Knochenmarkinsuffizienz

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Knochenmarkinsuffizienz bezeichnet man eine Funktionsstörung des Knochenmarks. Der Körper verliert die Fähigkeit zur Bildung neuer Blutzellen. Für die funktionierende Bildung von Blutzellen werden drei Zellreihen benötigt: rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen und Blutplättchen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Knochenmarkinsuffizienz?

Bei einer Knochenmarkinsuffizienz sind bei den Betroffenen die Zellen des Knochenmarks deutlich reduziert bzw. gestört, die für die Blutbildung verantwortlich sind.

Die Knochenmarkinsiffizienz ist eine Funktionsstörung des Knochenmarks. Erkrankte können nicht mehr genügend Blutzellen bilden. Je nachdem, welche Blutzellen nicht mehr gebildet werden können, spricht der Arzt von einer Erythro-, Granulo- bzw einer Thrombozytopoese. Fehlen alle drei, spricht er von einer Panzytopenie. Diese stellt bei einer Knochenmarkinsuffizienz die Regel dar. Umgangssprachlich wird die Knochenmarkinsuffizienz einfach als Knochenmarksschwund bezeichnet. Richtig ist, dass nicht das Knochenmark selbst geringer wird, sondern seine Fähigkeit, Blut zu bilden.

Ursachen

Es gibt verschiedene Ursachen für eine Knochenmarkinsuffizienz. In sehr seltenen Fällen ist sie das Symptom einer bereits angeborenen Erkrankung, beispielsweise einer Anämie. Solch eine angeborene Knochenmarkinsuffizient bezeichnet der Mediziner als "primär kongenital". Im Regelfall wird die Knochenmarkinsuffizienz jedoch erst im Laufe des Lebens, also sekundär, erworben.

Knochenverdrängende Prozesse wie Knochenmetastasen, Leukämien oder maligne Lymphome zählen zu den Ursachen der Knochenmarkinsuffizienz. Tumoren des Knochenmarks können eine Knochenmarkinsuffizenz ebenfalls begünstigen. Neben diesen Krebsformen kann Knochenmarkinsuffizienz aber auch durch den Kontakt mit Giftstoffen ausgelöst werden. Benzol etwa ist bekannt dafür, den Schwund von blutbildenden Knochenmarkzellen zu verursachen. Auch verschiedene Medikamente können das Risiko des Knochenmarkschwundes erhöhen, beispielsweise die im Rahmen einer Chemotherapie verabreichten Wirkstoffe.

Infektionen durch bestimmte Viren und Bakterien stehen ebenfalls im Verdacht, eine Knochenmarkinsuffizenz hervorrufen zu können. Nicht zuletzt muss an radioaktive Strahlung gedacht werden: Einwirkung von Radioaktivität auf den menschlichen Körper kann ebenfalls eine Ursache der Knochenmarkinsuffizienz sein.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome der Knochenmarkinsuffizienz:

Entwickelt sich eine Knochenmarkinsuffizienz aufgrund einer angeborenen Anämie, können Symptome wie Allgemeinschwäche, Hautblässe und Atemnot bzw. Herzrasen darauf hinweisen. Wenn nur die Zellen zur Bildung von Blutplättchen vom Knochenmarkschwund betroffen sind, zeigt sich die Krankheit durch Hämatome, also Hauteinblutungen. Für den Laien sind sie als blaue Flecken erkennbar.

Ein typisches Symptom für alle Formen der Knochenmarkinsuffizienz ist die Blutarmut. Sie drückt sich durch Müdigkeit und Blässe aus. Da die roten Blutkörperchen für den Transport des Sauerstoffs von den Lungen zu den Körperzellen verantwortlich sind, kommt es auch zu einer zunehmenden Unterversorgung mit Sauerstoff. Atemnot ist hier ein Symptom. Durch die Blutarmut wird dem Körper außerdem zu wenig Eisen zugeführt. Verringerte Belastbarkeit und allgemeine Schwäche sind weitere Symptome von Knochenmarkinsuffizienz.

Alle genannten Symptome können Ausdruck verschiedener Erkrankungen sein. Erst ihr gebündeltes Auftreten – also beispielsweise Blässe plus Schwäche plus Atemnot plus blaue Flecke auf der Haut – legen den Verdacht auf eine Knochenmarkinsuffizienz nahe. Auch der Arzt wird zuerst eine sogenannte Verdachtsdiagnose stellen.

Diagnose

Die Diagnose der Knochenmarkinsuffizienz erfolgt aufgrund der von den Betroffenen beschriebenen Symptome. Ein Blick in die Krankengeschichte des Patienten kann den Verdacht der Diagnose auf Knochenmarkinsuffizienz erhärten. Um die Verdachtsdiagnose abzuklären, wird dem Betroffenen Blut entnommen. Dieses wird mikroskopisch untersucht.

Sollte der Befund immer noch unklar sein, kann zur Diagnosesicherung ein sogenannter Knochenmarkausstrich gemacht werden. Hierbei wird das Knochenmark punktiert. Die Punktion erfolgt mit einer Hohlnadel nach örtlicher Betäubung zumeist am hinteren Beckenkamm. Mit der Hohlnadel wird Knochenmark angesaugt. Dadurch werden kleinste Knochenmark- und Fettanteile sowie Blut gewonnen. Dieses Gemisch wird auf einen Objektträger aufgetragen und kann nun unter dem Mikroskop beurteilt werden.

Komplikationen

In der Regel kann eine Knochenmarkinsuffizienz relativ gut behandelt und auch vollständig geheilt werden. Die Betroffenen leiden bei dieser Erkrankung in erster Linie an einer starken Blutarmut. Diese wirkt sich im Allgemeinen negativ auf die Gesundheit aus und kann dabei zu einer Müdigkeit oder zu Schwindelgefühlen führen. Die Patienten fühlen sich dabei häufig schwach und abgeschlagen und nehmen nicht mehr aktiv am Alltag teil. Auch eine Blässe und Herzrasen können sich einstellen.

Weiterhin kommt es durch die Knochenmarkinsuffizienz auch zu Atembeschwerden und in schwerwiegenden Fällen zu einer Atemnot. Ebenso können Blutungen und der Haut auftreten und die Lebensqualität des Betroffenen weiterhin verringern. In der Regel richtet sich die Behandlung der Knochenmarkinsuffizienz stark nach ihrer Grundursache. Allerdings kann mit Hilfe von Medikamenten oder Spenderblut die Erkrankung relativ gut eingeschränkt werden. Allerdings sind einige Betroffene ihr gesamtes Leben lang auf eine Therapie angewiesen. Ob es dabei zu einer Veränderung der Lebenserwartung kommt, kann nicht im Allgemeinen prognostiziert werden.

Behandlung und Therapie

Der Verlauf einer Knochenmarkinsiffizienz hängt davon ab, welche Ursache die Erkrankung hat. Dies gilt auch für die Therapie. Ist die Ursache der Knochenmarkinsuffizienz beispielsweise eine anämische Grunderkrankung, ist eine selbstständige Heilung unwahrscheinlich. Je früher die der Knochenmarkinssuffizienz zugrunde liegenden Faktoren jedoch erkannt und behandelt werden, desto günstiger ist ihr Verlauf.

Es gilt also, die Ursache der Erkrankung zu bekämpfen und nicht nur, ihre Symptome zu lindern. Doch auch die Linderung der Symptome ist wichtig, um dem Patienten mehr Wohlbefinden zu schenken. Bei der Knochenmarkinsiffizienz besteht die symptomatische Therapie in der Förderung der Blutbildung. Dies kann medikamentös, etwa durch die Gabe anabolder Steroide, erreicht werden. Die Übertragung von Spenderblut ist eine weitere Behandlungsmöglichkeit, die bei bestimmten Formen der Knochenmarkinsuffizienz angewandt wird.

Um die Ursache der Knochenmarkinsiffizienz zu bekämpfen, kann aber auch eine Knochenmarktransplantation erforderlich sein. Hierbei werden intakte Knochenmarkzellen eines geeigneten Spenders auf den Betroffenen übertragen. Gelingt die Knochenmarktransplantation, kann es zur Heilung der Krankheit kommen. Aktuell erforschen Mediziner die Stammzelltransplantation. Sie könnte in Zukunft bei Erkrankungen wie der Knochenmarkinsuffizienz zum Einsatz gelangen.


Vorbeugung

Einer Knochenmarkinsuffizienz, die durch angeborene Anämien steht, lässt sich im Regelfall nicht vorbeugen. Um den Ausbruch einer sekundär erworbenen Knochenmarkinsuffizienz zu verhindern, gilt es, den verursachenden Krankheiten vorzubeugen. Zurzeit wissen wir jedoch noch wenig über die Prävention dieser Erkrankungen. Nach aktuellem Wissensstand lässt sich beispielsweise Blutkrebs nicht aktiv vorbeugen. Um Knochenmarkinsuffizienz, die in Folge eines Krebsgeschehens auftritt, vorzubeugen, kommen die Empfehlungen für einen allgemein gesunden, möglichst schadstoffarmen Lebensstil zum Tragen.

Es gilt als gesichert, dass der Konsum von Zigaretten Leukämien begünstigen kann. Deshalb: Genuss- und Umweltgifte sollten nach Möglichkeit gemieden werden. Auch der Kontakt mit gesundheitsschädlichen Chemikalien und radioaktiver Strahlung sollte auf das nötige Minimum beschränkt werden. Nicht zuletzt kann der regelmäßige Besuch von Früherkennungsuntersuchungen einen Beitrag zur Krebsprävention leisten.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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