Zwischenhirn

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Anatomie Zwischenhirn

Das Zwischenhirn wird auch als Diencephalon bezeichnet und ist Teil des Stammhirns. Funktionell kann das Zwischenhirn in fünf Strukturen eingeteilt werden. Es enthält Zentren für die Riechbahn, die Sehbahn, die Hörbahn, für die Oberflächensensibilität und auch ein Zentrum für seelische Empfindungen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Das Zwischenhirn besteht aus dem Thalamus, Hypothalamus, Subthalamus, Epithalamus und dem Metathalamus. Es liegt zwischen dem Großhirn und dem Hirnstamm und erfüllt verschiedene vegetative Aufgaben. Dabei steht es in enger Verbindung mit dem Großhirn und insbesondere mit der Großhirnrinde.

Seinen Namen verdankt das Zwischenhirn seiner anatomischen Lage. Es liegt direkt zwischen Endhirn und Mittelhirn. Von außen betrachtet ist bei einem intakten Gehirn lediglich die Basis des Zwischenhirns sichtbar. Die Aufgaben und Funktionen des Zwischenhirns sind sehr zahlreich und sehr unterschiedlich.

Anatomie

Das Diencephalon wird von Thalamus, Epithalamus, Subthalamus, Hypothalamus und Metathalamus gebildet. Der Epithalamus liegt unterhalb des Thalamus am dritten Hirnventrikel. Er besteht aus der Zirbeldrüse (Epiphyse), dem Subcomissuralorgan, der Commisura habenularum, der Commissura posterior und den beiden Kerngebieten von Habenulae und Area pretectalis. Die Zirbeldrüse stellt eine Mischung aus einem Organ des Zentralnervensystems und einem endokrinen Organ dar.

Der Thalamus ist der größte Teil des Zwischenhirns. Er besteht aus zwei taubeneigroßen Hälften, in denen sich mehr als 100 Kerngebiete befinden. Diese lassen sich in spezifische und unspezifische Kerngebiete unterscheiden. Die spezifischen Thalamuskerne stehen in direkter Verbindung mit der Großhirnrinde. Die unspezifischen Thalamuskerne haben diesen Kontakt zum Großhirn nicht.

Die beiden wichtigsten anatomischen und funktionellen Strukturen des Subthalamus sind der Nucleus subthalamicus und das Pallidum. Das Pallidum fungiert als Zentrum des extrapyramidalen Systems. Hier spielen sich alle Steuerungsvorgänge der Motorik ab.

Der Hypothalamus liegt im Bereich der Sehnervenkreuzung. Er wird vom dritten Ventrikel und vom Thalamus begrenzt. Über den sogenannten Hypophysenstiel (Infundibulum) ist der Hypothalamus mit der Hypophyse verbunden.

Der Metathalamus besteht aus sechs Kniehöckern (Corpora geniculata laterale et mediale). Im seitlichen Kniehöcker enden 90 % aller Nervenfasern der Sehbahn. Auch mit den Kernen des Thalamus, mit der Großhirnrinde und mit Teilen des Mittelhirns steht der Metathalamus in Verbindung.

Funktion

Jeder Teil des Zwischenhirns hat seine eigene Funktion. Der Epithalamus und insbesondere die Epiphyse spielen eine relevante Rolle bei der Steuerung der Tag-Nacht-Rhythmik und bei der Steuerung der jahreszeitlichen Rhythmen. Auch bei der olfaktorischen und der visuellen Wahrnehmung übernimmt der Epithalamus Aufgaben.

Der Thalamus erhält über sogenannte afferente Nervenfasern Informationen aus der Körperperipherie und von den Sinnesorganen. Die spezifischen Kerngebiete des Thalamus prüfen, ob diese Informationen so wichtig sind, dass sie an die Großhirnrinde weitergeleitet werden müssen. Erst in der Großhirnrinde erfolgt die bewusste Verarbeitung dieser Informationen.

Im Thalamus erfolgt diese Bewertung situationsabhängig. Informationen, die in einer Situation als wichtig erachtet werden, können in einer anderen Situation als irrelevant eingestuft werden. Aufgrund seiner Funktion nennt man den Thalamus auch das "Tor zum Bewusstsein".

Der Hypothalamus bildet Effektorhormone, Neuropeptide und Dopamin. Er steuert somit viele vegetative Vorgänge im Körper und ist das wichtigste Steuerzentrum der homöostatischen und hormonellen Regelkreise. Der Thalamus dient der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur, der Osmolarität und des Blutdrucks. Zudem steuert er das Sexual- und Fortpflanzungsverhalten und reguliert die Wasser- und Nahrungsaufnahme. Auch bei der zirkadianen Rhythmik und beim Schlafverhalten spielt er eine Rolle.

Die genauen Aufgaben des Metathalamus sind noch nicht geklärt. Er ist aber wohl wichtiger Teil der visuellen Wahrnehmungsverarbeitung.


Erkrankungen

  • Sexuelle Frühreife
  • Schwartz-Bartter-Syndrom

Je nach Läsionsstelle können die Symptome bei einer Schädigung des Zwischenhirns sehr unterschiedlich sein.

Bei einer Störung der Epithalamusfunktion kommt es zu einer Störung des zirkadianen Rhythmus und unter Umständen auch zu sexueller Frühreife.

Bei Läsionen des Hypothalamus ist meist die Hormonproduktion beeinträchtigt. Bei einer Schädigung des Nucleus supraopticus kann es beispielsweise zu Problemen bei der Sezernierung des Antidiuretischen Hormons (ADH) kommen. Bei einem ADH-Mangel entwickelt sich ein Diabetes insipidus. Dieser ist charakterisiert durch eine vermehrte Urinausscheidung und ein gesteigertes Durstgefühl. Urinmengen bis zu 20 Litern pro Tag sind bei dieser Erkrankung keine Seltenheit.

Bei einem Mangel an diesem Hormon kommt es hingegen zum Schwartz-Bartter-Syndrom. Die Wasserausscheidung ist bei diesen Patienten stark vermindert. Es kommt zu schweren Störungen im Elektrolythaushalt.

Schädigungen des Thalamus führen zu Sensibilitätsausfällen, Lähmungen, Bewegungsstörungen, Bewusstseinseintrübungen oder zum Schmerzsyndrom.

Das Zwischenhirn kann durch Schädel-Hirn-Traumata, Verletzungen oder Tumore geschädigt werden. Auch bakterielle oder virale Infektionen und Parasitenbefälle können zu Entzündungen dieser Hirnregion führen.

Häufigste Ursache für eine Beeinträchtigung des Zwischenhirns ist aber ein Schlaganfall. Hier kommt es durch eine Sauerstoffunterversorgung zu einem Gewebsuntergang im betroffenen Hirnareal.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021

Sie sind hier: Startseite Anatomie Zwischenhirn

Das könnte Sie auch interessieren