Glutenallergie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Wer eine Glutenallergie hat, muss auf vieles verzichten: Gluten ist ein Getreideeiweiß und in einem sehr großen Anteil an Lebensmitteln enthalten. Die Vorgänge im Körper bei einer Glutenunverträglichkeit sind gut erforscht. Strittig ist, ob es sich dabei um eine Zivilisationskrankheit handelt oder ob es schon immer Menschen gab, die Gluten nicht vertragen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Glutenallergie?

Bei einer Glutenallergie, auch Zöliakie genannt, reagiert der Körper auf das in Weizen, Gerste, Roggen und Hafer enthaltene Getreideeiweiß Gluten unverträglich.

Mediziner nennen die Glutenallergie Zöliakie oder bei Erwachsenen auch Sprue. Dabei handelt es sich um keine Nahrungsmittelallergie im klassischen Sinne. Genau genommen ist Zöliakie eine Autoimmunerkrankung.

Der Körper bildet Antikörper sowohl gegen Gluten als auch gegen körpereigenes Gewebe. So wird die Schleimhaut des Dünndarms zerstört. Bei Glutenallergie kann der Dünndarm seine Arbeit nicht ordnungsgemäß verrichten und es kommt zu einem Nährstoffmangel. Gluten ist unter anderem in Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel und Hafer enthalten.

Ursachen

Bei einer Glutenallergie ist ein körpereigener Mechanismus gestört. Denn bei einem gesunden Menschen wird die Oberfläche des etwa fünf bis sechs Meter langen Dünndarms durch Gewebefalten, die Zotten, vergrößert. Über diese große Fläche soll sichergestellt werden, dass der Dünndarm möglichst alle Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen und sie dem Körper zur Verfügung stellen kann. Bei einer Glutenallergie ist dieser Vorgang gestört.

Die Darmzotten bilden sich mit der Zeit sogar vollständig zurück. Die Gewebefläche zur Aufnahme und Weiterverarbeitung von Nährstoffen ist damit deutlich verringert. Der Nahrungsbrei wird weitgehend unverdaut weiter Richtung Dickdarm geschoben und schließlich ausgeschieden.

Die meisten Patienten mit einer Glutenunverträglichkeit sind genetisch prädisponiert. Das bedeutet, dass Menschen mit bestimmten Merkmalen im Erbmaterial eine dreifach erhöhte Wahrscheinlichkeit haben, an der Glutenallergie zu erkranken. Das erklärt, warum die Glutenunverträglichkeit in manchen Familien gehäuft vorkommt. Liegt die genetische Veränderung nicht vor, so kann der Mensch nicht an Zöliakie erkranken.

Die genetische Veranlagung ist aber nicht der alleinige Verursacher des Krankheitsbilds. Wer die Zöliakie-bedingende Veränderung im Erbmaterial hat, wird nicht unbedingt an einer Glutenunverträglichkeit leiden. Zu den möglichen Auslösern für die Krankheit zählen eine Pilzinfektion, Stress und hoher Alkoholkonsum.

Häufig tritt die Glutenallergie zusammen mit anderen Krankheiten auf, dazu zählen Diabetes mellitus, Lebererkrankungen, Down-Syndrom, bestimmte Herzerkrankungen und noch einige mehr.

Wann zum Arzt?

Bei einer allergischen Reaktion ist grundsätzlich ein Arzt zu konsultieren. Die Symptome einer Allergie treten sehr individuell auf und sind bei jedem Menschen verschieden stark ausgeprägt. Kommt es zu Blähungen, einem Blähbauch oder zu einem Druckgefühl im Unterleib, ist ein Arztbesuch ratsam, sobald die Beschwerden wiederholt auftreten. Bei Symptomen, die sich unmittelbar nach der Zufuhr von Nahrungsmitteln entwickeln, sollte stets ein Arztbesuch erfolgen, um weitere Untersuchungen durchzuführen.

Veränderungen der Haut, Rötungen oder ein Juckreiz müssen medizinisch abgeklärt werden. Durchfall, Verstopfung oder ein Fettstuhl gelten als besorgniserregend und sollten von einem Arzt untersucht werden. Wiederholt auftretende Übelkeit, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit sind ebenfalls abklären zu lassen. Kommt es zu einer Gewichtsabnahme bei unveränderter Lebensmittelzufuhr, gilt dies als ungewöhnlich. Bei Abgeschlagenheit und Müdigkeit, die über mehrere Tage oder Wochen anhalten, ist ein Arzt aufzusuchen.

Die Konsultation eines Arztes ist notwendig, wenn es zu Empfindungsstörungen, Stimmungsschwankungen oder Antriebslosigkeit kommt. Irritationen des weiblichen Zyklus, Fruchtbarkeitsstörungen oder Aphten an der Mundschleimhaut sind untersuchen und behandeln zu lassen. Haben Betroffene Gelenk- oder Knochenschmerzen, benötigen sie eine ärztliche Versorgung. Menschen, die unter ungewöhnlich langanhaltenden Infekten leiden, sollten diese Beobachtung mit einem Arzt besprechen. Augenringe und ein erhöhtes Schlafbedürfnis sind ebenfalls näher untersuchen zu lassen.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome einer Glutenallergie:

Der Patient mit Glutenallergie hat zunächst meist unspezifische Magen-Darm-Beschwerden. Dazu zählen oft Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Gewichtsverlust, Übelkeit, Bauchschmerzen, Darmkrämpfe oder Erbrechen. Mit der Zeit zeigen sich deutliche Mangelsymptome. Typisch sind Eisenmangel mit und ohne Blutarmut sowie Kalzium- und Vitamin-D-Mangel. Unbehandelt führt die Zöliakie zu einer Schwächung des gesamten Organismus mit erhöhter Infektanfälligkeit, schließlich geradewegs zur Auszehrung des Körpers.

Eine Zöliakie kann sich deshalb auch in ganz verschiedenen Krankheitsbildern zeigen, zum Beispiel Knochen- und Muskelschmerzen, Kraft- und Antriebslosigkeit, Arthritis, Wassereinlagerungen, Hautausschlag, Depressionen und Angststörungen, Kopfschmerzen, Epilepsie und Demenz. Bei Kindern führt Zöliakie zu allgemeinen Entwicklungsverzögerungen. Ist die Glutenallergie einmal ausgebrochen, ist sie nicht mehr heilbar.

Diagnose

Erste Hinweise zur Diagnose von einer Glutenallergie liefern die im Arztgespräch geschilderten Symptome. Die Vermutung auf Glutenallergie kann mittels eines Bluttests überprüft werden. Sicherheit über die Diagnose liefert eine Dünndarmbiopsie. Das bedeutet, dass ein wenig Körpermaterial aus dem Dünndarm entnommen und untersucht wird.

Die Dünndarmbiopsie wird im Rahmen einer Endoskopie durchgeführt. Üblicherweise erhält der Patient eine leichte Narkose. Das Verfahren ist komplikationsarm und schmerzfrei. Wichtig für die Diagnose einer Glutenallergie ist, dass sämtliche Untersuchungen angestellt werden, bevor der Patient seine Ernährung auf glutenfreie Lebensmittel umstellt. Ansonsten würden die Ergebnisse verfälscht.

Komplikationen

In der Regel hängen die Komplikationen und der weitere Verlauf eine Glutenallergie stark von ihrer Ausprägung und von der Ernährung des Betroffenen ab. In den meisten Fällen können die Beschwerden der Glutenallergie relativ gut und einfach vermieden werden, wenn der Betroffene auf das Gluten vollständig verzichtet und eine strenge Diät einhält. Komplikationen treten dabei in der Regel nur dann auf, wenn diese Diät nicht eingehalten wird und der Betroffene auch weiterhin Gluten zu sich nimmt. Dabei leiden die Patienten ans starken Bauchschmerzen und Magenschmerzen.

Nicht selten kommt es dabei auch zu einer Übelkeit und zu Erbrechen. Die Lebensqualität der Betroffenen wird durch die Einnahme deutlich verringert. Ebenso kann es zu Fieber und zu einer allgemeinen Abgeschlagenheit des Patienten kommen. Dabei dauert es mehrere Stunden, bis die Beschwerden wieder verschwinden.

Es ist leider nicht möglich, die Glutenallergie kausal zu behandeln. Aus diesem Grund sind die Patienten ihr gesamtes Leben lang auf andere Lebensmittel angewiesen. Dabei kommt es nicht zu Komplikationen. Auch besondere Einschränkungen in der Ernährung treten nicht auf. In der Regel wirkt sich die Glutenallergie auch nicht negativ auf die Lebenserwartung des Betroffenen aus, sodass diese ebenso nicht beeinflusst oder verringert wird.

Behandlung und Therapie

Die einzige wirksame Behandlungsmöglichkeit gegen die Beschwerden, die eine Glutenallergie mit sich bringt, ist der strenge und lebenslange Verzicht auf Nahrungsmittel, die Gluten enthalten. Die Diät sollte ohne Sünden eingehalten werden. Die negativen Folgen einer Glutenaufnahme bei Glutenunverträglichkeit zeigen sich teilweise erst Monate oder gar Jahre später. Wenn die Diät erst dann wieder streng aufrechterhalten wird, kann es bereits zu schweren Schädigungen der Darmschleimhaut gekommen sein.

Der Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel sollte auch aus dem Grund genau eingehalten werden, dass das Darmkrebsrisiko bei Glutenunverträglichkeit um den Faktor 10 erhöht ist. Diese strenge Diät einzuhalten ist schwer. Positiv daran ist jedoch, dass in der Regel keine Medikamente eingenommen werden müssen. Allein durch den Verzicht auf Gluten bilden sich die meisten Begleiterscheinungen der Zöliakie innerhalb weniger Wochen oder mehrerer Monate zurück. Durchfälle, Blähungen und Untergewicht regulieren sich meist recht schnell. Am längsten dauert die Regeneration der Darmschleimhaut.

Die Diät schließt Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel und Grünkern aus. Verwandte Getreidearten und Urkornarten wie Einkorn und Khorasan-Weizen müssen ebenfalls gemieden werden. Produkte, die diese Getreidearten enthalten und aus der Ernährung gestrichen werden müssen, sind Mehl, Grieß, Graupen, Stärke, Müsli-Flocken, Paniermehl, Teigwaren, Brot und Brötchen, panierte Lebensmittel, Pizza, Knödel. Auch Leckereien wie Kuchen, Torten, süße Stückchen, Kekse, Müsliriegel, Eiswaffeln und Salzstanden fallen unter das Verbot.

Im Internet und in einschlägiger Literatur finden sich zahlreiche Rezepte für eine abwechslungsreiche und schmackhafte Ernährung ohne Gluten. Einige Hersteller haben sich auf die Produktion glutenfreier Nahrungsmittel eigens für Patienten mit Glutenallergie spezialisiert.


Vorbeugung

Bei der Entwicklung einer Glutenallergie scheint die frühkindliche Ernährung eine wichtige Rolle zu spielen. Als positiv für die Vermeidung einer Glutenallergie gilt Stillen während der ersten Lebensmonate. Es herrscht keine Klarheit darüber, wann der beste Zeitpunkt für die Einführung glutenhaltiger Lebensmittel in die Säuglingsernährung ist.

Bisher galt, dass vor Vollendung des sechsten Lebensmonats auf glutenhaltige Lebensmittel in der Säuglingsernährung verzichtet werden sollte. In neueren Studien wurde festgestellt, dass Gluten möglichst während der Stillphase Eingang in den Speiseplan finden sollte. Da die meisten Mütter vor Ende des sechsten Monats abstillen, wäre in Familien mit Disposition zur Glutenallergie dann der beste Zeitpunkt für die Einführung von Gluten mit etwa vier bis sechs Monaten.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Groß, U.: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2013
  • Trautmann, A.: Allergologie in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
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