Gerbstoffe
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. September 2018Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Gerbstoffe sind chemische Stoffe, die sich mit Eiweißstoffen verbinden können. Eine Unterteilung wird in natürliche und in künstliche Gerbstoffe vorgenommen. Bekannt sind die pflanzlichen Gerbstoffe auch unter dem Namen "Tannine" (Gerbsäure), der aus dem Französischen stammt. Klassischerweise sind Gerbstoffe aus der Gerberei von Tierhäuten bekannt, welchen durch diese Behandlung in Leder umgewandelt und so vor Fäulnis geschützt werden. Die in der Natur vorkommenden Gerbstoffe spielen in der Medizin eine wichtige Rolle.
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Was sind Gerbstoffe?
Bei Gerbstoffen handelt es sich um chemische Stoffe, welche sich mit Eiweißstoffen verbinden und dadurch das Eiweiß verändern. In natürlicher Form kommen Gerbstoffe in vielen Pflanzen und auch Tieren vor. Die pflanzlichen Gerbstoffe finden Anwendung in der Medizin, wo bereits einige heilsame Wirkungen nachgewiesen werden konnten.
Künstliche Gerbstoffe hingegen werden typischerweise zum Gerben von Tierhäuten eingesetzt. In Pflanzen hinterlassen Gerbstoffe einen unangenehmen Geschmack und bieten einen Schutz vor mikrobieller Zersetzung und Fäulnis in der Rinde, in Samenschalen und in älteren Holzzellen.
Diese Geschmacksstoffe finden sich beispielsweise auch in den Häuten von Beeren und den Kernen von Weintrauben, wodurch Wein seinen charakteristischen Geschmack erhält.
Vorkommen
In einer nennenswerten Menge kommen Gerbstoffe unter anderem auch in Kräutern wie Rosmarin, Salbei, Johanniskraut, Wiesenknopf, Blutwurz oder Hauhechel vor. In Torf sind ebenfalls Gerbstoffe zu finden. Neben dem Begriff „Tannine“ spricht man auch von so genannten vegetabilen Gerbstoffen.
Eine Unterscheidung der pflanzlichen Gerbstoffe erfolgt in hydrolysierbare Gerbstoffe (z. B. Gallotannine, deren Grundbausteine Gerbsäuren wie Gallus- oder Ellagsäure in Verbindung mit Glukosen sind) und in kondensierte Gerbstoffe (z. B. Pyrocatechine, deren Grundbausteine aromatische Polyhydroxyverbindungen wie Catechin sind).
Neben den pflanzlichen Gerbstoffen gibt es auch so genannte qervernetzende Fettgerbstoffe in Form von mehrfach ungesättigten Fetten (z. B. Leinöl). Aber auch Trane werden hier dazu gezählt, welche aus Fischen sowie Meeressäugern gewonnen werden können.
Künstliche Gerbstoffe werden hergestellt. Zu ihnen gehören Mineralgerbstoffe (z. B. Aluminiumsalze, dreiwertige Chromsalze, Zirkoniumsalze, Metallsalze, Polyphosphate), Aldehyde (z. B. Formaldehyd), synthetische Gerbstoffe auf Basis von Phenolderivaten, Polymer-Gerbstoffe (Harzgerbstoffe) und aliphatische Paraffinsulfochloride. Auch Farbstoffe oder Konservierungsmittel verfügen über eine gewisse Gerbwirkung.
Funktion und Wirkungsweise
Ganz gleich ob es sich um Gerbstoffe pflanzlichen oder mineralischen Ursprungs oder um künstlich hergestellte Gerbstoffe handelt: Ihre Wirkung auf Eiweiße ist immer gleich. Sie verändern deren Struktur und sorgen für eine Denaturierung. Sie unterbinden also die Funktionen der Eiweiße.
Durch Gerbstoffe wird das in den Proteinen gebundene Wasser verdrängt, wodurch der Abbau durch Mikroorganismen nicht oder nur schwer möglich ist. In Wasser, Laugen und auch Säuren wird dadurch das Quellvermögen deutlich verringert und die Temperaturbeständigkeit der Eiweiße erhöht. Dadurch werden biologisch aktive Eiweiße deaktiviert. So genannte strukturierte Proteine (z. B. Kollagen in der Haut) behalten ihre natürliche Struktur, die aber durch die Gerbstoffe trotzdem vernetzt wird.
Bei unstrukturierten Proteinen kommt es zu einer Ausfällung. Werden Gerbstoffe auf der Haut angewendet, wird ihnen eine adstringierende (zusammenziehende) Wirkung nachgesagt. Es kommt dabei zu einer Verdichtung und Austrocknung der Oberfläche und zur Bildung eines schützenden Films. Es kommt dadurch zu einer Verringerung des Austritts von Flüssigkeiten wie Blut aus Wunden oder Schweiß.
Gesundheitsfördernde Stoffe
Gerbstoffe sorgen dafür, dass Krankheitserregern der Nährboden entzogen wird, wodurch Entzündungen besser abheilen. Auch Schmerzen und Juckreiz werden weniger, denn mit Gerbstoffen behandelte Haut wird unempfindlicher. Da sich die Eiweiße verändern, kommt es auch zu einem Abstumpfen der feinen Nervenendigungen bis an die Hautoberfläche, weshalb Gerbstoffe auch auf Schleimhäuten zum Einsatz kommen.
Gerbstoffe, die innerlich angewendet werden, sorgen vor allem im Magen-Darm-Bereich zu einer oberflächlichen Verdichtung der Darmschleimhaut. In den Darm wird dadurch weniger Wasser abgegeben, der Darminhalt nimmt eine normale, feste Form an und Durchfall verschwindet.
Vermutet wird zudem, dass Gerbstoffe die Cholesterin- und Blutdruckwerte senken und Blutgerinnseln entgegenwirken können, wodurch wiederum Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgebeugt werden kann. Auch Diabetes soll damit behandelt werden können.
Krebshemmende Wirkung vermutet
Sogar eine krebshemmende Wirkung wird Gerbstoffen nachgesagt. Hierfür soll EGCG (Epigallocatechingallat) Studien zufolge verantwortlich sein. Bei dem Hauptbestandteil der Gerbstoffe könnte es sich bisherigen Laboruntersuchungen zufolge um einen Hoffnungsträger im Bereich der Krebstherapie handeln, eine entsprechend hohe Dosis wirkte sich positiv auf Tumore und Metastasen aus. Noch gibt es aber keine medizinischen Empfehlungen hierzu, da die Forschungen noch am Anfang stehen.
Anwendung in der Medizin
Äußerlich werden sie bei übermäßigem Schwitzen, bei Kinderkrankheiten (Windpocken, Röteln, Masern), bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum wie Zahnfleischentzündung oder Aphten sowie bei entzündlichen sowie juckenden und nässenden Hauterkrankungen (z. B. kleine Verbrennungen, Windeldermatitis, Juckreiz) angewendet. Auch eine Behandlung von Hämorrhoiden ist mit Gerbstoffen möglich.
Unter den therapeutisch wirksamen Bestandteilen in vielen Heilpflanzen nehmen Gerbstoffe eine wichtige Rolle ein. Die Medizin nutzt zur Behandlung verschiedener Beschwerden vor allem Blutwurzwurzel, Eichenrinde, Galläpfel, Hamamelisblätter, Heidelbeeren, Ratanhiawurzel und Walnussblätter.
Anwendung in der Naturheilkunde
In der Naturheilkunde kommen Gerbstoffe durchaus oft zum Einsatz. Pflanzen gelten immerhin als eines der ältesten Heilmittel, seit Jahrtausenden bilden sie die Grundlagen für verschiedenste Arzneimittel. In der Naturheilkunde kommen neben den Pflanzen, die auch die Schulmedizin für sich entdeckt hat, noch weitere gerbstoffhaltige Pflanzen Anwendung. Dazu gehören beispielsweise Breitwegerich-, Brombeer- und Erdbeerblätter, Gänsefingerkraut, Frauenmantelkraut oder auch Spitzwegerichblätter.
Die Naturheilkunde setzt dabei je nach Beschwerdebild auf die Zubereitung von Tees, Cremes, Salben und Tinkturen. Schon in der Antike wurden Gerbstoffe bei Problemen wie Durchfall sowie bei Hauterkrankungen angewendet. Die Naturheilkunde nutzt Gerbstoffe zudem bei Appetitlosigkeit sowie bei Beschwerden im Bereich von Leber und Galle. Auch bei Beschwerden im Genitalbereich (z. B. Scheidenausfluss) können Gerbstoffe in Form von Sitzbädern hilfreich sein.
Risiken und Nebenwirkungen
Werden Gerbstoffe über einen längeren Zeitraum angewendet, kann es unter Umständen zu Leberschäden kommen. In zu hoher Dosierung konnten bisher Entzündungen der Magenschleimhaut sowie Brechreiz als typische Nebenwirkungen beobachtet werden. Da Gerbstoffe die Resorption von basischen Arzneimitteln und Mineralstoffen (z. B. Eisen) verringern, kann es in der Folge zu Verstopfung kommen, weshalb sie innerlich angewendet am besten mit Schleimstoffen kombiniert werden sollten. Bei äußerlicher Anwendung kann es zudem zu Reizungen der Haut kommen.
Da Gerbstoffe als „Eisen-Dieb“ gelten, sollten sie während der Schwangerschaft und Stillzeit innerlich möglichst nicht angewendet werden. Gegen eine äußere Anwendung (z. B. bei schwangerschaftsbedingten Hämorrhoiden) spricht aber nichts. Aufgrund der teils hautreizenden Wirkung ist eine Anwendung in den Augen zu unterlassen.
Quellen
- Hans Konrad Biesalski, Matthias Pirlich, Stephan C. Bischoff, Arved Weimann: Ernährungsmedizin. Thieme, 5. Auflage 2017.
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Aktories, K., Förstermann, U., Hofmann, F., Forth, W.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Urban & Fischer, aktuelle Auflage
- Suerbaum, S., Burchard, G.-D., Kaufmann, S.H.E., Schulz, Th.F. (Hrsg.) : Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 27. September 2018
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