Überaktive Blase (Reizblase)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Überaktive Blase (Reizblase)

Für Menschen, die unter einer überaktiven Blase (Reizblase) leiden, leidet die Lebensqualität. Sie sind immer auf der Suche nach einer Toilette und haben Angst, sie nicht rechtzeitig zu erreichen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Überaktive Blase (Reizblase)?

Die Medizin spricht von einer überaktiven Blase oder Reizblase, wenn Betroffene in 24 Stunden mehr als 10 x die Blase entleeren müssen und keine organische Ursache für das häufige Wasserlassen gefunden werden kann. Laut Definition der Internationalen Kontinenzgesellschaft (ICS) liegt eine Reizblase vor, wenn ein häufiger Harndrang begleitet ist von dem Gefühl, unmittelbar eine Toilette aufsuchen zu müssen, weil sich sonst die Blase unkontrolliert entleert. Sogar nachts müssen Betroffene teilweise mehrmals Wasser lassen. Die Urinmenge, die entleert wird, steht dabei meistens nicht im Verhältnis zum intensiven Harndrang.

Eine Reizblase ist sehr unangenehm für die Betroffenen. Häufiger Harndrang und die damit verbundene ständige Suche einer Toilette kann den Alltag sehr belasten.

Ursachen

Die Hauptursache einer überaktiven Blase liegt in einer gestörten Blasenfunktion. Der Blasenmuskel zieht sich zu früh zusammen und löst schon bei niedrigem Blasenfüllstand starken Harndrang aus. Möglich Ursachen sind Veränderungen der Nerven, durch die die Blase versorgt wird, oder Veränderungen in der Blasenwand, die eine Übererregbarkeit der Harnblase begünstigen. Auch eine Blasenentzündung ist möglich. Sie ist aber von einem starken Brennen beim Wasserlassen begleitet, das bei der überaktiven Blase normalerweise nicht vorkommt.

In den Wechseljahren verändern sich die Schleimhäute generell durch den Östrogenmangel, wovon auch die Blasenschleimhaut betroffen ist. Neben Fremdkörpern wie Blasensteinen können neurologische Erkrankungen wie Parkinson, multiple Sklerose und ein Schlaganfall eine Reizblase verursachen. Weitere Ursachen können eine Verengung des Blasenausgangs, z. B. bei Prostatavergrößerungen, Blasentumore oder Tumore im kleinen Becken oder eine Veränderung der Blasenschleimhaut durch Bestrahlungen sein. Darüber hinaus kann können bestimmte Medikamente eine harntreibende Wirkung haben.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome einer überaktiven Blase (Reizblase):

Die Symptome einer überaktiven Blase ähneln denen einer Blasenentzündung. Betroffene leiden unter plötzlichem, kaum zu kontrollierendem Harndrang und müssen in 24 Stunden mindestens 10 x Wasser lassen. Bei manchen Menschen führt dieser überfallartige Harndrang zu einem unfreiwilligen Urinverlust. Der quälende Druck, sofort ein WC aufsuchen zu müssen in Kombination mit einem unfreiwilligen Harnabgang wird als Dranginkontinenz bezeichnet.

Auch nachts muss oft mehrmals die Blase entleert werden, was den Schlaf stört. Durch die fehlende Kontrolle über die Blase und den ständigen Leidensdruck, immer eine Toilette in der Nähe haben zu müssen, wird die Lebensqualität stark eingeschränkt und die Angst, nicht rechtzeitig eine Toilette zu finden, kann die Symptome der überaktiven Blase noch verstärken. Bei manchen Menschen ist der quälende Harndrang so stark, dass sie sich aus dem sozialen Leben zurückziehen.

Diagnose

Vielen Menschen ist ihre "Sextanerblase" peinlich und sie sprechen ungern darüber. Sie sollten sich aber nicht scheuen, sich ärztliche Hilfe zu holen. Der Arzt macht sich in der Anamnese zunächst ein Bild, wie häufig Wasser gelassen werden muss, fragt nach der Trinkmenge, ob der Harndrang häufig plötzlich und dringend ist, ob er auch nachts da ist, ob es zu einem unfreiwilligen Urinverlust kommt, ob das Wasserlassen von Beschwerden begleitet ist, ob evtl. harntreibende Medikamente eingenommen werden.

Ein Miktionsprotokoll kann Aufschluss darüber geben wie häufig die Blase entleert werden muss, welche Urinmenge ausgeschieden wird. So lässt sich erkennen, ob die Blasenfunktion beeinträchtigt ist. Bei Auffälligkeiten erfolgt eine Weiterüberweisung an den Urologen, der eine urodynamische Untersuchung durchführt, um das Fassungsvermögen der Blase und die Verschlussmuskulatur zu testen.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung erfolgt individuell nach dem Beschwerdebild der Patienten. In vielen Fällen hilft gezieltes Blasentraining zusammen mit Beckenbodengymnastik oder Biofeedback-Training. Trotz einer Reizblase ist es wichtig, ausreichend zu trinken. Wird zu wenig getrunken, gewöhnt sich die Harnblase an geringe Mengen und reagiert schon bei geringem Füllstand. Dadurch würde sich das Problem verschärfen. Am Anfang der Behandlung kann es sinnvoll sein, die überreizte Blase medikamentös zu entspannen.

Besonders bewährt sich ein Beckenbodentraining zusammen mit Elektrostimulation. Auch Entspannungsverfahren und eine Psychotherapie können dazu beitragen, dass sich die Blase entspannt und sich ihre Funktion wieder normalisiert. Das Hauptziel bei der Behandlung einer überaktiven Blase ist es, die Entleerungsintervalle bewusster zu steuern und eine realistische Wahrnehmung vom Fassungsvermögen der Blase zu bekommen. Dafür sollen die Toilettengänge immer mehr herausgezögert werden, damit die Blase lernt, erst bei höherem Füllstand Harndrang auszulösen.

Die Behandlung ist langwierig und erfordert viel Geduld von den Patienten. Gut helfen auch alternative Heilmethoden wie Akupunktur und Homöopathie (Nux vomica). In schwereren Fällen kann ein Blasenschrittmacher implantiert werden oder die Blase operativ angehoben werden.


Vorbeugung

Schon unsere Großmütter wussten, dass das Sitzen auf kalten Flächen nicht gut ist und Blasenentzündungen fördern kann. Gegen hormonelle Veränderungen in der Schwangerschaft und in den Wechseljahren lässt sich nicht viel tun, aber der Umgang mit Stress kann trainiert werden durch gezielte Entspannung. Dadurch wird der Druck auf die Blase gemindert.

Nach der Schwangerschaft ist gezielte Rückbildungsgymnastik, in den Wechseljahren ein regelmäßiges Beckenbodentraining die beste Vorbeugung. Sinnvoll ist es auch, nicht schon bei geringem Harndrang die Blase zu entleeren, weil sie sonst nicht mehr lernt, größere Mengen an Flüssigkeit zu speichern. Eine geeignete Intimhygiene kann Blasenentzündungen vorbeugen.

Quellen

  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2015
  • Hof H, Dörries R. Duale Reihe: Medizinische Mikrobiologie. Thieme Verlag. 4. Auflage(2009)
  • Hofmann, R., (Hrsg.): Endoskopische Urologie. Springer, Berlin 2009
  • Jocham, D. & Miller, K.: Praxis der Urologie, Georg Thieme Verlag, 2007

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Überaktive Blase (Reizblase)

Das könnte Sie auch interessieren