Gefühlsstörungen in den Armen
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter Gefühlsstörungen in den Armen werden verschiedene Missempfindungen im Bereich der Arme zusammengefasst. Die möglichen Ursachen sind vielfältig. Die Gefühlsstörungen können sowohl durch sehr harmlose Umstände wie eine falsche Lagerung, als auch durch schwere und schwerste Erkrankungen hervorgerufen werden.
Inhaltsverzeichnis |
Was sind Gefühlsstörungen in den Armen?
Als Gefühlsstörungen in den Armen werden diverse Missempfindungen der Arme bezeichnet, die auf unterschiedlichste Ursachen zurückgeführt werden können. Die Symptomatik kann sehr unterschiedlich auffallen. Häufig wird von einem Kribbeln oder dem typischen "Ameisenlaufen" berichtet. Auch Taubheitsgefühle, Brennen, Jucken, Stechen, Druck- und Spannungsgefühle sind häufige Gefühlsstörungen im Bereich der Arme. Insgesamt lässt sich sagen, dass diverse Empfindungsstörungen in den Armen möglich sind, die grob in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt werden können.
Zum einen gibt es andersartige Wahrnehmungen, zu denen alle oben genannten Symptome zählen. Zum anderen kann ein gestörtes Empfinden von Sinnesreizen auftreten. Bei diesen werden verschiedenste Sinnesreize entweder anders, stärker oder schwächer wahrgenommen werden. Hierzu zählen Störungen der Berührungsempfindlichkeit, der Schmerzempfindlichkeit und der Temperaturwahrnehmung. Auch ein völliges Ausbleiben der Reizwahrnehmung kann vorkommen.
Die Symptome können sowohl ein- als auch beidseitig auftreten. Bei manchen Erkrankungen tritt die Symptomatik nur vorübergehend auf, bei anderen bleibt sie dauerhaft bestehen. Die Ursachen der Empfindungs- bzw. Gefühlsstörungen sind sehr vielfältig. Häufig liegen neurologische Beschwerden, zumeist Neuropathien, vor. Begleitend zu den bestehenden Gefühlsstörungen kann es auch zu Schmerzen und Muskellähmungen kommen. Als Definition lässt sich festhalten, dass Gefühlsstörungen der Arme unterschiedliche Störungen der Empfindlichkeit in den Armen sind, die auf diverse Ursachen zurückgeführt werden können.
Ursachen
Neuropathien als Begleiterkrankung eines Diabetes mellitus werden, falls mehrere Nerven betroffen sind, was zumeist der Fall ist, als diabetische Polyneuropathie bezeichnet. In fast allen Fällen beginnt die diabetische Polyneuropathie in den unteren Extremitäten. In diesem Zusammenhang kommt es häufig zum sog. "diabetischen Fuß". Die diabetische Polyneuropathie ist meist "aufsteigend", d.h. nachdem sie an den unteren Extremitäten begonnen hat, treten nach und nach auch Neuropathien höher gelegener Areale auf.
Eine weitere mögliche Ursache ist eine gestörte Nervenleitung, die im allgemeinen Sprachgebrauch häufig als "Einschlafen" des Armes bezeichnet wird. Dies ist in fast jedem Fall harmlos und geht auf das zu lange Verharren in einer Position oder das Liegen auf dem betroffenen Arm zurück. Dieses "Einschlafen" wird dadurch ausgelöst, dass die Versorgung des Nervs mit Sauerstoff oder Nährstoffen durch eine ungünstige Lagerung gestört ist. Das sich einstellende Taubheitsgefühl oder Kribbeln kann in diesem Fall als Warnsignal verstanden werden, die Lage des Armes schnellstmöglich zu ändern. Diese Änderung der Lage reicht meistens aus, um der Gefühlsstörung des Armes ein Ende zu setzen.
Weitere mögliche Ursachen einer Gefühls- bzw. Empfindungsstörungen in den Armen sind Störungen der Blutgefäße. Hier sind Durchblutungsstörungen der Arme, Krampfadern, Varizen und sog. "Besenreiser" als Auslöser der Missempfindungen möglich.
Häufig treten Gefühlsstörungen der Arme nach Verletzungen, die mit einer Nervenschädigung einhergehen auf. Hier sind besonders Frakturen zu nennen. Auch Luxationen sind eine mögliche Ursache. Missempfindungen wie Taubheit, Kribbeln oder eine gestörte Berührungsempfindlichkeit werden häufig nach Luxationen des Schultergelenks, einer Ober- und Unterarmfraktur, nach Erfrierungen und Schleudertraumen beobachtet. Diesen Auslösern ist gemein, dass eine Schädigung oder Beeinträchtigung der Nerven auftritt, die letztendlich für die verschiedenen auftretenden Gefühlsstörungen und Missempfindungen verantwortlich ist.
Bei Menschen, die an einer Migräne leiden, kann ein Kribbeln in den Armen ein Vorbote eines Migräneanfalls sein. Es ist in diesem Zusammenhang als harmlos zu betrachten. Bei einem sog. Bandscheibenvorfall kann es ebenfalls zu Gefühls- und Empfindungsstörungen der Arme kommen.
Weitere Störungen bzw. Schädigungen der Nerven, die zu Gefühlsstörungen in den Armen führen können sind diverse Einklemmungen der Nerven, wie sie beispielsweise beim Karpaltunnelsyndrom auftreten können. Auch bei einer Ischialgie kann es im Zuge der Nervenreizung oder einer Einklemmung zu den genannten Symptomen kommen.
Bestimmte Infektionskrankheiten, z.B. die Viruserkrankung Herpes zoster (Gürtelrose) und eine durch Bakterien verursachte Borrelliose führen unter anderem zu Gefühlsstörungen in den Armen. Dies ist bei den genannten Erkrankungen auf durch die Erreger ausgelöste Entzündungen der Nerven zurückzuführen. Zu den bereits genannten Polyneuropathien ist hinzuzufügen, dass diese auch im Rahmen eines Alkoholismus auftreten können. Diese im ICD unter G62.1 aufgeführte sog. "alkoholische Polyneuropathie" oder "Alkohol-Polyneuropathie" tritt bei ungefähr 20-40% aller Alkoholkranken auf. Sind Nerven im Bereich der Arme von der alkoholischen Polyneuropathie betroffen, kommt es auch hier zu den typischen Symptomen, zu denen auch diverse Gefühlsstörungen zählen.
Als weitere neurologische Erkrankungen, die mit Gefühlsstörungen der Extremitäten, im speziellen der Arme einhergehen, sind Morbus Parkinson und die multiple Sklerose zu nennen. Im Rahmen des Morbus Parkinson kommt es zu Schmerzen und Missempfindungen, die teilweise auch als Anfangssymptome der Erkrankung auftreten können. Dies führt häufig zu Fehldiagnosen, da eher orthopädische Erkrankungen wie das Schulter-Arm-Syndrom hinter den Symptomen vermutet werden. Die Missempfindungen sind verschieden, teilweise kommt es auch zu einem Brennen in den Extremitäten. Treten bei Patienten Fluktuationen (Schwankungen der Beweglichkeit nach längerer Einnahme von Levodopamin) auf, kommt es im "off-Zustand", der Phase der Bewegungsunfähigkeit, zu teilweise unerträglichen Schmerzen.
Empfindungsstörungen in den Armen (und den Beinen) können ein erstes Anzeichen für eine Multiple Sklerose sein. Die Multiple Sklerose entwickelt sich meist relativ rasch und ohne vorherige "Ankündigung". Bei mehr als einem Drittel der Patienten beginnt die Multiple Sklerose mit Gefühlsstörungen. Auch ein Schlaganfall, das Restless-Legs-Syndrom, Vitaminmangelsyndrome, Magnesium- oder Eisenmangel, Hyperventilation, Angst- und Panikattacken, Hirntumore, Rückenmrkstumore, ein "offener Rücken", eine Schwermetallvergiftung und Nebenwirkungen verschiedener Medikamente, insbesondere von Chemotherapeutika können die Gefühlsstörungen auslösen.
Krankheiten
- Neuropathien
Wann zum Arzt?
Treten die Gefühlsstörungen in den Armen aufgrund einer ungünstigen Armposition während des Nachtschlafes auf, sind keine weiteren Maßnahmen notwendig. Die Durchblutung war gestört und wird sich innerhalb einiger Minuten im wachen Zustand selbstständig regulieren. Wird der Arm über eine längere Zeit über den Kopf gehalten, treten ebenfalls Gefühlsstörungen auf. Sobald die Armposition verändert wird, verschwinden die Störungen in Kürze auf natürlichem Weg.
Sind die Gefühlsstörungen in den Armen regelmäßig vorhanden und treten sie ohne einen ersichtlichen Grund, wie eine falsche Armposition, auf, so ist ein Arzt zu konsultieren. Es besteht die Möglichkeit, dass es eine Mangelerscheinung im Organismus gibt, die geklärt werden muss. Breiten sich die Störungen der Arme weiter in die Hände oder den Oberkörper aus, sind nähere Untersuchungen bei einem Mediziner notwendig.
Bei zusätzlichen Beschwerden wie Schmerzen, Gedächtnisstörungen, Bewegungseinschränkungen, Atemnot oder Sehstörungen ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen. Hier besteht das Risiko, dass es sich um eine Notfallsituation handelt, die dringend untersucht werden muss.
Empfindet der Betroffene die Gefühlsstörungen in den Armen als belastend oder beeinträchtigend für sich und seine Lebensführung, ist grundsätzlich ein Arzt aufzusuchen. Kommt es durch die Gefühlsstörungen in den Armen zu Einschränkungen des Bewegungsablaufes, ist ein Arzt zu konsultieren. Langfristig droht das Risiko einer Fehlhaltung.
Diagnose und Verlauf
Bei der Diagnostik ist vor allem auf die Angaben des Patienten zu achten. Anschließend erfolgen meist eine grundlegende körperliche Untersuchung und eine neurologische Diagnostik. Hierbei werden unter anderem die Reflexe und das Gefühlsempfinden überprüft. Eventuell sind anschließend weitergehende Untersuchungen, z.B. Blutuntersuchungen, eine Computertomographie, eine Elektroneurografie oder eine Elektromyografie nötig. Die Diagnostik ist insgesamt von der auftretenden Symptomatik und den geschilderten Beschwerden des Patienten abhängig.
Komplikationen
Verletzungen nach Unfällen oder Stürzen führen bei Gefühlsstörungen in den Armen zu einer fehlerhaften Einschätzung des Ausmaßes der vorhandenen Läsionen. Diese ziehen in einigen Fällen irreparable Schäden der Haut, Knochen oder Muskeln nach sich. Die Gefühlsstörungen in den Armen äußern sich durch Kribbeln oder einen Juckreiz. Wird dem nachgegeben, führt das Kratzen zu Beschädigungen der Haut. Bei einigen Menschen kommt es zu dauerhaften Schädigungen einzelner Hautschichten. Infektionen und Entzündungen sind darüber hinaus möglich.
Die Gefühlsstörungen in den Armen führen zu veränderten Bewegungsabläufen. Verspannungen oder Versteifungen der Muskulatur stellen sich ein. Betroffen sind insbesondere die Arme, der Nacken und die Schultern. Die Beschwerden lösen Schmerzen und Fehlhaltungen des Oberkörpers aus. Bei einem langanhaltenden Zustand stellen sich Änderungen der Skelettmuskulatur ein.
Die Gefühlsstörungen können zu einem unangenehmen Erleben beim Tragen von Kleidung führen. Durch die Reibung der Kleidung auf der Haut, werden die Störungen ausgelöst und bei jeder Bewegung aktiviert. Häufig stellen sich zusätzlich psychische Beschwerden ein.
Neben einem verminderten Wohlbefinden kommt es zu Stimmungsschwankungen und zwischenmenschlichen Problemen. In schweren Fällen drohen eine Depression oder eine soziale Isolation. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben wird reduziert. Die Gefühlsstörungen in den Armen können sich ausdehnen. Dies gilt insbesondere bei Schädigungen der Nerven oder Muskelfasern.
Behandlung und Therapie
Die Therapie richtet sich nach der vorhandenen Ursache und lässt sich daher nicht eindeutig beschreiben. Tritt die Symptomatik begleitend zu einer Grunderkrankung, beispielsweise Diabetes mellitus oder MS, auf, muss diese Grunderkrankung therapiert werden. Bei den verschiedenen Polyneuropathien richtet sich die Therapie ebenfalls nach der vorliegenden Ursache der Erkrankung. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die möglichen Therapien sich nach den vorhandenen Ursachen richten und sich stark unterschieden.
Aussicht und Prognose
In einigen Fällen können diese Störungen durch einen eingedrückten Nerv auftreten und sind in diesem Fall nur temporär. Dabei verschwinden die Beschwerden in der Regel nach einigen Minuten oder Stunden wieder und es kommt zu keinen weiteren Einschränkungen. Sollten die Gefühlsstörungen in den Armen allerdings länger anhalten und nicht wieder von alleine verschwinden, so muss ein Arzt aufgesucht werden. Vor allem nach einem Schlaganfall kann es zu Gefühlsstörungen in den Armen kommen. Ob diese allerdings behandelt und eingeschränkt werden können, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden. Möglicherweise sind die Betroffenen dann auf Hilfe anderer Menschen in ihrem Leben angewiesen.
Auch nach schweren Unfällen können die Gefühlsstörungen in den Armen auftreten und dabei die Lebensqualität des Betroffenen deutlich einschränken. Ob es dabei weiterhin zu einer Verbesserung kommt, kann ebenso nicht vorhergesagt werden. In einigen Fällen können die Beschwerden mit Hilfe von Medikamenten oder durch operative Eingriffe gelöst werden. Der genaue Verlauf dieser Beschwerde hängt allerdings stark von ihrer Ursache ab.
Vorbeugung
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
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