Letale familiäre Insomnie (FFI)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die letale familiäre Insomnie (FFI) ist eine von insgesamt vier bekannten Formen der übertragbaren spongiformen Enzephalopathie. Die Krankheit tritt meist im Alter zwischen etwa 20 und 70 Jahren auf, äußert sich durch zunehmende Schlaflosigkeit und verläuft nach Ausbruch innerhalb weniger Monate oder Jahre tödlich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Letale familiäre Insomnie (FFI)?

Die letale familiäre Insomnie ist eine sehr seltene und erblich übertragbare Gehirnerkrankung, die im Verlauf von Monaten bis Jahren tödlich verläuft. Sie äußert sich besonders durch zunehmende Schlaflosigkeit.

Die letale familiäre Insomnie (FFI) ist wie die bekanntere Creutzfeld-Jakob-Krankheit eine von insgesamt vier bekannten Formen der übertragbaren spongiformen (schwammartigen) Enzephalopathie. Die Krankheit ist weltweit äußerst selten und wird auch als „Prionenkrankheit“ bezeichnet, weil die Prionen – ein aus 253 Aminosäuren bestehendes Glycoprotein – „fehlgefaltet“ werden und mit ihrer veränderten tertiären Struktur ihre physiologische Funktion verlieren und sich stattdessen in den Nervenzellen absetzen oder diese sogar schädigen können.

Die sehr seltene, vererbbare, Krankheit wird durch pathologisch veränderte Prionen (spezielle Eiweißstrukturen im Gehirn) verursacht und führt zu einem Ersatz der Gehirnzellen durch eine schwammartige Struktur. Bei Vorliegen entsprechender genetischer Prädisposition bricht die die Krankheit meist im Alter zwischen von 20 bis 70 Jahren aus. Die Krankheit beginnt mit Schlafstörungen, die rasch gravierender werden und meist innerhalb weniger Monate bis 2 Jahren tödlich verlaufen.

Ursachen

Die FFI wird – wie auch die übrigen drei bekannten Formen der übertragbaren spongiformen Enzephalopathie – durch Prionen verursacht, die eine „falsche“ tertiäre Struktur annehmen und dadurch ihre wichtige physiologische Funktion innerhalb des Gehirns und der Nerven verlieren. Bei den Prionen handelt es sich ein Glycoprotein, das aus insgesamt 253 Aminosäuren besteht und wichtige Aufgaben in der Bildung neuer Nerven (Neurogenese) und in der Versorgung bestehender Nerven wahrnimmt.

Die physiologische Wirkung der Prionen kommt – ähnlich wie bei vielen Enzymen – durch ihre spezielle Tertiärstruktur oder auch „Faltstruktur“ zustande. Die FFI wird deshalb auch vielfach treffend als Protein- oder Prionfehlfaltungserkrankung bezeichnet. Die Fehlfaltung oder pathogene Tertiärstruktur der Prionen wird durch eine Mutation am Genlocus 20p13 hervorgerufen. Der Gendefekt wird autosomal dominant vererbt, das bedeutet, dass die Genmutation mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent auf die Kinder vererbt wird, unabhängig vom Geschlecht der Kinder.

Symptome und Verlauf

Typische Symptome der letalen familiären Insomnie (FFI):

  • nachlassende Leistungsfähigkeit
  • Durchschlafstörungen
  • Einschlafstörungen

Die ersten Symptome der FFI bestehen in Schlafstörungen, die an Schwere zunehmen und in rapide nachlassender kognitiver Leistungsfähigkeit. Zunächst machen sich erhebliche Ein- und Durchschlafstörungen bemerkbar, und bald schon werden tiefere Schlafphasen nicht mehr erreicht. Im weiteren Verlauf kommt es zu Störungen sympathischer Regelkreise wie Blutdruck, Herzfrequenz und Körpertemperatur mit entsprechender Symptomausbildung. Dazu stellen sich Störungen der Bewegungskoordination (Ataxien) ein, und es kommt zu unwillkürlichen Muskelzuckungen.

Der Schlafmangel führt zu Halluzinationen und oneiroiden Zuständen, bei dem der Betroffene nicht mehr zwischen Wach- und Traumzustand unterscheiden kann. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu starken Persönlichkeitsveränderungen und zur Demenz. Die Endphase der Krankheit ist durch schwerste Beeinträchtigungen geistiger und motorischer Art geprägt und führt meist zu einem komatösen Zustand vor Todeseintritt. Nach Ausbruch der Krankheit ist die Lebenserwartung für die Betroffenen in der Regel nur noch einige Monate bis wenige Jahre – meist 1 bis 1,5 Jahre.

Diagnose

Nach Vorliegen einiger Symptome, die den Verdacht auf Ausbruch der FFI aufkommen lassen, helfen weitere Diagnoseverfahren, um den Verdacht zu widerlegen oder zu erhärten. Eine Polysomnographie (Schlaflabor) kann Aufschluss über den Schlafverlauf geben. Empfehlenswert ist ein genetischer Test, der Aufschluss darüber geben kann, ob eine Genmutation am Genlocus 20p13 vorliegt, die mit der Fehlfaltung der Prionen in ursächlichem Zusammenhang gebracht wird.

Falls der Gendefekt nicht vorliegt, können die beobachteten Symptome andere – beispielsweise auch harmlose – Ursachen haben. Für eine weiterführende Diagnose kann ein EEG Rückschlüsse auf Gehirnaktivitäten bestimmter Regionen zulassen. Letztlich kann nur das bildgebende Verfahren der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) Klarheit darüber geben, ob strukturelle (irreversible) Veränderungen im Gehirn vorliegen, die die beobachteten Symptome ausgelöst haben.

Komplikationen

Die letale familiäre Insomnie kann verschiedenen Beschwerden und Komplikationen hervorrufen. Zunächst führt die Erkrankung zu starken und dauerhaften Schlafstörungen. Die Betroffenen leiden in der Folge an Stimmungsschwankungen, Müdigkeit und einer verminderten Leistungsfähigkeit. Begleitend dazu sind Blutdruck und Herzfrequenz erhöht. Bei länger andauernder Erkrankung besteht ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod. Weniger schwerwiegend sind Konzentrationsstörungen und Muskelzuckungen, doch auf Dauer rufen auch diese Symptome ernste körperliche und seelische Probleme hervor.

In den späteren Stadien kann es zu Halluzinationen und Gedächtnislücken kommen – es besteht ein erhöhtes Unfallrisiko. Mit einer letalen familiären Insomnie ist eine Teilnahme am alltäglichen Leben meist nicht mehr möglich. Die Betroffenen bauen körperlich und geistig rasch ab und leiden in Folge der Erkrankung häufig auch an starken Depressionen. Die medikamentöse Behandlung birgt das Risiko von verschiedenen Neben- und Wechselwirkungen. So können Antidepressiva unter anderem Gereiztheit und Müdigkeit hervorrufen, während Neuroleptika und Betablocker manchmal auch schwerwiegende Auswirkungen auf den Hormonhaushalt haben.

Behandlung und Therapie

Eine medikamentöse oder anderweitige Therapie zur Behebung oder Unterdrückung der „Falschfaltung“ der Prionen ist leider (noch) nicht bekannt. Das bedeutet, dass jegliche Therapie nur auf Symptombekämpfung abzielen kann und darauf, die Beschwerden für die betroffenen Menschen bestmöglich zu lindern. Zur Behandlung der eintretenden Steifigkeit der Gelenke und der Muskelzuckungen kommen Medikamente für rheumatoide Arthritis und zur Behandlung von Morbus Parkinson infrage.

Meist wird eine Kombination von Basistherapeutika, die hauptsächlich entzündungshemmend wirken, mit Schmerzmitteln und weiteren entzündungshemmenden Medikamenten gewählt. Zusätzlich stehen glukokortikoide Substanzen zur Verfügung. Es handelt sich um kortisonhaltige Medikamente, die entzündungshemmend wirken und stärkere Reaktionen des Immunsystems unterdrücken.

Während obige Therapien auf die physiologischen Prozesse abzielen, werden die eher neurologischen Prozesse mit Neuroleptika, Antidepressiva und Betablockern behandelt. Neuroleptika wirken hauptsächlich hemmend auf bestimmte Neurotransmitter wie Dopamin und wirken damit bremsend auf die Übertragung von Nervenreizen an den Synapsen.


Vorbeugung

Die letale familiäre Insomnie wird auf einen bestimmten vererbbaren Gendefekt zurückgeführt und fällt damit unter die Gruppe der Erbkrankheiten, für die keine direkten vorbeugenden Maßnahmen bekannt sind. Paare mit Kinderwunsch, in deren Familien bereits ein Fall von FFI bekannt ist, sollten sich genetisch beraten lassen, um zu erkennen, ob der Gendefekt bei einem der Partner vorliegt und wie hoch die Wahrscheinlichkeit für eine Weitergabe des Defektes an die Kinder ist.

Quellen

  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Siegenthaler, W. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme, Stuttgart 2005
  • Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Bewermeyer, H.: Neurologische Differenzialdiagnostik, Schattauer Verlag, 2011

Dieser Artikel wurde unter Maßgabe der aktuellen medizinischen Fachliteratur und fundierter wissenschaftlicher Quellen verfasst.
Qualitätssicherung durch: Dr. med. Nonnenmacher
Letzte Aktualisierung am: 15. November 2021

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