die Klassifizierung dieser Stoffe. Zwar gibt es Listen, an denen man sich orientieren kann, aber der Histidin-Gehalt aller Nahrungsmittel hängt sehr stark von Lagerung, Konservierung und Frische ab, so dass in jeder Statistik sehr viel Spielraum bleibt.

Generell kann man festhalten, dass frische Lebensmittel am wenigsten Histamin provozieren. Lange Gelagertes, Vergorenes oder Gereiftes ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Das A und O für Menschen mit Histaminintoleranz (Histaminunverträglichkeit): die Zubereitung der Mahlzeiten mit ausgesuchten, möglichst unbearbeiteten und nur kurz gelagerten Rohstoffen. Auf der roten Liste stehen Käse (vor allem Hartkäse), geräuchertes Fleisch, Schinken, Salami, Fischkonserven, Hülsenfrüchte, Sojaprodukte, Sauerkraut, Fertiggerichte, alkoholische, insbesondere vergorene Getränke wie Wein und Bier, Schwarzer Tee, Schokolade, Kakao, Hefe.

Auch einige Obstsorten heizen die Histaminproduktion an. Dazu gehören Zitrusfrüchte, Papaya, Erdbeeren und Tomaten. Dagegen steht die Ampel auf grün bei Frischfleisch, fangfrischem Fisch und erntefrischem Gemüse sowie bei den meisten nicht oben genannten Obstsorten. Doch nicht jeder Mensch reagiert gleich auf die genannten Lebensmittel.


Vorbeugung

Eine gewissenhafte Erforschung des eigenen Körpers ist extrem wichtig und kann helfen eine Histaminintoleranz (Histaminunverträglichkeit). Neben einer angepassten Ernährung hilft eine gute körperliche und seelische Konstitution. Die Vermeidung von Stress und Umweltgiften kann helfen, ebenso die Absage an Tabakrauch und chemische Duftstoffe.

Extreme Temperaturwechsel oder große körperliche Anstrengungen können belastend sein. Dagegen bringen einige Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin C Erleichterung, bei nachgewiesenem DAO-Mangel kann auch Vitamin B6 eingesetzt werden. Die Einnahme eines Antihistaminikums sollte nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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