Abulie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einer Abulie handelt es sich um krankhafte Willensschwäche, Willenlosigkeit oder Unentschlossenheit. Die Bezeichnung stammt von dem griechischen Begriff 'aboulia' ab. Die Abulie zählt auch zu den sogenannten Negativsymptomen, die im Rahmen einer Schizophrenie auftreten. Außerdem kommt sie mitunter bei bestimmten anderen Krankheiten vor. Da die Abulie als Symptom diverser Erkrankungen auftritt, ist eine eigenständige Therapie nicht möglich.
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Was ist eine Abulie?
Im Rahmen einer Abulie steigern sich in vielen Fällen bestimmte Automatismen auf ein abnormales Maß. Verbunden ist dies in der Regel mit einer Schwäche der Sensibilität. Die betroffenen Patienten haben den Wunsch, eine bestimmte Handlung oder Tätigkeit auszuführen. Jedoch sind sie bedingt durch die Abulie nicht in der Lage, den entsprechenden Beschluss zu fassen.
Darüber hinaus ist es möglich, dass von Abulie betroffene Personen einen gefassten Beschluss nicht ausführen können. So kommen zum Beispiel gute Vorsätze nicht zu ihrer Ausführung. Patienten sind unfähig, Entscheidungen zu treffen. Die Personen verschieben Handlungen immer wieder. Dabei fällt die Konzentration auf das jeweilige Vorhaben oder einzelne Tätigkeiten enorm schwer oder ist sogar völlig unmöglich. Infolge einer Abulie kann die Willenskraft bei den betroffenen Personen vollkommen verloren gehen. Damit verbunden sind in der Regel große Probleme bei der Bewältigung des Alltags. In zahlreichen Fällen ergibt sich aus diesen Schwierigkeiten auch eine soziale Isolation der Erkrankten. Denn die Betroffenen stellen soziale Aktivitäten allmählich ein, sodass es zu einer schleichenden Vereinzelung kommt.
Bei der Abulie handelt es sich nicht um eine eigene Erkrankung. Stattdessen stellt sie das Symptom einer anderen Krankheit dar. Im überwiegenden Teil der Fälle tritt die Abulie in Verbindung mit bestimmten Erkrankungen des Stirnhirns auf, beispielsweise Neurosen, Tumoren, Depressionen oder schizophrenen Psychosen. Eine Abulie ist in vielen Fällen mit Melancholie verbunden. Außerdem können sich Stummheit bzw. Mutismus und wortkarge Sprache generell mit ungewöhnlich langen Sprechpausen zeigen. Mitunter sind die betroffenen Personen nicht mehr in der Lage, längere Monologe zu führen.
Ursachen
Eine Abulie kommt im Rahmen einer Vielzahl von verschiedenen Krankheiten vor. Diese Erkrankungen sind teilweise sehr unterschiedlich, dennoch ist die Abulie ein gemeinsames Symptom. Besonders häufig tritt eine Abulie bei Depressionen auf. Diese Erkrankung hat selbst zahlreiche potentielle Ursachen, die nach aktuellem Forschungsstand noch nicht alle bekannt sind. In der Regel spielen verschiedene äußere sowie innere Faktoren zusammen, etwa genetische Parameter, Drogen, Alkohol und die Einnahme spezieller Medikamente bis hin zu körperlichen Krankheiten, Stress, psychischen Störungen sowie biochemischen Ursachen.
Darüber hinaus zeigt sich, dass Abulien in zunehmendem Maß auch im Zusammenhang mit der Sucht nach Cannabis auftreten. Doch auch Neurosen, Hirntumoren sowie schizophrene Störungen sind in der Lage, eine Abulie auszulösen. Diese ergibt sich dann in vielen Fällen infolge von allgemeiner Antriebslosigkeit, Traurigkeit oder einer Verarmung des emotionalen Lebens.
Krankheiten
Wann zum Arzt?
Abulie ist keine eigenständige Erkrankung sondern ein Symptom verschiedener Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen, Psychosen, Neurosen oder Alkohol-und Drogenmissbrauch. Betroffene können sie keinesfalls selbst behandeln und ohne fachliche Unterstützung kommen sie aus ihrer schlimmen Situation auch so gut wie nie aus eigener Kraft heraus.
Nur wenn die Betroffenen sich einer Therapie der Grunderkrankung unterziehen, können sie die Abulie und andere Krankheitszeichen überwinden. Eine besondere Schwierigkeit liegt darin, dass ein Mensch, der von Abulie betroffen ist, kaum noch Entscheidungen treffen oder sich dazu aufraffen kann, irgendwelche Vorhaben in die Tat umzusetzen. Deshalb sind bei ihm häufig auch die Angehörigen oder Freunde gefordert, um ihn überhaupt dazu zu veranlassen, dass er sich an seinen Hausarzt wendet.
Dieser wird seinen Patienten an einen Neurologen, Psychologen, Psychiater oder Psychotherapeuten überweisen. Die Behandlung einer Abulie ist ein oft langwieriger und umfassender Prozess. In vielen Fällen ist neben einer medikamentösen Behandlung und einer Gesprächstherapie auch ein stationärer Aufenthalt in einer entsprechenden Einrichtung notwendig.
Diagnose und Verlauf
In Bezug auf die Diagnose einer Abulie stehen verschiedene untersuchungstechnische Methoden zur Auswahl, über deren Einsatz der behandelnde Arzt oder Psychologe entscheidet. Dabei ist zu beachten, dass dabei die Grunderkrankung im Vordergrund steht. Haben Personen den Verdacht, unter Abulie zu leiden, empfiehlt sich die umgehende Konsultation eines geeigneten Facharztes. In Frage kommen zum Beispiel Neurologen, Psychiater oder Psychologen. Grundsätzlich bietet sich der Hausarzt als erster Ansprechpartner für die betroffenen Personen an, der die Symptome und Beschwerden aufnimmt und den Patienten an entsprechende Fachärzte weiterleitet.
Die sofortige Konsultation eines Arztes ist bei Verdacht auf Abulie insbesondere deshalb erforderlich, weil dringend die zugrunde liegende Krankheit diagnostiziert und behandelt werden muss. Die entsprechende Vorerkrankung, etwa Schizophrenie, Hirntumor, Neurose oder eine Depression, ist möglichst schnell zu ermitteln. Um die primäre Erkrankung festzustellen, führt der behandelnde Arzt entsprechende Untersuchungen durch. Dabei wird die allgemeine körperliche Gesundheit des betroffenen Patienten überprüft.
Im Rahmen der Anamnese versucht der Arzt, eventuell bestehende psychische Störungen zu ergründen. Im Anschluss daran schaltet der Arzt in der Regel einen geeigneten Spezialisten ein. Dieser nimmt weitere Untersuchungen vor, bei denen zum Beispiel Verhaltensbeobachtungen, neuropsychologische Testverfahren sowie Befragungen von Familienangehörigen zum Einsatz kommen. Anschließend ist es möglich, gezielte Maßnahmen zur Behandlung anzuwenden. Eine rechtzeitige Diagnosestellung wird in vielen Fällen durch die Abulie selbst verhindert, da sich die Betroffenen nicht zu einem Arztbesuch aufraffen können. Weil die Abulie mitunter mit Alkohol- oder Drogenmissbrauch einhergeht, sind auch dementsprechende Probleme zu therapieren.
Komplikationen
Die Abulie führt bei vielen Patienten zu weiteren Erkrankungen. Zu ihnen gehören insbesondere weitere psychische Erkrankungen wie eine Depression oder eine Melancholie. Viele Patienten suchen die Ursachen der Abulie in einer vorübergehenden Lebensphase, in der sie sich befinden. Diese löst vermehrt Stress aus, dem ihrer Meinung nach keine weitere Beachtung geschenkt werden müsste. Die vorliegende Willenlosigkeit wird aus diesem Grund meist unterschätzt und bewirkt dadurch, dass sie sich manifestieren kann. Sobald die Lebensphase überwunden ist, treten meist andere Herausforderungen des Lebens ein. Der Patient befindet sich dann bereits in einer Spirale, aus der er ohne fremde Hilfe manchmal keinen Ausweg mehr findet.
Viele neigen dazu, ohne eine ärztliche Untersuchung Medikamente einzunehmen, Drogen zu konsumieren oder den Alkoholkonsum zu intensivieren. Die Einnahme der Mittel hat eine kurzzeitige beruhigende Wirkung auf sie, kann jedoch dazu führen, dass weitere Komplikationen wie eine Unverträglichkeit, Nebenwirkungen oder sogar eine Abhängigkeit eintritt. Die Abulie hat in vielen Fällen schwerwiegenden Einfluss auf das Sozialleben. Die Kommunikation zu Menschen aus dem sozialen Umfeld wird eingeschränkt oder abgebrochen. Da den Gedankengängen gesunder Menschen für einen an Abulie Erkrankten oft nicht mehr gefolgt werden kann, droht der soziale Rückzug. Konflikte wie Trennungen oder eine soziale Isolation können die Folge sein.
Behandlung und Therapie
Prinzipiell handelt es sich bei der Abulie nicht um eine eigenständige Erkrankung. Dies hat zur Folge, dass sie auch nicht als solche behandelbar ist. Stattdessen tritt sie stets als Symptom im Rahmen einer anderen Krankheit auf.
Aus diesem Grund steht die Therapie der primären Erkrankung, zum Beispiel einer Depression, im Fokus. In diesem Fall ist es möglich, eine medikamentöse Therapie einzuleiten und diese mit psychotherapeutischen Maßnahmen zu unterstützen. Von zentraler Bedeutung ist, die zugrunde liegende Erkrankung richtig zu erkennen und zu diagnostizieren. In zahlreichen Fällen sind Patienten von mehreren psychischen Störungen betroffen, was eine Diagnose und eine adäquate Therapie teilweise erschwert. In einem solchen Fall hilft mitunter ein ganzheitlicher Therapieansatz, bei dem auch die Familienangehörigen einbezogen werden.
Grundsätzlich unterscheidet sich die Therapieform in Abhängigkeit der individuellen Verhaltensauffälligkeiten und Störungsmuster. Manche Ansätze stellen das Verhaltensmanagement sowie die Fähigkeit zum Lösen von Problemen in den Vordergrund der Behandlung. Wichtig ist stets, dass die Patienten einem klar strukturierten Tagesablauf folgen und sich nicht zu viele Aufgaben vornehmen.
Aussicht und Prognose
Bei einer Abulie muss die Prognose je nach zugrunde liegender Ursache getroffen werden. Liegt der Willensschwäche eine Depression zugrunde, können die Symptome sich durch eine Negativspirale immer weiter verstärken. Bei einer raschen Behandlung der Grunderkrankung verschwindet in der Regel jedoch auch die Abulie. Lediglich die bereits gebildeten Automatismen können den Betroffenen im zukünftigen Leben Probleme bereiten, eine entsprechende Therapie beeinflusst den Verlauf jedoch positiv.
Abulie im Rahmen einer Psychose verspricht durch frühzeitige Maßnahme ebenfalls eine positive Prognose. Tritt die Störung im Rahmen einer Neurose auf, muss diese zunächst behandelt werden, bevor die Abulie behandelt werden kann. Die Persönlichkeitsveränderungen, die im Rahmen einer Abulie auftreten, können dem Betroffenen auf lange Sicht schaden. So führt die ständige Prokrastination mitunter zu Misserfolg und Ausgrenzung aus dem sozialen Leben.
Die Alltagsbewältigung bereitet Betroffenen oft auch nach überwundener Grunderkrankung große Schwierigkeiten, abhängig von Ausprägung und Dauer der Symptome. Generell ist die Therapie einmal entwickelter psychischer Erkrankungen ein langwieriger Prozess, der Patienten ein ganzes Leben lang begleiten kann. Bei der Abulie selbst ist der Verlauf jedoch weniger problematisch und im Rahmen einer Therapie gut behandelbar. Die Prognose ist dementsprechend positiv.
Vorbeugung
Konkrete Maßnahmen zur Vorbeugung einer Abulie existieren nicht. Eine Prävention ist nur insofern möglich, wie den ursächlichen Erkrankungen vorgebeugt werden kann. Dies bedeutet bei der Abulie, psychischen Grunderkrankungen wie zum Beispiel Depressionen etwa durch die Vermeidung von Stress vorzubeugen. Bei Symptomen der Abulie ist umgehend ein Arzt zu konsultieren.
Quellen
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011
- Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 22. April 2024
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