Hüftdysplasie (Hüftluxation)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Diagnose Hüftdysplasie erhalten etwa zwei bis drei Prozent der Neugeborenen. Dank moderner Diagnosetechniken werden die meisten Fälle frühzeitig erkannt, daher sind die Prognosen gut. Oft helfen schon Spreizwindeln und geeignete Tragetechniken, um die Hüfte des Babys gesund ausreifen zu lassen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Hüftdysplasie?

Hüftschmerzen und Schwierigkeiten beim Laufen sind typische Symptome einer Hüftdysplasie.

Bei einer Hüftdysplasie oder Hüftgelenkdysplasie ist die Hüftgelenkpfanne fehlgebildet. Die Fehlstellung kann angeboren oder erworben sein. Zusätzlich zur Hüftdysplasie kann in selteneren Fällen eine Hüftluxation entstehen. Dann ist der Hüftkopf ganz oder teilweise aus der Pfanne verschoben.

Bei Neugeborenen sind bei der Geburt die knorpelig angelegten Hüftpfannen noch nicht ausreichend verknöchert. Damit sind sie zu steil und zu flach, um den Hüftkopf stabil halten zu können. Durch das Neugeborenenscreening werden Hüftdysplasien meist früh entdeckt und behandelt, sodass Erwachsene selten betroffen sind.

Ursachen

Begünstigend für Hüftdysplasien und Hüftluxationen wirken alle Zustände, in denen das Ungeborene wenig Platz im Mutterleib hat. Dazu zählen Mehrlingsschwangerschaften, Fruchtwassermangel (weniger als 200-500 ml), Beckenendlagen bzw. Steißlagen und Bluthochdruck der Mutter. Bei Erstschwangerschaften treten Dysplasien und Luxationen öfter auf als bei weiteren Schwangerschaften.

Durch den Platzmangel und die eingeschränkte Beweglichkeit des Ungeboren verschiebt sich der Hüftkopf in der Hüftgelenkpfanne und drückt gegen den Hüftpfannenrand. Dieser verformt sich – so kommt es zur Luxation. Mädchen sind sechsmal häufiger betroffen als Jungen. Während der Schwangerschaft produziert der mütterliche Körper Hormone, die den Beckenring der Mutter lockern. Diese Hormone wirken auch auf die Hüftgelenkkapsel von weiblichen Föten. Das Hüftgelenk des kindlichen Beckens ist schlaff und anfälliger für eine Luxation.

Eine Neigung zur Hüftdysplasie kann auch erblich bedingt sein. In bestimmten Familien oder Gegenden treten Hüftdysplasien gehäuft auf. In diesen Fällen wird von Dysplasienestern gesprochen.

Wann zum Arzt?

Menschen, die unter einem instabilen Hüftgelenk leiden, müssen grundsätzlich eine ärztliche Untersuchung vornehmen lassen, um die Ursachen dafür ermitteln zu können. Stellt sich die Instabilität allmählich oder spontan ein, besteht ein Grund zur Besorgnis, der abgeklärt werden sollte. Können die Beine nicht wie gewohnt bewegt und insbesondere abgespreizt werden, muss ein Arztbesuch erfolgen. Bewegungseinschränkungen, die nicht altersbedingt stattfinden, gelten als ungewöhnlich und sind untersuchen zu lassen.

Setzen Schmerzen ein oder kommt es zu einer Beeinträchtigung bei der Erfüllung alltäglicher Verpflichtungen, muss ein Arzt konsultiert werden. Wird eine Verkürzung eines Beines festgestellt, sollte diesem Anzeichen nachgegangen werden. Kommt es zu einer Fehlhaltung des Körpers, muskulären Beschwerden oder einer Schiefhaltung des Oberkörpers, ist ein Arzt aufzusuchen. Erfolgt die Fortbewegung durch ein Humpeln oder Nachschleifen eines Fußes, muss ein Arztbesuch stattfinden, um die Ursachen zu klären.

Können Freizeitaktivitäten nicht mehr ausgeführt werden oder stellt sich eine Einschränkung bei der Erfüllung beruflicher Verpflichtungen ein, wird ein Arzt aus gesundheitlichen wie rechtlichen Gründen benötigt. Bei einigen Betroffenen ist die Hüftdysplasie bei der Geburt sehr gering ausgeprägt und bildet sich im Laufe des Lebens vollständig aus. Ein Arzt muss aufgesucht werden, sobald die ersten Problemsituationen oder Auffälligkeiten im Alltag entstehen.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome einer Hüftdysplasie:

Ein erster Hinweis auf das Bestehen einer Hüftdysplasie ist häufig eine Asymmetrie der Pofalten. Ein Bein scheint kürzer zu sein als das andere. Beim Strampeln kann eine eingeschränkte Beweglichkeit der betroffenen Hüfte festgestellt werden. Ein Bein lässt sich möglicherweise nicht abspreizen. Das Hüftgelenk ist insgesamt instabil. In der Regel ist nur ein Hüftgelenk betroffen. Es kann aber auch zu Dysplasien an beiden Hüftgelenken kommen.

Eine nicht erkannte und unbehandelte Hüftdysplasie führt dazu, dass Kinder Schmerzen haben und später mit dem Gehen beginnen. Eine Hüftseite sinkt leicht ein. Unbehandelt führt eine Hüftdysplasie zu starken Schmerzen im Leisten- und Hüftbereich und Gangstörungen, letztendlich auch zur Hüftgelenksarthrose.

Diagnose

Liegen Symptome einer Hüftdysplasie vor, kann der untersuchende Arzt mithilfe des Ortolani-Zeichens überprüfen, ob durch Druck nach hinten und anschließendes Abspreizen der Oberschenkel aus der Gelenkpfanne herausgedrückt und wieder hereingehebelt werden kann. Diese Untersuchungsmethode ist umstritten und sollte nicht oft wiederholt werden, da es zu Schäden kommen kann. Der Verdacht auf eine Hüftdysplasie wird in der Regel mittels Sonographie, seltener auch durch Röntgenaufnahmen und Kernspin- oder Computertomographie überprüft.

Komplikationen

Eine Hüftdysplasie oder Hüftluxation kann verschiedene Komplikationen verursachen. So drohen vor allem bei Kindern ausgeprägte Langzeitfolgen. Zu den häufigsten Auswirkungen der Hüftdysplasie zählt die Fehlstellung des Hüftgelenks. Fast immer löst sie intensive schmerzhafte Beschwerden und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit aus, worunter wiederum die Lebensqualität des Patienten leidet. Ein typisches Merkmal ist die Instabilität des Hüftgelenks, das leicht wieder ausrenken kann. Diese Gefahr besteht besonders bei ruckartigen Bewegungen oder sogar schon bei simplen Stößen. Manche Patienten leiden durch die Hüftluxation auch unter Beschwerden an anderen Körperstellen. Sind die Schmerzen von Dauer, wird auch die Psyche der betroffenen Personen in Mitleidenschaft gezogen, was sich durch depressive Verstimmungen oder andere psychische Beschwerden bemerkbar macht.

Eine Behandlung der Hüftdysplasie ist bereits im Kindesalter notwendig, da sonst ausgeprägte Langzeitschäden drohen. Nicht selten wächst das Bein auf der betroffenen Seite langsamer und bleibt dünner. Dies hat oft zur Folge, dass das Kind hinkt. Darüber hinaus kann der Beckenschiefstand auch eine Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) zur Folge haben. Mit zunehmendem Alter verstärken sich deshalb Bewegungseinschränkungen und Schmerzen. Ältere Kinder müssen durch die Beinverkürzung mit einer Spitzfußhaltung rechnen. Dadurch kommt es zu einer Fehlbelastung der Muskeln sowie von Bein- und Fußskelett. Selbst wenn die Hüftluxation zunächst nur gering ausgeprägt ist, besteht durch sie im Erwachsenenalter die Gefahr, dass eine Arthrose des Hüftgelenks auftritt. In manchen Fällen muss dann operativ ein Gelenkersatz eingesetzt werden.

Behandlung und Therapie

Bei den meisten Neugeborenen mit Hüftdysplasie ist keine Operation notwendig. Mithilfe von Spreizwindeln bzw. verschiedenen Techniken des „breit Wickelns“ wird die Hüfte in eine vorteilhafte Stellung gebracht. Für stärker ausgeprägte Symptomatiken kommt eine Abspreizschiene zum Einsatz. In seltenen Fällen ist eine Ruhigstellung durch einen Spreizgips angezeigt.

Die Behandlungsdauer richtet sich nach der Schwere der Dysplasie und dem Verlauf der Behandlung. Bei normaler motorischer Entwicklung reift die Hüftdysplasie bei Neugeborenen in der Regel innerhalb von zwei Monaten ohne Spätfolgen aus. Zur Überwachung des Therapieverlaufs genügt die Ultraschalluntersuchung beim Kinderarzt. In seltenen Fällen bzw. wenn die Hüftdysplasie nicht im frühen Kindesalter erkannt und behandelt wird, ist eine Operation erforderlich. Hierbei stehen mehrere Operationsverfahren zur Auswahl.

Zur Behandlung Erwachsener wird häufig auch Krankengymnastik eingesetzt. Dabei werden verkürzte Muskeln gedehnt und gelockert sowie Schonhaltungen aufgelöst. Einlegesohlen in orthopädisch angepassten Schuhen helfen, das Hüftgelenk zu entlasten und in der korrekten Position zu stabilisieren. Vom Barfußlaufen auf harten Böden sollte abgesehen werden. Flipflops und alle Schuhe mit harten Sohlen sind ungeeignet. Gegen Schmerzen und um Entzündungen vorzubeugen werden Medikamente mit Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Paracetamol verwendet.


Vorbeugung

Eine echte Vorbeugung von Hüftdysplasien ist nicht möglich. Eltern von Neugeborenen können aber einiges tun, um die noch unreife Hüfte ihres Babys in ihrer gesunden Entwicklung zu unterstützen. Alle Babys, vor allem aber Kinder mit Hüftdysplasie, sollten die Beine möglichst häufig in die Beugehaltung bringen, die sie im Mutterleib eingenommen haben.

Das Schlafen in Bauchlage ist für ganz kleine Babys also (neben dem Risiko des plötzlichen Kindstods) von Nachteil, denn hierbei wird das Hüftgelenk gestreckt. Förderlich ist dagegen das Tragen in einem Tragetuch. Bei Völkern, in denen die Neugeborenen viel in Tüchern getragen werden, kommt die Hüftdysplasie kaum vor. In Kulturen, die ihre Neugeborenen auf so genannte Wickelbretter wickeln, kommt zur Hüftdysplasie dagegen oft noch eine Hüftluxation.

Quellen

  • Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
  • Wülker N. Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme Verlag. 2. Auflage 2010.
  • Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
  • Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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