Antikonvulsiva

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Antikonvulsiva, oder Antiepileptika, sind Arzneistoffe die zur Behandlung von epileptischen Erkrankungen eingesetzt werden. Die Epilepsie ist eine chronische Erkrankung, deren Ursache eine Störung im Gehirn ist. Die Erregungsbildung im Gehirn ist anormal und löst epileptische Anfälle aus.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Antikonvulsiva?

Antikonvulsiva sind Medikamente die zur Behandlung von epileptischen Erkrankungen oder Anfallsleiden zum Einsatz kommen. Diese Arzneimittel werden auch oft als Antiepileptika bezeichnet. Die Epilepsie ist ein Krankheitsleiden das mit mindestens einem, spontan auftretenden Anfall einhergeht. Weiter ist zu beachten, dass zur Diagnosestellung der Krampfanfall nicht die Folge von akuten Entzündungen ist. Die medizinische Anwendung von Antikonvulsiva geht auf das Jahr 1912 zurück. Der Neurologe Alfred Heuptmann nutzte ein als zuvor Schlafmittel verwendetes Medikament zur Behandlung von epileptischen Krankheitsleiden.

Zur Behandlung ist in den meisten Fällen eine Langzeittherapie mit antikonvulsiven Präparaten nötig. Antikonvulsiva können die Erkrankung nicht heilen, versuchen jedoch den Krampfanfällen vorzubeugen. Für eine gute Wirksamkeit ist die regelmäßige Einnahme wichtig. Eine zu geringe Dosierung oder plötzliches Absetzen des Medikamentes können einen Anfall auslösen. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind möglich, wie zum Beispiel der Antibabypille.

Wirkung und medizinische Anwendung

Die Symptomatik epileptischer Anfälle ist vielfältig. Daher ist auch die Wirkung der verschiedenen Arzneimittel zur Behandlung unterschiedlich. Allen Arzneimitteln zur Behandlung von Epilepsie ist gemein, dass sie epileptische Anfälle unterdrücken. Sie heilen die Erkrankung jedoch nicht. Als Ursache für Krampfanfälle werden Erregungen im zentralen Nervensystem beschrieben.

Ein epileptischer Anfall ist demnach die Folge von synchroner Neuronengruppenentladungen im menschlichen Gehirn. Diese führen beim Epileptiker zu unwillkürlichen Befindungs- oder Verhaltensstörungen. Die Betroffenen krampfen, beißen sich auf die Zunge, verlieren das Bewusstsein und nässen oder stuhlen ein. Je nach Krankheitsausprägung treten nicht immer alle Symptome auf.

Ein Anfall kann von einer leichten Störung des Bewusstseins, einer sogenannten Absence, bis hin zu einem „Grand-Mal“-Anfalls reichen. Antiepileptika sollen sowohl den akuten Anfall behandeln sowie vor weiteren Anfällen vorbeugen. Sie hemmen die Erregungsweiterleitung im zentralen Nervensystem. Sie blockieren Ca+-und Na+-Kanäle. Durch die Blockade dieser Kanäle verlieren die Neuronen die Möglichkeit, krampfvermittelnde Reize weiterzuleiten. Zeitgleich verstärken sie GABA-vermittelte hemmende Mechanismen.

GABA, oder auch Gamma-Aminobuttersäure, ist ein Neurotransmitter im zentralen Nervensystem und der bedeutendste anfallshemmende Stoff im Gehirn. Seine Wirkung wird durch Antikonvulsiva verstärkt. Neurotransmitter geben Reize von einer Zelle im Nervensystem zu einer anderen Zelle weiter oder verstärken ihn. Weitere Anwendungsgebiete von Antiepeleptika sind Fieberkrämpfe, Vermeidung von Anfällen während Operationen am Gehirn oder zur Vorbereitung auf eine Narkose.

Formen und Gruppen

Es gibt verschiedene Formen und Gruppen von Antikonvulsiva. Carbamazepin (Timonil®) ist ein gängiges Medikament und Mittel der 1. Wahl in der Behandlung von epileptischen Krankheiten. Valproat (Ergenyl®) ist ein weiteres Medikament der 1. Wahl in der Dauertherapie. Mittel der 2. Wahl in der Dauertherapie sind Phenytoin (Phenhydan®), Ethosuximid (Penidan®) und Phenobarital (Luminal®). Wenn diese Arzneimittel keine zufriedenstellende Wirkung zeigen, kann mit dem Arzneimittel Primidon (Mylepsinum®) behandelt werden. Zur Behandlung eines status epilepticus oder einem akuten Krampfanfall können Diazepam (Valium®) oder Lorazepam (Tavor®) gegeben werden. Relativ neue Antikonvulsiva sind Vigabatrin (Sabril®), Topirament (Topamax®), Levetiracetam (Keppra®) und Lamotrigin (Lamictal®).

Dosierung

Jedes Antikonvulsiva hat einen bestimmten Wirkmechanismus. Oberstes Therapieziel ist die Vorbeugung von Krampfanfällen. Dazu muss für jeden Betroffenen individuell ein passendes Medikament und die richtige Dosierung ermittelt werden. Die Dosierung ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Packungsbeilagen der Medikamente geben jedoch einen Dosierungsrahmen vor. Generell gilt, dass ein Antikonvulsivum bis zur Nebenwirkungsgrenze dosiert wird. Wenn das Arzneimittel nicht die gewünschte Wirkung zeigt, wird der Patient mit einem anderen Präparat behandelt.

Antiepileptische Behandlungen sollten wenn möglich in Monotherapie erfolgen. Das bedeutet, dass das Krankheitsleiden nur mit einem einzigen Wirkstoff therapiert werden sollte. Wenn eine Monotherapie nicht ausreichend ist, kann eine Kombinationstherapie erfolgen. Die meisten Antikonvulsiva müssen über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, daher ist eine regelmäßige Blutwertkontrolle unabdingbar. Diese Arzneimittel sollten auf keinen Fall selbst abgesetzt werden. Zum Ausschleichen dieser Medikamente ist meist eine immer geringer werden Dosierung über einen längeren Zeitraum nötig.

Pflanzliche, natürliche und pharmazeutische Alternativen

In vielen Fällen kann eine Therapie der Epilepsie ohne Antikonvulsiva nicht vermieden werden. In einigen Fällen ist auch eine Umstellung der Lebensgewohnheiten, wie zum Beispiel dem Schlafrhythmus, hilfreich. Einige Patienten schaffen es, einen beginnenden Anfall zu erkennen und können diesen mit Hilfe von psychotherapeutischen Verfahren unterbinden. Einige Epileptiker können zudem einschätzen, unter welchen Umständen die Anfälle häufig auftreten und sollten diese vermeiden.

Wenn trotz einer konsequenten medikamentösen Behandlung keine Anfallsfreiheit beim Betroffenen erreicht werden kann, ist es in einigen Fällen möglich, die Epilepsie chirurgisch zu behandeln. Für eine solche Chirurgie geeignete Kandidaten sind Patienten deren Anfälle von einem möglichst kleinen Bereich des Gehirns ausgehen. Diese Hirnregion kann dann entfernt werden. Weiterhin ist bei wenigen Patienten eine Durchtrennung der Hirnhälften sinnvoll. Der Prozess im Gehirn der einen Anfall auslöst wird somit unterbrochen. Zudem ist eine Hirnstimulation möglich. Ins Gehirn implantierte Elektroden sollen bestimmte Regionen stimulieren und somit einen Anfall verhindern.


Wechselwirkungen und Nebenwirkungen

Antikonvulsiva sind in der Regel gut verträglich. Mögliche Nebenwirkungen sind jedoch allergische Reaktionen, Störungen der Bewegungskoordination, Müdigkeit und Schwindel. Einige Substanzen haben eine ausgeprägte Wirkung auf Herz, Leber und Niere und dürfen daher bei einer bestehenden Erkrankung an diesen Organen nicht gegeben werden. Dazu zählen Phenytoin, phenymazepin und Lamotrigin. Die Einnahme von Antikonvulsiva in der Schwangerschaft ist kritisch zu bewerten.

Viele antiepileptische Stoffe können das ungeborene Kind schädigen und/oder zu einer Entwicklungsstörung führen. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind nicht selten und müssen bei der Einstellung des Betroffenen beachtet werden. Sie schwächen zum Beispiel die Wirkung von Verhütungsmitteln auf hormoneller Basis, zum Beispiel der Antibabypille.

Durch die Medikamente sind wenige Langzeitschäden zu erwarten. Mögliche Nebenwirkungen auf langer Sicht, wie kalkarme Knochen, können durch eine regelmäßige ärztliche Kontrolle ausgeschlossen werden.

Quellen

  • Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 12. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017
  • E. Burgis: Allgemeine und spezielle Pharmakologie. 3. Auflage, Elsevier GmbH, München 2005
  • Lüllmann, H. et al.: Pharmakologie und Toxikologie: Arzneimittelwirkungen verstehen - Medikamente gezielt einsetzen. 18. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 2016

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021

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