Lichen sclerosus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die seltene Bindegewebsentzündung Lichen sclerosus betrifft hauptsächlich Frauen nach der Menopause, kann jedoch in jedem Lebensalter und bei beiden Geschlechtern auftreten. Die Erkrankung äußert sich in glänzend weißen, flächigen Hautveränderungen und Vernarbungen. Die genauen Ursachen von Lichen sclerosus sind bis heute nicht eindeutig erforscht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Lichen sclerosus?

Lichen sclerosus ist eine entzündliche Erkrankung des Bindegewebes, die überwiegend die Genitalregion betrifft und sich in lokalen Hautbeschwerden manifestiert. In seltenen Fällen können andere Körperregionen betroffen sein.

Der Begriff „Lichen“ bezeichnet eine krankhafte Verdickung der oberen Hautschicht, „sclerosus“ weist auf die Wucherung des Bindegewebes hin, die zu deutlich tastbaren Verhärtungen führt. Im Volksmund ist Lichen sclerosus auch unter der Bezeichnung „Weißfleckenkrankheit“ bekannt, was auf die weißlichen Vernarbungen zurückzuführen ist.

Ursachen

Die genauen Ursachen der Erkrankung konnten bis heute nicht eindeutig erforscht werden. Mediziner vermuten, dass Lichen sclerosus zu den Autoimmunerkrankungen zählt, im Zuge derer sich das Immunsystem gegen gesunde Zellen richtet und diese schädigt. Forscher beobachteten in Studien Zusammenhänge mit Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, Asthma und anderen Autoimmunkrankheiten wie Gastritis, Vitiligo und Lupus erythematodes. Traumata wie durch Operationen entstandene Narben, übermäßiges Kratzen oder sexueller Missbrauch kommen als Ursachen von Lichen sclerosus ebenfalls in Betracht.

Ein Zusammenhang mit dem Östrogenspiegel wird diskutiert, da meist Frauen mit einer niedrigen Produktion dieses Hormons von Lichen sclerosus betroffen sind. Mediziner vermuten, dass Borrelien einen auslösenden Faktor darstellen. Die bakteriellen Erreger der Borreliose wurden in Untersuchungsreihen bei einem überwiegenden Prozentsatz der untersuchten Patienten, die an akut entzündlichen Schüben von Lichen sclerosus litten, im Blut nachgewiesen.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome des Lichen sclerosus:

  • Harnverhalt

Als typische Symptome von Lichen sclerosus treten bei Frauen und Mädchen weiß glänzende Punkte und Flecken auf, die in Achterform um Vaginalöffnung, Damm und Anus angeordnet sind. Diese Hautveränderungen gehen oft mit quälendem Juckreiz einher, der die Betroffenen dazu veranlasst, sich an den betroffenen Stellen blutig zu kratzen. Durch die Vernarbungen kommt es zum Schrumpfen der kleinen Schamlippen und zu einer Rückbildung der Klitoris.

Eine Einengung der Genitalöffnungen bedingt erhebliche Probleme beim Geschlechtsverkehr, Wasserlassen und Stuhlgang. Die Folgen sind chronische Verstopfung, Harnverhalt und sexuelle Abstinenz. Manche der betroffenen Frauen stellen keine dieser Beschwerden fest und erfahren von ihrer Erkrankung erst im Zuge einer gynäkologischen Routineuntersuchung. In etwa drei Prozent aller Fälle führt die Erkrankung zur Entstehung eines bösartigen Plattenepithelkarzinoms.

Bei Männern sind Eichel und Vorhaut von den weißen Flecken und Vernarbungen betroffen, eine eingeengte Harnröhre kann zu Problemen beim Urinieren führen. Die Vorhaut lässt sich durch die Entzündung nicht mehr zurückziehen, wodurch die Intimhygiene erheblich erschwert wird und pathogene Bakterien und Pilze sich ansiedeln können. Die extragenitale Ausprägung von Lichen sclerosus führt zu Hautveränderungen an Schultern, Brustkorb, Nacken oder Oberschenkeln, die in erster Linie ein kosmetisches Problem darstellen.

Diagnose

Der Arzt kann die Diagnose im Normalfall anhand der typischen Symptome von Lichen sclerosus stellen. Da jedoch andere Erkrankungen ähnliche Hautveränderungen bedingen, müssen diese im Rahmen einer Differentialdiagnose ausgeschlossen werden. Die sogenannte Sklerodermie äußert sich in ebenfalls weiß glänzenden Hautveränderungen und tritt oft in Kombination mit Lichen sclerosus auf. Um bösartige Tumorerkrankungen auszuschließen, wird der Arzt eine Biopsie durchführen, indem er unter lokaler Betäubung des Patienten mit einem Stanzzylinder eine Hautprobe entnimmt und diese anschließend mikroskopisch untersucht.

Komplikationen

Bleibt ein Lichen sclerosus über einen längeren Zeitraum unbehandelt, können sich durch die chronische Entzündung verschiedene Komplikationen ergeben. Bei Männern kann es zu einer Vorhautverengung kommen, durch die dann oftmals eine Beschneidung erforderlich wird. Bei Frauen treten nicht selten Schrumpfungen und Verwachsungen der Schamlippen auf. Zudem kann es bei beiden Geschlechtern zu Infektionen kommen. Verwachsungen treten oft in Verbindung mit einer Einengung der Harnröhre auf, die ihrerseits mit ersten Komplikationen verbunden ist.

Auch eine Beeinträchtigung der sexuellen Funktion kann infolge von Verwachsungen und Schmerzen auftreten. Bedingt durch den schmerzhaften Stuhlgang kann es zu Verstopfung und im schlimmsten Fall zu einem Darmverschluss kommen. Kratzt der Betroffene die Haut auf, kann dies zu weiteren Infektionen führen und langfristig auch Narben hervorrufen. Bei der Behandlung mittels Antibiotika sind Nebenwirkungen und allergische Reaktionen nicht auszuschließen. Auch ein operativer Eingriff ist mit Risiken verbunden und kann beispielsweise Verletzungen an der Harnröhre, Entzündungen oder Wundheilstörungen zur Folge haben.

Behandlung und Therapie

Lichen sclerosus kann nicht ursächlich behandelt werden, weshalb eine Therapie auf eine Linderung der Beschwerden abzielt. Um Juckreiz und Schmerzen zu bekämpfen, kommen kortisonhaltige Präparate zum Einsatz, die in den meisten Fällen eine deutliche Linderung erzielen. Sie werden in Form von Salben über mehrere Monate zweimal täglich auf die betroffenen Hautareale aufgetragen oder vom Arzt in regelmäßigen Abständen direkt in die entzündlichen Flächen injiziert. Die Bindegewebswucherungen und Hautveränderungen sind jedoch nur zum einem Teil reversibel.

Bei chronisch wiederkehrenden Schüben kann die erkrankte Haut durch Vereisung oder eine Laserbehandlung abgetragen werden. Die Gabe von Immunsuppressiva hemmt die Aktivität der Abwehrzellen, die die Entzündungsreaktion hervorrufen. Zusätzlich hat sich die kurzfristige Einnahme von Präparaten mit Vitamin A-Säure bewährt. Die extragenitale Form von Lichen sclerosus kann durch eine Behandlung mit Kortison, eine Supplementierung mit Vitamin D und Bestrahlungen mit UV-Licht gut therapiert werden. Verwachsungen im Genitalbereich machen oft einen chirurgischen Eingriff notwendig, um eingeengte Körperöffnungen wie Harnröhre oder Analkanal wieder durchgängig zu machen.

Bei Männern wird Lichen Simplex auf der Vorhaut durch eine Beschneidung weitgehend gestoppt. Anhaltender extremer Juckreiz kann durch eine Durchtrennung bestimmter Nerven bekämpft werden, allerdings wird dadurch auch das sexuelle Empfindungsvermögen erheblich eingeschränkt. In äußerst seltenen Fällen ist die operative Entfernung der äußeren Geschlechtsorgane bei fortgeschrittener Erkrankung eine letzte notwendige Maßnahme.


Vorbeugung

Da die genaue Ursache der Erkrankung nicht bekannt ist, kann der Entstehung von Lichen sclerosus nicht vorgebeugt werden. Um Entzündungsreaktionen so gering wie möglich zu halten, sollten Betroffene bei der Intimpflege auf milde und pH-neutrale Produkte zurückgreifen. Mechanische Belastungen der betroffenen Areale wie etwa durch scheuernde Kleidung sind zu vermeiden. Die Verwendung von weichen Handtüchern und Gleitgel beim Geschlechtsverkehr ist ratsam. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind wegen des Risikos der Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms unerlässlich.

Quellen

  • Kuhl, H.: Sexualhormone und Psyche: Grundlagen, Symptomatik, Erkrankungen, Therapie,1. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2002
  • Weyerstahl, T., Stauber, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kirschbaum, M., et al.: Checkliste Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2005

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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