Homocystinurie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Homocystinurie ist eine seltene, angeborene Erkrankung. Es liegt ein Mangel bestimmter Enzyme vor, die eine Stoffwechselstörung verursachen und zu verschiedenen Krankheitssymptomen führen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Homocystinurie?

Bei Verdacht auf Homocystinurie kann mittels pränataler Diagnostik ein Enzymmangel nachgewiesen werden.

Bei einer Homocystinurie sammelt sich die Aminosäure Homocystein im Körper betroffener Patienten an. Es wird daher von einer sogenannten Hyperhomocysteinämie gesprochen. Das schwefelhaltige Homocystein entsteht beim Abbau der essentiellen Aminosäure Methionin.

Durch fehlende Enzyme kann das Homocystein nicht wie beim Gesunden weiter verwertet werden, sondern reichert sich bei Patienten mit einer Homocystinurie im Körper an. Die hohen Konzentrationen der Aminosäure können zu verschiedenen Schädigungen führen, die das Krankheitsbild einer unbehandelten Homocystinurie bestimmen.

Ursachen

Die Ursache für eine Homocystinurie ist genetisch bedingt. Wenn beide Elternteile ein defektes Gen, das für die Erkrankung verantwortlich ist, in sich tragen, kann sich die Krankheit auf das Kind vererben. Da es sich um eine sogenannte rezessive Erkrankung handelt, kommt es zu keiner Krankheitssymptomatik, wenn neben einem defekten ein gesundes Gen vorliegt. Durch den Gendefekt werden Enzyme, die normalerweise den Homocysteinstoffwechsel regulieren, nicht in normaler Form gebildet.

Es wird zwischen zwei verschiedenen Typen der Homocystinurie unterschieden. Die häufigste Form ist die klassische oder Typ I Homocystinurie. Hier ist das Enzym defekt, das Homocystein weiter abbaut. Bei der Homocystinurie Typ II liegt ein Enzymdefekt vor, der die Rückbildung von Homocystein in Methionin verhindert. Dies kann zu Methioninmangel führen, ist jedoch seltener als die Homocystinurie Typ I. Die Erkrankung tritt beim weiblichen und männlichen Geschlecht gleich häufig auf. Die Anzahl betroffener Patienten variiert je nach Land. In Deutschland kommt auf ungefähr 130.000 Menschen ein an Homocystinurie erkrankter Patient.

Symptome und Verlauf

Eine Erkrankung an Homocystinurie kann zu verschiedenen Symptomen führen. Durch Schädigung der Blutgefäße kann es zu Arteriosklerose, Thrombosen und Embolien kommen. Vor allem das Gehirn, das Herz, Lungen und Nieren sind betroffen. Körperlicher Hochwuchs, eine verzögerte geistige Entwicklung und verschiedene Augenkrankheiten zählen ebenfalls zu den Symptomen. Die Homocystinurie kann außerdem Osteoporose auslösen, die oft zu einer Verformung der Wirbelsäule führt.

Direkt nach der Geburt zeigen sich meist noch keine Krankheitssymptome. Die genannten Auffälligkeiten treten bei verschiedenen Patienten mit unterschiedlicher Häufigkeit und zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf. Meist beginnt dies jedoch im frühen Kindesalter. Besonders eine Augenerkrankung, die sogenannte Luxation der Augenlinse, tritt bei vielen unbehandelten Patienten bereits vor dem zehnten Lebensjahr auf. Mit einer frühzeitigen Behandlung kann der Verlauf einer Homocystinurie positiv beeinflusst werden.

Diagnose

Die Diagnose der Homocystinurie erfolgt über verschiedene Laboruntersuchungen. Homocystein kann sich zu Homocystin verbinden, das mit dem Urin ausgeschieden wird. Ein Urintest kann einen erhöhten Homocystin-Wert nachweisen. Ein Nachweis von Homocystein durch Blutabnahme ist ebenfalls möglich. Auch die Untersuchung der Methionin-Menge im Blut kann Aufschluss über eine Erkrankung an Homocystinurie geben.

An Zellen, die aus der Leber oder aus Hautgewebe der Betroffenen gewonnen und im Labor gezüchtet werden, kann ein für die Homocystinurie charakteristischer Enzymmangel untersucht werden. Ein Gentest erlaubt die Untersuchung des Erbguts auf den entsprechenden Defekt. Bei Ungeborenen kann das Fruchtwasser für die Untersuchung mittels Enzym- oder Gentest auf Homocystinurie verwendet werden.

Behandlung und Therapie

Für die Behandlung der Homocystinurie ist es wichtig, dass die Diagnose so früh wie möglich gestellt wird. Je schneller und konsequenter die Patienten behandelt werden, desto günstiger ist deren Prognose. Verschiedene Therapien kommen zum Einsatz, die je nach Patient unterschiedlich kombiniert werden. Eine Behandlung mit Vitamin B6 ist erfolgreich, sofern noch eine kleine Restaktivität des defekten Enzyms vorhanden ist.

Vitamin B6 aktiviert dieses und kann so zu einer verbesserten Enzymleistung führen. Auch die Gabe von Vitamin B12 und Folsäure kann eine mögliche Restaktivität des defekten Enzyms verbessern. Betain wird bei manchen Patienten zur Behandlung eingesetzt, da sich dieses positiv auf die Rückwandlung von Homocystein in Methionin auswirken kann. Ein wichtiger Faktor bei der Behandlung der Homocystinurie spielt die Ernährung.

Bei einer Homocystinurie Typ I ist eine Ernährung mit viel Cystin und wenig Methionin wichtig. Daher sollte auf eiweißreiche Lebensmittel, die viel Methionin enthalten, verzichtet werden. Hierzu gehören Fleisch und Wurst, Milchprodukte, Fisch und Meeresfrüchte, Eier, normales Brot und Kekse. Eine entsprechende Diät ist lebenslang erforderlich. Zusätzlich wird eine Homocystinurie häufig mit Acetylsalicylsäure oder einem anderen gerinnungshemmenden Mittel behandelt.

Dadurch soll der Bildung von Blutgerinnseln vorgebeugt werden, die ansonsten auftreten können. Regelmäßige Laborkontrollen von Patienten mit Homocystinurie sollten durchgeführt werden. So kann sichergestellt werden, dass durch die Therapie die Laborwerte in einem unbedenklichen Bereich gehalten werden.


Vorbeugung

Da die Homocystinurie erblich bedingt ist, ist eine Vorbeugung nicht möglich. Durch eine frühe Diagnose und Behandlung können jedoch die Folgen der Erkrankung und frühzeitige Todesfälle verhindert werden. Bei betroffenen Eltern sollte daher das Neugeborene umgehend getestet werden, sofern nicht im Rahmen einer Pränataldiagnostik bereits eine Untersuchung erfolgte. Es empfiehlt sich auch, Geschwister betroffener Kinder testen zu lassen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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