Vermännlichung (Androgenisierung)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter einer Vermännlichung (Androgenisierung) werden körperlich-männliche Veränderungen von Frauen verstanden. Der Grund hierfür ist ein Überschuss an Androgenen (männliche Hormone) im Körper der Frau.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Vermännlichung (Androgenisierung)?

Der Begriff Vermännlichung (Androgenisierung) umfasst Veränderungen bei der Frau, welche durch eine verstärkte Wirkung der männlichen Hormone entstehen. Eine andere Bezeichnung dafür ist Maskulinisierung, die sich vom lateinischen Wort masculinun= männlich ableitet. Demzufolge verändern sich die Körper- und Geschlechtsmerkmale deutlich maskulin.

Ursachen

Es gibt verschiedene Ursachen für eine Vermännlichung. Meist liegt ein gestörter Hormonstoffwechsel vor, insbesondere der männlichen Hormone. Die Androgene können hierbei zum Beispiel nicht richtig umgewandelt oder abgebaut werden, wodurch es im Blut zur Steigerung des Gehalts an Androgenen kommt.

Eine weitere Ursache für die erhöhte Produktion der männlichen Hormone kann ein Tumor sein, der sich in der Nebennierenrinde befindet. Diese ist dafür zuständig, die Hormone zu produzieren.

Von der Hirnanhangdrüse erfolgt die Hormonproduktionssteuerung, indem bestimmte Hormone freigesetzt werden. Daher kann auch hier ein Tumor zur vermehrten Produktion der Androgene sorgen, was ebenfalls zur Vermännlichung führt. Ein weiterer möglicher Grund ist, wenn die Enzyme und Enzymbildung gestört sind. Dies kann entweder angeboren sein oder bis zur Pubertät auftreten. Wenn Frauen häufig Hormonpräparate einnehmen, beispielsweise Anabolika, kann dies auch eine Ursache für eine Vermännlichung sein.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome der Vermännlichung (Androgenisierung):

  • Maskulinisierung
  • Virilismus
  • Vergrößerter Kehlkopf
  • Vergrößerte Klitoris
  • Libidoverlust
  • Zunahme der Libido

Klinisch wird bei der Vermännlichung zwischen verschiedenen Stufen unterscheiden: Die Hypertrichose ist eine ausgeprägte Behaarung, die jedoch noch dem weiblichen Typ entspricht. Die Merkmale konzentrieren sich eher auf die Unterarme und Unterschenkel. Manchmal kann auch die Oberlippe leicht betroffen sein. Beim Hirsutismus handelt es sich um eine der sichtbarsten Veränderungen. Hier verschiebt sich die Behaarung des Körpers deutlich zum männlichen Erscheinungsbild.

An der Oberlippe, dem Kinn, den Oberschenkeln, auf der Brust, der Schamregion bis hin zum Bauchnabel liegt eine ausgeprägte Behaarung vor. Durch die Umwandlung des Vellus- in Terminalhaar erfolgt eine unnormale Vermehrung des männlichen Behaarungstyps. Die Stufe Virilismus beschreibt eine starke Maskulinisierung mit den beschriebenen Behaarungen. Die vermehrte Körperbehaarung zeigt ein Verteilungsmuster, welches dem eines Mannes ähnelt.

Zusätzlich setzt durch eine Vergrößerung des Kehlkopfes noch eine tiefere Stimme ein. Zudem erfolgen aufgrund der Muskelzunahme eine Vermännlichung der Körperproportionen, Vergrößerung der Klitoris, Zu- oder Abnahme der Libido sowie psychische Veränderungen. Der Busen hingegen wird oft kleiner. Durch den veränderten Hormonhaushalt bleibt die monatliche Blutung meist aus. Auch eine Unfruchtbarkeit ist möglich. Die Talgdrüsen der Haut sondern aufgrund der Einflüsse der männlichen Hormone mehr Talg ab. Daher kommt es häufig zu einer Akne (Pickel, Knötchen oder Abszesse). Auch auf die Psyche kann sich die Vermännlichung auswirken. Die Betroffenen können insgesamt aggressiver werden und sich minderwertig fühlen.

Diagnose

Um die Diagnose einer Vermännlichung zu stellen, finden durch den Arzt eine Befragung und Untersuchung statt. Hierbei erfasst er die Androgenisierungserscheinungen, die erste Hinweise auf die eventuelle Ursache geben. Labortests können die genauen Auslöser ermitteln. Auf diese Weise kann die Konzentration der verschiedenen Hormone bestimmt werden(Androgene, Hypophysen- und Nebennierenrindenhormone). Des Weiteren stehen viele Funktionstests zur Verfügung, mit denen geprüft werden kann, wie die Zielorgane und Steuerungskreise funktionieren.

Dazu gehören beispielsweise der Metopiron-Test, ACTH-Stimulationstest und Dexamethason-Kurztest. Wird ein Tumor der Nebennierenrinde, Eierstöcke oder Hypophyse vermutet, setzt der Arzt zudem bildgebende Verfahren ein. Bei der Bauchhöhle sind es die Ultraschalluntersuchung und Computertomographie und zur Untersuchung der Hypophyse wird eher die Magnetresonanztomographie eingesetzt. Ist keine eindeutige Klärung der Ursache der Vermännlichung möglich, kann manchmal die Bestimmung der Hormone aus dem Venenblut der Eierstöcke oder Nebennieren Aufschluss geben. In seltenen Fällen ist eine Bauchspiegelung erforderlich, um einen Tumor nachweisen oder ausschließen zu können.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung einer Vermännlichung ist in vielen Fällen langwierig. Sie kann mehrere Jahre dauern. Wichtig ist grundsätzlich, dass die Therapie nicht unterbrochen wird, denn die Beschwerden können sonst erneut auftreten. Daher sind viel Geduld und ein starkes Durchhaltevermögen erforderlich, um Erfolge zu erzielen. Damit die richtige Behandlung beginnt, muss zunächst einmal die genaue Ursache bekannt sein, die zur Vermännlichung geführt hat.

Beim Tumor sind beispielsweise eine Operation und eine nachfolgende Therapie unumgänglich. Liegt hingegen ein Defekt der Enzyme vor, wird eine Hormontherapie eingeleitet. Dabei wird die vermehrte Produktion der Androgene unterdrückt. Die Wirkstoffe ähneln denen, die in hormonellen Verhütungsmitteln zum Einsatz kommen. Je nach Stärke der Vermännlichung können die Symptome manchmal auch ohne eine Hormontherapie gelindert werden, beispielsweise durch eine dauerhafte Epilation, eine Behandlung mit Laser etc. Da die Wurzeln der Haare hierbei zerstört werden, nimmt das Haarwachstum mit der Zeit ab.


Vorbeugung

Einer Vermännlichung kann nur vorgebeugt werden, wenn die Ursache zu finden ist. Androgen wirkende Präparate sollten von den Betroffenen nicht mehr eingenommen werden, um ein Fortschreiten der Vermännlichung zu verhindern. Dabei handelt es sich vorwiegend um Dopingmittel oder Anabolika, die dazu führen, dass der Körper schneller Muskelmasse aufbaut.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Ludwig, M.: Gynäkologische Endokrinologie. Ein Handbuch für die Praxis, 2.Auflage, optimist Fachbuchverlag, 2011
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Kirschbaum, M., et al.: Checkliste Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2005

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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