Thymus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Anatomie Thymus
Der Thymus, auch unter dem Begriff Bries bekannt, ist Teil des lymphatischen Systems. Nach der Pubertät bildet sich das Organ jedoch zurück.
Inhaltsverzeichnis |
Definition
Der menschliche Thymus ist ein zweilappiges Organ. Bis zum Kleinkindalter wächst der Thymus und behält dann bis zur Pubertät seine Größe. Danach wandelt sich sein Funktionsgewebe mehr und mehr in funktionsloses Fettgewebe um.
Diesen Vorgang bezeichnet man auch als Involution. Im Kinder- und Jugendalter werden im Thymus die sogenannten Thymozyten in T-Lymphozyten umgewandelt.
Anatomie
In der Pubertät befindet sich der Thymus auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung. Er wiegt dann rund fünfzig Gramm. Nach der Pubertät wird das Funktionsgewebe (Parenchym) im Rahmen der Thymusinvolution durch Fettgewebe ersetzt. Die Gliederung in Läppchen und die Unterteilung in Rinde und Mark sind jetzt nur noch schwer möglich.
Histologisch betrachtet besteht das Organ aus Läppchen (Lobuli thymici). Diese wiederum werden aus Rinde und Mark gebildet. Insbesondere im Thymusmark finden sich die Hassall-Körperchen. Es handelt sich dabei um schichtweise Zusammenballungen von Zellen des retikulären Bindegewebes. Auch die reifen T-Lymphozyten und die Makrophagen sammeln sich hier. In der dunkleren Rindenzone befinden sich zahlreiche Lymphozyten. Sie differenzieren sich dort.
Im Gegensatz zu anderen Organen des lymphatischen Systems entwickelt sich der Thymus nicht ausschließlich aus dem mittleren Keimblatt (Mesoderm), sondern aus dem Meso-, dem Ento- und dem Ektoderm. Er wird deshalb auch als lymphoepitheliales Organ bezeichnet.
Funktion
Der Thymus dient der primären Entwicklung der T-Lymphozyten und zählt deshalb zu den primären oder zentralen lymphatischen Organen. Die T-Lymphozyten sind eine Gruppe von weißen Blutzellen, die wichtige Aufgaben bei der Immunabwehr übernehmen. Das T in ihrem Namen steht für den Thymus.
Während der Fetalzeit, also in dem Zeitraum von der neunten Schwangerschaftswoche bis zur Geburt, reifen die T-Lymphozyten im Thymus aus. Auch die Differenzierung der einzelnen Lymphozyten erfolgt hier. Die Vorläuferzellen der T-Lymphozyten wandern aus dem Knochenmark zur Läppchenrinde. Sie durchwandern das Thymusläppchen von außen nach innen und reifen dabei.
Durch Zufallskombinationen entstehen im Thymus T-Lymphozyten gegen alle möglichen Moleküle. Nur Lymphozyten, die körpereigene MHC-Moleküle erkennen können, werden als funktionstüchtig eingestuft. Erkennen die T-Lymphozyten später körpereigene MHC-Moleküle in Kombination mit körperfremden Antigenen, wird eine Immunreaktion eingeleitet. Die funktionsfähigen Lymphozyten werden dann vermehrt, alle anderen gehen zugrunde. Dieser Vorgang wird auch als positive Selektion bezeichnet.
Bei der negativen Selektion werden all die Lymphozyten aussortiert, die gegen körpereigene Antigene gerichtet sind. Sie würden später körpereigenes Gewebe attackieren und somit Autoimmunerkrankungen verursachen. Vom Thymusmark wandern die nun ausdifferenzierten und fertig gereiften T-Lymphozyten über das Blut in die sekundären lymphatischen Organe. Dazu gehören die Lymphknoten, die Lymphfollikel der Schleimhaut und die Milz. Dringt ein entsprechendes Antigen in den Körper ein, vermehren sie sich dort.
Erkrankungen
- Thymusaplasie
- di-George-Syndrom
- Thymome
- Thymuskarzinom
- Myasthenia gravis
Eine fehlende Thymusentwicklung wird auch Thymusaplasie genannt. Sie kann zu schweren Entwicklungsstörungen und Immundefekten führen. Beim di-George-Syndrom findet sich eine solche Thymusaplasie. Zusätzlich sind auch die Nebenschilddrüsen stark unterentwickelt und der Aortenbogen ist doppelt angelegt. Auch andere Fehlbildungen werden beobachtet. Die Kinder leiden unter rezidivierenden Infekten mit Viren und Pilzen und unter Krämpfen. Je nach Schweregrad kann eine Thymustransplantation erforderlich sein.
Tumore des Thymus werden Thymome genannt. Etwa 75 % der Thymome sind gutartig, nur ein Viertel ist bösartig. Bösartige Krebsgeschwüre des Thymus werden unter dem Begriff Thymuskarzinom zusammengefasst. Die bösartigen Thymome sind sehr selten und treten am häufigsten im Alter zwischen 50 und 60 auf. Typische Symptome sind Schluckbeschwerden durch den Druck des Tumors auf die Speiseröhre, Heiserkeit, Atemnot oder Herzbeschwerden. Thymome werden in der Regel chirurgisch entfernt.
Dann weiten sich die Lähmungen auch auf die Gesichtsmuskeln und den Kopfhalteapparat aus. Schluck- und Sprechschwierigkeiten können auftreten. Auch die Muskulatur der Extremitäten ist früher oder später von der Muskelschwäche betroffen. Unter Umständen kann es im Verlauf der Erkrankung zu lebensbedrohlichen Komplikationen durch eine Schwächung der Atemmuskulatur kommen.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Sie sind hier: Startseite Anatomie Thymus