Hodentorsion
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einer Hodentorsion (Hodenstieldrehung) verdrehen sich Hoden und Samenstrang partiell oder total, teilweise auch mehrfach um die eigene Längsachse. Hierbei handelt es sich um einen urologischen Notfall, da die Blutzufuhr zum Hoden abgeschnitten wird, wodurch dieser absterben kann. Die Hodentorsion tritt besonders häufig im ersten Lebensjahr oder in der Pubertät auf, kann jedoch auch andere Altersgruppen betreffen.
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Was ist eine Hodentorsion (Hodenstieldrehung)?
Die Hodentorsion ist eine akute Drehung des Hodens um den Samenstrang, wodurch es zu einer unmittelbaren Verminderung oder vollständigen Unterbrechung der Hodendurchblutung kommt. Der Hodensack füllt sich im weiteren Verlauf mit Blut, die Arterien werden zugedrückt und eine Versorgung des Hodens mit Sauerstoff und Nährstoffen ist nicht mehr möglich.
Je nach Ausmaß der Durchblutungsstörung kann der Hoden innerhalb von sechs bis acht Stunden irreversibel geschädigt werden, wenn keine rechtzeitige Behandlung erfolgt. Bei einem Komplettverschluss des venösen Abflusses infolge einer Hodentorsion kommt es zur hämorrhagischen Infarzierung und zur Nekrose von Hodengewebe.
Ursachen
Ursache für eine Hodentorsion ist eine angeborene übermäßige Beweglichkeit des Hodens innerhalb der Hodenhülle und seiner Aufhängung. Besonders anfällig für eine Hodentorsion sind Hoden, bei denen der Abstieg in den Hodensack nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfolgte, wie z. B. beim Hodenhochstand.
Auch die sogenannte Bell-clapper-Anomalie, bei welcher der Hoden eher horizontal als vertikal im Hodensack liegt, kann einer Hodentorsion Vorschub leisten. Bei entsprechender Veranlagung kommt eine Hodentorsion zum Teil schon bei ganz gewöhnlichen Bewegungen vor. Das Krankheitsbild tritt in 50 Prozent der Fälle nachts im Schlaf auf. Auch während der sportlichen Betätigung oder durch Sportunfälle kann es zu einer Hodentorsion kommen.
Wann zum Arzt?
Eine Hodentorsion ist immer ein medizinischer Notfall. Der Betroffene muss sofort das nächste Krankenhaus aufsuchen. Aufgrund der unterbrochenen Blutversorgung kann eine Hodenverdrehung bereits nach wenigen Stunden dazu führen, dass das Skrotum abstirbt und amputiert werden muss. Da die Störung mit sehr großen Schmerzen verbunden ist, nehmen die Patienten aber ohnehin meist sofort medizinische Hilfe in Anspruch.
In seltenen Fällen ist die Verdrehung aber nicht so ausgeprägt, sodass zunächst keine starken Schmerzen auftreten. Manchmal fühlen die Betroffenen zu Beginn nur ein schmerzendes Ziehen im Unterleib oder der Leistengegend. Auch eine leichte Verdrehung des Hodens sollte unverzüglich behandelt werden. Bei rechtzeitigem Zuziehen eines Spezialisten kann die Torsion manchmal auch ohne Operation manuell korrigiert werden.
Bei männlichen Säuglingen äußerst sich eine Hodentorsion zu Beginn fast immer eher verhalten, starke Schmerzen, die dafür Sorgen, dass der Säugling ständig schreit, treten oft erst auf, wenn es für eine hodenerhaltende Operation zu spät ist. Eltern männlicher Kleinkinder sollten deshalb beim Wickeln oder Baden auch auf erste Anzeichen einer Hodentorsion achten. Das gilt insbesondere dann, wenn bei dem Kind bereits Anomalien an den Geschlechtsteilen, wie zum Beispiel nicht ausreichend miteinander verwachsene Hodenhüllen, festgestellt wurden und eine Korrektur unterblieben ist. Sind die Hoden geschwollen oder farblich verändert, sollte immer sofort ein Arzt zugezogen werden.
Symptome und Verlauf
Typische Smptome von Hodentorsion:
Die Kinder verweigern oft die Nahrung und sind unruhig. In einigen Fällen kommt es zum Erbrechen. Zumeist ist der Hoden geschwollen und verfärbt sich durch den Blutstau in den Venen bläulich. Seltener ist der Hodensack leer, während in der Leiste eine Schwellung sichtbar ist.
Bei Heranwachsenden ist das Leitsymptom für eine Hodentorsion ein plötzlich auftretender, extrem starker Schmerz in einer Hälfte des Hodensacks, der bis in die Leiste und in den Unterbauch ausstrahlen kann. Der Hoden steht hoch, schwillt an und ist gerötet oder blau verfärbt. Begleitend können bei einer Hodentorsion Schocksymptome wie Schweißausbruch, Übelkeit, Erbrechen und Tachykardie auftreten.
Durch die Hodentorsion kann es zur Abklemmung der Hodenvene kommen. Ist gleichzeitig die Arterie frei, kommt es im Hoden zu einem Blutstau, der eine schmerzhafte Schwellung zur Folge hat. Bei abgeklemmter Arterie ist die Durchblutung des Hodens vermindert. Eine längere Störung der Durchblutung führt mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit zu einer nachhaltigen Schädigung des Hodengewebes. Daraus folgend kann die Spermienbildung gestört sein. Auch kann es sein, dass der Hoden infolge einer Hodentorsion kein männliches Geschlechtshormon (Testosteron) mehr bilden kann. Die Fruchtbarkeit bleibt jedoch erhalten, solange der zweite Hoden intakt ist.
Diagnose
Oft kann eine Hodentorsion bereits aufgrund der typischen Symptome und des Alters des Patienten festgestellt werden. Durch eine manuelle Untersuchung (Abtasten) der Hoden kann der Arzt zumeist schon eine Hoden- oder Nebenhodenentzündung, die von ähnlichen Beschwerden gekennzeichnet sind, ausschließen. Das Anheben der Hoden wird bei einer Hodentorsion als extrem schmerzhaft empfunden. Zudem fehlt am betroffenen Hoden der Hodenheber-Reflex. Durch diesen würde sich beim Streichen über die Innenseite der Oberschenkel der Hoden nach oben bewegen, was bei einer Hodentorsion nicht geschieht. Meist steht der gedrehte Hoden ohnehin bereits höher und ist relativ unbeweglich. Eine Ultraschalluntersuchung, bei der die Hoden und deren Durchblutung farblich dargestellt werden, kann Aufschluss darüber geben, wie stark die Blutgefäße infolge der Hodentorsion abgeschnürt sind.
Komplikationen
Eine Hodentorsion ist stets ein medizinischer Notfall. Unbehandelt leidet der Patient extrem starke Schmerzen, die mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen und in den gesamten Körper ausstrahlen können. Oft verliert der Patient aufgrund der Schwere der Schmerzen das Bewusstsein und verletzt sich beim Sturz zusätzlich. Eine Notoperation ist zur Rettung des betroffenen Hodens unumgänglich.
Im Rahmen der Operation kann es zu einer Reihe von Komplikationen kommen. So können Blutgefäße, Nerven und Organe im Operationsbereich verletzt werden. Es kann zu starken Blutungen und Nachblutungen kommen. Bei einer Nervenverletzung ist eine Einschränkung des sexuellen Empfindens nicht ausgeschlossen. Die Wunde kann sich infizieren und zu einer Sepsis führen. Im Fall einer schlechten Wundheilung kann es zu schmerzenden und entstellenden Narben kommen.
Sofern die Torsion nicht rechtzeitig behoben wird, muss mit dem Absterben des Hodens gerechnet werden. Ist der Hoden vollständig abgestorben, ist keine Behandlung mehr möglich. Er muss dann amputiert werden, was in der Regel eine Verminderung der Zeugungsfähigkeit nach sich zieht. Viele Männer leiden unter dem Verlust eines Hodens aber auch psychisch sehr stark. Sie fühlen sich entstellt und glauben einen Teil ihrer Männlichkeit eingebüßt zu haben. In diesem Fall können die Implantation eines künstlichen Hodens und eine Psychotherapie erforderlich werden.
Behandlung und Therapie
Zumeist erfolgt bei einer Hodentorsion innerhalb kürzester Zeit eine Operation. Bei diesem Eingriff wird der betroffene Hoden in seine normale Lage zurückgedreht. Ist die Durchblutung wieder gewährleistet, erholt sich der Hoden zumeist recht schnell. Bei einer nur teilweisen Schädigung verbleibt der Hoden im Hodensack. In diesem Fall wird er zur Vorbeugung einer weiteren Hodentorsion mit dem Hodensack vernäht und dadurch seine Beweglichkeit eingeschränkt.
Ist der Hoden infolge der Hodentorsion vollständig geschädigt, wird er entfernt. Im Erwachsenenalter ist später der Einsatz eine Hodenprothese möglich.
Die angeborene anomale Beweglichkeit der Hoden, die als Ursache für eine Hodentorsion gilt, kann nicht beeinflusst werden. Ob bei einem Kind eine atypische Entwicklung der Hodenhüllen oder des Samenstrangs vorliegt, kann ein Kinderarzt feststellen, der gegebenenfalls auch die entsprechende Behandlung einleitet.
Um eine Hodentorsion von vornherein zu vermeiden, sollten Männer bei der Ausübung risikoreicher Sportarten einen Hodenschutz anlegen, auch wenn dieser nicht zwingend vorgeschrieben ist. Da eine Hodentorsion ein akuter Notfall ist, sollte schon bei den ersten Beschwerden ein Arzt aufgesucht werden, um weitreichende Folgeschäden zu vermeiden.
Vorbeugung
Ein Hodenhochstand kann nicht mit vorbeugenden Maßnahmen vermieden werden. Da die Ursachen wie z.B. Störungen im Hormonhaushalt, verzögerte Entwicklung oder andere anatomische Deformationen nicht beeinflusst werden können, kann der Hodenhochstand nur behandelt werden.
Jedoch lassen sich prophylaktische Maßnahmen für evtl. auftretende Folgeschäden ergreifen. Durch frühzeitige Kontrolle der Hoden und einer rechtzeitigen Behandlung des Hodenhochstands kann man Hodentorsionen, Unfruchtbarkeit als auch Hodenkrebs vorbeugen.
Quellen
- Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2015
- Hofmann, R., (Hrsg.): Endoskopische Urologie. Springer, Berlin 2009
- Schmelz, H.-U. et al.: Facharztwissen Urologie, Springer Verlag, 2014
- Jocham, D. & Miller, K.: Praxis der Urologie, Georg Thieme Verlag, 2007
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
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