Beruhigungsmittel
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beruhigungsmittel sind Psychopharmaka, die auch als Tranquilizer bezeichnet werden. Dazu gehören die Gruppe der Benzodiazepine sowie Betablocker, einige Antidepressiva und bestimmte Neuroleptika. Sie werden hauptsächlich zur Lösung akuter Angst- und Spannungszustände eingesetzt.
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Was sind Beruhigungsmittel?
Tranquilizer haben vorwiegend eine Angst lösende, beruhigende und oft Schlaf anstoßende Wirkung. Manchmal finden sie auch Einsatz zur Muskelentspannung oder bei Krampfanfällen. Hauptsächlich ist mit Beruhigungsmitteln die Medikamentengruppe der Benzodiazepine gemeint, die in den 1950er Jahren erstmals entwickelt wurde. Diese gehören zu den meist verordneten Beruhigungsmitteln, sollten aber aufgrund ihres Suchtpotenzials nur sehr sorgfältig eingesetzt werden.
Insbesondere im psychiatrischen Bereich sind Benzodiazepine aufgrund ihrer Potenz jedoch unverzichtbar, um Angst- und Erregungszustände im Rahmen psychischer Krisen abzufangen. Zudem wurde festgestellt, dass Tranquilizer – und hier wiederum insbesondere die Benzodiazepine – aggressionshemmend wirken. Daraus ergeben sich weitere Anwendungsbereiche. Neben den Benzodiazepinen kommen auch niederpotente Neuroleptika, Schlaf anstoßende Antidepressiva und bestimmte Betablocker zum Einsatz. Betablocker wirken auf die Herzfrequenz, indem sie Blutdruck und Puls senken. Somit haben sie ebenfalls eine sedierende Wirkung.
Wirkung und medizinische Anwendung
Auf Dauer versucht man hierbei vor allem Benzodiazepine durch andere, nicht Sucht bildende Medikamente zu ersetzen, falls eine Langzeitbehandlung mit Beruhigungsmitteln erforderlich ist. In der Neurologie werden mit Benzodiazepinen vorwiegend epileptische Anfälle und spastische Zustände beendet. Doch auch in der Chirurgie sind vor allem die Benzodiazepine interessant, um den Patienten vor anstehenden OPs zu beruhigen und in Schlaf zu versetzen. Gleiches gilt für die Behandlung von Schlafstörungen. Auch vegetative Störungen und Befindlichkeitsstörungen sprechen gut auf Benzodiazepine an. Grundsätzlich ist man bemüht, Beruhigungsmittel in möglichst geringer Dosis und möglichst nur kurzfristig anzuwenden.
Formen und Gruppen
Es stehen unterschiedliche Gruppen von Tranquilizern zur Verfügung. Bei den Benzodiazepinen unterscheidet man Medikamente mit einer kurzen (4-6 Stunden), mittleren (12-18 Stunden) und langen Halbwertszeit. Halbwertszeit bedeutet, dass nach diesem Zeitraum noch die Hälfte des Medikaments im Körper vorhanden ist. Eine kurze Halbwertszeit weist zum Beispiel das Midazolam® auf (4 Stunden), weswegen es gerne vor OPs verwendet wird.
Ein Benzodiazepin mit einer mittleren Halbwertszeit ist das Lorazepam (Tavor®, 12 bis 15 Stunden). Lange im Körper gespeichert bleibt das Diazepam® mit einer Halbwertszeit zwischen 24 und 40 Stunden. Wird es länger eingenommen, sammelt es sich deswegen im Fettgewebe an. Bei den Neuroleptika kommen die niederpotenten Varianten wie Atosil® oder Dominal® zum Einsatz. Diese haben hauptsächlich eine beruhigende und Schlaf anstoßende Wirkung, wirken jedoch kaum antipsychotisch. Zu den sedierenden Antidepressiva gehören zum Beispiel Mirtazapin® oder Valdoxan®.
Dosierung
Die Dosierung von Beruhigungsmitteln hängt zum einen vom einzelnen Medikament ab, zum anderen von der individuellen Disposition des Patienten und vom Schweregrad der Behandlungsbedürftigkeit. Als Standardumrechnungsfaktor bei den Benzodiazepinen gelten 10 mg Diazepam®. Das potenteste Benzodiazepin ist das Alprazolam®, wobei 1 mg 10 mg Diazepam® entsprechen. Auch bei den Antidepressiva ist es unmöglich, pauschal die Frage zu beantworten, welche Dosis angemessen ist.
Ähnliches gilt für niederpotente Neuroleptika. Betablocker werden ebenfalls individuell vom Arzt eingestellt, um einerseits die Wirksamkeit zu garantieren und andererseits die Gefahr einer Überdosierung auszuschließen. Grundsätzlich gilt, dass in akuten Phasen höhere Dosen verordnet werden. Klingen die Symptome ab, müssen insbesondere die Benzodiazepine schrittweise abgesetzt werden, um Entzugserscheinungen zu vermeiden. Mediziner sprechen hierbei von „Ausschleichen“.
Pflanzliche, natürliche und pharmazeutische Alternativen
Hinsichtlich chemischer Beruhigungsmittel stehen pflanzliche und natürliche Alternativen zur Verfügung. Hierzu zählen Phytostoffe wie Baldrian, Hopfen, Melisse, Johanniskraut und Lavendel. Jedoch haben diese den Nachteil, dass sie bei akuten und starken Angst- und Erregungsständen oder starken Schlafstörungen nicht greifen, weil sie eine zu schwache Wirkung haben. Ihre Potenz entspricht nicht derjenigen von chemischen Beruhigungsmitteln.
Wechselwirkungen und Nebenwirkungen
Viele Beruhigungsmittel haben den Nachteil, dass sie unerwünscht lange zu Müdigkeit, Schläfrigkeit und Benommenheit führen können. Dies kann Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit haben sowie auf die Fähigkeit des Bedienens von Maschinen. Auch bilden Medikamente stets chemische Eingriffe in den Körper und können mit anderen Mitteln Wechselwirkungen aufweisen.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
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