Herzneurose (Herzphobie)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. Oktober 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Herzneurose (Herzphobie) ist eine psychosomatische Erkrankung, welche Betroffene in dem Glauben lässt, an einem akuten Herzleiden erkrankt zu sein. Oft sind es dabei unbewusste Ängste, welche beim Patienten einer Herzneurose zu vermeintlich gefährlichen Symptomen führen und häufig nur durch eine langwierige Therapie behoben werden können.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Herzneurose (Herzphobie)?

Bei dem Vorliegen einer Herzneurose (Herzphobie) ist der Patient davon überzeugt, eine ernsthafte Herzerkrankung zu durchleben, obwohl bei ihm keine körperlichen Ursachen für ein tatsächliches Herzleiden nachweisbar sind. Aus diesem Grund wird eine Herzneurose zu den psychosomatischen Störungen gezählt und häufig auch als Herzphobie bezeichnet.

Auch wenn die Erkrankung hauptsächlich bei Männern zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr vorzufinden ist, können durchaus auch jüngere Patienten von einer Herzneurose betroffen sein. In der Regel ist davon auszugehen, dass bei durchschnittlich 30% aller Menschen, die sich aufgrund von Herzproblemen an einen Arzt wenden, keine organischen Gründe für ein krankhaftes Herzleiden vorliegen.

Ursachen

Einer Herzneurose können viele unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen, welche jedoch in der Regel nie körperlich bedingt sind. So entsteht eine Herzneurose in den meisten Fällen durch Ängste, die den Betroffenen unbewusst belasten.

Durch eine eingebildete Herzerkrankung wird somit von den eigentlichen Sorgen des Patienten abgelenkt und seine psychischen Probleme auf das Herz übertragen. Oft sind es dabei einschneidende Erlebnisse wie Todesfälle oder Trennungen, die eine Herzneurose auslösen.

In vielen Fällen steht der Patient außerdem mit einer Person in Kontakt, welche unter einer wirklichen Herzerkrankung leidet. Ebenso können auch psychische Krankheiten wie Depressionen eine Herzneurose herbeiführen. In seltenen Fällen sind es wiederum Missverständnisse während eines Arztbesuches, die den Patienten durch unzureichende Kommunikation in dem Glauben lassen, an einer Herzerkrankung zu leiden.

Wann zum Arzt?

Generell ist ein Arztbesuch bei einer Herzneurose zunächst grundlegend angeraten, da die auftretenden Symptome denen eines Herzinfarktes oder anderer bedrohlicher Herzkrankheiten sehr ähnlich sein können.

Herzrasen (Tachykardie), starkes Schwitzen, Herzstiche, Herzrhythmusstörungen wie Herzstolpern, Todesangst, erhöhter Blutdruck, Zittern, Atemnot, Enge in der Brust und ausstrahlende Herzschmerzen sind bei einer Herzphobie auftretende Symptome. Dies können bei einer Herzerkrankung mit körperlicher Ursache jedoch auch auf lebensgefährliche Zustände hinweisen und sollten bei Unsicherheit immer von einem Arzt abgeklärt werden.

Wenn jedoch eine Herzneurose diagnostiziert und zahlreiche Untersuchungen sonstige Herzerkrankungen oder Herzfehler ausgeschlossen haben, ist eine ärztliche Untersuchung bei vorkommenden Beschwerden nicht zwingend nötig. Die Wahrscheinlichkeit, dass die medizinische Überprüfung außer einem erhöhten Puls und Blutdruck Resultate zeigt, ist dann sehr gering. Schnell befinden sich die Betroffenen in einem Teufelskreis aus immer öfter auftretenden Symptomen und zahlreichen Arztbesuchen ohne Ergebnis.

Dennoch sollte man bei Symptomen wie Atemnot, Schwindel, Schwäche und Herzrasen einen Arzt aufsuchen, wenn diese ungewöhnlich lange bestehen und mit einer deutlichen Verschlechterung des Allgemeinzustands verbunden sind. Dies gilt auch, wenn die auftretenden Symptome sich deutlich von denen unterscheiden, die dem Patienten bereits von der Herzneurose bekannt sind. Wenn Fieber als weiteres Symptom hinzukommt, ist ein Arztbesuch ebenfalls nötig.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome einer Herzneurose:

  • Schmerzen im Brustkorb

Auch wenn während einer Herzneurose keine wirklichen Herzbeschwerden beim Betroffenen vorliegen, spürt dieser oft ähnlich wirkende Symptome, deren Ursprung er im Bereich des Herzens annimmt. Die häufigsten Symptome stellen dabei Schmerzen im Brustkorb dar, welche sich bis in die Schultern oder Arme ausbreiten können.

Auch ein starkes Druckgefühl, schmerzhaftes Stechen oder extremes Brennen im Bereich der Brust ist oft beim Patienten vorzufinden. Neben Herzrasen können desweiteren auch eine akute Atemnot oder Hyperventilation Symptome der Herzneurose repräsentieren. All diese Anzeichen werden von dem Patienten als große Gefahr empfunden und können sich im Verlauf der Krankheit in Anfällen oder Panikattacken äußern. Ebenfalls schränken viele Patienten einer Herzneurose ihren Alltag ein, um ihren Körper nicht zu strapazieren und ihre vermeintliche Erkrankung dadurch nicht weiter zu verschlechtern.

Diagnose

Um eine Herzneurose zu diagnostizieren, müssen zunächst mögliche organische Ursachen eines vorliegenden Herzproblems ausgegrenzt werden. Dies geschieht im Rahmen ärztlicher Kontrolluntersuchungen, bei welchen unterschiedliche Methoden zum Einsatz kommen können. So werden in vielen Fällen beispielsweise mithilfe einer Blutdruckmessung oder Blutuntersuchung die Herzfunktionen überprüft. Auch durch die Durchführung eines EKGs oder Belastung-EKGs können die Herzvorgänge aufgezeichnet und anschließend überprüft werden. Ebenfalls lässt sich ein akutes Herzleiden durch einen Herzultraschall oder ein Röntgen des Brutkorbs ausschließen. Oft wird das mögliche Vorliegen einer Herzneurose jedoch erst nach der Durchführung vieler Untersuchungen in Betracht gezogen.

Komplikationen

Die Herzneurose oder Herzphobie führt selten zu wirklich lebensbedrohlichen Komplikationen. Es handelt sich lediglich um eine funktionelle Störung, die aber einen hohen Krankheitswert besitzt. Die Betroffenen empfinden zwar sehr starke Herzbeschwerden, die an Angina Pectoris oder Herzrhythmusstörungen erinnern. Allerdings liegen keine organischen Befunde vor. Das ist aber das eigentliche Problem. Die hauptsächliche Komplikation dieser Erkrankung liegt in der Angststörung, die sich im Sinne eines Teufelskreises immer mehr verstärkt. Der Patient hat Angst vor einem möglichen Herzinfarkt und erzeugt durch seine Vorstellungskraft Herzsymptome, die ihn in seiner Angst bestätigen.

Neben der Verstärkung der Ängste wird das Leben der Betroffenen immer komplizierter, weil sie aus Angst nicht mehr an den alltäglichen Dingen des Lebens teilnehmen können. Das kann zur völligen sozialen Isolation führen. Auch die nächsten Angehörigen werden ständig in die Probleme hereingezogen, sodass das Zusammenleben immer schwieriger werden kann. Eine weitere Komplikation besteht darin, dass eine Therapie äußerst schwierig ist.

Ein Herzneurotiker akzeptiert meist keine Psychotherapie, weil er von den organischen Ursachen seiner Herzprobleme überzeugt ist. Obwohl keine organischen Ursachen vorliegen, kann eine Herzneurose in seltenen Fällen jedoch tatsächlich tödlich enden. Insgesamt nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit mit der Zeit immer mehr ab, weil aus Angst vor Herzanfällen alle Maßnahmen unterbleiben, die der Gesunderhaltung dienen. Schließlich kann eine anhaltende unbehandelte Herzphobie auch zu einer echten Herzerkrankung führen.

Behandlung und Therapie

Da es sich bei einer Herzneurose um eine psychosomatische Erkrankung handelt, sollte diese in erster Linie durch einen Psychotherapeuten versorgt werden. Dabei sollte dem Patienten rücksichtsvoll erklärt werden, dass sich sein Körper in einem gesunden Zustand befindet und die vorliegenden Symptome lediglich ein Zeichen seiner unbewussten Ängste sind.

Während eines Arztgesprächs sollte desweiteren deutlich gemacht werden, dass die Symptome in keinster Weise wirklich bedrohlich für den Betroffenen sind. Sollte es sich um einen besonders schwerwiegenden Fall handeln, können auch Medikamente wie Antidepressiva, Benzodiazepine oder Betablocker zur Genesung der Herzneurose eingesetzt werden. Benzodiazepine werden hierbei in erster Linie verschrieben, wenn neben der Herzneurose Angststörungen oder ähnliche psychische Erkrankungen vorliegen.

Sollten Anzeichen einer Depression vorhanden sein, werden wiederum Antidepressiva bei dem Betroffenen angewendet. Beim Einsatz der Medikamente sollte jedoch stets deutlich gemacht werden, dass diese nicht gegen Herzbeschwerden wirken, da sonst einige Patienten die Behandlung mit Arzneimitteln als Beweis für organische Ursachen ihrer Herzprobleme betrachten könnten.

Abgesehen von einer medikamentösen Behandlung ist es meist hilfreich, im Rahmen der Therapie das eventuell entwickelte Vermeidungsverhalten bestimmter Situationen etappenweise zu reduzieren und zuvor umgangene Alltagsaktivitäten wieder einzuführen. Hilfreich können dabei Sportarten wie Joggen, Nordic Walking,Yoga oder Muskelentspannungsübungen sein, welche dem Betroffenen einer Herzneurose verdeutlichen, dass sein Körper durchaus belastbar sein kann.


Vorbeugung

In der Regel ist es nicht möglich, einer Herzneurose gezielt vorzubeugen. Lediglich eine frühe Erkennung psychosomatischer Ursachen der Herzprobleme kann eine Verbesserung der vorliegenden Beschwerden beschleunigen. Somit ist es für eine erfolgreiche Therapie ebenfalls wichtig, dem Betroffenen deutlich zu machen, dass seinem Leiden keine organischen Ursachen zugrunde liegen. Dadurch ist eine verbesserte Aussicht auf eine erfolgreiche Therapie der Herzneurose und eine anschließende Stabilisation des Gesundheitszustands gegeben.

Aussicht und Prognose

Unbehandelt neigt die Herzphobie wie alle Angststörungen zu einer Chronifizierung und Generalisierung. Es entwickelt sich eine Angst vor der nächsten Panikattacke. Mehr und mehr Situationen werden als belastend und angstauslösend empfunden und das Vermeidungsverhalten wird ausgeweitet. Wird eine Herzphobie frühzeitig diagnostiziert, so kann sie in vielen Fällen auch behandelt und vollständig geheilt werden.

Je früher eine Therapie einsetzt, umso schneller sind Fortschritte zu beobachten und umso höher sind die Heilungsaussichten. Die psychotherapeutische Prognose nach bestehender langjähriger Krankheit ist deutlich schlechter, aber nicht aussichtslos. Selbst wenn die Beschwerden nicht gänzlich abklingen, verbessert sich in der Therapie doch die Lebensqualität der meisten Betroffenen sehr.

Leider entsteht bei ca. 50% der Fälle dennoch ein chronischer Krankheitsverlauf, in dessen Folge sich im schlimmsten Fall eine reale physische Herzerkrankung entwickeln kann. Patienten mit einer chronischen Herzneurose weisen mehr körperliche Symptome als tatsächliche Herzpatienten auf und sind in ihrer körperlichen Belastbarkeit stark eingeschränkt. Häufig leiden Erkrankte an begleitenden Depressionen oder weiteren Angststörungen. Die Gefahr in eine Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit zu geraten, ist ebenfalls erhöht.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin, Gerd Herold, 1. Auflage, 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
  • Kindermann, W., et al.: Sportkardiologie. Steinkopff, Darmstadt 2007
  • Bieber, C. et al.: Duale Reihe Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2012

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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