Gallengangs-Atresie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Viele Säuglinge haben nach der Geburt eine leichte Gelbfärbung der Haut, die spätestens nach den ersten beiden Lebenswochen wieder verschwindet. Wenn sie länger anhält, kann eine Gallengangs-Atresie vorliegen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Gallengangs-Atresie?

Als Gallengangs-Atresie wird eine chronische Lebererkrankung bezeichnet, bei der die Gallenwege, die normalerweise die Gallenflüssigkeit aus der Leber in den Dünndarm entleeren, blockiert sind. Der Gallenfluss hat zwei wichtige Aufgaben: Zu einen werden mit dem Gallenfluss Abfallprodukte und Körpergifte aus dem Körper in den Darm transportiert, um sie mit dem Stuhlgang auszuscheiden, zum anderen werden Gallensäuren für die Fettverdauung im Darm benötigt. Wenn die Gallenflüssigkeit aus der Leber nicht zur Ausscheidung in den Darm abfließen kann, staut sie sich in der Leber und kann sie durch Entzündungen schädigen und andere wichtige Körpervorgänge beeinträchtigen.

Ursachen

Gesicherte Ursachen über die Entstehung einer Gallengangs-Atresie gibt es bis heute nicht. Erste Erkenntnisse über die sehr seltene Erkrankung stammen aus dem 19. Jahrhundert. In dieser Zeit war die Krankheit tödlich und die betroffenen Kinder starben innerhalb von 2 Jahren.

Es gab auch Hinweise darauf, dass sie angeboren ist und sich schon während der Schwangerschaft im Mutterleib entwickelt. Heute gilt es als wahrscheinlich, dass entzündliche Prozesse der Gallenwege vorliegen, die zunehmend die Leber zerstören und das Lebergewebe entzündungsbedingt vernarben lassen.

Es konnte aber bisher nicht erforscht werden, welche Erreger für die Entzündung verantwortlich sind und durch welche Immunreaktion der Verlauf der Erkrankung begünstigt wird. Als gesichert gilt, dass die Krankheit nur bei Neugeborenen auftritt und dass Mädchen häufiger betroffen sind als Jungen.

Wann zum Arzt?

Eltern, die bei ihrem Kind einen ungewöhnlichen Gewichtsverlust und Übererregbarkeit bemerken, sollten einen Termin beim Kinderarzt vereinbaren. Zwar tritt eine Gallengangs-Atresie höchst selten auf, sollte es sich allerdings um die Erkrankung handeln, muss diese sofort behandelt werden. Die typischen Symptome umfassen zudem Wasseransammlungen im Bauchraum und Anzeichen einer Gelbsucht. Im späteren Verlauf kommt schließlich eine Blutungsneigung hinzu, die in Verbindung mit den anderen Symptomen eindeutig auf eine Gallengangs-Atresie hindeutet. Wenn diese Beschwerden bemerkt werden, ist sofort ein Arzt zu konsultieren.

Dies gilt insbesondere dann, wenn die Symptome nach spätestens zwei Wochen nicht abgeklungen sind. Eltern von betroffenen Kindern sollten auch die Krankengeschichte berücksichtigen. Sollte das Kind bereits einmal mit Ebstein-Barr-Viren, dem Pfeifferschen Drüsenfieber, Respiratory-Syncitial-Viren oder dem typischen Erkältungsvirus infiziert worden sein, ist eine Erkrankung an Gallengangs-Atresie wahrscheinlich. Auch eine Vererbung der Erkrankung ist unter Umständen möglich. Eltern, die selbst eine entsprechende Krankengeschichte haben, sollten dies möglichst vor der Geburt ansprechen. Nach der Geburt ist dann eine gezielte Überwachung des Gesundheitszustandes des Kindes möglich.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome der Gallengangs-Atresie:

  • Schläfrigkeit

Die meisten Neugeborenen haben in den ersten beiden Lebenswochen eine Neugeborenen-Gelbsucht, weil der gelbe Gallenfarbstoff Bilirubin durch die noch unzureichende Leberreifung noch nicht optimal chemisch umgewandelt und abtransportiert werden kann. Dadurch ist der Bilirubinwert erhöht. Normalerweise verschwindet diese harmlose Gelbsucht nach der 2. Lebenswoche wieder. Wenn sie anhält oder nach den ersten beiden Lebenswochen erneut auftritt, kann eine Gallengangs-Atresie vorliegen, besonders wenn zeitgleich noch die Haut juckt und der Urin dunkel gefärbt ist.

Durch den Gallenstau kommt es zu einer Schädigung und Beeinträchtigung der Leberfunktion. Die Leber vergrößert sich, entzündet sich durch den Gallenstau und es kann sich durch die Entzündung Narbengewebe bilden. Durch die Beeinträchtigung der Leberfunktion werden nicht mehr genug lebenswichtige Stoffe produziert und es kann zu Blutgerinnungsstörungen, Vitaminmangel, Wachstumsstörungen, Schläfrigkeit und Bauchwassersucht kommen. Ohne eine rechtzeitige Behandlung würde die Lebenserwartung nur bei 3 bis 4 Jahren liegen.

Diagnose

Um die Diagnose stellen zu können, wird zunächst Blut abgenommen und der Bilirubinwert und die Leberwerte GOT, GPT und GGT untersucht. Bei einer Gallengangs-Atresie weichen diese Werte vom Normbereich ab. In einer Ultraschalluntersuchung lässt sich erkennen, ob die Galle und die Gallengänge funktionieren und ob überhaupt Gallengänge vorhanden sind. Auch die Durchblutung von Leber und Milz wird im Hinblick auf eventuelle Fehlbildungen geprüft.

Manchmal ist eine Bauchspiegelung mit Einspritzung eines Kontrastmittels notwendig, um genauere Ergebnisse zu bekommen und den Umfang einer Schädigung besser einschätzen zu können. Zusätzlich wird in der Regel eine Leberbiopsie durchgeführt, bei der mit unter Narkose etwas Lebergewebe über eine Nadel durch die Bauchdecke entnommen wird, um es mikroskopisch zu untersuchen und die Gallengangs-Atresie von anderen Lebererkrankungen abgrenzen zu können.

Komplikationen

In erster Linie führt die Gallengangs-Atresie zu einer Gelbsucht beim Patienten. Die Betroffenen leiden dabei auch an einer starken Müdigkeit und benötigen damit sehr viel Schlaf. Ebenso wirkt sich die Gallengangs-Atresie sehr negativ auf die Leber aus, sodass diese im schlimmsten Falle geschädigt werden kann. Dabei kann es zu Entzündungen kommen. Durch die Beschwerden an der Leber leiden die Betroffenen auch an Störungen des Wachstums und der Entwicklung und ebenso an einem Vitaminmangel. Nicht selten kommt es auch zu Wassereinlagerungen am gesamten Körper.

Komplikationen treten vor allem dann ein, wenn die Gallengangs-Atresie nicht rechtzeitig behandelt wird. Dabei wird die Lebenserwartung des Betroffenen erheblich verringert, sodass die Kinder nur ungefähr vier Jahre alt werden. Auch die Eltern leiden dabei nicht selten. In der Regel muss die Gallengangs-Atresie durch einen operativen Eingriff behandelt werden. Dabei kommt es nicht zu weiteren Komplikationen. Vor allem bei einer frühzeitigen Behandlung stellt sich in der Regel ein positiver Krankheitsverlauf ein. In schwerwiegenden Fällen oder bei einer verspäteten Behandlung sind die Betroffenen allerdings auf eine Transplantation der Leber angewiesen.

Behandlung und Therapie

Bei einer Gallengangs-Atresie ist immer eine Operation erforderlich, um den Gallenabfluss in den Dünndarm zu ermöglichen. Dieser Eingriff sollte erfolgen, bevor es zu einer größeren Schädigung der Leber kommt. In den meisten Fällen kommt dabei eine Kasai-Operation zum Einsatz. Dabei werden die undurchlässigen Gallengänge und möglicherweise vorhandenes Narbengewebe entfernt und es wird stattdessen ein Stück Darm als Ersatzgallengang an die Leber genäht, um die Galle aus der Leber in den Darm zu leiten. Während der Operation wird auch etwas Lebergewebe entnommen und unter dem Mikroskop untersucht.

Die besten Chancen für die Kinder bestehen laut Sicht der Mediziner, wenn sie in den ersten beiden Lebensmonaten operiert werden. Die Chancen sind umso besser, je weniger Narbengewebe sich gebildet hat. Wenn zum Operationszeitpunkt schon eine deutliche Leberverhärtung (Leberzirrhose) gebildet hat, ist die Prognose schlechter. Wenn die Leber schon zu stark geschädigt ist, kommt eine Kasai-Operation nicht mehr in Frage, es bleibt dann nur eine Transplantation. Ein positives Operationsergebnis und eine günstige Prognose sind somit stark von einer frühzeitigen Diagnose abhängig.


Vorbeugung

Da die Ursachen einer Gallengangs-Atresie noch nicht hinreichend bekannt sind, gibt es keine Möglichkeit, der Erkrankung vorzubeugen. Eltern sollten bei Anzeichen einer Gelbsucht nach den ersten beiden Lebenswochen, besonders wenn auch noch ein Hautjucken und eine Dunkelfärbung des Urins auftritt, sofort einen Arzt aufsuchen, der die notwendigen diagnostischen Schritte einleitet, damit sich die Krankheit nicht verschlimmert. Je schneller die Krankheit erkannt wird, umso größer sind die Heilungschancen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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