Hyperästhesie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Mediziner spricht dann von einer Hyperästhesie, wenn der Patient über eine deutlich erhöhte Empfindlichkeit der Sinnes- wie Berührungsreize klagt. Diese Überempfindlichkeit deklariert der Betroffene oftmals auch als Schmerz. Oftmals spricht man auch von einer deutlichen Schmerzempfindung durch Reize, die im Regelfall gar keinen Schmerz auslösen dürfen oder können.
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Was ist Hyperästhesie?
In der Neurologie sowie auch Psychologie verwendet man den Begriff der Hyperästhesie. Die Neurologie spricht bei einer Hyperästhesie von einer deutlich erhöhten Schmerzempfindlichkeit. Diese tritt vor allem bei Berührungen auf. In der Psychologie spricht der Mediziner dann von einer Hyperästhesie, wenn die Erregung und die Überempfindlichkeit durch Berührungsreize ausgelöst werden. Jedoch tritt der Begriff Hyperästhesie automatisch dann auf, wenn es sich um Sensibilitätsstörungen handelt, die sich vorwiegend im Rahmen der Überempfindlichkeit oder auch auf Grund einer deutlich verringerten Empfindlichkeit äußern.
Unter dem Begriff Dysästhesie bezeichnet der Mediziner unangenehme Sinneswahrnehmungen, die ebenfalls durch normale Reize ausgelöst werden. Der Patient klagt über verminderte Sinnesempfindungen sowie einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit. Bei der Hyperalgesie spricht der Mediziner von der erhöhten Schmerzempfindlichkeit; bei einer Hyperpathie hingegen, klagt der Patient über eine hohe Reizschwelle in Verbindung mit der Überempfindlichkeit bei sensiblen Reizen. Somit stellt die Hyperästhesie einen Oberbegriff dar, der sich jedoch in den einzelnen Nuancen deutlich unterscheidet.
Ursachen
Auch Morbus Sudeck kann mitunter eine Hyperästhesie auslösen. Ein Phänomen, das bislang den Medizinern Rätseln aufgibt, ist der sogenannte Phantomschmerz. Bei dem Phantomschmerz tritt ein Schmerzempfinden auf, welcher aus früheren traumatischen Schmerzerfahrungen resultiert. Personen klagen oftmals nach einer Amputation über Schmerzen, obwohl der Schmerzbereich gar nicht mehr besteht. Warum dieser Phantomschmerz - in Verbindung mit der Überreizung - auftritt, ist ungeklärt.
Wann zum Arzt?
Ein Arzt ist bei einer Hyperästhesie aufzusuchen, sobald über mehrere Tage oder Wochen bereits leichte Berührungen auf der Haut als unangenehm oder schmerzhaft empfunden werden. Kommt es zu Veränderungen der Sensibilitätsempfindung oder einem ungewöhnlich starken Schmerzerleben, ist ein Arzt zu konsultieren.
Meist wird der körperliche Kontakt mit Menschen oder Kleidungsstücken vom Betroffenen als immens schmerzhaft empfunden, sodass der Erkrankte Annäherungen vermeidet. Wird dies selbst erlebt oder beobachten Außenstehende ein Vermeidungsverhalten, sollte ein Arzt konsultiert werden. Vor der Einnahme eines schmerzstillenden Medikamentes muss die Rücksprache mit einem Mediziner erfolgen, da sich Risiken und Nebenwirkungen einstellen können, die vermieden werden sollten.
Symptome und Verlauf
Typische Symptome der Hyperästhesie:
- Überempfindlichkeit
Das klassische Symptom einer Hyperästhesie ist die Überempfindlichkeit. Der Patient klagt, bei Berührungsreizen, von einer Überstimulation der Reize und verbindet diese oftmals mit Schmerzen. Somit ist auch ein deutlich erhöhtes Schmerzempfinden ein Anzeichen einer Hyperästhesie. Die Hyperästhesie tritt oftmals in Verbindung mit einer bereits bestehenden Grunderkrankung oder auch als isoliertes Merkmal auf. Das bedeutet, dass der Mediziner eine Differenzialdiagnose stellen muss. So kann er etwa die Frage klären, ob es nachvollziehbare Störungen im Bereich des Nervensystems gibt.
Auch die Frage, ob - auf Grund eines vorangegangenen Traumas - eine Reizweiterleitung besteht, muss geklärt werden. Es gibt auch die Möglichkeit einer organisch bedingten Ursache. Das bedeutet, dass der Patient etwa nach Bandscheibenschäden über eine Nervenwurzelkompression verfügt oder auch gutartige Tumore (Neurinomen) auf das Nervensystem drücken. Die Diagnose und Ursachenforschung, weshalb eine Hyperästhesie entsteht, ist gleichzeitig auch maßgebend für die weitere Therapie und Behandlung.
Diagnose
Im Rahmen der Differenzialdiagnose erstellt der Arzt zunächst die Anamnese um eine Hyperästhesie festzustellen. Auf Grund der Anamnese hat der Mediziner die Möglichkeit, dass er differenzieren kann, ob es sich um organische oder psychologische Ursachen handelt, weshalb die Hyperästhesie besteht. Zur Abklärung kann der Mediziner auch bildgebende Verfahren anwenden. Hier eignen sich vorwiegend CT sowie MRT. Diese bildgebenden Verfahren geben einen Aufschluss darüber, ob es sich um etwaige Bandscheibenschäden oder auch gutartige Tumore handelt.
Des Weiteren führt der behandelnde Arzt eine Sensibilitätsprüfung sowie auch eine Nervenleitfähigkeitsmessung durch. Während der Diagnose ordnet der Arzt auch eine Reflexprüfung an. In vielen Fällen gilt die Hyperästhesie aber nicht als krankhafte Erscheinung, sondern wird als Normvariante bezeichnet.
Komplikationen
Die Hyperästhesie ist mit einer stark erhöhten Sensibilität und einer erhöhten Empfindlichkeit verbunden. Bereits sanfte Berührungen und kleine Reize können beim Betroffenen Schmerzen und ein starkes Unwohlsein hervorrufen. Liegt eine verringerte Empfindlichkeit vor, so kann dies ebenfalls zu Beschwerden führen. Beide Ausprägungen verringern die Lebensqualität des Betroffenen und erschweren dessen Alltag und Berufsleben. Begleitend zu der erhöhten oder verringerten Sensibilität treten häufig auch Schlafstörungen auf. Betroffene sind oft gereizt und können sich schwieriger konzentrieren als gesunde Menschen.
Langfristig entwickeln sich aus einer Hyperästhesie Angststörungen und mitunter auch Depressionen und andere seelische Leiden. Bei der operativen Behandlung der Hyperästhesie können weitere Verletzungen an den Nerven entstehen. Gelegentlich kommt es auch zu Blutungen oder Entzündungen, die unbehandelt zu weiteren Komplikationen führen können. Nach dem Eingriff sind Wundheilstörungen oder die Bildung von Narben denkbar.
In Einzelfällen tritt die erhöhte Sensibilität nach einigen Monaten wieder auf. Die begleitend dazu stattfindende Medikation birgt die Gefahr von Neben- und Wechselwirkungen. Bei unerkannten Vorerkrankungen oder im Zusammenspiel mit anderen Arzneimitteln können Nierenschädigungen, Herz-Kreislaufbeschwerden und andere ernste Komplikationen auftreten.
Behandlung und Therapie
Eine Behandlung der Hyperästhesie erfolgt auf Grund der Tatsache, weshalb sie entstanden ist. Liegt die Ursache der Hyperästhesie im organischen Bereich, therapiert der Mediziner zuerst die Grunderkrankung. Bevor die Grunderkrankung nicht behandelt wird, gibt es auch keine direkte Therapie der Hyperästhesie. Liegen etwa Neurinome vor, werden diese etwa operativ entfernt, bevor die Behandlung der Hyperästhesie beginnt.
Vorbeugung
Eine Vorbeugung der Hyperästhesie gibt es im Regelfall nicht. Die Ursachen für eine organische oder auch psychologische Hyperästhesie sind derart vielfältig, dass auch eine Entstehung der Symptome nicht vorausgesagt werden kann. Als vorbeugende Maßnahme gilt, dass bereits bei den ersten Anzeichen eine Therapie begonnen werden sollte. Nur wer früher mit der Behandlung beginnt, kann eine Fortschreiten der Hyperästhesie verhindern.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2011
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart
- Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
- Arastéh, K., et al.: Duale Reihe. Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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