Mutismus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Mutismus ist eine Störung der Kommunikation. Betroffene sind nicht in der Lage, mit anderen Menschen zu kommunizieren, was zu erheblichen Problemen im Alltag führt. Behandeln lässt sich Mutismus durch unterschiedliche Therapien.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Mutismus?

Mutismus ist meist genetisch bedingt und äußert sich dadurch, dass Betroffene Schwierigkeiten in der Kommunikation mit anderen Menschen haben. Sie empfinden Angst und Hemmungen bei sozialen Kontakten und haben durch mit vielen Einschränkungen zu kämpfen.

Ursachen

Die genaue Ursache des Mutismus liegt im Angstzentrum des Gehirns, der so genannten Amygdala. Bei der Störung ist die Reizschwelle dieses Zentrums deutlich herabgesetzt, was dazu führt, dass die Amygdala, auch Mandelkern genannt, bei potentiellen Gefahrensituationen starke neuronale Impulse aussendet.

Bei Menschen mit Mutismus reagiert das Angstzentrum also immer dann, wenn der Kontakt mit anderen Menschen und allgemein soziale Kontakte bevorstehen. Das führt dazu, dass die Betroffene eine grundlose Angst verspüren und dadurch auch vermehrt Stress empfinden.

Weitere Risikofaktoren für die Entstehung von Mutismus sind Stress im Umfeld und Probleme in der Familie. Kinder, die aus einer unharmonischen Familie stammen oder aufgrund ihrer Herkunft oder einer anderen Störung vermehrt Stress ausgesetzt sind, haben ein höheres Risiko, an Mutismus zu erkranken. Auch Sprach- und Sprechstörungen sind ein Risikofaktor. Dies lässt sich anhand verschiedener Studien belegen, nach denen rund 21 Prozent multilingual aufgewachsen sind.

Darüber hinaus kann Mutismus viele weitere Ursachen haben. Unter den Betroffenen besteht beispielsweise ein hoher Anteil an Eltern mit Depressionen und anderen psychischen Störungen. Selten sind dagegen erzieherische Fehler oder gar Missbrauch die Ursache. Dies wird aufgrund des Krankheitsbildes zwar häufig angenommen, doch Statistiken zeigen, dass Kinder mit Mutismus nicht häufiger Opfer von Gewalt oder Missbrauch sind als gesunde Kinder.

Symptome und Verlauf

Mutismus weist eindeutige Symptome auf, die sich jedoch mit anderen Erkrankungen und Störungen überschneiden können. Generell sind Betroffene nicht in der Lage, in bestimmten Situationen selbstständig zu sprechen. Vor allem in der Schule oder im Berufsleben treten dadurch große Schwierigkeiten auf. Darüber hinaus ist die Dauer der Störung entscheidend. Menschen mit Mutismus sind meist über mehrere Monate am Stück nicht in der Lage, in genannten Situationen zu sprechen. Tritt die Störung lediglich im ersten Monat nach dem Schulbeginn oder zu Beginn einer neuen Tätigkeit auf, spricht man von einer normalen Schüchternheit.

Ein weiteres Symptom ist, dass der Betroffene ausreichend Kenntnisse über die gesprochene Sprache hat, diese jedoch nicht umsetzen kann. Fühlt der Betroffene sich in der Sprache nicht wohl oder ist aufgrund fehlender Kenntnisse stumm, liegen anderweitige Hemmnisse vor. Nicht zuletzt lässt sich auf Mutismus schließen, wenn alle anderen Kommunikationsstörungen wie etwa Stottern ausgeschlossen werden können. Auch psychotische Störungen wie Schizophrenie sowie Entwicklungsstörungen wie Autismus sind nicht die Hauptursache. Im Verlauf dieser Erkrankungen kann Mutismus jedoch verstärkt auftreten.

Diagnose

Die Diagnose Mutismus kann von einem Kinderarzt oder einem Kinderpsychologen gestellt werden. Dies ist heutzutage jedoch erst nach vielen Sitzungen möglich, da die Kenntnisse über die Störung heutzutage noch gering sind. Viele Kinderärzte haben überhaupt keine Kenntnisse in diesem Bereich, was die Diagnose noch erschwert. Einfacher ist die Diagnose durch einen Sprachtherapeuten. In dieser Branche ist der Mutismus seit den 90er Jahren bekannt und die Behandlungsmethoden dementsprechend ausgereift. Eltern, die den Verdacht haben, dass ihre Kinder unter Mutismus leiden, sollten sich deshalb an eine entsprechende Beratungsstelle wenden.

Die eigentliche Diagnose kann anhand der erwähnten Symptome gestellt werden. Der Arzt oder der Sprachtherapeut überprüft, ob die Störung auf eine andere Entwicklungsstörung wie etwa Autismus oder auf eine psychische Störung wie Schizophrenie zurückzuführen ist. Ist das nicht der Fall, arbeitet er die diagnostischen Kriterien nach dem DSM-IV ab und führt umfassende Gespräche mit den Eltern durch. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, den Patienten über einen längeren Zeitraum zu beobachten. Nachdem die Diagnose gestellt wurde, kann die Therapie eingeleitet werden. Je nachdem, wie alt der Patient ist, müssen hier unterschiedliche Aspekte mit einbezogen werden.

Behandlung und Therapie

Mutismus kann auf viele Weisen therapiert werden. Bei betroffenen Kindern ist eine schulbegleitende Therapie die ideale Lösung. Auch im Erwachsenenalter gibt es viele Möglichkeiten, Mutismus zu behandeln. So etwa durch eine Sprachtherapie, innerhalb welcher der Patient lernt, wie emotionale Situationen in der Gruppe bewältigt werden. Konkret wird im Gespräch mit der Gruppe gelernt, wie zuerst Ein-Wort-Antworten und später ganze Sätze bis hin zum freien Sprechen kommuniziert werden. In Verbindung mit speziellen Antidepressiva lassen sich die Ängste noch weiter reduzieren, wodurch Betroffene in Alltagssituationen besser zurechtkommen.

Hat der Mutismus bereits eine Sozialphobie und anderweitige Störungen ausgelöst, müssen weitergehende Therapien eingeleitet werden. Die Behandlung vollzieht sich dementsprechend über Monate oder Jahre.


Vorbeugung

Mutismus kann nicht direkt vorgebeugt werden. Eltern können durch entsprechende Schulungen allerdings lernen, Angstverhalten bei ihrem Kind zu erkennen und dieses zu vermindern. Darüber hinaus kann durch eine frühzeitige Behandlung verhindert werden, dass das Kind ins soziale Abseits gerät und weitergehende Störungen entwickelt. Meist reicht es hier schon aus, einen Kinderpsychologen zurate zu ziehen und mit diesem eine entsprechende Therapie zu entwickeln.

Insbesondere Menschen, die multilingual aufgewachsen sind oder unter psychischen Störungen leiden, sollten Warnzeichen frühzeitig erkennen und einen Sprachtherapeuten aufsuchen. Mit diesem lassen sich die Ängste dann bereits im Anfangsstadium behandeln.

Quellen

  • Payk, T.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012
  • Bergner, T. M. H.: Burnout-Prävention. Schattauer, Stuttgart 2012
  • Tölle, R., Windgassen, K.: Psychiatrie. Springer, Berlin 2014

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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