Psychose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Psychose ist der Oberberiff verschiedener schwerer psychischer Störungen. Die Erkrankung ist durch einen zeitweiligen Realitätsverlust gekennzeichnet. Dazu gehört eine veränderte Wahrnehmung der Umwelt sowie des eigenen Körpers. Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Antriebslosigkeit und sozialer Rückzug gehören zum klassischen Erscheinungsbild einer Psychose.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Psychose?

Wahnvorstellungen, Nervosität, Depressionen oder eine Ich-Störung deuten auf eine Psychose hin.

Das griechische Wort "psychosis" lässt sich mit "Beseeltheit" übersetzen und drückt aus, dass die "Seele" oder der "Geist " des Menschen sich in einem krankhaften Zustand befindet.

Während eines solchen "psychotischen Zustandes" verliert der Betroffene die realistische Beziehung zu seiner nächsten Umwelt. Dies kann sich äußern durch eine Bewusstseinsspaltung mit einer Wahnvorstellung, auch Schizophrenie genannt oder durch eine affektive Beeinträchtigung, bei der die Stimmungslage des Erkrankten blockiert ist. Die Krankheitsbezeichnung Psychose steht deshalb als eine Art Überbegriff für die exogene, endogene und chronische Form der psychotischen Störung.

An einer Psychose zu erkranken bedeutet für betroffene Menschen, dass sich in ihrem Leben bereits viel verändert hat und ihr zukünftiges Leben wird unter diesen Umständen eine neue Orientierung benötigen. Die Diagnose einer Psychose ist klar abzugrenzen von anderen psychischen Erkrankungen wie zum Beispiel den Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen oder der geistigen Behinderung.

Ursachen

Eine eindeutige Ursache konnte bei der endogenen (nicht-organischen) Psychose bis heute nicht gefunden werden.

Genetische Faktoren sprechen dafür, dass bei bekannter familiärer Vorbelastung mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 50 Prozent auch die Kinder an einer Psychose erkranken. Das kann sich jedoch auch als Folge des Verhaltens kranker Eltern entwickeln und muss nicht zwangsläufig eine Erbkrankheit sein.

Der Auslöser für eine psychotische Störung basiert wohl aber bei vielen Betroffenen auf Stoffwechselstörungen im Gehirn, wo ein Ungleichgewicht bei dem Zusammenspiel der Botenstoffe entstanden ist. Dies ist jedoch eine Vermutung, da eine medikamentöse Therapie Besserung bewirken kann.

Bei einer exogenen (organischen) Psychose lassen sich die Hintergründe dagegen meist erkennen. Die Psychose kann Folge einer Hirnerkrankung (Infektion), einer Verletzung (Schädel-Hirn-Trauma), einer Hormonstörung oder einer Stoffwechselstörung sein.

Symptome und Verlauf

Die endogene und exogene Psychose kann sich im Krankheitsbild mit vielfältigen Symptomen zeigen. Früherkennungszeichen einer psychotischen Störung deuten sich oft durch eine lang anhaltende gedrückte Stimmung, Nervosität, Anspannung, erhöhte Reizbarkeit und Konzentrationsmangel, schnelles Ermüden, Erschöpfung und verminderte Leistungsfähigkeit an.

In der akuten Phase können sie unter massiven Angstzuständen, Verfolgungswahn, Halluzinationen oder erheblichen Stimmungsschwankungen leiden. Ihr Verhalten kann sehr angespannt sein, leicht erregbar und manchmal sogar aggressiv. Manche Betroffene hören nicht-reale Stimmen, durch die sie einen Befehl erhalten, etwas zu tun, durch die sie bedroht oder beleidigt werden.

Andere haben Visionen oder eine Ich-Störung, bei der sie sich mit anderen Personen identifizieren. Besonders bei affektiven Psychosen zeigt sich eine Hochstimmung (Manie) oder eine starke Depression oder beide wechseln ab (bipolare Störung). Bei einer Manie reichen die Ideen in das Wahnhafte hinein, sie leiden unter Hyperaktivität, sind in ständigem Redefluss und überschätzen völlig ihre eigenen Möglichkeiten.

Wann zum Arzt?

Eine Psychose kann sich Monate oder Jahre vor ihrem Ausbruch durch verschiedene Warnzeichen ankündigen. Wer immer wieder Denk- oder Konzentrationsstörungen bemerkt, sich antriebslos fühlt oder einen Leistungseinbruch feststellt, für den es scheinbare keine Ursache gibt, sollte mit einem Arzt sprechen. Auch Sprachstörungen oder Probleme beim Auffassen von Informationen sind typische Frühsymptome, die einer raschen Abklärung bedürfen.

Personen, die bereits an psychischen Erkrankungen leiden oder ein traumatisches Erlebnis hinter sich haben, gehören zu den Risikopatienten. Auch Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch sowie geistige Erkrankungen können mögliche Auslöser sein und bedürfen einer Untersuchung.

Wenn die Psychose früh behandelt wird, kann ein schwerer Verlauf mit ausgeprägten Wahnstörungen zuverlässig vermieden werden. Sollte es allerdings nicht zu einer Behandlung kommen, werden die Symptome immer stärker, bis die Psychose sich schließlich durch eine psychotische Episode äußert. Während einer solchen Episode muss der Notarzt gerufen werden. Etwaige Ersthelfer sollten den Betroffenen zudem beruhigen und ihn nach der Behandlung sorgsam beobachten.

Die Psychose kann von einem Facharzt diagnostiziert werden. Bei einem ersten Verdacht kann der Hausarzt eine Verdachtsdiagnose stellen und gegebenenfalls einen Therapeuten und verschiedene Mediziner hinzuziehen. Bei schweren Psychosen, die sich auch durch Medikamentengabe nicht lindern lassen, ist unter Umständen die Einweisung in eine psychiatrische Klinik sinnvoll.

Komplikationen

Zunächst kann es während einer Psychose zu unbedachten Handlungen kommen. Oftmals verletzen sich die Patienten während einer psychotischen Episode, da sie stürzen oder sich in andere Gefahrensituationen begeben. Psychosen, vor allem Wahnvorstellungen und Halluzinationen, bedeuten außerdem eine große psychische Belastung für den Betroffenen und sein soziales Umfeld.

Je nach Art und Schwere des Leidens müssen die Erkrankten oftmals ihren Beruf aufgeben und haben insgesamt eine reduzierte Lebensqualität. Zudem besteht durch die Erkrankung eine gespannte Stimmung zwischen Patient und Angehörigen, die sich negativ auf die Gefühlswelt des Erkrankten auswirken und dadurch eine weitere Psychose auslösen kann. Die psychischen und sozialen Begleiterscheinungen begünstigen Alkohol- und Medikamentenmissbrauch, woraus weitere gesundheitliche Probleme resultieren können. Schlimmstenfalls entwickelt sich eine Suizidalität, die einen Selbstmordversuch zur Folge haben kann.

Die verordneten Medikamente können verschiedene Neben- und Wechselwirkungen hervorrufen. So sind die eingesetzten Neuroleptika unter anderem für Muskelkrämpfe, Verstopfung und motorische Störungen verantwortlich, während Medikamente zur Regulierung des Stoffwechsels zunächst zu einer Verstärkung der psychotischen Phasen führen können. Viele Komplikationen lassen sich vermeiden, wenn der Patient frühzeitig eine fachgerechte Therapie in einer psychiatrischen Klinik erhält.

Diagnose

Die Betroffenen, ihre Familienangehörigen und der behandelnde Therapeut arbeiten für die Diagnose einer Psychose zusammen. Den Anfang macht ein klärendes Gespräch zum Verlauf bisheriger Beschwerden (Anamnese). Es werden frühere Erkrankungen, die aktuelle Situation im sozialen Umfeld, persönliche Lebensgewohnheiten sowie die bisher versuchten Therapieansätze besprochen.

Bestätigt sich ein Anfangsverdacht für eine psychische Störung, folgen nun genauere Feststellungen zur möglichen Art der Psychose. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen primärer Psychose (ohne organischen Befund) und sekundärer Psychose. Daher muss zunächst ausgeschlossen werden, dass eine bislang nicht diagnostizierte organische Grunderkrankungen die Psychose ausgelöst hat (sekundäre Psychose).

Verschiedene Diagnoseverfahren, wie Blutuntersuchungen, EKG, Kernspin-Tomografie vom Schädel sowie einem EEG sollen helfen körperliche Ursachen ausschließen.

Erst müssen alle anderen Ursache-Symptom-Zusammenhänge ausgeschlossen werden. Währenddessen ist der Patient zur unbedingten Eigenklärung aufgefordert. Die Angehörigen verstehen oft besser, was mit dem Betroffenen gerade passiert.

Hilfreich bereits in der Diagnostikphase ist der Anschluss zu Selbsthilfegruppen. Dort können Patienten in Therapie hilfreiche Tipps zur Eigenbeobachtung geben. Gleichzeitig erfahren möglicherweise Betroffene rechtzeitig, dass die Diagnose Psychose keine Verurteilung, sondern eine Chance bedeutet. Denn wenn die genaue Diagnose feststeht, kann sofort anschließend eine effektive Therapie eine gute Lebensqualität für Betroffene und Angehörige gewährleisten.


Behandlung und Therapie

Die krankhaften Zustände einer Psychose sind nicht nur beängstigend, sondern zeitweise auch bedrohlich und bedürfen unbedingt einer ärztlichen Behandlung. Nur ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder ein Nervenarzt kann die richtige Diagnose stellen und dann die richtigen Entscheidungen treffen.

Bei schweren Psychosen wird ein stationärer Aufenthalt in einem Krankenhaus unerlässlich sein. Ansonsten kann die Therapie auch ambulant oder in einer Tagesklinik erfolgen.

Wichtig ist, dass der Betroffene die für ihn individuell notwendigen Medikamente erhält, die die Symptome der Psychose lindern oder nach längerer Zeit sogar verhindern. Gleichzeitig helfen diese Neuroleptika, Erregungszustände abzuschwächen und die Kommunikationsfähigkeit mit dem Betroffenen wieder zu ermöglichen.

Nur wer seine psychotische Störung erkannt und angenommen hat und dann auch weiterhin bereit ist, die Medikamente regelmäßig zu nehmen, kann möglicherweise zu seiner früheren Lebensqualität zurück finden.

Um Rückfälle zu verhindern, sollte der Erkrankte auch weiterhin regelmäßig von einem Therapeuten oder Psychologen betreut werden und auch alle Angehörigen seiner Familie können fachlichen Rat und Hilfe erfahren.

Quellen

  • Payk, T.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Bergner, T. M. H.: Burnout-Prävention. Schattauer, Stuttgart 2012
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2012
  • Tölle, R., Windgassen, K.: Psychiatrie. Springer, Berlin 2014

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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