Fingerhut

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Fingerhut ist eine Heilpflanze, die durch ihre rosa Blüten mit der markanten Glockenform wunderschön anzusehen und als Zierpflanze in Gärten weit verbreitet ist. Allerdings zählt der Fingerhut zu den giftigsten Drogenpflanzen, die in den nördlichen Breitengraden wachsen.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Vorkommen

Der Fingerhut wird als Heilpflanze u.a. bei Herzbeschwerden eingesetzt.

Als Arzneipflanze ist der Fingerhut auch unter dem Namen Digitalis bekannt. Aufgrund seiner leuchtend purpurroten Farbe lautet die botanische Bezeichnung Digitalis purpurea. Die schön anzusehende Pflanze fällt durch ihr schmales, kerzenförmiges Wachstum mit den auffällig geformten Glockenblüten auf und wird gerne als Zierpflanze in Gärten verwendet.

In Europa ist der Fingerhut auf Waldlichtungen und Kahlschlägen heimisch. Trotz seiner extrem giftigen Wirkung wird der Hauptinhaltsstoff Digitalis-Glykosid für die Herstellung von Arzneimitteln zur Behandlung von Herzinsuffizienz verwendet.

Diese Herzmittel werden entsprechend der wissenschaftlichen Bezeichnung des Fingerhutes als „Digitalis“ bezeichnet. Da der Fingerhut in seiner natürlichen Form extrem giftig ist, darf er nicht eigenverantwortlich gesammelt und unverarbeitet verwendet werden. Neben den Digitalis-Präparaten wird der Fingerhut nur in potenzierten Einzelmitteln in der Homöopathie verwendet. Die giftige Drogenpflanze gehört zur Familie der Wegerich-Gewächse (Plantaginaceae).

Auch die frühere botanische Zuordnung zu den Braunwurz-Gewächsen (Scropholariaceae) ist bekannt. Der Fingerhut ist auch unter den volkstümlichen Namen Liebfrauenhandschuh, Fuchskraut, Waldglocke und Waldschelle bekannt. Die englische Bezeichnung „dead men’s timble“ weist auf die giftige Wirkung, die unter Umständen tödlich verlaufen kann, hin: Totenfingerhut.

Inhaltsstoffe, Wirkung und Dosierung

Der Fingerhut ist reich an Digitalis-Glykosiden, die zur Herstellung von Arzneimitteln zur Behandlung von Herzinsuffizienz verwendet werden. Diese Glykoside sind der Namensgeber der bekannten Herzmittel mit der Bezeichnung „Digitalis“. Ein weiterer Inhaltsstoff, der sich ideal zur Herstellung von Herzmitteln eignet, sind Herzaktivierende Glykoside. Als weitere Substanzen wirken Saponine, Gitoxin, Gitaloxigenin, Cholin, Acetylcholin, Inositol, Gallussäure und Schleim. Verwendet werden die Blätter.

Die Schulmedizin verwendet Fingerhutpräparate ausschließlich im Bereich der Herzmedizin, da es für alle anderen Wirkungen des Fingerhutes alternative Medikamente und ungefährliche Heilpflanzen gibt. Im Bereich der Herzinsuffizienz entfaltet der Fingerhut eine dreifache Wirkung. Er stärkt das Herz (positiv inotrop), er verlangsamt die Herzfrequenz (negativ chronotrop) und verzögert die Erregungsleitung (negativ domotrop). Dieses ideale Zusammenspiel der einzelnen Wirkstoffe bedingt den Synergieeffekt in der Behandlung von Herzerkrankungen.

Die meisten Herzpatienten brauchen ein Medikament, das alle drei Herzwirkungen zur gleichen Zeit aufweist. Digitalis-Präparate müssen immer in der gleichen Dosierungshöhe eingenommen werden, da ansonsten schnell eine Über- oder Unterversorgung entstehen kann, die dem Behandlungsziel negativ entgegenwirkt und unter Umständen sogar tödliche Folgen haben kann. Im Bereich der Herzerkrankungen wird der Fingerhut gegen Herzrhythmusstörungen, Herzrasen, Herzschwäche, Angina Pectoris und Ödemen eingesetzt. Allgemein wirkt der Fingerhut gegen Kopfschmerzen, Gicht, Furunkel, Fieber, Bronchitis, Lungenentzündung, Tuberkulose, Unterleibszysten, Wunden, Abszesse, und Wochenbettfieber.

Der Fingerhut ist allerdings so giftig, dass von einer Selbstmedikation unbedingt abzusehen ist. Er ist ausschließlich in Form verschreibungspflichtiger Digitalis-Präparate und als homöopathische Arzneimittel zu verwenden. Die Homöopathie wendet Digitalis-Präparate in den Potenzen D6 und D12 gegen Kopfschmerzen, Erschöpfungszustände, Schlafstörungen, Migräne, Prostata-Beschwerden und Herzinsuffizienz an. In dieser potenzierten Verwendung ist die Einnahme der homöopathischen Digitalis-Präparate ungefährlich. Nebenwirkungen sind keine bekannt.

Abgesehen von den Herzbeschwerden gibt es auch in der Homöopathie alternative Arzneimittel, die eine bessere Wirkung als Digitalis entfalten. Echinacea gegen Erschöpfungszustände, Aconitum napellus gegen Kopfschmerzen, Calcium Carbonicum, Camicifuga, Arnica, Aurum, Apis und Neurexan bei Schlafstörungen und Prostata Gastreu bei Prostatabeschwerden.

Wogegen hilft der Fingerhut?

Bedeutung für die Gesundheit

Die giftige Wirkung des Fingerhutes ist nicht zu unterschätzen, denn der Verzehr von zwei Blättern kann bereits tödliche Folgen nach sich ziehen. Auch Fertigpräparate können Nebenwirkungen verzeichnen und Vergiftungserscheinungen hervorrufen, da die therapeutische Bandbreite sehr gering ausfällt. Mit der therapeutischen Breite sind die Dosierungshöhe und nicht die vielfachen Anwendungsmöglichkeiten gemeint. Die Dosierungshöhe eines Medikamentes ist immer die Menge, die eingenommen werden darf, ohne dass Nebenwirkungen und unerwünschte Schädigungen auftreten.

Im Fall der Digitalis-Präparate ist die therapeutische Breite so gering, da sie aufgrund der Digitalis-Glykoside erst ab einer höheren Dosis anfangen zu wirken. Auf diese Weise kann ein Patient schnell versucht sein, eine Tablette mehr einzunehmen, als verordnet. In diesem Fall kann eine Digitalis-Vergiftung eintreten. Leichte Anzeichen einer Vergiftung sind Gelbsehen, Ohrensausen, Sehstörungen und Schwindelgefühl. Schwere Vergiftungserscheinungen sind Durchfall, Bauchschmerzen, blaue Lippen, Erbrechen, Übelkeit, langsame Herzfrequenz, Herzrhythmusstörungen, Atemnot, Lähmung der Atemwegsorgane und Herzstillstand.

Menschen am Ort des Geschehens müssen den Patienten zum Erbrechen bringen, denn die Entleerung des Magens, um ihn von den giftigen Substanzen zu befreien, hat oberste Priorität. Die Vergabe medizinischer Kohle und heißem Kaffee kann gleichfalls hilfreich wirken. Im Krankenhaus wird dem Patienten der Magen ausgepumpt und er wird mit entsprechenden Medikamenten stabilisiert. Hierzu gehören Kaliumpermanganat, eine Elektrolyt-Lösung und Natriumhydrogenkarbonat. Benzodiazipine gehen gegen die Krämpfe vor und Mucilaginosa wirkt sich beruhigend auf den gereizten Magen- und Darmtrakt aus. Weist der Patient Schockzustände auf, wirkt das Beruhigungsmittel Diazepam.


Quellen

  • Hans Konrad Biesalski, Matthias Pirlich, Stephan C. Bischoff, Arved Weimann: Ernährungsmedizin. Thieme, 5. Auflage 2017.
  • Bühring, U.: Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde. Thieme, 4., überarbeitete Auflage 2014
  • Vukovic, L.: 1001 natürliche Hausmittel: für Haus und Garten, Gesundheit und Körperpflege. Dorling Kindersley Deutschland GmbH, 2017.
  • Hademar (u.a.) Bankhofer: Das große Buch der Hausmittel. München, 2003.

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der naturwissenschaftlichen Fachliteratur und fundierter empirischer Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dipl.-Biol. Elke Löbel
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