Erbkrankheiten
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Erbkrankheiten können in verschiedensten Ausprägungen auftreten. Dies hängt mit den von der Mutation betroffenen Genen zusammen. Je nach Erkrankung variiert dementsprechend auch die Lebensqualität und -erwartung der Betroffenen.
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Was sind Erbkrankheiten?
Bei Erbkrankheiten handelt es sich um Anomalien, die durch ein oder mehrere mutierte Gene hervorgerufen werden. Man spricht von mono- oder polygenetischen Erkrankungen. In den meisten Fällen werden diese Genveränderungen von den Eltern auf die Nachfahren übertragen. Die Erkrankungen folgen regelmäßigen Erbgängen und sind damit nachvollziehbar und berechenbar.
Allerdings treten auch Neumutationen bei sonst unauffälligen familiärem Umfeld auf. Je nach Erbgang kann ein Elternteil betroffen sein oder auch beide. Bei rezessiv vererbten Krankheiten sind die Eltern häufig selbst nicht erkrankt. Als rezessiv wird ein Erbgang bezeichnet, bei dem das Merkmal nur äußerlich in Erscheinung tritt, wenn es mehrfach im Genpool auftritt. Rezessiv meint also „passiv“ oder „zurücktretend“. „Merkmal“ bezeichnet hier die Allgemeinheit an genetisch übertragbaren Informationen wie die Haarfarbe oder auch Erkrankungen.
Ursachen
- Autosomal-rezessiv:
Die Mutation muss sich jeweils auf beiden übertragenen Chromosomen von Vater und Mutter befinden, um beim Nachwuchs in Erscheinung zu treten. Hierbei sind die Eltern selbst nicht zwangsläufig betroffen.
- Autosomal-dominant:
Bereits ein betroffenes Gen reicht zur Merkmalsausprägung aus. Ein Beispiel für eine autosomal-dominante Erbkrankheit ist die Sichelzellenanämie. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung der roten Blutkörperchen.
- Gonosomal:
Bei diesem Erbgang sind die Geschlechtschromosomen X und Y betroffen. Auch hier wird zwischen rezessiv und dominant unterschieden. In den meisten Fällen liegen die Mutationen auf dem X-Chromosom. Beispiele sind das Rett-Syndrom (dominant) oder die Bluterkrankheit (rezessiv). Ist beispielsweise der Vater (XY) Bluter, ist sein X-Chromosom betroffen. Bei der Mutter (XX) könnte eines der X-Chromosomen die Anomalie tragen. Das zweite hingegen „gleicht die Mutation aus“. Die Mutter trägt in diesem Fall die Bluterkrankheit rezessiv und ist selbst nicht krank. Bekäme ein Sohn das betroffene X des Vaters, wäre er ebenfalls Bluter. Damit ein Mädchen betroffen wäre, müsste es von beiden Elternteilen das betroffene X-Chromosom bekommen. Daher sind Männer häufiger von der Krankheit betroffen als Frauen.
- Mitochondrial:
Hierbei handelt es sich um einen Erbgang, bei dem die Mutation nicht im Zellkern liegt, sondern in den sogenannten Mitochondrien (Zellorganellen). Diese kommen mehrere hunderttausendfach in der Eizelle vor. Daher wird eine solche Erkrankung mütterlicherseits vererbt. Erkrankungen können zudem auch multifaktoriell auftreten. Das bedeutet, dass neben genetischen Veränderungen auch Umwelteinflüsse eine Rolle spielen.
Wann zum Arzt?
Erbkrankheiten sind grundsätzlich sehr ernst und sollten immer engmaschig durch einen erfahrenen Facharzt betreut werden. Manche Erbkrankheiten werden schon vor oder kurz nach der Geburt eines Menschen erkennbar und ermöglichen dadurch die Betreuung vom Kindesalter bis ins hohe Alter. Wie viel medizinische Behandlung notwendig ist, hängt dabei immer von der Art der Erbkrankheit ab. Einige erfordern regelmäßige Arztbesuche und medizinische Eingriffe sowie lebenslange Behandlung mit mehr oder weniger gut verträglichen Wirkstoffen, während andere mit gelegentlicher Vorsorge auskommen.
Falls die Erbkrankheit einen bestimmten Lebensstil notwendig macht, etwa eine Selbstmedikation oder den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel, muss der Patient frühzeitig dahingehend vom Arzt unterwiesen werden. Besonders tückisch sind Erbkrankheiten, die sich erst im Laufe des Lebens zeigen, während der Patient vorher scheinbar gesund gewesen sein kann. Es kann dauern, bis der Betroffene erkennt, dass etwas nicht stimmt, weshalb es ratsam ist, bei auffälligen Veränderungen und Symptomen rechtzeitig den Hausarzt aufzusuchen.
Sollte ein Arzt davon ausgehen, dass alles in Ordnung ist, obwohl Symptome wiederkehrend oder schubweise auftreten, darf der Patient nicht lockerlassen. Da Erbkrankheiten selten sein und unspezifische Symptome auslösen können, kommen selbst erfahrene Ärzte manchmal nicht sofort darauf, dass ein Patient unter einer ernsthaften Krankheit leidet. Geht ein Patient davon aus, dass seine Beschwerden keine simple Ursache haben, ist es manchmal auch sinnvoll, danach einen Facharzt aufzusuchen.
Symptome
Aufgrund der großen Anzahl an unterschiedlichen Erbkrankheiten können pauschal keine Aussagen über die Symptomatik gemacht werden. Nicht alle Erkrankten weisen bereits kurz nach der Geburt Symptome auf. Viele Betroffene bemerken die Mutation erst im Jugend- oder Erwachsenenalter.
Ein Beispiel für eine, meist bereits im Kindesalter erkannte Erkrankung, ist die Trisomie 21 (Down-Syndrom). Hier zeigen sich äußerliche Auffälligkeiten wie Kleinwüchsigkeit, Übergewicht und ein flaches Gesicht. Auffällig sind zudem kurze Finger und tendenziell kleine Ohren. Häufig haben die Betroffenen mit Muskelschwäche zu kämpfen. Im Gegensatz dazu bekommen Bluter bereits nach leichtem Stoßen blaue Flecken oder sogar innere Verletzungen. Äußerliche Schnitte oder Wunden schließen sich nur schlecht. Dementsprechend zeigt sich, dass die Symptomatik bei jeder Erkrankung anders ist.
Häufige Formen und Typen
Häufige Erbkrankheiten:
- Albinismus
- Zystennieren
- Chorea Hungtington
Die häufigsten Erbkrankheiten wurden 2011 nach einer Studie vorgestellt. Erkrankungen wie Albinismus oder die Bluterkrankheit (Hämophilie) gehören zu den bekanntesten. Bei Albinismus handelt es sich um eine Mutation, die auf eine gestörte Biosynthese von Melanin zurückzuführen ist. Daher haben Betroffene je nach Schweregrad nahezu weiße Haare und Haut. Die Augen erscheinen wegen des fehlenden Farbstoffs als rot. Zudem sind betroffene Personen stark lichtempfindlich und neigen zu Hauterkrankungen.
Die als Bluterkrankheit bezeichnete Hämophilie benennt eine Blutgeringungsstörung.
Weitere häufige Erbkrankheiten sind beispielsweise sogenannte Zystennieren oder die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Bei Zystennieren sind die Nieren des Erkrankten mit flüssigkeitsgefüllten Bläschen übersät. Diese beeinträchtigen die Funktion der Organe.
Krankheiten wie Chorea Huntington (Motorikstörung) oder Neurofibromatose (Ausbildung gutartiger Tumore) gehören zudem zu den meist diagnostizierten Erbkrankheiten. Oftmals hat der Mediziner auch mit genetischen Veranlagungen zu tun. Diese Erkrankungen sind zwar nicht vererbt, treten innerhalb einer Familie aber vermehrt auf. Dazu zählen neben Allergien beispielsweise Krebserkrankungen, Depressionen oder Bluthochdruck.
Komplikationen
Bei Erbkrankheiten besteht grundsätzlich das Risiko, dass die vorhandene genetische Disposition an die Nachkommen weitergegeben wird. Die Weitergabe des defekten Gens kann in erster Generationslinie direkt an die eigenen biologischen Kinder, aber auch generationsübergreifend an Kindeskinder erfolgen. Obwohl der Gendefekt von Medizinern klar benannt und im Organismus geortet werden kann, ist es aus aktuell rechtlichen Gründen nicht möglich, ihn zu behandeln sowie vollständig zu beheben.
In Abhängigkeit von einer rezessiven oder dominanten Vererbung der Krankheit werden die Erberkankungen weitergegeben. Der genetische Defekt kann bei den Nachkommen zu einer geringeren, aber auch zu einer stärkeren als der eigenen Ausprägung führen.
Erbkrankheiten können sich im Organismus befinden, ohne dass der Betroffene selbst darüber Kenntnis hat. Adoptierte Menschen haben beispielsweise häufig keine Informationen über bestehende familiäre Erkrankungen. Auch wenn es zu keinem Ausbruch der Krankheit gekommen ist, kann sie dennoch vererbt werden.
Die Ursachenforschung ist je nach der vorliegenden Erberkrankung in diesen Fällen bei auftretenden Symptomen und Beschwerden deutlich erschwert. Dadurch wird automatisch der Weg der gesundheitlichen Genesung oder Einleitung der richtigen Therapie verlängert. Dies kann Auswirkungen auf den Heilungsprozess haben und dazu beitragen, dass eine Erkrankung erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt und behandelt wird.
Behandlung und Therapie
Zum Beispiel kann ein Arzt eine solche Untersuchung zur Abschätzung von Vererbungsriskien durchführen. Eine Behandlung der Ursache beziehungsweise der Grunderkrankung ist bei vererbten Mutationen nicht möglich. Daher erfolgt im Normalfall eine Behandlung der Symptome, um die weitere Ausprägung einzudämmen. Demnach ist eine frühe Erkennung der Erkrankung von Vorteil.
Vorbeugung
Vorbeugungsmaßnahmen gibt es nicht. Die einzige Möglichkeit, um als betroffener Elternteil das eigene Kind vor Erbkrankheiten zu bewahren, ist es, die Wahrscheinlichkeit einer Vererbung testen zu lassen. Je nach Risiko wird ein Mediziner von einer Schwangerschaft abraten. Bereits Erkrankten ist durch frühzeitiges Erkennen der Erkrankung oftmals ein weitgehend normales Leben möglich. Je nach Erkrankung kann durch Medikamente die Lebensqualität erhöht werden.
Quellen
- Dilling, H. & Freyberger, H.J.: Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Huber Verlag, 6. Auflage 2012
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2012
- Tölle, R., Windgassen, K.: Psychiatrie. Springer, Berlin 2014
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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