Missempfindungen (Parästhesien)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Kribbeln oder Taubheitsgefühle an diversen Körperstellen deuten zumeist auf mangelnde Durchblutung oder Nervenstörungen hin. Auch psychische Ursachen können der Grund für solche Missempfindungen sein, die auch als Parästhesien bezeichnet werden.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Missempfindungen?

Taubheit, Kribbeln, Ameisenlaufen - Missempfindungen treten häufig an Händen und Fingern auf.

Hinter dem Begriff Parästhesien respektive Missempfindungen verbergen sich ungewöhnliche Sinneswahrnehmungen der Nerven wie Brennen, Kribbeln, Stechen oder Schmerzen, die sich anfühlen wie Nadelstiche. Meist sind diese Missempfindungen die Folge von Nervenschädigungen, die durch Druck, Einklemmung oder Krankheiten auftreten.

Missempfindungen können an allen Körperstellen auftreten, finden sich aber zumeist an Fingern, Händen und Füßen. Vorübergehende Parästhesien, zu denen auch das „eingeschlafene Bein“ gehört, treten recht häufig auf. Sie werden durch eine zeitweilige Unterbrechung der Blutversorgung in der jeweiligen Extremität verursacht, die zu einem Sauerstoff- und Glucosemangel in den Nervenzellen und dadurch zu einer Fehlschaltung in der Erregungsleitung führt.

Ursachen

Die Ursachen für Missempfindungen können vielschichtig sein. Zu den weiteren Ursachen für diese vorübergehenden Missempfindungen gehören Hyperventilation, Migräne, Druckbelastung einer Nervenbahn oder myofaszialer Schmerz.

Dauerhafte Fehlfunktionen der Nervenzellen, wie z. B. bei Neuropathien, führen zu chronischen Missempfindungen. Hierfür kommen folgende Ursachen infrage:

  • orthopädische Erkrankungen wie Wurzelkompressionssyndrome (z. B. Ischialgie) oder Engpasssyndrome

Missempfindungen an bestimmten Hautstellen können auch durch Erkrankungen bestimmter Nerven beziehungsweise Spinalnerven verursacht werden.

Wann zum Arzt?

Missempfindungen können nach körperlichen Belastungen auftreten. In diesen Fällen liegen meist berufliche oder sportliche Überanstrengungen vor. Ein Arzt muss nicht aufgesucht werden, wenn es nach einer Zeit der Ruhe und Entspannung zu einer Linderung der Beschwerden kommt. Treten weitere Symptome auf, ist ein Arztbesuch notwendig. Hierzu zählen insbesondere Funktionsstörungen, wie z.B. Beeinträchtigungen des Bewusstseins, Störungen des Hörens oder Sehens sowie Sprachprobleme.

Es handelt sich dabei um lebensbedrohliche Warnhinweise, bei denen ein Arzt unverzüglich aufgesucht werden sollte. Meist liegt eine Durchblutungsstörung vor, die auch zu einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall führen kann. Die Missempfindungen können auf eine Mangelerscheinung im Organismus hindeuten. Daher ist ein Arztbesuch notwendig, sobald die Beschwerden über mehrere Tage oder Wochen auftreten. Über einen Bluttest werden die Substanzen ermittelt, die dem Betroffenen fehlen.

Breiten sich die Missempfindungen im Körper weiter aus, sollte ebenfalls ein Arzt aufgesucht werden. Es besteht die Gefahr, dass Schäden der Nerven vorliegen. Unbehandelt kann es zu irreparablen Schäden oder einem Absterben des Nervs kommen.

Die Missempfindungen weisen häufig auf psychosomatische Ursachen hin. Befindet sich der Betroffene in einer stressigen oder angespannten Lebensphase, können die Missempfindungen auftreten. Bei weiteren Beschwerden wie Angst, Stimmungsschwankungen oder depressiven Phasen, empfiehlt es sich, die Hilfe eines Arztes anzunehmen.

Diagnose-Verlauf-Behandlung von Missempfindungen

Für die Diagnose, den Verlauf und die Behandlung der Missempfindungen spielt es eine nicht unwichtige Rolle, an welchem Körperteil diese in welcher Form auftreten. Welche Untersuchungen letztendlich für die Diagnostik eingesetzt werden, hängt von den jeweils vermuteten Ursachen ab. Nachfolgend sind Diagnose, Verlauf und Behandlung (Therapie) verschiedener Gefühlsstörungen ,abhängig von der Ursache und der betreffenden Körperregion, beschrieben.

Veränderungen der Halswirbelsäule

Missempfindungen sowie eine Störung der Hautsensibilität an den Fingern, den Händen oder den Armen können durch Veränderungen der Halswirbelsäule, z. B. durch Verschleiß oder übermäßige Knochenneubildung, verursacht werden. Diese Symptome werden durch gezielte Fragestellung sowie durch Röntgen- und/oder CT-Aufnahmen diagnostiziert. Die Behandlung dieser Missempfindungen erfolgt in Form von Krankengymnastik oder operativ.

Nervenschädigungen

Bei Missempfindungen, die sich durch ein brennendes Gefühl in der Haut oder ein taubes Empfinden und/oder ein Kribbeln bemerkbar machen, das zunächst in Händen und Füßen und später auch in Armen und Beinen auftritt, handelt es sich meist um eine Nervenschädigung. Da in diesem Fall viele Nerven betroffen sind, ist hier auch von einer Polyneuropathie (= Viel-Nerven-Erkrankung) die Rede. Sie wird durch das Prüfen der Reflexe, einen Vibrationstest mittels Stimmgabel, Messung der Nerven-Leitgeschwindigkeit sowie Labortests diagnostiziert. Die Polyneuropathie, der zu jeweils 30 % Diabetes und Alkoholmissbrauch zugrunde liegen, wird durch Therapie eben dieser Ursachen behandelt.

Karpaltunnel-Syndrom

Bestehen die Missempfindungen in Schmerzen, die mit Kribbeln und einem Taubheitsgefühl in Fingern oder Händen einhergehen, so kann ein eingedrückter Nerv im Handgelenk dafür verantwortlich sein. Da dieser Nerv im Handgelenk durch den sogenannten Karpaltunnel verläuft, wird diese Art der Missempfindungen auch als Karpaltunnel Syndrom bezeichnet. Hier geschieht die Diagnose über Tests der Finger- und Handsensibilität, spezielle Röntgenaufnahmen und der Messung der Leitgeschwindigkeit des Nervs. Behandelt wird das Syndrom durch Ruhigstellung der Hand. Die Schmerzbehandlung erfolgt über Medikamente oder direkt in den Karpaltunnel gespritztes Kortison. Helfen diese Methoden nicht, ist eine operative Weitung des Karpaltunnels nötig.

Verletzungen

Auch nach Unfällen, Verbrennungen oder sonstigen Verletzungen, die zur Schädigung eines Nervs führen, können Missempfindungen auftreten. Besteht das Taubheitsgefühl auch nach dem Abheilen der Verletzung, so ist davon auszugehen, dass die Nervenfunktionen dauerhaft beeinträchtigt sind. Diagnostiziert wird durch Gespräche, Messen der Impulsübertragung des Nervs und testen der Sensibilitäts-Funktionen. Durch physiotherapeutische Behandlungen kann versucht werden, die Beeinträchtigungen und die einhergehenden Missempfindungen zu mindern.

Gewebeveränderungen (Tumor)

Bei taubem Empfinden, Missempfindungen oder völligem Fehlen von Hautempfindungen könnte auch ein Tumor oder eine Geschwulst die Ursache sein. Beide können einen Nerv abdrücken, so dass dieser seiner Funktion nicht mehr nachkommen kann. Die Diagnose erfolgt durch Befragen, Betasten, Testen der Hautempfindungen, Röntgen, Ultraschall und/oder eine Gewebeprobe. Die Behandlung entspricht in diesem Fall der Krebstherapie.

Durchblutungsstörungen

Treten die Missempfindungen an Beinen, Armen oder Fingern auf, so könnten sie Hinweise auf Durchblutungsstörungen sein. Hier erfolgt die Diagnose durch gezielte Fragen, z. B. nach dem Kälteempfinden, sowie Untersuchungen der Gefäße mittels Ultraschall oder Röntgen mit Kontrastmitteln. Therapiert werden durchblutungsbedingte Missempfindungen durch:

  • ein Absenken der Blutfettwerte durch Medikamente
  • das mechanische Weiten der Blutgefäße (Ballon-Dilatation)
  • ein operatives Abfräsen vorhandener Blutfettverengungen
  • eine künstliche Umgehung verengter oder verschlossener Gefäße (Bypass)


Komplikationen

Die Komplikationen bei Missempfindungen sind extrem vielseitig und hängen stark von der Ursache für die Missempfindungen ab. In einigen Fällen können die Missempfindungen relativ gute behandelt werden. Bei schweren Unfällen, bei welchen zum Beispiel die Wirbelsäule verletzt wird, können die Missempfindungen allerdings für den Rest des Lebens andauern und nicht direkt behandelt werden. Allgemein führen die Missempfindungen zu einem eingeschränkten Leben und damit zu einer verminderten Lebensqualität. Der Patient kann bestimmte Dinge nicht mehr selbst erledigen und damit den Alltag nicht mehr alleine meistern. Oft sind Betroffene dann auf die Hilfe der Familie oder von Pflegern angewiesen, um den Alltag meistern zu können.

In vielen Fällen führen die Missempfindungen damit auch zu Depressionen, einem Verlust der Lebenslust und anderen psychischen Problemen. Diese müssen dann bei einem Psychologen behandelt werden. Falls die Missempfindungen durch den Missbrauch von Alkohol und Drogen erscheinen, können diese reversibel sein. Das bedeutet, dass sie mit der Zeit zurückgehen werden, wenn der Konsum dieser Mittel eingeschränkt wird. Bei Verletzungen der Wirbelsäule können die Missempfindungen in der Regel nicht behandelt werden. Oft treten die Missempfindungen auch als Folge von Durchblutungsstörungen auf und können in diesem Fall mit Medikamenten oder durch einen operativen Eingriff behandelt werden.

Aussicht und Prognose

In der Regel kann keine allgemeine Voraussage über die Missempfindungen stattfinden. Der weitere Verlauf hängt dabei sehr stark von der Grunderkrankung ab, wonach sich auch die Behandlung der Missempfindungen richtet. In vielen Fällen treten die Missempfindungen dauerhaft auf und können damit auch nicht mehr rückgängig gemacht werden. Vor allem nach einem Schlaganfall oder nach anderen Schädigungen der Nerven können diese Missempfindungen leider nicht mehr behandelt werden, sodass der Betroffene sein gesamtes Leben lang mit den Missempfindungen leben muss.

Sollten die Missempfindungen durch einen eingeklemmten Nerv entstehen, so können sie in vielen Fällen noch behandelt werden. Nicht selten leiden die Betroffenen dann an einem typischen Kribbeln an den betroffenen Regionen. Auch durch den Missbrauch von Alkohol oder durch andere Drogen können Missempfindungen am Körper auftreten. Diese lassen in der Regel nach, wenn die Droge abgesetzt wird. Allerdings kann dabei nicht garantiert werden, dass es zu einem vollständig positiven Krankheitsverlauf kommt. Auch im Falle einer Tumorerkrankung ist nicht in jedem Fall eine vollständige Heilung möglich.

Vorbeugung

Da den Missempfindungen viele Ursachen zugrunde liegen, gibt es keine spezielle Prophylaxe. Es kann nur vorbeugend gegen die ausschlaggebenden Faktoren angegangen werden. So sollte die Ernährung ausgewogen, abwechslungsreich und cholesterinarm sein. Regelmäßige Bewegung, vor allem Personen, die einer sitzenden Tätigkeit nachgehen, kann Schäden an der Halswirbelsäule entgegenwirken. Genügsamer Alkoholkonsum und der Verzicht auf Nikotin können ebenfalls dazu beitragen, Missempfindungen von vornherein zu vermeiden.

Quellen

  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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