Bandscheibenvorfall

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Bandscheibenvorfall ist in Deutschland die häufigste Rückenerkrankung. Bandscheiben befinden sich zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule. Sie sorgen für die Beweglichkeit des Rückens und federn gleichzeitig Stöße ab.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Bandscheibenvorfall?

Plötzlich starke Rückenschmerzen bei Belastung kann auf einen Bandscheibenvorfall hindeuten.

Die Bandscheiben bestehen aus einem knorpeligen, flexiblen und wasserkissenartigen Gewebe zwischen den Wirbeln. Einerseits ermöglichen sie die Beweglichkeit des Rückens und andererseits stoßbrechend, da sie wie ein Polster auf die Zwischenwirbel wirken.

Die Rückenwirbelsäule des Menschen besitzt exakt 23 Bandscheiben.

Der Bandscheibenvorfall gehört zu den häufigsten Rückenerkrankungen. Etwa 30.000 Operationen werden jährlich in Deutschland auf Grund eines Bandscheibenvorfalls vorgenommen.

In der Lendenwirbelsäule tritt ein Bandscheibenvorfall am häufigsten auf. Die Brustwirbelsäule ist von Bandscheibenvorfällen am wenigsten betroffen. In der Regel treten Bandscheibenvorfälle zwischen dem 30. und dem 60. Lebensjahr auf.

Ursachen

Die Bandscheiben bestehen aus Knorpelgewebe und einem weichen gallertartigem Kern. Bei einem Bandscheibenvorfall verrutscht der weiche Kern und durchbricht den knorpeligen Bindegewebsring. Dann kann es dazu kommen, dass der Kern auf die umliegenden Nerven drückt und die typischen Schmerzen entstehen.

Eine Überbelastung beziehungsweise eine Fehlbelastung tragen ebenfalls dazu bei, das Risiko eines Bandscheibenvorfalls zu erhöhen. Aus diesem Grund kommt es häufig im Verlauf einer Schwangerschaft zu Bandscheibenvorfällen.

Außerdem wird während einer Schwangerschaft vermehrt Wasser in die Bandscheiben eingelagert, was durch eine Hormonveränderung verursacht wird. Dadurch werden die Bandscheiben instabiler und springen aus ihren Verankerungen.

Langanhaltende Fehlhaltungen, die zum Teil beruflich bedingt sind, werden ebenfalls als Ursache für einen Bandscheibenvorfall genannt. Ein Bandscheibenvorfall kann nur durch eine Computer- Tomographie (CT) oder eine Kernspin-Tomographie (MRT) diagnostiziert werden.

Wie alle Teile des menschlichen Körpers unterliegen auch Bandscheiben einer altersbedingten Veränderung. Eine ungesunde Lebensweise, wie Bewegungsmangel und vor allem eine schwache Rücken- und Bauchmuskulatur, verschärfen das Risiko eines Bandscheibenvorfalls.

Bandscheibenvorfall - Bandscheiben können verrutschen und auf die Nervenfasern drücken. Der gequetschte oder eingeklemmte Nerv kann heftige Schmerzen verursachen.

Wann zum Arzt?

Ab wann ein Arzt aufgesucht werden sollte, ist beim Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall indikationsabhängig. Sind die Schmerzen nicht immerzu spürbar, dann sind die Heilungschancen ziemlich gut, dass sie nach wenigen Tagen oder einer Woche von selbst verschwinden. In solchen Fällen hilft leichte Bewegung und ausreichend Ruhe.

Bei eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit und anhaltenden Schmerzen in drückender bis stechender Form, ist es jedoch zwingend erforderlich einen Arzt zu kontaktieren. Dies gilt auch, wenn Taubheitsgefühle in Beinen oder Armen aufgetreten sind. Nur dann lassen sich rechtzeitig eventuelle Lähmungserscheinungen ausschließen.

Für den Fall dass es zu sichtbaren Veränderungen gekommen ist, dürfte ein Bandscheibenvorfall schon eingetreten sein. Dann sind meist die Wirbelgelenke und Nervenaustrittslöcher zu Schaden gekommen und eine ärztliche Untersuchung ist unumgänglich. Eine Operation ist dann sehr anzuraten. Lebensbedrohlich wird es, wenn durch die Schmerzen auch die Atmung eingeschränkt ist. In diesem Fall muss sofort ärztliche Hilfe herbeigeholt werden. Auch bei unkontrolliertem Urinverlust oder Stuhlgang liegt ein absoluter Notfall vor und erfordert eine umgehende Operation innerhalb weniger Stunden.

Symptome und Verlauf

Abhängig von Region und Ausprägung des Bandscheibenvorfalls ist auch die Stärke und der Ort der Wahrnehmung des Schmerzes unterschiedlich. Häufig wird er als tiefer scharfer Schmerz in Rücken und Oberschenkel wahrgenommen, die bis in den Fuß ausstrahlen können. Dazu können lokale Taubheitsgefühle, Kribbeln oder sogar Lähmungen auftreten. Während eines Bandscheibenvorfalls verhärtet sich der Rücken und wird dabei zu einer einzigen schmerzenden Fläche. Untersuchungen haben jedoch auch gezeigt, dass über 30% der Bandscheibenvorfälle ohne Beschwerden auftreten.

Der Krankheitsverlauf ist recht uneinheitlich und muss unter individuellen Kriterien wie Lokalisation und Ausprägungsgrad betrachtet werden. Der Bandscheibenvorfall kommt beinahe nie aus heiterem Himmel, sondern hat in der Regel eine bereits schmerzhafte Vorgeschichte mit Muskelverspannungen oder arthrotischen Veränderungen.

Ein akuter Bandscheibenvorfall ist fast immer schmerzhaft, der Übergang in einen chronischen Krankheitsverlauf nicht selten. Auch gut therapierte Bandscheibenvorfälle verschwinden niemals vollständig, es kann allerdings eine jahrelange Beschwerdefreiheit erreicht werden. Besonders ältere Menschen sind anfällig für einen sogenannten chronisch-rezidivierenden Verlauf. Neben dem altersbedingten Verschleiß spielen dabei auch Fehlhaltungen und falsche Belastungen des Rückens eine Rolle.

Diagnose

Der Bandscheibenvorfall ist eine recht häufige Erkrankung, die Diagnosestellung erfolgt in der Regel über eine orthopädische und neurologische Befunderhebung. Die Diagnoseerhebung erfolgt sowohl über körperliche Untersuchungen als auch über bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Kernspin (MRT).

Bei der Basisdiagnose wird der Arzt oder Heilpraktiker Reflexe, Gefühl in den Beinen, Muskelkraft und Schmerzcharakter überprüfen. Grundsätzlich kann ein Bandscheibenvorfall in allen Wirbelsäulenabschnitten vorkommen, es gibt jedoch sogenannte Prädilektionsstellen, an denen ein Vorfall besonders häufig auftritt, beispielsweise am Übergang der Lendenwirbelsäule zum Steißbein.

Die Kenntnis dieser bevorzugten Stellen eines Bandscheibenvorfalls gehört zu den diagnostischen Kriterien. Wenn bei der Untersuchung Taubheitsgefühle einer bestimmten Nervenregion zugeordnet werden können, kann ein erfahrener Therapeut bereits diagnostizieren, in welchem Wirbelkörpersegment eine Bandscheibenvorfall vorliegt.

Bei der Diagnose des Bandscheibenvorfalls, auch Diskusprolaps genannt, kommt es auch auf dessen Ausprägungsgrad an. Bei stärkeren Nervenwurzelkompressionen oder gar Stuhl- oder Harnverhalt besteht eine akute Indikation zur Operation. Als weiterführende Tests bieten sich Magnetresonanztomographie oder Computertomographie an.

Eine normale Röntgenaufnahme der Wirbelkörper erweist sich in der Regel als wenig hilfreich, da keine weichen Gewebestrukturen wie Nervengeflechte oder Bandscheiben gezeigt werden.

Die Diagnose Bandscheibenvorfall ist nicht selten auch ein Zufallsbefund, denn nicht jeder Vorfall verursacht zwangsläufig Schmerzen oder Funktionseinschränkungen. Sind Lähmungen oder Gefühlstörungen die direkte Folge eines Bandscheibenvorfalls, so kann auch eine Elektroneurographie oder ein Elektromyogramm weiteren Aufschluss geben.

Komplikationen

Komplikationen durch einen Bandscheibenvorfall treten zumeist auf, weil zu lange mit einer fachgerechten Behandlung gewartet wurde. Als wichtiges Alarmzeichen gilt die einsetzende Lähmung eines Muskels. Dabei kann es sich zum Beispiel um Probleme beim Anheben oder Absenken des Fußes handeln. Findet dann noch immer keine ärztliche Behandlung statt, droht das Voranschreiten der Lähmungen. Leidet die betroffene Person unter einem Bandscheibenprolaps im Bereich der Halswirbelsäule, hat dies oftmals verminderte Kraft oder Sensibilitätsstörungen in den Armen zur Folge. In der unteren Rückenregion drohen durch Schädigungen der Nerven Lähmungen an Darm und Blase. Die Folge sind ausgeprägte Störungen beim Stuhlgang sowie beim Wasserlassen. Verschlimmern sich die Nervenschäden, wirkt sich dies auch negativ auf die Beschwerden aus.

Eine weitere unangenehme Folgeerscheinung des Bandscheibenvorfalls sind zunehmende Schmerzen. Begleitet werden diese nicht selten durch Missempfindungen und Taubheitsgefühle. Zur selben Zeit setzen durch den Bandscheibenprolaps auch Muskelverspannungen ein, die ihrerseits eine fehlerhafte Belastung der Gelenke hervorrufen, was zu weiteren Schmerzreizen führt. Auf diese Weise entsteht ein Teufelskreis, der das Krankheitsbild noch weiter verstärkt.

Komplikationen durch einen Bandscheibenvorfall können auch im Anschluss an einen operativen Eingriff auftreten. So ist es bei einem Prolaps der Bandscheibe erforderlich, die Rückenmuskeln von der Wirbelsäule zu trennen. Dadurch besteht jedoch das Risiko von Muskelschwäche oder Vernarbungen, die wiederum Beschwerden nach sich ziehen.

Behandlung und Therapie

Bandscheibenvorfälle, die Lähmungserscheinungen oder Blasen- und Mastdarmstörungen zur Folge haben, müssen sofort operiert werden, da hier Nervenzellen oder sogar das Rückenmark akut bedroht sind.

Die meisten Bandscheibenvorfälle lassen sich ohne Operation behandeln. Denn es bestehen gute Chancen, dass der Gallertkern mit der Zeit austrocknet und sich somit die Schmerzen bessern oder verschwinden.

Hat man in früheren Zeiten den Patienten bei einem Bandscheibenvorfall Wärmepackungen und Bettruhe verordnet, versucht man den Patienten mit Bandscheibenvorfall heutzutage schnell wieder aktiv werden zu lassen, denn die verhärteten Muskeln sollen sich lockern.

In einer Physiotherapie erlernt der Betroffene, wie er sich trotz Bandscheibenvorfall möglichst schmerzfrei bewegen kann. Dies funktioniert besonders am Anfang nur mit der strikten Einnahme von Schmerztabletten.

Langfristig gesehen sollen durch die Physiotherapie Bauch- und Rückenmuskeln gestärkt werden und die Wirbelsäule somit entlastet werden. Sollte nach drei Monaten keine Besserung erkennbar sein, muss über eine Operation des Bandscheibenvorfalls nachgedacht werden.


Vorbeugung

Damit es erst gar nicht zu einem Bandscheibenvorfall kommt ist eine bewegungsaktive Lebensweise von großer Bedeutung. Dabei ist es wichtig sowohl die Bauch- und Rückenmuskulatur als auch den Beckenboden (Beckenbodengymnastik) zu trainieren.

Damit wird die Wirbelsäule um ein Vielfaches entlastet und das Risiko eines Bandscheibenvorfalls wird erheblich gemindert.

Beim Schlafen sollte darauf geachtet werden, dass Matratze und Kopfkissen die Wirbelsäule unterstützen.

Des Weiteren muss der Arbeitsplatz rückenfreundlich gestaltet werden, so dass eine aufrechte Körperhaltung- beim Sitzen oder beim Stehen- eingenommen und beibehalten werden kann. Eine Variation der Haltung am Arbeitsplatz beugt Bandscheibenvorfällen ebenfalls vor.

Quellen

  • Rüther, W. & Lohmann, C.H.: Orthopädie und Unfallchirurgie, Urban & Fischer, 20. Auflage, 2014
  • Heisel, J.: Physikalische Medizin - Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane, Georg Thieme Verlag, 1.Auflage, 2005
  • Wülker N. Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme Verlag. 2. Auflage 2010.
  • Mayer, C. et Siems, W.: 100 Krankheitsbilder in der Physiotherapie, Springer Medizin Verlag, 1.Auflage, 2011
  • Imhoff, A.B. et al.: Checkliste Orthopädie, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, 2014

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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