Rheumatisches Fieber

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Rheumatisches Fieber, das auch als Streptokokkenrheumatismus bezeichnet wird, ist eine entzündlich-rheumatische Systemerkrankung von Herz, Gelenk, Gehirn und Haut. Rheumatisches Fieber wird in den Industrieländern nur selten diagnostiziert.

Inhaltsverzeichnis

Was ist rheumatisches Fieber?

Beim rheumatischen Fieber handelt es sich um eine Entzündungsreaktion des Körpers. Bei dieser tritt im Anschluss an eine bakterielle Infektion der oberen Luftwege eine Zweiterkrankung auf.

Deren Ursache sind Toxine (Bakteriengifte), die von Bakterien der Streptokokkengruppe gebildet werden. In den meisten Fällen waren die Patienten 10 bis 20 Tage vor Auftreten des rheumatischen Fiebers an einer Pharyngitis (Rachenentzündung) oder einer Streptokokken-Angina tonsillaris (Mandelentzündung) erkrankt.

Ursachen

Bislang ist die Ursache für rheumatisches Fieber nicht eindeutig geklärt. Es wird vermutet, dass der Körper überempfindlich auf die Bakterien reagiert. Durch diese Überreaktion kommt es zum Beispiel an den Gelenken und am Herzen zu Entzündungen.

In dem 10- bis 20-tägigen Intervall zwischen Vorerkrankung und dem Ausbruch des rheumatischen Fiebers entwickelt der menschliche Organismus gegen die für die Entzündung der oberen Luftwege ursächlichen Bakterien Antikörper (körpereigene Abwehrstoffe). Diese sind gegen ein spezielles Protein der Bakterienwand (M-Protein) gerichtet, welches körpereigenen Proteinen in Gelenken, Herzmuskel-, Gehirn- oder Hautzellen ähnelt.

Aufgrund dieser Ähnlichkeit kommt es zu einer Kreuzreaktion zwischen den gebildeten Antikörpern und körpereigenen Zellen. Daraus folgend richten sich die Antikörper statt gegen die Bakterien gegen körpereigenes Gewebe wie Herzmuskelzellen oder Gelenktbestandteile.

Infolge dessen kommt es bei Patienten mit rheumatischem Fieber zum Beispiel zu einer Arthritis (Gelenkentzündung) oder zu einer Endokarditis (Entzündung der Herzinnenschicht mit Veränderungen der Herzklappen).

Symptome und Verlauf

Typische Symptome:

Die ersten Symptome des rheumatischen Fiebers treten 10 bis 20 Tage nach einer Streptokokken-Pharyngitis oder einer Streptokokken-Angina tonsillaris auf. Die Beschwerden betreffen die Haut, die Gelenke, das zentrale Nervensystem sowie das Herz. Der Patient hat Kopfschmerzen, Fieber und schwitzt vermehrt.

Mehrere Gelenke wie Sprung-, Hüft- oder Kniegelenke schwellen an und schmerzen. Da die Gelenkprobleme nacheinander an verschiedenen Gelenken auftreten, ist auch von einer akut wandernden Polyarthritis die Rede. Auch Hautveränderungen treten im Rahmen des rheumatischen Fiebers auf. Bevorzugt auf den Streckseiten von Armen und Beinen kommt es zu knotigen Veränderungen im Unterhautgewebe.

Diese sogenannten Rheumaknötchen sind zum Teil auch an den Herzklappen zu finden. Etwa 10 Prozent der Patienten weisen außerdem umschriebene gerötete Hautbezirke (Erythema) auf, die vorwiegend am Körperstamm zu finden sind. Des Weiteren betrifft das rheumatische Fieber das Herz. Die Entzündungen können alle Herzwandbestandteile betreffen.

Hierbei ist zwischen einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis), der Entzündung der Herzinnenschicht (Endokarditis) und einer Herzbeutelentzündung (Perikarditis) zu unterscheiden. Die das zentrale Nervensystem betreffenden Symptome sind insgesamt sehr selten. Sie können auch noch nach Monaten der Symptomlosigkeit auftreten.

Patienten bemerken unkontrollierte Handbewegungen, Ungeschicklichkeit oder ein ungewollt auftretendes Grimassieren des Gesichts. Diese als Chorea minor bezeichneten Symptome einer rheumatischen Entzündung werden von einer entzündlichen Beteiligung des Gehirns hervorgerufen.

Diagnose

Die Diagnose der rheumatischen Entzündung stützt sich auf den Nachweis einer vorausgegangenen Streptokokkeninfektion. Die Besiedlung der oberen Luftwege durch Streptokokken kann mit einem Rachenabstrich festgestellt werden. Diese Prüfung erfolgt durch einen Streptokokkenantigen-Schnelltest oder die Anlage einer Kultur des Abstrichs.

Die Konzentration der Antikörper wird in einer Blutprobe bestimmt. Die 1992 von der American Heart Association Jones-Kriterien dienen der Diagnose des rheumatischen Fiebers. Das Vorliegen der Erkrankung ist wahrscheinlich, wenn zwei Hauptkriterien oder ein Haupt- und ein Nebenkriterium dieser Jones-Kriterien erfüllt sind. Daher sind beim Verdacht auf rheumatisches Fieber ein Herzultraschall (Echokardiographie) und ein EKG besonders wichtig für die Diagnose.

Behandlung und Therapie

Die Behandlung des rheumatischen Fiebers besteht aus der Eliminierung lebender Streptokokken, Entzündungshemmung und Schadensbegrenzung sowie der Verhütung eines erneuten Ausbruchs.

Zum Abtöten der Bakterien kommt das Antibiotikum Penicillin G zum Einsatz, auf welches Streptokokken empfindlich reagieren. Das Penicillin wird über einen Zeitraum von 10 Tagen gegeben. Bei einer Allergie gegen dieses Antibiotikum dienen Makrolide als Ersatz. Zugleich erfolgt die Gabe von Acetylsalicylsäure zur Entzündungshemmung oder von Kortikoiden bei Beteiligung des Herzens.

Im Anschluss an diese Behandlung müssen die Patienten niedrig dosiertes Penicillin über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren einnehmen, um eine Wiedererkrankung an rheumatischem Fieber zu verhindern. Der Einnahmezeitraum verlängert sich, wenn der Entzündungsprozess auch das Herz betrifft.

Auch nach Ende der langjährigen Therapie ist bei diagnostischen oder operativen Eingriffen die Gabe von Penicillin anzuraten. Dies dient der Vermeidung einer Herzinnenschichtentzündung oder der Verschlimmerung der Herzklappenveränderung nach einer überstandenen Erkrankung an rheumatischem Fieber.


Vorbeugung

Die beste Vorbeugung vor rheumatischem Fieber ist eine rechtzeitige Antibiotikatherapie bei Verdacht auf eine Infektion mit Streptokokken. Diese muss konsequent durchgeführt werden, da ein vorzeitiger Abbruch zu einem Wiederaufflammen einer bereits überstanden geglaubten Krankheit führen kann.

Auf die Rezidivprophylaxe muss besonderer Wert gelegt werden, da die Erkrankung potenziell tödlich ist. Patienten, die häufiger an Infektionen der oberen Luftwege erkranken, können sich vorbeugend die Rachenmandeln entfernen lassen, um eine Erkrankung an rheumatischem Fieber zu verhindern.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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