Geschlechtshormone (Sexualhormone)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. August 2018
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Geschlechtshormone werden die männlichen und weiblichen Sexualhormone bezeichnet. Ihre Aufgaben sind die Ausbildung von Geschlechtsorganen, Geschlechtsmerkmalen sowie die Fortpflanzung. Es werden drei Gruppen unterschieden: die männlichen Androgene, als deren wichtigster Vertreter das Testosteron gilt, sowie die beiden Gruppen der weiblichen Geschlechtshormone - die Östrogene und Gestagene. Mit Beginn der Pubertät setzt eine nachhaltige hormonelle Umstellung ein.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Geschlechtshormone (Sexualhormone)?

"Die Macht der Hormone" - Geschlechtshormone sind wesentlich für die menschliche Sexualität und Fortpflanzung.

Geschlechtshormone, auch als Sexualhormone bekannt, sind eine Sammelbezeichnung für Steroidhormone, welche im Wesentlichen in den männlichen sowie weiblichen Keimdrüsen - also Hoden und Eierstock - gebildet werden. Entwicklung und Funktion der Geschlechtsorgane, dazu alle Prozesse im Kontext der Fortpflanzung wie Schwangerschaft, Geburt und Stillen wären ohne Geschlechtshormone nicht möglich.

Außerdem stellen Geschlechtshormone die Ausprägung sowie Aufrechterhaltung sowohl der sekundären männlichen als auch der weiblichen Geschlechtsmerkmale sicher. Gemäß ihrer biologischen Wirkung erfolgt eine Unterscheidung der Geschlechtshormone in männliche, die sogenannten Androgene, und weibliche Geschlechtshormone, die Östrogene (Estrogene). Beide Gruppen werden zwar von beiden Geschlechtern gebildet, allerdings in geschlechtstypisch verschiedenen Mengen.

Was sind Östrogene?

Östrogene - auch Estrogene genannt - fungiert als übergeordneter Begriff für die weiblichen Hormone. Zur Gruppe der Östrogene zählen neben dem Östron (Estron) auch das Östradiol (Estradiol) sowie das Östriol (Estriol). Das Östradiol gilt als das wichtigste weibliche Geschlechtshormon.

Östrogene, insbesondere Östradiol, besitzen eine herausragende Bedeutung bei der weiblichen Entwicklung, beispielsweise hinsichtlich der Ausbildung der sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale.

Außerdem beeinflussen sie in erheblichem Maße den weiblichen Zyklus: Der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut gehört genauso zu ihren Aufgaben wie die Verflüssigung des Zervixschleims. Während die Gebärmutterschleimhaut überhaupt erst die Einnistung einer befruchteten Eizelle ermöglicht, trägt der verflüssigte Zervixschleim dazu bei, dass sich der Gebärmutterhals öffnet und so den Spermien ein leichteres Eindringen ermöglicht.

Und letztlich befördern die Östrogene auch die Auslösung des Eisprungs. Die weiblichen Hormone werden im Eierstock und in der Plazenta sowie überdies in der Nebennierenrinde gebildet. Östrogene kommen jedoch nicht nur bei Frauen vor, sondern auch bei Männern - ihre Produktion erfolgt beispielsweise in den Hoden.

Die Follikel in den Eierstöcken werden angeregt Östrogene zu produzieren. Der Östrogenspiegel steigt mit dem Follikelwachstum stetig an.

Funktion und Wirkung

In der Regel ist von Östrogenen im Plural die Rede. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass im Körper verschiedene Varianten dieses Hormons existieren. Die Menge des ausgeschütteten Östrogens wird durch die Hypophyse geregelt. Keine Frage - das Östrogen besitzt eine ganz herausragende Funktion - als seine wichtigste biologische Funktion gilt die Fortpflanzung.

Östrogene bewirken den Eisprung. Darüber hinaus bereiten sie die Gebärmutter auf eine potentielle Schwangerschaft vor. In der Pubertät befördern sie die Ausbildung der weiblichen Geschlechtsmerkmale wie Busen, hohe Stimme sowie weibliches Behaarungs- und Fettverteilungsmuster. Östrogene tragen zur Knochenreifung wie auch zur Senkung des Cholesterinspiegels bei. Östrogene führen auch zu stärkerer Wassereinlagerung im Gewebe. Ihre klinische Verwendung erfahren Östrogene als Bestandteil der sogenannten „Pille“, aber auch bei der Behandlung von klimakterischen Beschwerden sowie bei speziellen Tumoren. Während der Wechseljahre kommt es zu einem Absinken des Östrogenspiegels. Dies geht mit einer Vielzahl von Symptomen einher.

Zu den häufigsten Beschwerden, die im Kontext eines Östrogenmangels auftreten, zählen Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen, aber auch vaginale Infektionen, Schlafstörungen, Hitzewallungen sowie ein erhöhtes Osteoporoserisiko. Doch auch bei jüngeren Frauen ist das Auftreten eines Östrogenmangels keine Seltenheit. Dafür verantwortlich ist in der Regel eine Fehlfunktion der Eierstöcke. Letztere kann zum Beispiel durch körperliche Überanstrengung oder auch durch Essstörungen hervorgerufen werden.

Welcher Östrogenwert gilt als normal?

Der Östrogenspiegel wird via Blutserum gemessen. Die Blutserum-Konzentration (Östradiol) beträgt in der ersten Zyklushälfte 25 bis 95 ng/l. Während des Eisprungs steigt dieser Wert an und liegt dann bei 75 bis 570 ng/l. Allerdings fällt die Östradiolkonzentration bereits in der zweiten Zyklushälfte ab - auf 60 bis 250 ng/l. Nach den Wechseljahren (Postmenopause) sinkt die Konzentration auf weniger als 45 ng/l. Bei Jugendlichen vor der Pubertät liegt der Östradiolwert unter 30 ng/l. Bei Männern schwankt er zwischen 12 und 42 ng/l im Mittel.

Wann können die Östrogen-Werte steigen bzw. sinken?

Bei zahlreichen Stoffwechselvorgängen kann es zu einem Anstieg oder Abfall des Östrogenspiegels kommen. Erhöhte Östrogenspiegel können auftreten bei normaler Schwangerschaft, bei Leberzirrhose, aber auch bei Tumoren der Ovarien genauso wie bei jenen der Hoden sowie der Nebenniere. Erniedrigte Östrogenspiegel lassen sich hingegen zum Beispiel bei ausbleibender Schwangerschaft, bei Magersucht, nach der Menopause sowie nach extremem Ausdauertraining beobachten. Aber auch das Turner-Syndrom, Hypopituitarismus und Hypogonadismus und das Stein-Leventhal-Syndrom können einen fallenden Östrogenspiegel befördern.

Darüber hinaus können Medikamente den Östrogenspiegel beieinflussen. So können Kortikosteroide, Ampicillin wie auch Medikamente, die Östrogen enthalten, den Östrogenspiegel in die Höhe treiben - das gleiche gilt für Glukose im Urin sowie Infektionen im Harntrakt. Zu den Medikamenten, welche eine Abnahme des Östrogenspiegels nach sich ziehen können, zählt beispielsweise Clomiphen. Bei letzterem handelt es sich um ein zur künstlichen Befruchtung eingesetztes Präparat (In-vitro-Fertilisation).

Was ist Testosteron?

Testosteron gilt als das wichtigste männliche Sexualhormon - als Männlichkeitshormon schlechthin. Testosteron lässt sich dem Sexualhormon der Frau, dem Östrogen, gegenüberstellen. Beim Testosteron handelt es sich um ein Sexualhormon (Androgen), das sowohl bei Männern als auch Frauen vorhanden ist - jedoch in unterschiedlicher Konzentration und Wirkungsweise. Männer weisen wesentlich mehr Testosteron auf als Frauen - etwa zehnmal so viel.

Der Begriff Testosteron erweist sich als Kunstwort - abgeleitet von testis (Hoden) sowie Steroid. Im Körper des Mannes wird Testosteron vor allem in den Hoden produziert, bei Frauen demgegenüber in den Eierstöcken, darüber hinaus in geringen Mengen in den Nebennierenrinden.

Die Ausschüttung von Testosteron erfolgt über einen komplexen Regelkreis, dessen Steuerung - neben dem Zwischenhirn (Hypothalamus) - durch die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) und die Hoden erfolgt. Das Gesamttestosteron besteht zu etwa 40 bis fünfzig Prozent aus sogenanntem bioaktiven Testosteron - dabei handelt es sich um Albumin-gebundenes Testosteron. Desweiteren kommen ca. fünfzig bis sechzig Prozent SHBG-gebundenes Testosteron und etwa ein bis zwei Prozent freies Testosteron hinzu.

Funktion und Wirkung

Testosteron besitzt verschiedene Wirkungen auf bestimmte Organe im menschlichen Körper. Testosteron - an ein Protein gebunden - gelangt über das Blut zu vielen anderen Zielorganen, welche Rezeptoren für dieses Hormon besitzen. Das Transportprotein firmiert unter dem Namen Sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG). Unter dem Einfluss von Testosteron bilden sich beim männlichen Embryo Penis, Hodensack sowie Prostata.

In der Pubertät befördert Testosteron das Wachstum der Geschlechtsorgane, die Reifung der Spermien und die Ausbildung eines männlichen Erscheinungsbildes: Brustkorb und Schultern nehmen an Breite zu, der Kehlkopf wächst, die Stimme gewinnt an Tiefe, die Behaarung verstärkt sich und die Gesichtszüge vergröbern sich. Außerdem erhöht sich das sexuelle Verlangen (Libido). Auch das aggressive Verhalten steigert sich. Testosteron führt bei beiden Geschlechtern zu einem Anstieg der Muskelmasse und Muskelkraft genauso wie zu einer Zunahme von Knochendichte und Knochenreife.

Das Hormon beeinflusst überdies den Fett- und Zuckerstoffwechsel. Beim weiblichen Geschlecht können hohe Testosteronspiegel eine vermehrte Körper- und Gesichtsbehaarung, Akne, eine tiefere Stimme sowie das Wachstum der Klitoris befördern. Bisher nicht restlos geklärt ist, in welcher Weise sich Testosteron bei Frauen insbesondere auf Muskulatur, Knochen, Brustgewebe, Gebärmutterschleimhaut wie auch Zucker- und Fettstoffwechsel, körperliche Erscheinung, sexuelle Funktion sowie Stimmung auswirkt.

Welcher Testosteronwert gilt als normal?

Bestimmt wird Testosteron bekanntermaßen aus dem Blutserum. Die Gesamt-Testosterkonzentration liegt bei erwachsenen Männern im Blutserum bei Werten von 2,41 bis 8,27 µg/l. Diese Werte beziehen sich auf eine Blutentnahme morgens (acht bis zehn Uhr). Am Abend kommt es zu einem Abfall des Testosteronwertes um ca. 20 Prozent. Der Testosteronspiegel liegt demgegenüber bei Frauen - gemessen am dritten bis fünften Zyklustag - bei ca. 0,14 bis 0,76 µg/l. Der Referenzbereich liegt bei gesunden Männern für Testosteron in einem Bereich von 10,4 bis 41,6 nmol/l - dies entspricht 300 bis 1.200 ng/dl. Bei gesunden Frauen hingegen betragen die Werte 0,7 bis 2,6 nmol/l beziehungsweise 20 bis 75 ng/dl. Der Referenzbereich für freies Testosteron beträgt bei gesunden Männern 52 bis 156 pmol/l oder 15 bis 45 pg/ml, bei gesunden Frauen hingegen 3,3 bis 10,4 pmol/l beziehungsweise 1 bis 3 pg/ml. Die Referenzbereiche sind methodenabhängig. Als ausschlaggebend gilt der Referenzwert des jeweiligen Labors.

Wann können die Testosteron-Werte steigen bzw. sinken?

Der Testosteronspiegel kann erhöht sein, wenn es zu einer übermäßigen Produktion des Hormons infolge von Tumoren, zum Beispiel der Hoden oder Eierstöcke kommt oder aber eine Zuführung von außen als Dopingmittel stattfindet. Auch können seltene angeborene Erkrankungen einen Anstieg von Testosteron nach sich ziehen.

Bei Frauen kann ein sogenanntes Polyzystisches Ovarialsyndrom zu einen Erhöhung der Androgenwerte führen. Der Testosteronspiegel kann sich demgegenüber bei schweren Allgemeinerkrankungen, starker Gewichtsabnahme, Alkoholismus oder Stress als zu niedrig erweisen.

Außerdem können Schädigungen der Hoden - durch Verletzungen, Entzündungen oder Tumore - genauso wie die Einnahme spezieller Medikamente sowie bestimmte Erkrankungen dazu führen, dass die Konzentration von Testosteron zu gering ist. Keine Frage: Die Produktion von Androgenen vermindert sich mit zunehmendem Alter kontinuierlich.

Früher wurde dieser Prozess - analog der Menopause bei Frauen - als Andropause bezeichnet. Dieses Bezeichnung ist jedoch kaum zutreffend: Kommt es bei Frauen innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit zu einem doch massiven Abfall ihrer Geschlechtshormone, vermindert sich demgegenüber Testosteron bei Männern nur ganz allmählich. Kurzum: Im vierten Lebensjahrzehnt beginnt der Spiegel bei Männern langsam zu sinken - ca. ein bis zwei Prozent pro Jahr.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Ludwig, M.: Gynäkologische Endokrinologie. Ein Handbuch für die Praxis, 2.Auflage, optimist Fachbuchverlag, 2011
  • Kuhl, H.: Sexualhormone und Psyche: Grundlagen, Symptomatik, Erkrankungen, Therapie,1. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2002
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Weyerstahl, T., Stauber, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
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