Penicillin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Penicillin ist ein in verschiedenen chemischen Abwandlungen verfügbares Antibiotikum, welches aus geeigneten Stämmen von Schimmelpilzen, zum Beispiel Penicillium notatum, gewonnen wird. Es handelt sich aufgrund seines Aufbaus um ein sogenanntes Beta-Lactam-Antibiotikum. Wenngleich mittlerweile auch chemische Synthesen von Penicillin gelungen sind, wird aus wirtschaftlichen Gründen immer noch auf die ursprüngliche Gewinnungsmethode zurückgegriffen. Trotz zunehmender Resistenzen findet der ursprüngliche Stoff immer noch Verwendung in der praktischen Medizin.
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Die Entdeckung von Penicillin
Die Geschichte der Entdeckung des Penicillin ist in medizinischen Kreisen überaus bekannt - gibt sie doch ein gutes Beispiel ab, auf welchen Umwegen manchmal wissenschaftlicher Fortschritt zustande kommt: Alexander Flemming, ein schottischer Bakterienforscher, vergass in seinem Labor im Jahre 1928 versehentlich über die Sommerferien einige angefertigte Bakterienkulturen, die ergo wochenlang vor sich hin vegetieren und sich fleißig vermehren konnten.
Als der Wissenschaftler nach dem Urlaub wieder in sein Labor zurückkehrte, bemerkte er, dass seine Bakteriennährböden stellenweise verschimmelt waren - ärgerlich eigentlich. Er stellte jedoch fest, dass in der Nähe der Schimmelflecken das Bakterienwachstum gehemmt zu sein schien - diesem Phänomen nachgehend entdeckte er schließlich den Schimmelpilz-Stoff Penicillin, welcher antibakterielle Wirkung hat. 1945 erhielt Flemming den Nobelpreis für seine Forschung - und der Menschheit stand fortan das erste Mittel gegen Bakterien zur Verfügung.
Medizinische Anwendung
Um den Wirkmechanismus zu verstehen, muss man wissen, dass Bakterien (vor allem gram-positive Keime) in ihrer Zellwand eine sogenannte "Mureinschicht" aus vernetzten Eiweißen haben. Dem Aufbau und der ständigen Reparatur dieses "Bakterienpanzers" dient ein Enzym mit dem schönen langen Namen Muramoylpentapeptidcarboxypeptidase - und genau dieses Enzym wird vom Penicillin blockiert, weil es mit seinem Beta-Lactam-Ring den natürlichen Baustein der Zellwandsynthese imitiert. "Sand im Getriebe" des bakteriellen Enzyms - die Reparatur der Zellwand unterbleibt, die Bakterien gehen daran kaputt.
Auf derselben Ebene entstehen aber leider auch die Resistenzen gegen das Antibiotikum: Einige Bakterien haben gelernt, eine "Beta-Lactamase" zu produzieren, ein Enzym, welches durch die Gegend schwimmt und Beta-Lactam-Ringe spaltet - das Antibiotikum verliert dann seine Wirksamkeit. Verwendet wird das Penicillin - auch das erklärt sich aus dem Mechanismus - vor allem bei Infektionen mit gram-positiven Keimen (weil nur jene die Zellwand mit der Mureinschicht haben).
Ursprünglich konnte das Penicillin G gegen eine Vielzahl von Keimen verwendet werden, heutzutage beschränkt sich die Anwendung aufgrund vielfältiger Resistenzen auf einige wenige Infektionskrankheiten, darunter Streptokokken-Infektionen wie die Mandelentzündung, Scharlach oder das rheumatische Fieber, aber auch bei Infektionen mit Meningokokken (Hirnhautentzündung) und Gonokokken (Gonorrhoe, Tripper) oder Treponema pallidum (Lues, Syphilis).
Für alle anderen Infektionen wie Lungenentzündungen oder Weichteilinfekte gibt es Weiterentwicklungen der Penicilline wie die Aminopenicilline, die mit Beta-Lactamase-Inhibitoren verknüpft werden und damit den Resistenzmechanismus der Bakterien wiederum zu bekämpfen versuchen (Unacid® als Kombination des Aminopenicillins Ampicillin mit dem Beta-Lactamase-Inhibitor Sulbactam ist eines der am häufigsten verwendeten Antibiotika in deutschen Krankenhäusern überhaupt).
Wechselwirkungen
Da Penicilline im Großen und Ganzen weitgehend unverändert über die Niere ausgeschieden und nicht in der Leber verstoffwechselt werden, gibt es kaum Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu bedenken. Dafür kann es bei Nierenerkrankungen, die mit einer verminderten Filtrationsleistung einhergehen (z.B. chronische Niereninsuffizienz), zu einem Anstieg der Konzentration von Penicillin im Blut kommen - die Dosis muss dann angepasst werden.
Gibt es Alternativen zu Penicilin?
Es gibt keine pflanzlichen oder homöopathischen Alternativen zum Penicillin. Wenn eine ernsthafte bakterielle Infektion vorliegt, kann ein Antibiotikum unter Umständen Leben retten und hat dies in der jüngeren Medizingeschichte seit Entdeckung des Penicllins auch oft genug getan.
Je mehr Antibiotika jedoch flächendeckend Verwendung finden, desto mehr Bakterien erhalten die Chance, resistent zu werden. Dies ist zurzeit ein großes Problem vor allem in der Intensivmedizin.
Wenn es Alternativen zu Penicillin gibt, dann selbstverständlich in den anderen Antibiotikaklassen: Cephalosporine sind beispielweise ganz ähnliche Wirkstoffe, sollten jedoch eher als Reservemittel bewahrt werden. Penicillin sollte, wann immer möglich, zuerst Verwendung finden.
Risiken und Nebenwirkungen
Einige Nebenwirkungen einer Penicllin-Therapie sind zu bedenken: So kann es zu Beschwerden im Magen-Darm-Trakt kommen, wenn das Antibiotikum die natürliche Darmflora dahinrafft. In bis zu zehn Prozent der Fälle kommt es zu Allergien, welche sich von einfachem Hautausschlag bis hin zum (sehr seltenen) schweren anaphylaktischen Schock entwickeln können. Darüber hinaus hat Penicillin eine neurotoxische Wirkung, sodass es bei sehr hohen Dosen auch zu Nervenschädigungen kommen kann. Über die Beeinträchtigung der Darmflora wird zudem die Vitamin-K-Bildung der Darmbakterien gestört, was auf lange Sicht wiederum Gerinnungsstörungen mit Blutungsneigung verursachen kann.
Quellen
- Aktories, K. et al.: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 12. Auflage, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017
- E. Burgis: Allgemeine und spezielle Pharmakologie. 3. Auflage, Elsevier GmbH, München 2005
- Lüllmann, H. et al.: Pharmakologie und Toxikologie: Arzneimittelwirkungen verstehen - Medikamente gezielt einsetzen. 18. Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 2016
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
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