Serumkrankheit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Serumkrankheit handelt es sich um eine schwere allergische Reaktion des Immunsystems auf Fremdeiweiß. Außerdem kann die Serumkrankheit auch durch verschiedene Medikamente verursacht werden. Da es sich um ein schweres, komplikationslastiges und womöglich lebensbedrohliches Krankheitsbild handelt, muss unverzüglich behandelt werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Serumkrankheit?

Als Serumkrankheit wird eine Sofortallergie des Typs 3 bezeichnet. Das entspricht einem sogenannten anaphylaktischen Schock durch eine Antigen-Antikörper-Reaktion mit Fremdeiweiß oder anderen toxischen Stoffen. Da die schwere Allergie schnell zu Schäden der lebenswichtigen inneren Organe führen kann, besteht ohne rechtzeitige medizinische Hilfe Lebensgefahr durch ein drohendes Multiorganversagen. Ab einem gewissen Grad der Organschädigung ist keine Hilfe mehr möglich. Die allergische Reaktion auf körperfremde Eiweiße ist stets abhängig von Art und Menge des Antigens, auf das eine Allergie besteht.

Ursachen

Als Serumkrankheit wird jede Form der schweren Allergie bezeichnet, die durch körperfremdes Eiweiß verursacht wird. Es handelt sich bei der Ursache also um artfremdes Eiweiß von Tieren oder Pflanzen. Typischerweise wird die Serumkrankheit als schwere Impfreaktion nach der Verabreichung von Impfseren beobachtet, deren Antikörper tierischen Ursprungs sind, beispielsweise Pferdeserum. Dabei werden die Antikörper durch Verabreichung des Antigens in der Blutstrombahn des Pferdes gebildet und sind dann später im humanen Impfstoff enthalten.

Außerdem spielen auch venös und intramuskulär verabreichte Antibiotika als Auslöser der Serumkrankheit eine klinische Rolle. Der Pathomechanismus verläuft derart, dass sich manche Antibiotika an humane Immunglobuline anheften und dieser Komplex wird dann vom Immunsystem als fremdartig erkannt und bekämpft. In der Folge reagiert das Immunsystem mit einer überschießenden Abwehrreaktion, die eine ganze Kaskade von immunologischen Mechanismen in Gang setzt, welche ab einem gewissen Ausprägungsgrad klinisch nur schwer beherrschbar sind. Eine weitere wichtige Ursache der Serumkrankheit ist der Insektenstich durch Bienen, Wespen oder Hornissen.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome der Serumkrankheit:

Trotz der unterschiedlichsten Antigene, die eine Serumkrankheit verursachen können, ähneln sich die klinische Symptomatik und der Verlauf. Dieser hängt entscheidend von Art, Menge und Eintrittsort des Antigens ab. Bei schwerer allergischer Disposition reichen bereits Millionstel Gramm eines Antigens aus, um eine Allergie hervorzurufen. Es ist bekannt, dass der Verlauf der Serumkrankheit bei Medikamenten als Auslöser wesentlich milder verläuft, als das bei Pferdeserum zur Impfung der Fall ist. Schwere Verläufe kommen bei Insektenstichen, besonders durch Bienen, vor.

Sobald der Kontakt mit dem Allergen stattgefunden hat, kommt es entweder sofort oder bis zu 3 Wochen nach diesem Kontakt zu Ödemen, Rötungen, Juckreiz und Fieber, wobei diese Symptome einzeln oder in Kombination auftreten können. Bei Injektionen oder Stichen kann an der Einstichstelle häufige eine Rötung mit derber Schwellung beobachtet werden.

Durch die intravasal zirkulierenden Immunkomplexe können auch Schmerzen und Entzündungen an Gelenken oder Organen auftreten, denn die Immunkomplexe können sich dort ablagern und eine erneute Reaktion des Immunsystems hervorrufen. Als Allgemeinsymptome können zusätzlich Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen, bei Lebensgefahr auch Somnolenz, auftreten.

Diagnose

Die Diagnose ergibt sich aus dem meist dramatischen klinischen Vollbild mit Ödembildung, Krampfneigung und Luftnot. Ist der Patient ansprechbar, so kann die Diagnose aufgrund der Eigenanamnese schnell erhärtet werden. Falls andere Personen über die Entwicklung des Krankheitsgeschehens berichten können, dann kann auch diese Fremdanamnese für den Notarzt sehr hilfreich in Bezug auf das auslösende Allergen sein.

Behandlung und Therapie

Wegen der Schwere der Erkrankung ist die Therapie, die sehr zeitnah erfolgen muss, stets zunächst symptomorientiert. Denn in der Kürze der Zeit kann das Antigen nicht aus der Blutstrombahn eliminiert werden. Die Behandlung zielt also darauf ab, die überschießende allergische Reaktion zu stoppen, um weitere Zell- oder Organschäden zu verhindern. In leichteren Fällen haben sich die Wirkstoffe Acetylsalicylsäure sowie Antihistaminika zur Soforttherapie bewährt.

Die Symptome sollten sich bereits wenige Minuten nach der Applikation zurückbilden. Bei schweren und lebensbedrohlichen Überempfindlichkeitsreaktionen kann auch der Einsatz von Glucocorticoiden oder Adrenalin erforderlich sein. Für eine schnelle systemische Wirkung müssen diese Substanzen intravenös verabreicht werden. Durch die Zentralisation des Kreislaufs ist es im allergischen Schock für das medizinische Personal nicht immer einfach, einen venösen Zugang zu legen.

Nach erfolgreicher Therapie klingen die Symptome entweder gleich oder spätestens innerhalb einer Woche meist vollständig ab. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Antigen-Antikörper-Komplexe, auch Immunkomplexe genannt, durch Phagozytose nach und nach abgebaut werden. Phagozyten sind bestimmte weiße Blutkörperchen, Leukozyten, welche die Fähigkeit besitzen, Antigene und Immunkomplexe in sich aufzunehmen und damit unschädlich zu machen.


Vorbeugung

Falls bekannt ist, dass ein Patient auf Fremdeiweiß allergisch reagiert, sollte jegliche Therapie mit humanen Serumpräparaten unterbleiben. Im Falle von notwendigen Impfungen muss der Risiko-Nutzen-Faktor individuell ärztlich abgeklärt werden. Gegebenenfalls kann eine solche komplikationslastige Impfung auch unter gesonderter ärztlicher Überwachung erfolgen. Patienten, die um ihre Bienengiftallergie wissen, sollten mit einem Notfallset ausgestattet werden, das im Ernstfall lebensrettend sein kann. Das Notfallset enthält unter anderem einen PEN zur Selbstapplikation von Cortison oder Adrenalin.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin, Gerd Herold, 1. Auflage, 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Böhm M, Hallek M, Schmiegel W (Hrsg): Innere Medizin, begr. von Classen M, Diehl V, Kochsiek K, 6. Auflage, München Elsevier Urban & Fischer Verlag 2009

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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