Gedeihstörung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Häufig geht eine Gedeihstörung, d.h. eine gesamtkörperliche Entwicklungsstörung bei Kindern, auf eine unzureichende Aufnahme oder Verwertung von Nährstoffen zurück, die für ein normales Wachstum und eine altersgemäße kognitive und psychosoziale Entwicklung essenziell sind.
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Was ist eine Gedeihstörung?
Unter den Begriff Gedeihstörung fallen verschiedene kindliche Entwicklungsstörungen. Diese betreffen in erster Linie das körperliche (Längen-)Wachstum und das Körpergewicht. Sie können aber auch mit verlangsamter oder eingeschränkter kognitiv-emotionaler Entwicklung und motorischen Schwierigkeiten einhergehen.
Zumeist beruht die Gedeihstörung ihrerseits auf einer Grunderkrankung, die für eine Unterversorgung des Organismus mit elementaren Nährstoffen verantwortlich ist, oder auf anderem Wege das normale Wachstum hemmt. Eine Gedeihstörung kann aber auch eine Vielzahl anderer körperlicher oder psychischer Ursachen haben, die nicht direkt mit der Ernährung zusammenhängen. Die Behandlungsoptionen richten sich nach der zugrunde liegenden Problematik.
Ursachen
Neben sozialen Faktoren führen auch psychische Krankheiten – vor allem Essstörungen und Stresserkrankungen – bei Kindern zur Nahrungsverweigerung. Weiterhin können Verwertungs- und Verträglichkeitsstörungen wichtiger Nährstoffe eine Gedeihstörung verursachen. Dies ist vor allem bei Nahrungsmittelallergien und schweren Unverträglichkeiten (z. B. Zöliakie) der Fall.
Es können auch generelle Malassimilationsstörungen vorliegen, d.h. die Aufspaltung der Nahrung kann etwa durch Verdauungsenzymdefekte gestört sein, oder die Aufnahme verfügbarer Nährstoffe im Darm findet nur unzureichend statt. Schließlich kann sich eine Vielzahl leichter, aber auch ernster organischer Erkrankungen, Erbkrankheiten und Stoffwechselstörungen hinter einer Gedeihstörung verbergen (z. B. Herzschwäche, Nieren- und Lebererkrankungen, chronische Infektionen, Krebserkrankungen, Diabetes, Mukoviszidose, etc.). Nicht außer Acht zu lassen sind auch die Auswirkungen mangelnder emotionaler Zuwendung auf die seelisch-körperliche Entwicklung von Kindern (Münchhausen-Syndrom).
Wann zum Arzt?
Bei einer Gedeihstörung ist grundsätzlich ein Arzt aufzusuchen. Unabhängig von den auftretenden Symptomen und dessen Ausprägung wird eine medizinische Versorgung benötigt. Da es sich bei einer Gedeihstörung um einen Sammelbegriff handelt, entstehen ganz individuelle Symptome, die Anlass zur Besorgnis geben. Ein Arzt wird immer dann benötigt, wenn es zu Verzögerungen der Entwicklung jeder Art kommt.
Diese können sich auf das körperliche Wachstum ebenso wie auf die geistige Entwicklung beziehen. Darüber hinaus müssen auch motorische oder kognitive Störungen einem Arzt vorgestellt werden. Als Maßstab werden stets Vergleiche des Entwicklungsstandards zu Gleichaltrigen angesehen. Kommt es zu auffälligen Verzögerungen oder Rückentwicklungen eines Kindes im direkten Vergleich mit mehreren Kindern desselben Alters, wird ein Arzt benötigt.
Treten allergische Reaktionen auf, verweigert das Kind die Aufnahme der Nahrung oder leidet es an Wahrnehmungsstörungen, muss ein Arzt aufgesucht werden. Eine Verweigerung der Lebensmittelzufuhr in sporadischen Zeitabständen ist ebenfalls ärztlich abklären zu lassen. Bei ungewöhnlichen Verhaltensauffälligkeiten, Problemen der Informationsverarbeitung oder Störungen der Sprachentwicklung wird ein Arzt benötigt.
Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsdefizite und Konzentrationsprobleme müssen von einem Arzt abgeklärt werden. Kapseln sich Kinder von ihrer Umwelt ab und meiden den Kontakt zu Gleichaltrigen oder Familienmitgliedern, gilt dies als besorgniserregend. Ein Arzt ist aufzusuchen, wenn dieser Zustand über längere Zeit anhält.
Symptome und Verlauf
Typische Symptome einer Gedeihstörung:
- Energiemangel
Die Hauptsymptome einer Gedeihstörung sind vermindertes (Längen-)Wachstum, zu geringes Gewicht in Relation zu Größe und Alter, körperliche Abgeschlagenheit sowie Energiemangel, psycho-soziale Unterentwicklung relativ zum Alter, kognitiv-intellektuelle Schwierigkeiten und motorische Störungen.
Je nach Grunderkrankung variieren Symptome und Ausprägung der Gedeihstörung. Entsprechend sehen Prognosen zum Verlauf einer Gedeihstörung je nach Ursache höchst unterschiedlich aus. Sie reichen von gut behandelbaren Nahrungsmittelunverträglichkeiten bis hin zu schweren Erkrankungen mit geringerer Lebenserwartung.
Diagnose
Bei einer Gedeihstörung handelt es sich um ein Begleitsymptom und keine eigenständige Diagnose. Haben Eltern den Verdacht, dass ihr Kind hinter dem normalen Wachstumspotential der Altersgenossen zurückbleibt, sollte ein Kinderarzt zu Rate gezogen werden. Dieser kann anhand der bisherigen Entwicklung und der Untersuchung des körperlichen Zustandes beurteilen, ob es sich tatsächlich um eine unnormale Entwicklungsverzögerung handelt.
Liegen typische Anzeichen einer gestörten körperlichen oder psychischen Entwicklung vor, richtet sich die spezifische Diagnosestellung auf die zugrunde liegende Ursache der Gedeihstörung. Zunächst können Untersuchungen des Blutes, Stuhls und Urins, gegebenenfalls auch Magen- oder Darmspiegelungen Aufschluss über die Verdauungsfunktionen geben.
Außerdem können durch Allergietests und Ernährungsprotokolle eventuelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten ermittelt werden. Werden keine Auffälligkeiten im Ernährungs- und Verdauungsbereich gefunden, müssen weitere organische Ursachen und Erkrankungen in Betracht gezogen und abgeklärt werden. Nicht zuletzt sollten der psychische Gesundheitszustand und die psychosozialen Lebensumstände eines Kindes evaluiert werden, da nicht selten auch hier der Grund einer Gedeihstörung zu finden ist.
Komplikationen
In der Regel kann sich eine Gedeihstörung sehr negativ auf die Gesundheit des Kindes auswirken und dabei zu Folgeschäden im Erwachsenenalter führen, die in den meisten Fällen irreversibel sind. Durch die Gedeihstörung leiden die Kinder in erster Linie an einem deutlichen Gewichtsverlust.
Ebenso kommt es bei den Kindern zu Störungen des Wachstums und der Entwicklung, sodass es auch zu einer geistigen Retardierung kommen kann, die sich in Hänseleien und Mobbing auswirken kann. Die Haut der Betroffenen ist nicht selten trocken und die Patienten leiden an verschiedenen Mangelerscheinungen. In vielen Fällen können die Beschwerden im späteren Alter nicht mehr behoben werden, falls es nicht im Kindesalter zu einer Behandlung der Gedeihstörung kommt.
Der weitere Verlauf und die Behandlung der Gedeihstörung hängen sehr stark von ihrer Ursache ab, sodass ein allgemeiner Verlauf dieser Krankheit nicht vorausgesagt werden kann. In den meisten Fällen kann die Gedeihstörung relativ gut und einfach behandelt werden, indem dem Kind alle wichtigen und notwendigen Nährstoffe zur Verfügung gestellt werden. Zu Komplikationen kommt es nur dann, wenn die Gedeihstörung nicht oder nur spät behandelt werden. Weiterhin sind die Patienten auch auf regelmäßige Untersuchungen angewiesen.
Behandlung und Therapie
Eine Gedeihstörung wird in Abhängigkeit der zugrunde liegenden Erkrankung behandelt. Bei Mangelernährung muss für eine höhere Nährstoff- und Kalorienzufuhr, gegebenenfalls durch zusätzliche Supplemente, gesorgt werden. Bei starker Unterernährung kann eine zeitweise Ernährung über Magensonden erforderlich sein. Sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Stoffwechselstörungen die Ursache einer Gedeihstörung, können diese teilweise durch kontinuierliche Zuführung fehlender Enzyme und Hormone behandelt werden (beispielsweise durch Gabe von Laktase bei einer Laktoseintoleranz.) In einigen Fällen sind hingegen strenge Diäten angezeigt (z.B. striktes Meiden von Weizenprodukten bei Zöliakie).
Bei fehlenden körperlichen Ursachen sollte kinderpsychologische Hilfe in Anspruch genommen werden, um der Problematik auf den Grund zu gehen. Liegen die Ursachen der Gedeihstörung in einem schädlichen psychosozialen Umfeld, etwa bei mangelnder Fürsorge oder gar Verwahrlosung durch die Eltern, muss unter Umstände das Jugendamt eingeschaltet werden.
Vorbeugung
Am besten lässt sich einer kindlichen Gedeihstörung durch ausreichende und vollwertige Ernährung vorbeugen. Eltern, Erzieher und Lehrer sollten auf Ernährungsschwierigkeiten der Kinder achten und bei Auffälligkeiten frühzeitig reagieren. Generell fördert ein harmonisches und fürsorgliches Umfeld die gesunde gesamtkörperliche und psychische Entwicklung des Kindes.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie: DGPI Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 6. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2013
- Schellenberg, I. et al.: Kinderkrankheiten von A-Z: Wo Naturheilverfahren wirken - wann Schulmedizin nötig ist, 2. Auflage, TRIAS, 2012
- Stauber, M., Weyerstahl, T.: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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