Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) stellt eine schmerzhafte Krankheit im unteren Rücken- und Gesäßbereich dar. Dabei ist das Iliosakralgelenk (Kreuzdarmbeingelenk) kein typisches Gelenk, sondern stellt das wichtige Verbindungsstück zwischen Darmbein und Kreuzbein dar. Und da dieser Bereich zu den anatomisch am meisten beanspruchten gehört, ist das Iliosakralgelenk-Syndrom eine der häufigsten Formen von Rückenbeschwerden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Iliosakralgelenk-Syndrom?

Sind die Gelenkflächen des Iliosakralgelenks (Kreuzdarmbeingelenk) verkantet oder blockiert, führt das zu starken Rückenschmerzen.

Das Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) ist sehr oft der Grund für Schmerzen im unteren Rückenbereich. Bei dieser Erkrankung des Bewegungsapparates liegt eine Verschiebung der Gelenkflächen zwischen dem Kreuzbein der Wirbelsäule und dem Darmbein des Beckens vor. Diese straff von Bändern gehaltene Verbindung wird einerseits als Gelenk bezeichnet, ist aber – verglichen mit anderen Gelenken – nur minimal beweglich.

Das bedeutet, dass Bewegungen vom Iliosakralgelenk selbst nicht ausgeführt werden können. In gewissem Maße verfügen die Flächen aber über einen Ausgleichs- und Bewegungsspielraum. Zu Schmerzen und einem Iliosakralgelenk-Syndrom kommt es, wenn sich die Gelenkflächen verkantet haben und blockiert sind.

Ursachen

Die Ursachen für das Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) können vielfältig sein. Ein sehr häufiger Grund, ausgelöst z.B. durch Schmerzen oder Erkrankungen der Hüfte oder Knie, ist eine chronische Fehlhaltung. In diesem Fall passen sich Lendenwirbel und Hüfte nach und nach an die veränderte Haltungs- oder Gangart an, was dann zur Entstehung eines Iliosakralgelenk-Syndroms führen kann.

Aber auch intensive Beanspruchung durch Sport, extreme Laufbelastungen oder das Heben schwerer Lasten kann letztendlich zum ISG-Syndrom führen. Viele Schwangere kennen das Problem und leiden während der Schwangerschaft oftmals darunter. Grund dafür ist die hormonelle Umstellung, die das Bindegewebe im Beckenbereich elastischer werden lässt. Dadurch sind auch die Bänder des Iliosakralgelenkes äußerst locker und begünstigen eine Verschiebung und die Entstehung des ISG-Syndroms.

Natürlich können darüber hinaus Unfälle, wie z.B. ein Knochenbruch oder Sturz, mögliche Auslöser sein. In selteneren Fällen kann das Iliosakralgelenk-Syndrom auch aus Morbus Bechterew, einer chronischen und entzündlichen Erkrankung der Wirbelsäule, resultieren.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome des Iliosakralgelenk-Syndroms (ISG-Syndrom):

Das Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) macht etwa 25 Prozent sämtlicher Schmerzen des unteren Wirbelsäulenbereiches aus. Die schmerzhaften und intensiven Verspannungen und Schmerzzustände können vom Gesäß bis in das seitliche Becken, die Lenden, aber auch in die Oberschenkel oder sogar Waden ausstrahlen. Zu einer Verschlimmerung der Beschwerden kommt es meist nach längerem Sitzen oder Stehen, beim Anheben der Beine sowie bei Beuge- und Drehbewegungen des Hüftgelenkes.

Interessanterweise kann mit zunehmendem Alter eine Verbesserung festgestellt werden. Grund hierfür ist, dass sich sämtliche Strukturen mit dem Alter versteifen, worauf sich auch der Begriff „heilsame Steife“ begründet. Aber auch hier gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede: Während die Iliosakralgelenke im Laufe der Zeit eher unflexibel werden, bleiben sie bei Frauen selbst im Alter vergleichsweise beweglich.

Der Verlauf beim Iliosakralgelenk-Syndrom ist nicht nur aus diesem Grunde unterschiedlich. Er hängt auch von der individuellen Ursache (und natürlich dem Erfolg der Behandlung) ab. In vielen Fällen sind die Beschwerden von kurzer Dauer und können therapeutisch gut beeinflusst werden. In etwa einem Drittel der Iliosakralgelenk-Syndrom-Patienten entwickelt sich die Krankheit jedoch leider zu einem chronischen Leiden.

Diagnose

Die Diagnose des Iliosakralgelenk-Syndroms (ISG-Syndrom) erfolgt oft erst relativ spät, da in der ersten Phase der Erkrankung die Beschwerden manchmal als Rückenschmerzen verharmlost werden. Um ein Iliosakralgelenk-Syndrom wirklich diagnostisch feststellen zu können, sind eine Reihe spezieller Untersuchungen und Tests notwendig, die die Beweglichkeit des Iliosakralgelenkes genauer unter die Lupe nehmen.

Bildgebende Verfahren, wie Röntgen, Kernspintomographie oder CT, können dagegen ein Iliosakralgelenk-Syndrom nicht eindeutig belegen. Und da es meist erst im späteren Verlauf der Krankheit zu den typischen Symptomen kommt – darunter ein tief sitzender Schmerz, oft einseitig und im Gesäßbereich, dazu Verstärkung der Schmerzen bei Drehbewegungen des Rumpfes und Beugebewegungen – können neben dem Knochenszintigramm und Bluttests (hinsichtlich erhöhter Entzündungswerte) nur weitere klinische Tests im frühen Stadium ein Iliosakralgelenk-Syndrom eindeutig feststellen: Dazu gehören der Standing-Flexion-Test (das sog. Vorlaufphänomen betreffend), der Spine-Test (das sog. Rücklaufphänomen betreffend), der Patrick-Test (Maigne-Test) und die Stauchung.

Dabei werden unterschiedliche Bewegungsabläufe und Reaktionen vom Arzt getestet, um auf eine Fehlstellung bzw. Fehlfunktion des Iliosakralgelenkes bzw. auf das ISG-Syndrom eindeutig schließen zu können.

Komplikationen

Das Iliosakralgelenk-Syndrom ruft im Verlauf starke Schmerzen hervor, vorwiegend in Rücken und Hüfte. Dadurch kommt es oftmals auch zu Bewegungseinschränken und Verspannungen in den Muskeln. Bleiben diese Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen, entwickeln sich häufig psychische Beschwerden. Betroffene ziehen sich aufgrund der Immobilität aus dem sozialen Leben zurück und leiden in der Folge an Depressionen oder Angststörungen.

Im Allgemeinen schränkt das ISG-Syndrom den Alltag der Betroffenen erheblich ein. Die anfänglich nur schubweise auftretenden Schmerzen entwickeln sich mit dem Fortschreiten der Erkrankung zu Ruheschmerzen. Die Folge sind Schlafstörungen und eine Zunahme der seelischen Beschwerden. Bei der Behandlung mit Schmerzmitteln können Neben- und Wechselwirkungen auftreten. Auch Antibiotika und Kortisonpräparate bergen Risiken und rufen gelegentlich Beschwerden wie Muskel-, Glieder- und Gelenkschmerzen, Magen-Darm-Probleme und Hautirritationen hervor.

Langfristig verursachen Arzneimittel Schäden an Leber, Nieren, Herz und Hirn. Wird das ISG-Syndrom durch die Akupunktur behandelt, kann dies zu Infektionen, Blutergüssen und blauen Flecken führen. Bei Patienten mit Vorerkrankungen kann es zu Kreislaufbeschwerden kommen. Auch dauerhafte Hautverfärbungen, Knötchen und Narben an der Einstichstelle sind nicht auszuschließen.

Behandlung und Therapie

Beim Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom) stehen unterschiedliche therapeutische Optionen zur Auswahl. Anfangs werden naturgemäß eine Schmerztherapie sowie meist auch eine Physiotherapie durchgeführt. Jedoch ersetzen diese nicht die Notwendigkeit, für eine wirksame Behandlung die Ursachen eruieren zu müssen. In der Regel ist das Iliosakralgelenk-Syndrom gut therapierbar, wobei Schmerzmittel auf langfristige Sicht keine effektive Verbesserung bringen und auch nicht zielführend sind.

In der Praxis hat sich demnach folgender Therapieweg als hilfreich herausgestellt: Bei akuten und sehr heftigen Schmerzen werden entzündungshemmende Medikamente und Schmerzmittel eingesetzt. In extremen Fällen kann der behandelnde Arzt auch ein Betäubungsmittel unmittelbar in das Iliosakralgelenk spritzen, um den Schmerz zu bekämpfen. Eine anschließende Physiotherapie ist bei eindeutiger Diagnose der nächste Schritt. Durch gezielte Manipulation lassen sich erfahrungsgemäß die Beschwerden deutlich besser behandeln als primär durch Mobilisation.

Erfahrene Osteopathen und Physiotherapeuten können durch eine manuelle Therapie, die richtigen Handgriffe, punktgenaue Manipulation und Mobilisation eine relativ schnelle Besserung bewirken. Ziel dieser therapeutischen Maßnahmen ist es, das Iliosakralgelenk wieder in seine richtige Position zu bringen und damit auch den Grund der Beschwerden zu beseitigen. Die Eigenmobilisation ist ein weiterer Schritt im Laufe der Therapie: Gezielte heilsame Übungen sollen helfen, die Schmerzen zu lindern und die anderen Behandlungsschritte zu unterstützen und festigen.

Zusätzlich dazu ist Wärme, z.B. in Form einer Wärmflasche oder eines Heizkissens, ein sehr wirkungsvoller unterstützender Schritt, um den gesamten Bereich des Iliosakralgelenkes zu entspannen. Begleitendes Muskeltraining und eine Haltungs- und Gangschulung zur Stabilisierung des Rumpfes ist eine weitere hilfreiche Option. In Fällen wiederkehrender Beschwerden muss der Arzt in jedem Fall durch Röntgen- oder CT-Aufnahmen andere Erkrankungen, wie Arthrose oder auch Morbus Bechterew, ausschließen.

Für den Fall, dass alle durchgeführten Maßnahmen nicht zur dauerhaften Verbesserung führen, kann unter Umständen nur noch eine Operation die Lösung sein. Diese wird ausschließlich minimal-invasiv durchgeführt, wobei der Chirurg eine kleine Schraube einsetzt, durch die die Gelenkflächen dauerhaft auseinandergehalten werden und der Urzustand wiederhergestellt wird.


Vorbeugung

Die beste Prävention eines Iliosakralgelenk-Syndroms (ISG-Syndrom) ist auf jeden Fall regelmäßige Bewegung. Um einem Iliosakralgelenk-Syndrom vorzubeugen, können auch spezielle Trainingsprogramme durchgeführt werden, die sich bewusst auf Dehnungs- und Mobilisationsübungen fokussieren. Aber auch der Ausschluss (und gegebenenfalls die Behandlung) angeborener Beinfehlstellungen sollten zur Vorbeugung des Iliosakralgelenk-Syndroms erfolgen, z.B. mittels passenden Einlagen.

Zielgerichtetes Bauch- und Rückentraining sind weitere Möglichkeiten, um die Entstehung dieser Erkrankung zu verhindern. Und nicht nur Bewegung an sich spielt eine große Rolle, sondern auch und vor allem eine schonende und ausgewogene Bewegung: Gerade Sportler und Läufer sollten daher ihr Training achtsam gestalten und auftretende Schmerzen frühzeitig ärztlich abklären lassen.

Quellen

  • Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
  • Wülker N. Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme Verlag. 2. Auflage 2010.
  • Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
  • Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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