Blepharospasmus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. August 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Blepharospasmus - auch Lidkrampf genannt - ist trotz seiner harmlos klingenden Bezeichnung für die Betroffenen eine starke Belastung, da ihre Gesichtsmimik stark verändert ist. Er tritt entweder ohne erkennbare Ursache auf oder ist Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung. Die Erkrankung kommt lediglich bei 3 bis 4 von 100.000 Menschen vor und betrifft meist Frauen im mittleren oder höheren Lebensalter.
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Was ist ein Blepharospasmus?
Unter einem Blepharospasmus versteht der Mediziner einen unwillkürlichen heftigen Krampf eines Augenlids oder beider Lider. Der Zustand tritt spontan vorübergehend auf oder hält dauerhaft an, ohne dass der Betroffene Kontrolle über ihn hat. Die von dem nicht beeinflussbaren Lidkrampf in Mitleidenschaft gezogenen Muskeln sind der Augenringmuskel (Musculus orbicularis oculi) und mitunter auch andere in der Nähe der Lider befindliche Muskeln.
Die Erkrankung kommt in drei Formen vor: als klassischer Blepharospasmus mit kurzfristigen wiederkehrenden Krämpfen, als dauerhafte Verkrampfung des Augen-Lids (tonischer Blepharospasmus) und als Lidöffnungsinhibition. Bei ihr sind die Patienten nicht mehr in der Lage, die Augen (weiter) zu öffnen, obwohl von außen keine Muskel-Verkrampfungen sichtbar sind. Sie kommt nicht durch einen sich zusammenziehenden Augenringmuskel zustande, sondern durch einen Spasmus des Stirnmuskels. Eine derartige Lidöffnungsapraxie (funktionelle Blindheit) liegt auch dann vor, wenn dem Patienten wiederholt die Augenlider zufallen, ohne dass er diesen Vorgang willentlich beeinflussen kann.
Der tonische Lidkrampf führt zu einer dauerhaften Verengung des Lid-Spalts. Der Mediziner spricht jedoch von einer paradoxen Dystonie, wenn sich die Krämpfe beim Herumlaufen oder Sprechen des Patienten bessern. Der Augenlid Krampf kann die Lebensqualität der Betroffenen so stark beeinflussen, dass sie erhebliche seelische Probleme bekommen. Ein stark ausgeprägter Blepharospasmus hat mitunter auch eine Erblindung zur Folge.
Ursachen
Krankheiten
Wann zum Arzt?
Ein leichtes Zittern des Augenlides erlebt jeder Mensch im Laufe seines Lebens. Das ist im Normalfall kein gesundheitsgefährdender Zustand, für den ein Mediziner konsultiert werden muss. Verschwindet das Zittern nach Zeiten der Regeneration, handelt es sich um einen emotional belastenden Zustand, der vorübergehend ist. Sind nach dem Aufwachen eines erholsamen Schlafes die Beschwerden verschwunden, werden keine weiteren Maßnahmen oder Therapien benötigt.
Nehmen die Beschwerden über mehrere Tage oder Wochen deutlich an Intensität zu, ist die aktuelle Lebensführung zu überprüfen. Zu den meisten Auslösern gehören mangelnder Schlaf, psychischer oder seelischer Stress. Schafft es der Betroffene aus eigener Kraft, die vorherrschende Situation zu meistern, tritt eine Linderung der Erkrankung ein. Sobald der aktuelle Zustand als belastend oder beeinträchtigend bei der Bewältigung des Alltages eingestuft wird, ist ein Neurologe aufzusuchen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies gilt auch, wenn sich die Symptome kontinuierlich über mehrere Wochen verschlechtern oder zunehmen.
Hält der Verschluss des Augenlides täglich über mehrere Stunden an, kommt es zu einer Beeinträchtigung des Sehvermögens. Da die Lidspaltverengung zu einer funktionellen Blindheit führt, ist ein Arzt aufzusuchen. Bei weiteren Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verkrampfungen im Nacken, dauerhafte Anspannungen des Gesichts, lokale Schmerzen oder eine Überempfindlichkeit vor Licht, ist ein Arzt zu konsultieren.
Diagnose und Verlauf
Kommt es bei einer Person des öfteren zur Verkrampfung eines Lids, zum Blinzeln oder klagt sie über ein Fremdkörpergefühl am Auge, sollte sie baldmöglichst einen Augenarzt aufsuchen. Bei der Untersuchung ermittelt der Arzt, wie häufig der Patient blinzelt. Tut er das öfter als 27-mal in der Minute - normal wären bis zu 20-mal - liegt ein Lidkrampf vor. Dann erfolgt eine Messung der Augenmuskel Aktivität per Elektromyografie (EMG) am Augenringmuskel und anderen in Augen-Nähe befindlichen Muskeln. Um herauszufinden, ob der Lidkrampf von einer Nervenerkrankung ausgelöst wird, führt man eine Magnetresonanztomographie durch.
Die Augenuntersuchung mit der Spaltlampe dient dazu, eine Bindehaut oder Hornhaut-Reizung und eine akute oder chronische Augenentzündung diagnostisch auszuschließen. Die Verkrampfung der Augenmuskulatur zeigt sich bei vielen Betroffenen anfangs nur auf einer Seite und ist nur leicht ausgeprägt: Es sieht aus, als würden sie blinzeln. Mitunter haben die Patienten auch nur ein Fremdkörpergefühl am Auge. Im weiteren Krankheitsverlauf verändert sich ihre Mimik zusehends. Es kommt zu immer häufigeren und länger anhaltenden Krämpfen. Das krampfhafte Zucken tritt alle 20 Sekunden auf und dauert minutenlang an.
Am Anfang lässt sich dieser Zustand noch mit Tricks wie Kaugummi kauen oder Gähnen beenden. Patienten mit einem essenziellen Blepharospasmus zeigen ausgeprägtere Symptome, wenn sie beispielsweise hellem Licht, Durchzug oder (emotionalem) Stress ausgesetzt sind. Innerhalb geschlossener Räume treten die Beschwerden meist nicht so häufig und intensiv auf wie draußen. Bei manchen von ihnen zeigen sich die Symptome außerdem beim Lesen. Nachts lassen die starken Beschwerden oft nach, sodass der Patient am nächsten Morgen weniger heftige Symptome aufweist.
Komplikationen
Zu den üblichen Komplikationen des Blepharospasmus zählen Schmerzen und Krämpfe in der Region der Augen. Im weiteren Krankheitsverlauf ist mit einer progressiven Entwicklung der Symptome zu rechnen. Das führt dazu, dass ein Anstieg des Leidensniveaus beim Betroffenen vorhanden ist. Das Wohlbefinden sinkt und die seelischen Belastungen steigen parallel dazu an. Die Schmerzen treten in den Muskeln am Auge auf. Diese können durch die Beanspruchung neben der Krampfbildung auch zu weiteren Verletzungen einzelner Muskelfasern führen. Damit findet eine Ausbreitung des Schmerzempfindens statt. In schweren Fällen ist die Fähigkeit des Sehens stark beeinträchtigt.
Darüber hinaus kann es zu einer Erblindung kommen. Der Blepharospasmus kann eine Lidspaltenverengung verursachen. Mit diesen Komplikationen kommt es in den meisten Fällen zu einer Zunahme der psychischen Belastbarkeit. Therapeutische Maßnahmen sollten ergriffen werden, um Erkrankungen wie einer Melancholie oder Depression vorzubeugen. Die visuelle Wahrnehmung kann zu einer Verstärkung der Lichtempfindlichkeit führen. Kopfschmerzen und die Vermeidung von Licht sind die Folgen. In einigen Fällen kommt es zu einer Bildung von Hämatomen. Diese verursachen weitere Schmerzen. Der Blepharospasmus wird oft durch die Gabe von Medikamenten begleitet. Diese haben meist weitere Nebenwirkungen. Zu ihnen gehören Probleme der Verdauung, Mundtrockenheit oder Vergesslichkeit. Zusätzlich kann es zu erhöhten und nicht regulierbaren Tränenfluss kommen.
Behandlung und Therapie
Der Blepharospasmus wird kausal - also entsprechend der Krankheitsursache - therapiert. Ist keine Ursache offensichtlich, kann eine lokale Verabreichung von Botox (Botulinumtoxin A, BTX) hilfreich sein. Dabei wird eine sehr geringe Dosis des Nervengifts mit einer sehr dünnen Nadel an vier Stellen rund um das Auge direkt in den krampfenden Muskel injiziert. Der Einstich verursacht in der Regel keine Schmerzen. Das Bakteriengift lähmt den Augenringmuskel innerhalb der darauf folgenden drei Tage. In spätestens ein bis zwei Wochen ist der Muskel dann vollständig entspannt.
Da das Botulinumtoxin A jedoch im Laufe der Zeit vom Körper abgebaut wird, muss die Behandlung etwa alle 3 Monate wiederholt werden. Bei einem einseitigen Lidkrampf injiziert der Mediziner 2- bis 3-mal jährlich Botox. In einzelnen Fällen kann es dabei zum dauerhaften Herabhängen (Ptosis) oder zur Auswärts-Wendung des Augenlids (Ektropium) kommen. Bei 5 bis 10 Prozent der von einem Blepharospasmus betroffenen Patienten wirkt das muskellähmende Gift überhaupt nicht oder nur unzureichend.
Von einer Verabreichung von muskelentspannenden Medikamenten (Muskelrelaxanzien) oder Beruhigungsmitteln wie beispielsweise Benzodiazepinen sehen die behandelnden Mediziner oft ab, da diese Mittel den Zustand des Patienten nur geringfügig bessern. Außerdem haben sie oft starke Nebenwirkungen. Eine weitere therapeutische Option ist die vollständige oder teilweise operative Entfernung des Augenringmuskels oder die Durchtrennung der Nervenverbindungen zwischen dem Gesichtsnerv (Nervus facialis) und dem Augenringmuskel. Hat der Lidkrampf seelische Ursachen oder ist er stressbedingt, können eine Psychotherapie, Hypnose oder alternativ-medizinische Verfahren wie die Akupunktur sinnvoll sein.
Aussicht und Prognose
Der Blepharospasmus tritt bei den meisten Menschen beidseitig auf. Die ersten Anzeichen äußern sich durch ein unruhiges und verstärktes Blinzeln sowie durch ein unwillkürliches Zucken der Augenlider. Später tritt eine unangenehme Verkrampfung der Lider ein, die für den Betroffenen nicht steuerbar ist. Die einzelnen Symptome nehmen in den kommenden Stunden und über den Tag verteilt kontinuierlich in ihrer Intensität zu.
Helle Lichtreize, Stress, Luftstöße und ein zu geringer Nachtschlaf verstärken den Blepharospasmus. Es kann zu einer Dauerkontraktion und damit zu einem vollständigen Verschluss der Augen kommen. Dieser hält für mehrere Stunden an und löst sich nach einer Zeit der Regeneration. Nachtschlaf führt zu einer Besserung der Symptomatik. Morgens ist der Blepharospasmus geringer ausgeprägt als in den Abendstunden. Solange die Ursache nicht geklärt und behoben wird, ist mit einer Zunahme der Beschwerden zu rechnen. Der Augenverschluss stellt sich eher ein und hält länger an.
Der Blepharospasmus ist gut behandelbar. Ein Neurologe stellt die Diagnose und leitet Maßnahmen für die Behandlung der Grunderkrankung ein. Parallel dazu behandelt er den Augenringmuskel des Patienten, um eine weitere Krampfbildung zu vermeiden. Da es sich dabei um eine vorübergehende Therapiemöglichkeit handelt, tritt eine Heilung des Blepharospasmus erst ein, wenn der ursächliche Grund ermittelt und geheilt wurde.
Vorbeugung
Außerdem verschwinden die störenden Blepharospasmus Symptome immer dann, wenn der Patient eine für ihn ungewohnte Tätigkeit wie beispielsweise das rückwärts laufen verrichtet oder sich hinlegt.
Bücher über Blepharospasmus
Quellen
- Grehn F.: Augenheilkunde. Springer Verlag. 30. Auflage 2008
- Lang, G.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014
- Wutta, H.P., Brucker, K.: Theorie und Praxis der Augen-Akupunktur. Hippokrates Verlag, Stuttgart 2014
- Zervos-Koop, J.: Anatomie, Biologie und Physiologie: Ergotherapie Prüfungswissen. Thieme Verlag, Stuttgart 2013
- Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2012
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 16. August 2024
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