Swyer-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Am Swyer-Syndrom leiden Menschen, die bei genetisch männlichem Karotypen einen weiblichen Phänotypen entwickeln. Eine genetische Mutation verursacht die Erkrankung, die sich insbesondere durch das Ausbleiben der Menstruation bemerkbar macht. Eine lebenslange Hormonsubstitution bildet die Basis der Therapie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Swyer-Syndrom?

Das Swyer-Syndrom ist eine Gonadendysgenesie. Diese Gruppe an Krankheiten entspricht einer Fehlentwicklung der Keimdrüsen. Beim Swyer-Syndrom bezieht sich diese Aussage auf die Nicht-Existenz von Hoden bei genetischen XY-Karotypen. Trotz des weiblichen Erscheinungsbilds haben die Betroffenen also einen männlichen Chromosomensatz, der dem 46,XY-Karyotypen entspricht. In diesem Zusammenhang ist auch von Hermaphroditismus die Rede. Die Betroffenen empfinden sich selbst trotz des männlichen Karotypen zu 100 Prozent als Frauen und leben mit dieser sozialen Identität ein Leben lang.

Ursachen

Das Swyer-Syndrom wird durch genetische Mutation verursacht. Genauer gesagt rufen Mutationen des Y-Chromosoms bei der Spermatongenese des Vaters oder nach dem Eindringen in die Eizelle die Keimdrüsen-Fehlbildung hervor. Im Mutterleib entwickelt sich der Fetus bis zur siebten oder achten Schwangerschaftswoche also normal. Durch den mutationsbedingten Defekt auf dem SRY-Gen entwickeln sich etwa zu Anfang des zweiten Schwangerschaftsmonats aber keine hormonaktiven Hoden.

Da die Entwicklung zum Mann so nicht realisierbar ist, wird ab diesem Zeitpunkt nach dem Entwicklungsplan einer Frau verfahren. Neben Schamlippen bilden sich auf diese Weise eine Vagina und eine Klitoris aus. Auch eine Gebärmutter wird angelegt. Der Hodenansatz wird aber nicht zu einem Eierstock umgewandelt, sondern bleibt als Bindegewebsstrang erhalten. Da die Betroffenen wegen der fehlenden Gonaden unfruchtbar sind, handelt es sich bei der Erkrankung nicht um eine Erbkrankheit. Die Mutation wird spekulativ mit Umweltgiften in Verbindung gebracht.

Symptome und Verlauf

Patienten des Swyer-Syndroms sind augenscheinlich Mädchen, entwickeln aber keine sekundären Geschlechtsmerkmale. Die Monatsblutung bleibt aus, da weder männliche, noch weibliche Keimdrüsen angelegt sind. Manchmal ist neben einer Vagina ein unterentwickelter Penis angelegt. Die Betroffenen entwickeln sich als Kind normal und sind auch äußerlich nicht auffällig. Erst in der Pubertät macht sich die Symptomatik in der Regel erstmals deutlich bemerkbar.

Neben der ausbleibenden Monatsblutung stellt sich manchmal extremer Hochwuchs ein. Die Proportionen der Betroffenen wirken oft eunuchoid. Die Geschlechtsorgane der Patienten wirken zeitlebens kindlich. Die Betroffenen neigen wegen des Hormonmangels zudem zu Osteoporose. Diese Neigung wird durch Hochwuchs sogar noch verstärkt. Da der Ansatz von Gonaden bindegewebsartig vorhanden ist, stellt sich ein Risiko für bösartige Gonadentumore ein. Dieses Risiko gilt mit dem ersten Lebensjahrzehnt und wird für Patienten des Swyer-Syndroms von einigen Autoren mit einer Erkrankungswahrscheinlichkeit von etwa einem Viertel angegeben.

Diagnose

Der Arzt stellt die Diagnose auf das Swyer-Syndrom in der Regel auf Basis einer Hormonuntersuchung, die mit bildgebenden Verfahren und einer Chromosomenanalyse oder einer molekulargenetischen Diagnostik kombiniert wird. Die Chromosomenanalyse zeigt den Chromosomensatz XY, wie er für Männer gilt. Diese Entdeckung kann als diagnosesichernd betrachtet werden. Der Nachweis von Einzelsymptomen des Swyer-Syndroms sichert die Diagnose keinesfalls, da zahlreiche Erkrankungen vergleichbare Symptome zeigen, so zum Beispiel die komplette Androgenresistenz.

Behandlung und Therapie

Die Therapie entspricht beim Swyer-Syndrom vor allem einer Hormonsubstitution. Die fehlenden weiblichen Hormone werden so ersetzt, um eine normale Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale zu realisieren. Bei der Hormonsubstitution kommen meist Kombi-Produkte zum Einsatz, die sowohl Estradiol, als auch Norethisteronacetat beinhalten. Die körperliche Entwicklung kann durch diese Medikamente stimuliert werden. Auch ein weiblicher Zyklus lässt sich auf diese Weise einleiten.

Die Unfruchtbarkeit bleibt erhalten, da die fehlenden Eierstöcke durch die Hormongabe nicht ersetzt werden. Zumindest das Osteoporoserisiko der Patienten reduziert sich durch die Hormonsubstitution, die in aller Regel lebenslang erfolgt. Wegen des Entartungsrisikos der unterentwickelten Gonaden empfiehlt der Arzt den Eltern von Betroffenen zuweilen schon in der Kindheit einen Eingriff zur Entfernung der Anlagen. Dieser Eingriff findet unter Vollnarkose meist innerhalb des ersten Lebensjahrzehnts statt. Weil ihnen die Eierstöcke fehlen, sind Swyer-Betroffene zeitlebens unfruchtbar.

Um sich einen Kinderwunsch zu erfüllen, kann ihnen der Arzt nach einer Eizellspende eine künstlich befruchtete Spenderzelle in ihre Gebärmutter einsetzen. Die Gebärmutter der Betroffenen ist voll funktionsfähig. Daher sind die Patienten durchaus dazu in der Lage, das Kind ohne Komplikationen auszutragen. Betroffene des Swyer-Syndroms sind weder von weiteren Fehlbildungen betroffen, noch haben sie mit einer verringerten Lebenserwartung zu rechnen. Ein normales Leben ist für die Patienten weitestgehend möglich.



Vorbeugung

Das Swyer-Syndrom entspricht einer genetischen Mutation, deren Ursachen bisher nur spekulativ abgeklärt sind. Aus diesem Grund gibt es keine Möglichkeit, der Erkrankung wirksam vorzubeugen. Lediglich Folgeerkrankungen lassen sich im Rahmen des Swyer-Syndroms vorbeugen. Die Entartung der unterentwickelten Gonaden wird zum Beispiel durch die zeitige Entfernung der Anlagen verhindert. Das Osteoporoserisiko wird durch alsbaldige Hormonsubstitution reduziert.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Weyerstahl, T., Stauber, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kirschbaum, M., et al.: Checkliste Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2005

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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