Kinderlähmung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Mediziner bezeichnet mit dem Begriff Poliomyelitis (Polio), die sogenannte Kinderlähmung. Sie zählt zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten der Vergangenheit und führte auch immer wieder zu Todesfällen. In den letzten Jahren wurde die Kinderlähmung, auf Grund von Impfungen, immer seltener; in vielen Gebieten gilt sie sogar als vollständig ausgerottet.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Kinderlähmung?

Sich gegen Polio impfen zu lassen, ist die beste Vorbeugung, um sich nicht an der Infektionskrankheit Kinderlähmung anzustecken.

Die Kinderlähmung bzw. Polio oder Poliomyelitis ist eine Viruserkrankung, bei welcher die Erreger das Rückenmark befallen. In den schwersten Fällen führt die Kinderlähmung zu Lähmungen sowie zum Tod. Auf Grund des verfügbaren Impfstoffs ist die Gefahr, dass man an der Kinderlähmung erkrankt, äußerst gering.

Derzeit gibt es nur drei Länder auf der Welt, welche immer noch über akute Fälle berichten. Das sind unter anderem Pakistan, Afghanistan und Nigeria. Bis zum Jahr 2011 kämpfte auch Indien mit Polio-Erkrankten. Seit Januar 2011 gibt es jedoch keine Berichte über neue Fälle.

Ursachen

Auf Grund des Erregers, dem Poliovirus, tritt die Kinderlähmung auf. Die Polioviren gehören zu den RNA-Viren, die aus der Gruppe der Picornaviren stammen. Der Mediziner unterscheidet die Viren in Typ I, II und III. Die Kinderlähmung ist eine hochansteckende Krankheit. Die Übertragung erfolgt durch eine fäkal-orale Übertragung. Das bedeutet, dass der Erkrankte die Viren über den Stuhlgang ausscheidet und ein anderer Mensch mit diesem, oral, in Berührung kommt.

Oftmals erfolgt die Übertragung mittels Getränken oder Nahrungsmitteln, die mit dem Virus kontaminiert sind. Vorwiegend wird die Übertragung mit Polio gerne mit Hepatitis A verglichen. Eine Ansteckung, die jedoch über Tröpfchen erfolgt - das bedeutet, dass die Erreger mittels Husten, Niesen oder Küssen weitergegeben werden - ist relativ gering. Die Inkubationszeit beträgt zwischen drei und 35 Tage.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome der Kinderlähmung:

Die ersten Symptome der Kinderlähmung treten im Regelfall zwischen dem sechsten und neunten Tag der Infektion auf. Der Patient klagt zu Beginn über Fieber, starke Kopfschmerzen sowie Gliederschmerzen. Ebenfalls leidet der Infizierte an Übelkeit, verspürt keinen Appetit und klagt über starken Durchfall. Weitere Symptome können Halsschmerzen sowie Schluckbeschwerden sein.

In der zweiten Phase, nachdem die Erreger das zentrale Nervensystem befallen haben, klagt der Patient über Fieber und Nackensteifigkeit. Ebenfalls leidet der Erkrankte unter starke Rückenschmerzen, verspürt eine erhöhte Sensibilität auf Reize und verspürt Muskelschmerzen. Zu Beginn der Infektion nimmt die Krankheit einen symptomlosen Verlauf. Das bedeutet, dass auch die klassischen Symptome von Fieber, Gliederschmerzen oder Übelkeit, gerne mit den Symptomen eines grippalen Infekts in Verbindung gebracht werden.

Eine Kinderlähmung, die - wie der Name schon sagt - eine Lähmung mit sich bringt, ist relativ selten. Erkrankt der Patient an der "klassischen Kinderlähmung", liegt die Sterblichkeitsrate bei bis zu 20 Prozent; Patienten, die von Beginn an Lähmungserscheinungen verspüren, leiden - nach dem Heilungsprozess - zu 50 Prozent an Restlähmungen. Es gibt auch das Post-Polio-Syndrom (PPS), welches nach der Heilung der Krankheit erfolgt. Oftmals entsteht das PPS auch Jahre nach der Krankheit. Der Patient klagt über ein Schwächegefühl, erleidet einen Muskelschwund und fühlt sich dauerhaft erschöpft.

Diagnose

In erster Linie stellt der Mediziner die Diagnose der Kinderlähmung mittels der Symptome fest; andererseits stellt er auch einen Nachweis über den Erreger fest, der dem Mediziner die Klarheit der Polio verschafft. Zu Beginn der Krankheit ist die Diagnose noch relativ schwierig. Das liegt daran, weil die klassischen Symptome, nach der Infektion, durchaus mit einem grippalen Infekt in Verbindung gebracht werden können.

Auch eindeutige Lähmungen, die auf Grund der Polio auftreten, sind nicht immer ein Beweis dafür, dass es sich tatsächlich um die Kinderlähmung handelt. Schlussendlich treten ähnliche Beschwerden auch bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis, Diphtherie, Coxsackie- bzw. ECHO-Virus-Infektionen sowie auch bei Neuritis und dem Guillian-Barré-Syndrom auf. Das bedeutet, dass der Arzt die Differenzialdiagnose stellen muss und nach dem Ausschlussverfahren agiert.

Tritt die zweite Krankheitsphase auf, hat der Mediziner die Möglichkeit die Polio-Erkrankung mit Hilfe einer Liquoruntersuchung zu diagnostizieren. Schlussendlich kann die Entzündung nur im Hirnwasser festgestellt werden. Diese äußert sich vorwiegend durch normale Glukosewerte bei einem gleichzeitig erhöhten Eiweißwert. Um jedoch eine 100%-ige Diagnose zu erzielen, muss der Mediziner den Virus im Blut nachweisen. Das bedeutet, dass er den Virus entweder aus dem Rachensekret, dem Stuhl oder der Gehirnflüssigkeit isolieren muss, um so eine treffsichere Diagnose zu stellen.


Komplikationen

Da es gegen die Kinderlähmung eine Impfung gibt, kommt es in der Regel nicht mehr zur Erkrankung mit dieser Krankheit und damit auch nicht zu besonderen Komplikationen. Diese Krankheit tritt damit nur noch sehr selten auf. Die Betroffenen leiden allerdings an starken Lähmungen, die in verschiedenen Körperregionen auftreten können. Auch Gliederschmerzen und Kopfschmerzen treten dabei auf und werden von Durchfall und einer Appetitlosigkeit begleitet. Weiterhin leiden die betroffenen Kinder auch an Übelkeit und an starken Rückenschmerzen.

In schwerwiegenden Fällen können dabei die Lähmungen auch nach einer Behandlung der Kinderlähmung erhalten bleiben, sodass der Betroffene in seinem Alltag extrem eingeschränkt ist. Ohne Behandlung der Kinderlähmung kann es dabei im schlimmsten Falle auch zum Tode des Patienten kommen. Extremitäten, die gelähmt wurden, sind dabei in der Regel auch von einer Wachstumsstörung betroffen und wachsen nur noch verlangsamt.

Die Kinderlähmung kann in den meisten Fällen mit Hilfe von Medikamenten und Bettruhe relativ gut behandelt werden. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf. In den meisten Fällen kommt es auch zu einem positiven Krankheitsverlauf und die Lebenserwartung des Kindes wird durch die Erkrankung nicht eingeschränkt.

Behandlung und Therapie

In erster Linie versucht der Mediziner bei der Behandlung von Kinderlähmung bzw. Polio, dass er die Symptome behandelt bzw. lindert. Eine Behandlung gegen die Ursache selbst ist nicht möglich. Das bedeutet, dass derzeit keine Medikamente vorhanden sind, mit welcher der Polio-Virus bekämpft werden kann.

Klassische Therapien und Behandlungen sind strenge Bettruhe. Die strenge Bettruhe wird bereits bei dem kleinsten Verdacht auf Kinderlähmung verordnet. Ebenfalls sollten muskelentspannende Lagerungen erfolgen, wenn der Patient über auftretende Lähmungen klagt. Krankengymnastik ist ein weiterer Teil der Behandlung bei Polio.

Vorbeugung

Die einzige - und beste - Vorbeugung ist die Impfung gegen Kinderlähmung. Durch den Impfstoff ist es in vielen Ländern bereits zum Aussterben bzw. Ausrotten der Kinderlähmung gekommen. Seit dem Jahr 1998 gibt es in Deutschland nicht mehr die Schluckimpfung; Kinder werden mit dem Impfstoff IPV - der inaktivierten Polio-Vakzine - behandelt. Diesen Impfstoff verabreicht der Mediziner mittels einer Injektion. Andere Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Polio gibt es derzeit nicht.

Quellen

  • Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie: DGPI Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 6. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2013
  • Schellenberg, I. et al.: Kinderkrankheiten von A-Z: Wo Naturheilverfahren wirken - wann Schulmedizin nötig ist, 2. Auflage, TRIAS, 2012
  • Stauber, M., Weyerstahl, T.: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2014
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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