Depressive Verstimmung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Auch ohne eine depressive Verstimmung gehören Traurigkeit und Sorgen zum Leben genauso wie stressige Phasen und Schwierigkeiten im Beruf. Wie lange aber dürfen diese zwar unangenehmen, aber normalen Zustände unser Leben begleiten und ab wann spricht die Medizin von einer depressiven Verstimmung und somit einer ernsthaften Krankheit?

Inhaltsverzeichnis

Was ist depressive Verstimmung?

Antriebslosigkeit, Schlafstörungen und Abgeschlagenheit sind typische Symptome einer depressiven Verstimmung.

Eine depressive Verstimmung ist indiziert, wenn eine leichte bis mittelschwere Depression über mindestens zwei Wochen andauert. Begleitet wird dieser Zustand von einem Mangel an Freude, der sich auch anlassbedingt nicht einstellt.

Ebenfalls zu den depressiven Verstimmungen zählt man die saisonal-affektive Störung, die auch als Winterdepression bekannt ist und vermehrt in den dunklen Herbst- und Wintermonaten auftritt. Bedingt ist diese Art der depressiven Verstimmung durch die verminderte Serotoninproduktion bei Lichtmangel.

Ursachen

Der geringste Prozentsatz an depressiven Verstimmungen ist auf genetische Faktoren zurückzuführen. Saisonale Faktoren beeinflussen die neurobiologischen Funktionen und lösen die Depression durch den gestörten Hormonhaushalt aus und sehr viele Arzneimittel, auch rezeptfreie, verursachen psychische Nebenwirkungen.

Chronische Erkrankungen können - gerade wenn es sich um schwere Arten wie etwa Krebs handelt - naturgemäß durch die oft düstere Zukunftsperspektive ebenfalls Depressionen auslösen. In den meisten Fällen sind jedoch traumatische Erlebnisse und einschneidende Veränderungen im Leben verantwortlich für diese psychische Störung.

Bei den nicht biologisch bedingten Verstimmungen sind es aber nicht die Auslöser selbst, die die psychische Störung hervorrufen, sondern die individuelle Bewältigungsstrategie des Einzelnen. Wird zum Beispiel eine Trennung oder der Tod eines nahen Angehörigen nicht richtig aufgearbeitet, sondern verdrängt, kann sich die Depression im Inneren unbemerkt festsetzten und bricht oft erst lange danach und scheinbar grundlos aus.

Wann zum Arzt?

Eine depressive Verstimmung kann jeden Menschen einmal treffen, ohne dass das zwingend ein Grund für einen Arztbesuch sein muss. Ist das Stimmungstief auf ein nachvollziehbares Ereignis zurückzuführen, etwa den Tod eines geliebten Menschen oder den Verlust der Arbeitsstelle, handelt es sich womöglich um eine temporäre Verstimmung. Falsch ist ein Arztbesuch jedoch trotzdem nicht.

Jede depressive Verstimmung hat das Potenzial, sich zu einer Depression weiterzuentwickeln. Zudem gibt es schon für leichte Formen der depressiven Verstimmung sanfte, aber wirksame Methoden, sie zu behandeln. Somit muss niemand unnötig unter dem Stimmungstief leiden. Nicht mehr aufgeschoben werden sollte der Arztbesuch, wenn die depressive Verstimmung schon mehrere Wochen ohne Besserung anhält oder kürzer andauert, dafür aber nach Phasen der Besserung immer wiederkommt. Das sind Hinweise darauf, dass es sich um ein umfangreicheres Problem handelt - womöglich ist es gar nicht seelischer Natur.

Körperliche Veränderungen wie Schilddrüsenprobleme sind dafür bekannt, depressive Verstimmungen phasenweise entstehen zu lassen. Nach einer gewissen Zeit darf eine depressive Verstimmung selbst bei nachvollziehbarsten psychischen Auslösern nicht mehr unverändert bestehen oder sich gar noch weiter verschlimmern. Ein Arzt kann herausfinden, warum die Verstimmung so lange anhält und ob sich womöglich abzeichnet, dass der betroffene Patient den Auslöser ohne Hilfe nicht verarbeiten kann. Je früher bei depressiver Verstimmung Hilfe geholt wird, desto eher kann sie ohne größere Schwierigkeiten wieder verschwinden.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome einer depressiven Verstimmung:

  • Schuldgefühle
  • Selbstmordgedanken

Sowohl bei der leichten als auch der mittelschweren Form der depressiven Verstimmung müssen zwei Hauptsymptome auftreten. Diese können ein Verlust von Interessen und Freude, ein verminderter Antrieb oder eine niedergeschlagene Stimmung mit unerklärlicher Traurigkeit sein.

Bei der leichten depressiven Verstimmung müssen zusätzlich zu den zwei Hauptsymptomen zwei Nebensymptome auftreten. Zu diesen zählen Konzentrationsschwächen, mangelndes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, pessimistische Zukunftsperspektiven, Schlafstörungen oder sogar Selbstmordgedanken.

Mangelnder Appetit zählt ebenfalls zu den Nebensymptomen, außer es ist eine Winterdepression die Ursache der depressiven Verstimmung. Hier entwickelt der Körper aufgrund des Lichtmangels ein erhöhtes Bedürfnis nach Kohlenhydraten, um den Serotoninspiegel anderweitig zu heben.

Bei den mittelschweren Depressionen müssen neben den Hauptsymptomen zusätzlich drei bis vier Nebensymptome auftreten. Wegen der schleichenden Entwicklung der depressiven Verstimmung und dem relativ späten Erkennen einer solchen, entwickelt sich sehr häufig aus dem anfänglichen Stimmungstief eine tief liegende psychische Störung, die meist von Angststörungen begleitet wird.

Diagnose

Ein Facharzt für Psychiatrie sollte die erste Anlaufstelle sein, wenn der Verdacht gegeben ist, dass es sich nicht nur um ein vorübergehendes Stimmungstief handelt, sondern eine depressive Verstimmung vorliegt. Mittels ausführlicher Gespräche, die mitunter auch lang zurückliegende Erlebnisse berücksichtigen, versucht der Arzt, einerseits die Schwere der Verstimmung und andererseits die Klassifikation der Depression zu bestimmen.

Solange diese Fragen nicht hinreichend geklärt sind, ist auch eine erfolgreiche Behandlung nicht möglich. Allgemeingültige und zuverlässige Tests sind leider derzeit noch nicht möglich, da die Erkrankung sehr facettenreich ist. Der Test nach Goldberg liefert zwar erste Anhaltspunkte, kann aber auch nur ungefähre Anhaltspunkte darüber geben, ob und wie stark eine Depression sein könnte. Außerdem berücksichtigt er weder Ursachen noch Abstufungen.

Komplikationen

Eine vorübergehende depressive Verstimmung, die nur leicht ausgeprägt ist, führt in der Regel nicht zu Komplikationen. Sie kann jedoch das Symptom einer depressiven Störung sein. Wenn die depressive Verstimmung lang anhält, handelt es sich möglicherweise um eine Dysthymie. Diese Diagnose kann gestellt werden, wenn die depressive Verstimmung mindestens zwei Jahre lang andauert und in diesem Zeitraum an den meisten Tagen vorlag.

Darüber hinaus kann eine depressive Verstimmung den Beginn einer depressiven Episode (Major Depression) markieren. Verschlechterungen sollten deshalb ernst genommen werden. Bei Zweifeln ist es auch bei einer depressiven Verstimmung ohne weitere Symptome sinnvoll, einen Arzt aufzusuchen.

Depressiv Kranke sind zum Teil suizidal. Eine latente Suizidalität ist häufiger und muss nicht zwingend stationär (d. h. in einer psychiatrischen Klinik) behandelt werden. Dennoch ist auch bei ihr eine Therapie sehr ratsam. Die akute Suizidalität mit drängenden Suizidgedanken, konkreten Vorbereitungen oder anderen akuten Symptomen bis hin zum durchgeführten Suizidversuch sollten jedoch sofort behandelt werden, ggf. in einer Klinik.

Suizidalität kann auch bei einer Dysthymie oder bei einer depressiven Verstimmung ohne klare Diagnose auftreten. Wenn die depressive Verstimmung anhält, stellt sie auch bei milderen Verläufen oft eine Belastung dar. Unter Umständen verliert der Depressive den Kontakt zu Freunden, reagiert gereizt oder entwickelt Probleme in der Partnerschaft oder Ehe.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung einer depressiven Verstimmung hängt stark von den Ursachen und vom Schweregrad der Erkrankung ab. Reaktive Depressionen, die auf einem einschneidenden Erlebnis gründen und eine Anpassungsstörung zur Folge haben, versucht man in erster Linie psychotherapeutisch und ohne Medikamente zu behandeln. Ausschlaggebend dafür ist, dass sich das Verhaltensmuster alleine mit Psychopharmaka ansonsten nicht ändern würde.

Liegt der Verstimmung ein schweres Trauma zugrunde, kann ein kurzfristig eingenommenes Beruhigungsmedikament helfen, um den nötigen Abstand zu gewinnen.

Wenn die depressive Verstimmung durch Stress ausgelöst wird, handelt es sich um eine Erschöpfungsdepression. Hier besteht der erste Schritt darin, dass der Patient Abstand von der Belastungssituation bekommt und im nächsten Schritt langsam die Gründe erkennt, warum gerade für ihn die Vielzahl an Aufgaben zur Überlastung geführt hat.

Das Tückische an dieser Form ist jedoch, dass sie oft erst in einem sehr späten Stadium festgestellt wird und auch die Botenstoffe im Gehirn durcheinandergeraten sind. Eine Therapie für die zukünftig geänderte Herangehensweise an Aufgaben ist erst dann sinnvoll, wenn die biochemischen Vorgänge im Gehirn wieder einigermaßen normal arbeiten. Bei wiederkehrend auftretenden Depressionen ist die Behandlung mit Antidepressiva unumgänglich und steht hier auch die Psychotherapie im Hintergrund. Ziel dabei ist nicht nur die Heilung der bestehenden Depression, sondern die Vermeidung bzw. Abschwächung zukünftiger depressiver Phasen.


Vorbeugung

Depressive Verstimmungen haben vielfältige Ursachen und dementsprechend schwierig ist daher die Vorbeugung. Stressbedingten Depressionen und saisonal-affektiven Störungen weicht man am besten mit viel Bewegung an frischer Luft aus. Beim Ausdauersport tankt der Körper nicht nur Licht, sondern baut gleichzeitig Stresshormone ab. Sozial gefestigte Beziehungen tragen ebenso zu einer größeren Belastbarkeit bei.

Einzig auf traumatische Erlebnisse kann man sich nicht vorbereiten und hier besteht die einzige Möglichkeit darin, dass man bereits in der Trauerphase das Gespräch mit Experten sucht, um Halt in der Extremsituation selbst zu finden und das Risiko für eine depressive Stimmung minimiert.

Quellen

  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
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